Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Dialektik  (Gelesen 14562 mal)

DarkAmbient

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Dialektik
« Antwort #45 am: 21 Juni 2006, 04:41:51 »

Zitat von: "Lakastazar"
Jain... ein Teil davon kann man auf die Tätigkeit des Gehirns beziehen,... aber primär meinte ich das Wirkungsgefüge der physische messbaren Welt, so wie sie ist... auch ohne uns... also auch dem, was wir weder messen noch wahrnehmen können...
Das Netz der Wechselwirkungen, aus denen, bzw. über und durch welche wir Informationen entnehmen...


Die physisch messbare Welt... also auch dem, was wir weder messen noch wahrnehmen können... Bitte habe Verständnis, wenn ich das nicht gerade eine scharfkantige Definition nenne.

Mit Geist meint Hegel auch mehr als das, was in eines Kopf so vorgeht.

Zitat
Zitat
Realität wäre danach die lokale Lebenssituation des Subjekts, z.B. bei Marx  das Klassenbewusstsein?

Jain... im Prinzip kann man das nich auf Klassen reduzieren, was der Marxismus ja auf monologische Weise immer wieder tut...
Dazu kommen Kultur, Religion, Sprache, Tendenzen, Affekte, Instinkte... im Prinzip alles, was das Subjekt in seiner Wahrnehmung "determiniert"...


Eine Reduktion wäre es, wenn ich das Klassenbewusstsein nicht als Beispiel genannt hätte, sondern als einzigen zutreffenden Fall...

Was hast Du von Marx gelesen, dass Du auf die 'monologische Weise' kommst? Was meinst Du mit 'monologisch'?

Zitat
Wilber is Psychologe... er geht an das Bewusstsein und versucht es überall ausfindig zu machen und entspricht damit weitestgehend einigen deiner Ausführungen, die du im Thread (Wittgenstein-Link) angeführt hast, wenn ich da jetzt nix durcheinander bringe...


Das tun die Intelligent Designer auch -- und wie zu erwarten, finden sie ihn überall...

Zitat
Allein das, dürfte ihn für dich äußerst interessant machen...


Normalerweise bin ich an Metaphysik nicht so interessiert, muss ich gestehen...

Zitat
Jain...


Dein 'Jein' hat das Zeugt dazu, berüchtigt zu werden... :)

Zitat
Sein Bewusstseins-Modell is wirklich gut und wird unter Psychologen zumind. in Teilen weitesgehend anerkannt oder besprochen...


Dann muss es darüber doch einen Artikel geben. Bücher schreibt man heute, um Geld zu verdienen. Artikel, um seine Forschungsergebnisse zu verbreiten.

Na, das solltest Du als Fan aber parat haben...[/quote]
Als Fan wovon? Hast du mal ne Referenzliste eines seiner Werke gesehen?
Er behandelt so viele... und nimmt sich dann ein paar exemplarisch hervor...

Zitat
Das sagte Satayana, wenn ich mich net irre...
und ändert aber eben nichts daran, dass unabhängig der Sprache, der Kultur und Religion/Weltsicht (die historisch bedingt is) sich überall nunmal kleine Barken, die eine gemeinsame rote Linie bilden, ausfindig machen lassen... (die sich noch in heutigen Konzepten formal verändert oder ergänzt überall wiederfinden)


Aber was spricht dagegen, neben der räumlichen auch die zeitliche Wissensdimension hinzu zu nehmen?

Zitat
Warst du das, der Trakl seine Vorbehalte wegen eines Satzes, den er zu Anfang für deprimierend hielt und danach wieder als genial empfand, als er erfuhr, dass es Adorno sprach, vorhielt?


Und deshalb fasse ich den Wilbur auch mit Samthandschuhen an. :)

Zitat
Was macht ein Weltbild aus, welches psychologische Profil neigt zu solchen oder solchen Weltbildern...?
dies hat Adorno übrigens mit seinen Charackterstudien, wo es sein Anliegen war, die Charakter-Struktur des für faschistische Propaganda empfänglichen Individuums zu analysieren/beschreiben, auch versucht...


Für meinen Geschmack, das schwächste, was die frankfurter Schule fabriziert hat -- waren einfach keine tollen Empiriker.

Zitat
Wo die post-strukturalisten zu weilen ziel-los durch den aperspektivischen Raum driften, skizziert er eine Landkarte und gebt uns einen Kompass in die Hand...


Für Poststrukturalisten eine Üble Vorstellung: Gib mir ein Leitbild!

Zitat
Wilber hat kein absolut spezifisch konkretes Modell (außer das psychologische vllt.) und lässt den Leser, mal abgeshen von diversen Beispielen, die er anführt um seine Methode zu erläutern, sonst auch allein...


Was sind das für Beispiele? Wieder die Frage nach einem redaktionell bearbeiteten Artikel...
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Dialektik
« Antwort #46 am: 21 Juni 2006, 05:10:25 »

Zitat von: "Trakl"
Aber mal im Ernst, sowas suche ich garnicht. Ich möchte was Grundsätzliches.


Du meinst, Du willst das nicht anhand eines Beispiels, sondern 'dem Wesen nach' inhalieren? Pff, pff... Denk an Adorno und seine Warnung vor dem Unmittelbaren!

Aber nugut... Wie wäre es mit der 'Ordnung des Diskurses'? Nur 40 Seiten in so einem Merve-Heftchen. Michel Foucault's Antrittsvorlesung am Collège de France. Komm Trakl, das schaffst Du doch in einer Nacht! :)
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Lakastazar

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Dialektik
« Antwort #47 am: 21 Juni 2006, 05:46:56 »

Zitat von: "DarkAmbient"
Die physisch messbare Welt... also auch dem, was wir weder messen noch wahrnehmen können... Bitte habe Verständnis, wenn ich das nicht gerade eine scharfkantige Definition nenne.


