Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Die Lösung unserer Probleme  (Gelesen 22815 mal)

Trakl

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Die Lösung unserer Probleme
« Antwort #30 am: 07 April 2005, 21:30:02 »

Zitat von: "Eisbär"
Wenn alle genug Geld haben, ohne zu arbeiten, wer arbeitet dann noch?

Wir sind ja nunmal technisch noch nicht so weit, daß alles, was gemacht werden muß, von Maschinen erledigt werden kann...

Wer arbeitet dann freiwillig als Landwirt oder für die Müllabfuhr?
Wer reinigt die Straßen oder kontrolliert Fahrkarten in der Bahn?
Wer pflückt Äpfel und Kirschen und geht auf See zum Fischen?
Wir können auch nicht alle ungeliebten Hilfsarbeiter-Jobs von Maschinen erledigen lassen, das werden wir auch nie können, fürchte ich.


Darum geht es ja: Innovation fördern. Qualfizieren, um Maschinen zu erfinden, die das erledigen können.

Dafür gibt es gut bezahlte Jobs. Wer das nicht kann oder will muss ja nicht. Können ja sowieso nicht alle machen. Schon heute kann ja gar nicht jeder der will arbeiten!

Außerdem reichen die 1000-1500 Euro ja den meisten Leuten garnicht. Aber es ist wesentlich angenehmer z.b. für 3 Tage die Woche 4 Stunden am Tag Müllmann zu machen
Das würde sogar ich tun. Alles besser als Call-Center oder ähnlicher Mist.

Mangels Lohnnebenkosten könnte man den Job ja auch besser bezahlen. Wenn die Steuern nur auf Konsum gehen kann ja jeder dazuverdienen, das heißt beispielsweise:

1000 Euro Grundsicherung + 12h die Woche Müllmann für 20 Euro/h netto =  ca. 1960 Euro.

Wenn das mal kein Arbeitsanreiz ist!

Das System wird dann wieder unterstützt, wenn sich der Bürger was Schönes gönnt, zum Beispiel ein Auto.

Wenn es nur Konsumsteuern gibt, kann man auch nicht mehr schwarz arbeiten. Das heisst, es muss nur die Mehrwertsteuer kontrolliert werden. Zur Zeit gehen uns  Billionen verloren wegen Schwarzarbeit und Steuererleichterungen.

Trakl
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Dalai_Wese

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« Antwort #31 am: 08 April 2005, 00:04:53 »

Soweit so gut. Ich für meinen Teil würde keine große Lust haben zu arbeiten, da ich mit relativ wenig zufrieden bin und sicher auch nur selten große Dinge konsumiere.
Wenn man nun nur Konsumsteuer erhebt und davon neue Gehälter bezahlt ist das ja sicher eine gute Idee. Was aber, wenn aus welchen Gründen auch immer, das Konsumverhalten so sinkt, dass nicht mehr genügend Gelder aus der Konsumsteuer vorhanden sind? Selbst wenn man auf Zahnpasta Konsumsteuer erhebt, dann wird das sicher nicht den großen Ertrag bringen. Vielleicht wollen viele nicht die großen Dinge kaufen, die viele Gehälter finanzieren.
Und was ist eigentlich mit dem Rest? Ich sage mal, dass ein ganz beträchtlicher Teil der Einnahmen aus der Konsumsteuer gar nicht in die Finanzierung des Grundgehaltes fließen können, wenn man bedenkt, dass alle möglichen Dinge finanziert werden müssen, wie z.B. Erhalt der Verkehrsstruktur. Dinge eben, die direkt nichts mit dem Gehalt bzw. der Arbeitskraft zu tun haben.
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Trakl

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Re: .
« Antwort #32 am: 08 April 2005, 01:02:59 »

Zitat von: "Dalai_Wese"

Was aber, wenn aus welchen Gründen auch immer, das Konsumverhalten so sinkt, dass nicht mehr genügend Gelder aus der Konsumsteuer vorhanden sind? Selbst wenn man auf Zahnpasta Konsumsteuer erhebt, dann wird das sicher nicht den großen Ertrag bringen. Vielleicht wollen viele nicht die großen Dinge kaufen, die viele Gehälter finanzieren.
Und was ist eigentlich mit dem Rest? Ich sage mal, dass ein ganz beträchtlicher Teil der Einnahmen aus der Konsumsteuer gar nicht in die Finanzierung des Grundgehaltes fließen können, wenn man bedenkt, dass alle möglichen Dinge finanziert werden müssen, wie z.B. Erhalt der Verkehrsstruktur. Dinge eben, die direkt nichts mit dem Gehalt bzw. der Arbeitskraft zu tun haben.


Weißt Du's? Ist es jetzt besser? Können wir so weiter machen?

Zudem: wie das Ganze genau aussieht, sollen Steuer- und Wirtschaftsexperten durchrechnen.
Vielleicht bleibt ja auch eine kleine Einkommensteuer auf die nicht-allgemeinen Tätigkeiten und die anderen sind Steuerfrei? Es gibt viele Möglichkeiten, diese doch recht lächerlichen Probleme zu lösen.
Willst Du wegen solcher Nichtigkeiten an dem jetzigen Konzept festhalten, in dem mehr als die Hälfte (ja, so viel ist das, wenn man den Arbeitgeberanteil dazurechnet!) Deines Gehaltes in marode Sozialversicherungs- und Steuersysteme fließt?
Wenn das jetzige System gut genug ist, dann verrate mir, wie wir das Rentenproblem lösen sollen.
Wie willst Du Kinder nach Deutschland bringen? Einwanderung? Wir haben doch jetzt schon mit erheblichen Integrationsproblemen zu kämpfen. Kopfgelder auf Kinder? Wo soll das Geld denn herkommen, der Staat ist doch hochverschuldet.
Und da fällt mir noch ein - was sollen die vielen Kinder später mal arbeiten, wenn es keine Arbeitsplätze mehr gibt?
Da kann man doch gleich das Grundeinkommen einführen! Worauf warten wir also noch.