Bin nich der Freund für scharfkantige Definitionen, besonders dann nich, wenn die begriffe ledigliche Bereiche umschreiben, die holonisch in den anderen übergehen... und einander so stark bedingen...
Es ist mittlerweile unter Astrophysikern kein Geheimnis, dass etwa 70% der kosmischen Masse dieser ominöse dunkle Energie zugeschrieben werden kann...
und was sie is, is nich bekannt... und auch nich in ihrer ganzlichkeit konkret messbar... was aber ihren Anteil der Wirklichkeit nich mildert ;)

Nicht alles, was Wirklichkeit is, is uns auch gewahr!

Zitat
Mit Geist meint Hegel auch mehr als das, was in eines Kopf so vorgeht.
Ich dachte Hegel wäre ein Materialist? *am kopp kratz*
Dann wundert mich nich mehr, warum ihn Wilber so gerne rezipiert ^^

Zitat
Eine Reduktion wäre es, wenn ich das Klassenbewusstsein nicht als Beispiel genannt hätte, sondern als einzigen zutreffenden Fall...

Ok... Touché ^^

Zitat
Was hast Du von Marx gelesen, dass Du auf die 'monologische Weise' kommst? Was meinst Du mit 'monologisch'?
nun Marx reduziert in seiner Analyse das Wesen der Gesellschaft äußerst stark auf das Kapital und dessen Herrschaftsstruktur, die ich als viel zu antagonistisch gehalten empfinde...
Er vergisst, dass Religion und Kultur auch bio-sozial seine Relevanzen für das Miteinander der Individuen hatten, mal abgesehen davon, was es für das Individuum allein so bedeuten kann... dass dadurch auch die psychologische Komponente weggelassen wird und er aufgrund seines dichotomischen Weltbildes die Menschen in Klassen einteilt und quasi nur entsprechendes Bewusstsein zubilligt, is arges Schubladen-Denken...

Zitat
Das tun die Intelligent Designer auch -- und wie zu erwarten, finden sie ihn überall...

uhm.. nur sie erheben einen Anspruch darauf, dass es empirisch bewiesen is...ohne entsprechendes vorlegen zu können...
Wilber einzigen empirischen Studien, auf die er sich bezieht, sind allein seines Bewusstseinsmodell dienlich, welches selber stets andere bisherige Modelle integriert hat... und diese auch bestätigen... dh. nur anerkannte Studien werden auch berücksichtigt...
er geht damit im Vergleich sehr wissenschaftlich vor!

Die Intelligent Designer lassen ein Erklärungsmodell missen...
wilber erschlägt einen damit! Und er leugnet die Evolution nich!

Zitat
Zitat
Allein das, dürfte ihn für dich äußerst interessant machen...

Normalerweise bin ich an Metaphysik nicht so interessiert, muss ich gestehen...

Metaphysik hat mind. drei verschiedene Definitionen, die ich jetzt so konkret nich benennen kann, aber eine davon is materialistisch!
(Materie und kultureller Kontext schafft Bewusstsein)

und wer sich mit philosophie beschäftigt kommt an dem Begriff kaum vorbei... auch wenn er selbst keine direkte Verwendung findet...

was du hier verzapft hast, kann stellenweise auch mit dem Begriff metaphysik (im materialistischen Sinne) in Zusammenhang gebracht werden...
http://www.schwarzes-hamburg.com/viewtopic.php?t=91&postdays=0&postorder=asc&start=30

Und ich fand das erstaunlich gut, was du da verzapft hast... ^^
Ich kann mir ja mal später die Mühe machen, das in aller Ruhe anzuschaun und dir aufzeigen, dass du damit schon einiges mit dem integral holonischem Verständnis gemein hast!

Zitat
Zitat
Jain...

Dein 'Jein' hat das Zeugt dazu, berüchtigt zu werden... :)

Ich arbeite dran ^^

Zitat
Zitat
Sein Bewusstseins-Modell is wirklich gut und wird unter Psychologen zumind. in Teilen weitesgehend anerkannt oder besprochen...
Dann muss es darüber doch einen Artikel geben. Bücher schreibt man heute, um Geld zu verdienen. Artikel, um seine Forschungsergebnisse zu verbreiten.


Er schrieb diverse Essays und Artikel... einige davon hat er zu einem Buch komprimiert...
und auch wenn ich net in Abrede stellen will, dass er damit durchaus Geld verdient, so darf man nich vergessen, dass er damit "sein" integral holistisches Institut mit finanziert, dass gezielte empirische Studien macht und dies in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern...
und außerdem, er nich nur mit Wissenschaftlern, sondern vor allem mit Kritikern zusammenarbeitet...
In der Tat gehören die schärfsten Kritiker seiner Modelle und Methoden zu seinen Freunden... deswegen gibt es immer neuere Versionen seines Modells...

Zitat
Zitat
Das sagte Satayana, wenn ich mich net irre...
und ändert aber eben nichts daran, dass unabhängig der Sprache, der Kultur und Religion/Weltsicht (die historisch bedingt is) sich überall nunmal kleine Barken, die eine gemeinsame rote Linie bilden, ausfindig machen lassen... (die sich noch in heutigen Konzepten formal verändert oder ergänzt überall wiederfinden)


Aber was spricht dagegen, neben der räumlichen auch die zeitliche Wissensdimension hinzu zu nehmen?

An sich gesehen nichts... und das macht Wilber ja auch...
aber deswegen muss es nich zu meinen Stärken zählen solcherlei historischen Kontexte hier vorzutragen...

"Wenn man keine Ahnung hat...." und da halte ich lieber meine Fresse, bevor ich Falsch-Aussagen treffe, die ich so unnötig revidieren müsste... ;)

Zitat
Zitat
dies hat Adorno übrigens mit seinen Charackterstudien, wo es sein Anliegen war, die Charakter-Struktur des für faschistische Propaganda empfänglichen Individuums zu analysieren/beschreiben, auch versucht...

Für meinen Geschmack, das schwächste, was die frankfurter Schule fabriziert hat -- waren einfach keine tollen Empiriker.

Darin würde dir Wilber vermutlich zustimmen und darüber hinaus es nich auf dieser Aussage beruhen lassen und konkreter begründen ;)

Zitat
Für Poststrukturalisten eine Üble Vorstellung: Gib mir ein Leitbild!
Jain! :P

Zitat
Zitat
Wilber hat kein absolut spezifisch konkretes Modell (außer das psychologische vllt.) und lässt den Leser, mal abgeshen von diversen Beispielen, die er anführt um seine Methode zu erläutern, sonst auch allein...


Was sind das für Beispiele? Wieder die Frage nach einem redaktionell bearbeiteten Artikel...

Also die besten Beispiele, die Wilber meiner Ansicht nach geliefert hat, stecken in dem Buch "Das Wahre, Schöne, Gute"
Ich weiß, dass das ein Scheißtitel ist!!
Da macht er unter andren nen netten Umriss durch die Kunstgeschichte und beschreibt in anderem Kapitel die unterschiedlichen Formen des Feminismus'...

Außerdem nimmt er auch einige Post-Strukturalisten wieder "auseinander", einfach herrlich :P

Mein Problem: Ich verschlinge das Buch schon wieder zu schnell, dass ich es bestimmt ein zweites mal lesen muss ^^

schon wieder ein zu langes Post :?
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DarkAmbient

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« Antwort #48 am: 21 Juni 2006, 14:39:02 »

Zitat von: "Lakastazar"
Bin nich der Freund für scharfkantige Definitionen, besonders dann nich, wenn die begriffe ledigliche Bereiche umschreiben, die holonisch in den anderen übergehen... und einander so stark bedingen...


Das macht es nicht einfacher. Besonders wenn Du vorschlägst, das als Basis zu nehmen um gleich mehrere Denker verstehen zu können....

Zitat
Es ist mittlerweile unter Astrophysikern kein Geheimnis, dass etwa 70% der kosmischen Masse dieser ominöse dunkle Energie zugeschrieben werden kann...
und was sie is, is nich bekannt... und auch nich in ihrer ganzlichkeit konkret messbar...


70% sind aber doch ein Maß, denn dass man dunkle Energie/Masse nicht sehen kann, heißt ja nicht dass man sie nicht quantifizieren kann. Es werden dann eben Aussagen anhand anderer Phänomene getroffen.

Zitat
Nicht alles, was Wirklichkeit is, is uns auch gewahr!


Das gilt dann wohl auch für Deie Definition von Wahrheit und Realität... sonst lassen wir das erst mal!

Zitat
Ich dachte Hegel wäre ein Materialist? *am kopp kratz*
Dann wundert mich nich mehr, warum ihn Wilber so gerne rezipiert ^^


Hegel wir normlalerweise dem Idealismus zugerechnet, aber er hat so seine materialistischen Seiten. Nicht umsonst beziehen sich reichlich materialistische Denker auf ihn: Marx, Lukacs, Adorno...

Zitat
Er vergisst, dass Religion und Kultur auch bio-sozial seine Relevanzen für das Miteinander der Individuen hatten, mal abgesehen davon, was es für das Individuum allein so bedeuten kann... dass dadurch auch die psychologische Komponente weggelassen wird und er aufgrund seines dichotomischen Weltbildes die Menschen in Klassen einteilt und quasi nur entsprechendes Bewusstsein zubilligt, is arges Schubladen-Denken...


Ich glaube da bist Du falsch informiert. Klasse ist nur eine abgeleitete Kategorie. Siehe den Auszug aus den Grundrissen weiter oben.

Zitat
Metaphysik hat mind. drei verschiedene Definitionen, die ich jetzt so konkret nich benennen kann, aber eine davon is materialistisch!
(Materie und kultureller Kontext schafft Bewusstsein)

und wer sich mit philosophie beschäftigt kommt an dem Begriff kaum vorbei... auch wenn er selbst keine direkte Verwendung findet...


Sicher, einfach weil man wissen muss, wo die Tretminen sind. Aber nicht um eifrig 'metaphysiche Forschung' zu treiben, wenn es so etwas geben könnte.

Zitat
Zitat
was du hier verzapft hast, kann stellenweise auch mit dem Begriff metaphysik (im materialistischen Sinne) in Zusammenhang gebracht werden...
http://www.schwarzes-hamburg.com/viewtopic.php?t=91&postdays=0&postorder=asc&start=30

Und ich fand das erstaunlich gut, was du da verzapft hast... ^^
Ich kann mir ja mal später die Mühe machen, das in aller Ruhe anzuschaun und dir aufzeigen, dass du damit schon einiges mit dem integral holonischem Verständnis gemein hast!


Natürlich war das reinste metaphysische Spekulation. Der Thread hieß 'Licht oder Nichts'. Metaphysik ist ja einfach dadurch definiert, dass man keine auf Erfahrung beruhenden Aussagen über einen bestimmten Bereich machen kann. Hier: Was kommt nach dem Tod? Und natürlich habe ich versucht das Thema materialistisch zu wenden, ohne dabei in totalen Nihilismus abzugleiten.

Zitat
"Wenn man keine Ahnung hat...." und da halte ich lieber meine Fresse, bevor ich Falsch-Aussagen treffe, die ich so unnötig revidieren müsste...


... und bevor Du auf den Kern gemeinsamen neurolingualen Substrats stößt, anhand dessen Du Deine Gedanken effektiver intersub- und objektiv vermitteln kannst. :)

Zitat
Darin würde dir Wilber vermutlich zustimmen und darüber hinaus es nich auf dieser Aussage beruhen lassen und konkreter begründen ;)


Kann sein. Liegt aber daran, dass ich nicht Bücher schreiben muss um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Ansonsten habe ich hier noch ein altes Referat rumliegen, das ich mal zu den Studien zum autoritären Charakter gehalten hab. Also Vorsicht! ;)

Zitat
Also die besten Beispiele, die Wilber meiner Ansicht nach geliefert hat, stecken in dem Buch "Das Wahre, Schöne, Gute"
Ich weiß, dass das ein Scheißtitel ist!!
Da macht er unter andren nen netten Umriss durch die Kunstgeschichte und beschreibt in anderem Kapitel die unterschiedlichen Formen des Feminismus'...


Konkretes Beispiel: Wie würde der Wilbur z.B. die widersprüchlichen Verhaltensweisen von Wellen und Teilchen holistisch in einem Modell zusammenfassen?
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Trakl

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« Antwort #49 am: 21 Juni 2006, 15:57:59 »

Ich hör Euch jetzt schon ne Weile zu und finde, dass ihr Euch mal inhaltlich äußern solltet, statt immer nur Meta-Kommunikation zu betreiben.
Oder wenigstes mal was Nettes zitieren....
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DarkAmbient

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« Antwort #50 am: 21 Juni 2006, 16:39:48 »

Zitat von: "Trakl"
Ich hör Euch jetzt schon ne Weile zu und finde, dass ihr Euch mal inhaltlich äußern solltet, statt immer nur Meta-Kommunikation zu betreiben.
Oder wenigstes mal was Nettes zitieren....


Und was hälst Du bis jetzt vom holistisch-integralen Ansatz Wilburs?
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« Antwort #51 am: 21 Juni 2006, 20:46:35 »

Typisch amerikanisch.
Alles unter einen Hut zwängen und dann drüber bestimmen wollen. ;-)

Nee, ist schon interessant, aber leider hab ich außer "Thought-Labelling" bisher nicht viel Inhaltliches mitbekommen...
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Lakastazar

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« Antwort #52 am: 22 Juni 2006, 00:38:49 »

Zitat von: "DarkAmbient"
Das macht es nicht einfacher. Besonders wenn Du vorschlägst, das als Basis zu nehmen um gleich mehrere Denker verstehen zu können....


Ich könnte konkreter werden... habe da aber nichts an zusammenhängnder eigener Bilanz, auf dass ich zurückgreifen könnte...
nur soviel: Aus drei würden mind. neun (wahrscheinlich MEHR) Begriffe, um den ganzen holisitsch gerecht zu werden... ;)

Ich mache mir mal meine Gedanken und gebe dir dann ne konkretere Eigendarstellung ;)
Die Drei Begriffe sind eher sowas wie orientierungsbarken gewesen...

Hegel würd ich vorläufig ersma abhaken...
Kann sein, dass ich Marx nich 100% artgerecht wiedergegeben habe... aber dass er ein Materialist war, der nich sonderlich viel von Religion hielt, darüber brauchen wir uns nich streiten ;)

Zitat
Aber nicht um eifrig 'metaphysiche Forschung' zu treiben, wenn es so etwas geben könnte.
Ich sagte bereits, dass es drei oder mehrere verschiedene Verwendungen dieses Begriffes gibt...
eine davon is materialistisch... und bezieht sich auf kognitive Prozesse des Menschen, seine Umwelt konkret und Verbal zu kategorisieren, virtuelle Prozesse auf diese zu projizieren, sie entsprechend zu gestalten (Kunst, Sprache, Kultur, Technik etc.) und fiktiv (Konzepte, Weltbilder, Religion) sein zu können... jetzt mal so oberflächlich angerissen das ganze

Zitat

Natürlich war das reinste metaphysische Spekulation. Der Thread hieß 'Licht oder Nichts'. Metaphysik ist ja einfach dadurch definiert, dass man keine auf Erfahrung beruhenden Aussagen über einen bestimmten Bereich machen kann. Hier: Was kommt nach dem Tod? Und natürlich habe ich versucht das Thema materialistisch zu wenden, ohne dabei in totalen Nihilismus abzugleiten.
Damit hast du durchaus Wechselbeziehungen zwischen dem Subjekt und dem Objektiven herrausgestellt, die ers das Individuum als solches definieren...

Zitat
... und bevor Du auf den Kern gemeinsamen neurolingualen Substrats stößt, anhand dessen Du Deine Gedanken effektiver intersub- und objektiv vermitteln kannst. :)
siehe oben, gib mir in aller ruhe zeit, und ich erschlag euch damit :P Ich bin jedenfalls jedesmal auf neue erschlagen

Zitat

Ansonsten habe ich hier noch ein altes Referat rumliegen, das ich mal zu den Studien zum autoritären Charakter gehalten hab. Also Vorsicht! ;)
also da ich in Philosophie-Unterricht das Thema auch relativ ausgiebig hatte und in Kombination mit Deutsch und Religion das Thema Manipulation hatte, habe ich da schon meine eigenen Gedanken zu...
gerade deswegen wäre ich durchaus neugierig und gespannt auf dieses...
also immer her damit und ich nehme mir mal irgendwann in aller Ruhe die Zeit für... ^^

Zitat
Konkretes Beispiel: Wie würde der Wilbur z.B. die widersprüchlichen Verhaltensweisen von Wellen und Teilchen holistisch in einem Modell zusammenfassen?
Da er kein Physiker is, hat er dazu, so weit ich weiß noch keine Stellungnahme bezogen... jedenfalls wüsst ich nich wo zu suchen...
allerdings hat er sich mit den derzeitigen Theorien befasst, wo er stets anmerkt, dass die neueren die älteren integrieren, anstatt zu negieren, und er damit sicher is, dass die Wissenschaft da noch neue Erkenntnisse liefern wird... wie die Entdeckung des mehrdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuums (mit Fragezeichen, sowohl von ihm, als auch von mir ;) )

Wilber versucht in Sachen enger Naturwissenschaft eher bestehende Modelle in ihrer Art (methodik, weltbild) zu kategorisieren als selber hand anzulegen... ;) Er is also nich dumm genug, sich da in etwas unüberlegtes reinreißen zu lassen... Er sucht das Gespräch mit Experten oder rezitiert diese an ihren Werken... Was sein Weltbild in der Angelegenheit is, kann ich an dieser Stelle nich sagen...

da er aber spirituelle Dimension stets mit einbezieht, wird er da wohl nen buddhistischen Aspekt mitdrinne haben... was dann bedeuten würde, dass es eh alles Illusion is...

Was das angeht, gibt es jede menge Erklärungsversuche, sowohl von akademischer, hypothetischer und pseudowissenschaftlicher Seite her...
Sie alle sind interessant... und doch sind sie wie die Erklärungsversuche blinder gelehrte, die mir jeweils von ihrer Warte aus einen Elefanten zu erklären suchen... :)
Das Ganze wäre ein eigener Thread wert... machst du den Anfang DarkAmbient?

bin da beim googlen auf ein seltsames PDF-Dokument gestoßen...
vllt. einen Blick wert (weiß selbst noch nicht, was davon zu halten is)
http://www.safeswiss.org/arbeitsgruppen/wirbelphysik/veranstaltung/kolloquium2004/Fornefett_Andreas/Quantenaethertheorie_versus_Allgemeine_Gravitation.pdf
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DarkAmbient

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« Antwort #53 am: 22 Juni 2006, 22:18:48 »

Zitat von: "Lakastazar"
Hegel würd ich vorläufig ersma abhaken...

Ooooch....
Zitat
Kann sein, dass ich Marx nich 100% artgerecht wiedergegeben habe... aber dass er ein Materialist war, der nich sonderlich viel von Religion hielt, darüber brauchen wir uns nich streiten ;)


Nein, müssen wir nicht. Schon allein deshalb nicht, weil das ja wohl auf alle, die in diesem Thread diskutieren, zutrifft.

Nochmal ein paar Anmerkungen:

Materialismus heißt ja nicht, dass Bewusstseinsprozesse ausgeblendet werden, sondern nur, dass von einem Vorrang materieller Prozesse (dem Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur) ausgegangen wird. Dabei vermittelt das eine das jeweils andere.

Wenn Du an kritischer Psychologie interessiert bist, würde ich Dir wirklich nicht zuallererst ein Referat von mir empfehlen. Es gibt eine Schule, die sich unter dem Label 'kritische Psychologie' finden lässt.

Zitat
Wilber versucht in Sachen enger Naturwissenschaft eher bestehende Modelle in ihrer Art (methodik, weltbild) zu kategorisieren als selber hand anzulegen...


Das mit dem Weltbild finde ich unbedingt erklärungsbedürftig. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich höre, dass das ein Ergebnis von wissenschaftlicher Arbeit sein soll -- auch wenn das bei einem holistischen Ansatz wahrscheinlich zwangsläufig dabei herauskommt...
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« Antwort #54 am: 23 Juni 2006, 14:47:48 »

Zitat von: "DarkAmbient"
Zitat
Wilber versucht in Sachen enger Naturwissenschaft eher bestehende Modelle in ihrer Art (methodik, weltbild) zu kategorisieren als selber hand anzulegen...


Das mit dem Weltbild finde ich unbedingt erklärungsbedürftig. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich höre, dass das ein Ergebnis von wissenschaftlicher Arbeit sein soll -- auch wenn das bei einem holistischen Ansatz wahrscheinlich zwangsläufig dabei herauskommt...
Also ers einmal ist es sein Anliegen das Subjekt in seiner Wechselbeziehung mit der Umwelt zu umreißen, wenn man so will...
d.h: dass du nich drum herum kommst, als die Ansichten von Subjekten zu analysieren und welcher Weise sie ihre Kultur prägen und umgekehrt... also wie die Quadranten eines hypothetischen Holons einander bedingen!

Dabei setzt er auf Entwicklungspsychologische Ansätze (Gebser, Piaget) und vorallem soziologische (Don Beck und wie auch immer der andere heißt)...
Es sind im Übrigen noch mehr Autoritäten...
außerdem versucht er nunmal "Weltbilder", geistige/kulturelle Strömungen, Modelle, Ansichten, Religionen, Philosophische und analytische Methoden ebenfalls unter die Lupe zu nehmen!

Also nix mit gruselig... Im Prinzip is er unter den "holistikern" das, was die Kybernetiker 2.ter Ordnung unter den Kybernetikern/systemtheoretikern sind! (bitte nach-googlen, falls net klar, es gibt Wiki)

best regards
Lak (nich mehr nüchtern weil Abi-Streich...)
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« Antwort #55 am: 23 Juni 2006, 16:56:29 »

Zitat von: "Lakastazar"
d.h: dass du nich drum herum kommst, als die Ansichten von Subjekten zu analysieren und welcher Weise sie ihre Kultur prägen und umgekehrt... also wie die Quadranten eines hypothetischen Holons einander bedingen!


Wie funktioniert das?
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Lakastazar

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« Antwort #56 am: 23 Juni 2006, 22:44:36 »

Zitat von: "DarkAmbient"
Zitat von: "Lakastazar"
d.h: dass du nich drum herum kommst, als die Ansichten von Subjekten zu analysieren und welcher Weise sie ihre Kultur prägen und umgekehrt... also wie die Quadranten eines hypothetischen Holons einander bedingen!


Wie funktioniert das?

in dem man sich mit ihren Schwerpunkten, Perspektiven, kulturellen Hintergrund, psychisch affektiven Tendenzen auseinandersetzt...

Es besteht schon in Sachen Religion zum Beispiel ein himmelweiter Unterschied, ob jemand seinen "Typhon" also Körperbewusstsein zu seiner Religion macht, die Geister der Ahnen oder die Kraft der Tiere durch schamanische Rituale in sich fahren lässt (durch Beschwören),
ob ein Priester von einem mythisch archetypisch personalisierten Götter-Pantheon oder auch von abstrakten Mächten spricht, die das Schicksal ganzer Völker in den Bann zieht und somit eher ethnozentrisch agiert (Söhne des Zeus) und diese unterwürfig zu beschwichtigen sucht(Durch Opfergaben),
oder man sogar sagt, dass es nur einen gibt, vor dem jeder "gleich" ist und der über die Sünden richtet und gegebenenfalls vergibt ... Hingabe und Buße... und letztlich im idealfall Mitgefühl zu seinen Nächsten predigt...

Heidnische Religionen hatten die Fruchtbarkeit im Mittelpunkt, arbeiteten mehr mit Symbolik und Tanz (körperliche Eskstase)

die monotheistischen betreiben eher Askese und Altruistismus... setzen mehr aufs Wort (verbaler Verstand)...

Ich meine du kennst doch sicherlich aus eigener Erfahrung, dass es eher Kopf-, Herz- und Bauchmenschen gibt... und wirst sicherlich auch den Unterschied zwischen Epikuristen/ Dyonisus und Stoikern/ Apollo...

Ich hoffe mich mit meinen relativ flach gehaltenen Analogien etwas verständlicher gemacht zu haben... es geht jedenfalls darum, dass die Muster, die bei der Ontogenese der Menschen sich nich wirklich geändert haben... nur eben neue Formen in der kulturellen Sphäre gefunden haben, derer sie sich bedienen und aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung, wie wir sie kennen, heute ein anderes Niveau erreicht hat...

Unsere westliche Welt is zum Beispiel mal memenhaft (nach Don Beck & Co.) dargestellt: Blau ("mythisch"*/konservativ), Orange (libral/rational) und Grün (postmodern/pluralistisch/relativistisch)
da sind noch weitere Memen-Stufen...
so würde ich zum Beispiel bei Cliquen/Banden von halbstarken jungen Egozentrikern mit ensprechender Rudelmentalität von einem präkonventionellem Typus sprechen, sprich Rot (Ego-betont/eventuell ethno-zentrisch)

*in unserem Fall stark Christlich

aber es is wie gesacht nich einfach mit der Darstellung und es sind, wie immer zu betonen ist nur Veranschaulichungen... nichts weiter...
man muss sie als Mittel betrachten sich dahinter etwas konkret vorstellen zu können, wofür ich persönlich das kritische und vorallem aperspektivische Denken als Vorraussetzung halte... und da is ein Übergang zu einer holistisch integralen Sichtweise durchaus hilfreich...
man muss sich nur vor dem Trubel hüten, der darum gemacht wird...
wie immer, wenn das Wörtchen "Spiritualität", ohne zu wissen was damit gemeit ist, auftaucht, fühlen sich Rationalisten angewiedert und Esoteriker gleich angezogen... und das nur aufgrund von assoziationen...

dewegen diese von mir nur widerwillig eingesetzten links:
http://www.connection-medien.de/magazin/02mai/peschek.htm
http://www.magickpages.de/cgi-bin/yabb/YaBB.cgi?board=we;action=display;num=1067504860

Ich kann nur empfehlen sich ein eigenes Bild und Urteil davon zu machen...
es wird viel geschwafelt und sich am Modell aufgehangen, weswegen ich mich niemals als Fan davon bezeichnen würde, aber es is das, was meinem "Weltbild" erklärungstechnisch eine gute Basis des Austauschs ermöglicht...
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DarkAmbient

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« Antwort #57 am: 24 Juni 2006, 01:05:22 »

Oha! Jetzt verstehe ich warum Du nicht mit den harten Fakten rausrücken wolltest. Vieles erkenne ich wieder und es ist bestimmt auch eine Leistung das zusammenzufassen. Aber insgesamt finde ich die Geschichte doch ziemlich idealistisch verklärt. Die Theorie ist fürwahr holistisch: Sie hat anscheinend sogar ein eigenes Marketing eingebaut, das sich an das grün-alternative Millieu richtet. Also bei mir gehen da -- bei aller wohlwollenden Rezeption -- sämtliche Alarmglocken an. Eine Hierarchie der Weltanschauungen alias Bewusstseinsebenen... mit der eigenen als Heilsvision. Das ist aus poststurkturalistischer Sicht tatsächlich schwer zu ertragen. "Flexibilität, Spontanität und Funktionalität", "Vereinigung von Gefühl und Verstand" -- kann man noch mehr verlangen?

Aber gut gemacht, wenn ich es mit anderen Produkten der Bewusstseinsindustrie vergleiche. Bedient auf jeden Fall das Bedürfnis nach einem sicheren Weltbild.

So, langsam fange ich mich wieder...

Sorry, wenn ich das so hart kritisiert hab -- auch wenn Du kein Fan bist. Vielleicht ist es in einer gewissen Phase der Bewusstseinsentwicklung gut, mit einer solchen Weltanschauung zu arbeiten.
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« Antwort #58 am: 24 Juni 2006, 02:59:55 »

Zitat von: "Trakl"
Eigentlich wollte ich mal ein paar schicke Poststrukturalistische Sätze hören....


"Er wird gesehen, ohne selber zu sehen; er ist Objekt einer Information, niemals Subjekt in einer Kommunikation" Michel Foucault (Kapitel "der Panoptismus", in: "Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefägnisses")
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Dialektik
« Antwort #59 am: 24 Juni 2006, 05:18:27 »

Ok, dann auch noch ein paar Appetizer aus der 'Ordnung des Diskurses', die ein paar Stichworte zu Foucaults Methode liefern:

S.10f: "Die Hypothese, die ich heute abend entwickeln möchte, um den Ort - oder vielleicht das sehr provisorische Theater - meiner Arbeit zu fixieren: Ich setze voraus, daß in jeder Gesellschaft die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert wird - und zwar durch gewisse Prozeduren, deren Aufgabe es ist, die Kräfte und die Gefahren des Diskurses zu bändigen, sein unberechenbar Ereignishaftes zu bannen, seine schwere und bedrohliche Materialität zu umgehen."

S.16f: [Anm. Übersetzt den 'wahren Diskurs' behelfsweise mit 'Wissenschaft' oder 'moderne Rationalität', den obskuren Grund diese durchzusetzen als 'Wille zur Wahrheit'.] "Drei große Ausschließungssysteme treffen den Diskurs: das verbotene Wort; die Ausgrenzung des Wahnsinns; der Wille zur Wahrheit. Vom letzten habe ich am meisten gesprochen. Denn auf dieses bewegen sich die beiden anderen seit Jahrhunderten zu; immer mehr versucht es, sie sich unterzuordnen, um sie gleichzeitig zu modifizieren und zu begründen.
...
Und doch spricht man von ihm am wenigsten. Es ist, als würden der Wille zur Wahrheit und seine Wendungen für uns gerade von der Wahrheit und ihrem notwendigen Ablauf verdeckt. Der Grund dafür ist vielleicht dieser: Wenn der wahre Diskurs seit den Griechen nicht mehr derjenige ist, der dem Begehren antwortet oder der die Macht ausübt, was ist dann im Willen zur Wahrheit, im Willen, den wahren Diskurs zu sagen, am Werk - wenn nicht das Begehren und die Macht? Der wahre Diskurs, den die Nortwendigkeit seiner Form vom Begehren ablöst und von der Macht befreit, kann den Willen zur Wahrheit, der ihn durchdringt, nicht anerkennen; und der Wille zur Wahrheit, der sich uns seit langem aufzwingt, ist so beschaffen, daß die Wahrheit, die er will, gar nicht anders kann, als ihn zu verschleiern. [Anm. DA: soviel zur Foucaultschen Formulierung der Dialektik der Aufklärung...]
So bietet sich unseren Augen eine Wahrheit dar, welche Reichtum und Fruchtbarkeit ist, sanfte und listig universelle Kraft. Und wir übersehen dabei den Willen zur Wahrheit - jene gewaltige Ausschließungsmaschinerie. Alle jene, die in unserer Geschichte immer wieder versucht haben, diesen Willen zur Wahrheit umzubiegen und ihn gegen die Wahrheit zu wenden, gerade dort, wo die Wahrheit es unternimmt, das Verbot zu rechtfertigen und den Wahnsinn zu definieren, alle jene - von Nietzsche zu Artaud und Bataille - müssen uns nun als - freilich erhabene - Orientierungszeichen unserer alltäglichen Arbeit dienen." [Ist für mich eine der zentralen Passagen bei der Erschließung Foucaults gewesen.]

S.20: "Ich glaube, es gibt noch ein anderes Prinzip der Verknappung des Diskurses, welches das erste bis zu einem gewissen Grade ergänzt. Es handelt sich um den Autor. Und zwar nicht um den Autor als sprechendes Individuum, das einen Text gesprochen oder geschrieben hat, sondern um den Autor als Prinzip der Gruppierung von Diskursen, als Einheit und Ursprung ihrer Bedeutungen, als Mittelpunkt ihres Zusammenhalts."

S.33: "man muß unseren Willen zur Wahrheit in Frage stellen; man muß dem Diskurs seinen Ereignischarakter zurückgeben; endlich muß man die Souveränität des Signifikanten aufheben."

S.34: "Es lassen sich gleich einige von diesen Themen erforderte methodische Grundsätze nennen.

1. "Zunächst ein Prinzip der Umkehrung. Wo uns die Tradition die Quelle der Diskurse, das Prinzip ihres Uberflusses und ihrer Kontinuität sehen läßt, nämlich in den anscheinend so positiven Figuren des Autors, der Disziplin, des Willens zur Wahrheit, muß man eher das negative Spiel einer Beschneidung und Verknappung des Diskurses sehen."

2. "Ein Prinzip der Diskontinnität. Daß es Verknappungssysteme gibt, bedeutet nicht, daß unterhalb oder jenseits ihrer ein großer, unbegrenzter, kontinuierlicher und schweigsamer Diskurs herrscht, der von diesen Verknappungssystemen unterdrückt oder verdrängt wird und den wir wieder emporheben müssen, indem wir ihm endlich das Wort erteilen. ... Die Diskurse müssen als diskontinuierliche Praktiken behandelt werden, die sich überschneiden und manchmal berühren, die einander aber auch ignorieren oder ausschließen."

3. "Ein Prinzip der Spezifizität. Der Diskurs ist nicht in ein Spiel von vorgängigen Bedeutungen aufzulösen. ... Man muß den Diskurs als eine Gewalt begreifen, die wir den Dingen antun; jedenfalls als eine Praxis, die wir ihnen aufzwingen. In dieser Praxis finden die Ereignisse des Diskurses das Prinzip ihrer Regelhaftigkeit. "

4. "Die vierte Regel ist die der Aüßerlichkeit. Man muß nicht vom Diskurs in seinen inneren und verborgenen Kern eindringen, in die Mitte eines Denkens oder einer Bedeutung, die sich in ihm manifestieren. Sondern vom Diskurs aus, von seiner Erscheinung und seiner Regelhaftigkeit aus, muß man auf seine äußeren Möglichkeitsbedingungen zugehen; auf das, was der Zufallsreihe dieser Ereignisse Raum gibt und ihre Grenzen fixien."

Ergo: "Vier Begriffe müssen demnach der Analyse als regulative Prinzipien dienen: die Begriffe des Ereignisses, der Serie, der Regelhaftigkeit, der Möglichkeitsbedingung. Jeder dieser Begriffe setzt sich jeweils einem anderen genau entgegen: das Ereignis der Schöpfung, die Serie der Einheit, die Regelhaftigkeit der Ursprünglichkeit, die Möglichkeitsbedingung der Bedeutung."

S.36f: "Die grundlegenden Begriffe, die sich jetzt aufdrängen, sind nicht mehr diejenigen des Bewußtseins und der Kontinuität (mit den dazugehörigen Problemen der Freiheit und der Kausalität), es sind auch nicht die des Zeichens und der Struktur. Es sind die Begriffe des Ereignisses und der Serie, mitsamt dem Netz der daran anknüpfenden Begriffe: Regelhaftigkeit, Zufall, Diskontinuität, Abhängigkeit, Transformation. Unter solchen Umständen schließt sich die Analyse des Diskurses, an die ich denke, nicht an die traditionelle Thematik an, die gestrige Philosophen noch immer für »lebendige« Historie halten, sondern an die wirkliche Arbeit der Historiker.
Gerade deswegen wirft diese Analyse aber auch philosophische oder theoretische Probleme auf, die wahrscheinlich sehr schwierig sind. Wenn die Diskurse zunächst als Ensembles diskursiver Ereignisse behandelt werden müssen welcher Status ist dem Begriff des Ereignisses zuzusprechen, der vor den Philosophen so selten in Betracht gezogen wor- den ist? Gewiß ist das Ereignis weder Substanz noch Akzidens, weder Qualität noch Prozeß; das Ereignis gehört nicht zur Ordnung der Körper. Und dennoch ist es keineswegs immateriell, da es immer auf der Ebene der Materialität wirksam ist, Effekt ist; es hat seinen Ort und besteht in der Beziehung, der Koexistenz, der Streuung, der Überschneidung, der Anhäufung, der Selektion materieller Elemente; es ist weder der Akt noch die Eigenschaft eines Körpers; es produziert sich als Effekt einer materiellen Streuung und in ihr. Sagen wir, daß sich die Philosophie des Ereignisses in der auf den ersten Blick paradoxen Richtung eines Materialismus des Unkörperlichen bewegen müßte."

S38f: "Entsprechend diesen Prinzipien und innerhalb dieses Horizonts werden sich meine Analysen in zwei Richtungen bewegen. Einerseits die »Kritik«, welche das Prinzip der Umkehrung zur Geltung bringt: es soll versucht werden, die Formen der Ausschließung, der Einschränkung, der Aneignung, von denen ich eben gesprochen habe, zu erfassen; es soll gezeigt werden, wie sie sich gebildet haben, um bestimmten Bedürfnissen zu entsprechen, wie sie sich verändert und verschoben haben, welchen Zwang sie tatsächlich ausgeübt haben, inwieweit sie abgewendet worden sind. Auf der anderen Seite die »Genealogie«, in der die drei anderen Prinzipien zur Geltung kommen: es soll untersucht werden, wie sich durch diese Zwangssysteme hindurch (gegen sie oder mit ihrer Unterstützung) Diskursserien gebildet haben; welche spezifischen Normen und welche Erscheinungs-, Wachstums- und Veränderungsbedingungen eine Rolle gespielt haben."

Vielleicht könnte dieses Preisgeben des Denkens im Diskurs mal mit Adornos Lesart dialektischer Methodik gegengelesen werden. Dessen Hoffnung steht dazu vielleicht nur scheinbar im Gegensatz: "Denken braucht nicht an seiner eigenen Gesetzlichkeit sich genug sein zu lassen; es vermag gegen sich selbst zu denken, ohne sich preiszugeben; wäre eine Definition von Dialektik möglich, so wäre das als eine solche vorzuschlagen." ND S.144

Dialektik oder Diskursanalyse? Das ist hier die Frage...
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"Es ist besser etwas zu bereuen, das man getan hat, als etwas zu bereuen, das man nicht getan hat."