Trakl
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Eisbär

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Re: .
« Antwort #33 am: 08 April 2005, 04:28:58 »

Zitat von: "Trakl"
Zudem: wie das Ganze genau aussieht, sollen Steuer- und Wirtschaftsexperten durchrechnen.
Dann muß das ganze ja schiefgehen... :roll:


Trakl: Das System, was Du uns versuchst schmackhaft zu machen, scheitert in meinen Augen am selben wie alle bisherigen Systeme, die es gab.
Am Faktor Mensch.
Der ist nämlich unberechenbar und funktioniert immer irgendwie anders und es gab immer und wird immer Leute geben, die egoistisch genug sind, sich auf Kosten des Systems oder anderer zu beteiligen.

Aber mal abwarten, wir bekommen demnächst ja eine Art Vorstufe Deines Modells.
In naher Zukunft wird es zuwenig Arbeitskräfte geben und unzählige Rentner.
Diese werden nur noch eine Grundrente bekommen plus das, was sie sich selbst abgesichert haben. Da hast Du schon mal Dein Grundeinkommen für ca. 50% der Bevölkerung.

Der Rest kann sich die Arbeit quasi aussuchen, dank der immer weiter rückläufigen Geburtenzahlen wird es ja viel zu wenige Fachkräfte geben.

Mal schauen, wann das alles in die Hose geht...



Nee, es gibt keine perfekten Systeme, weil es keine perfekten Menschen gibt...
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Die Lösung unserer Probleme
« Antwort #34 am: 08 April 2005, 04:54:32 »

Zitat von: "Trakl"
Mathematisch gesehen erhöht sich doch die Wertschöpfung, wenn ich die Vorleistung verkleinere (durch Produktivitätserhöhung, z.b. durch Maschinen)
Wo ist denn dann das Problem? Ich bin kein Wirtschaftswissenschaftler, bitte erklär das mal einer, der sich wirklich auskennt.


Richtig, wenn Du wahnsinnig lange an einem Gut rumbastelst bei geringer Vorleistung und es dann verkaufst und auch noch einen guten Stundensatz hast, dann war die Wertschöpfung hoch. Aber beim Realisierungsproblem hakt es oft. Gesamtwirtschaftlich stellt sich immer ein durchschnittlicher Wertzuwachs (gerechnet pro Arbeitsstunde) her. Es gibt natürlich Ausnahmen wie z.B.Monopole.

Zitat
Meines Erachtens ist die Wertschöpfung in einigen Bereichen nur deshalb so hoch, weil Geld von selbst Geld bringt. Irgendwann muss man dafür nichts mehr tun. Da ich aber das Kapital nicht enteignen möchte, muss ich einfach dafür sorgen, dass niemand ausgebeutet wird. Auch hier kann das GE wirken.


Das Phänomen, dass Geld Kinder bekommt, ist natürlich eine Täuschung. Tatsächlich arbeitet immer irgendwer dafür.

Zitat
Was ist mit kultureller Leistung?


Alles obige gilt für die industrielle Gesellschaft. Für Leistungen und Güter, die nicht in Massenproduktion hergestellt werden können (oder sollten) verhält es sich ganz unterschiedlich. Dabei ist eine 0815-Pantomimennummer auf dem Rathausplatz eher eine Massenware. Ein einzigartiges kulturelles Gut oder eine herausragende Leistung auf dem Gebiet kann man fast nicht mehr mit Geld bezahlen. Sie sind dann auch oft Gemeingut.

Zitat
Wieso sollte die "entfesselte Weltökonomie" sie überrollen? Dank der niedrigen Kosten und der durch die freie Wirtschaft bei einem Grundeinkommen optimierten Produktivität wäre doch das Land mit GE den anderen vom Preis-Leistungs-Verhältnis absolut überlegen. Im Gegenteil: die Länder würden ja aus dem Billigland importieren, das heisst, das Billigland mit Geld zuschütten.


Ich halte es für zweifelhaft, dass ein Land mit einem Grundeinkommen von 1000€ pro Nase pro Monat wirklich ein Billigland wird. Zur Erbringung diese Summe müssten bei 80Mio. Einwohnern pro Jahr fast 1 Billion Euro ausgezahlt werden. Das ist ca. die Hälfte des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Da Deutschland an der EZB hängt, kann es die Geldscheine nicht drucken, weshalb das schon praktisch ausgeschlossen ist. Theoretisch würde ich jede Wette eingehen, dass eine gallopierende Inflation einsetzt, wenn Geld gedruckt werden würde. Bei der Staatsquote und der ganzen Luxussteuer-Geschichte darf man nicht an den Realexistierenden Sozialismus gemahnen? Wer legt fest was Luxus ist? Unser momentanes MWSt.-Set 0%/7%/16% halte ich von der Größenordnung her für mit Augenmaß geschaffen. Und wer sagt, dass Schwarzarbeit unmöglich wird? Du brauchst nur die Umsatzsteuer statt der Einkommensteuer unterschlagen. A propos: Wenn die Einkommensteuer wegfiele, wäre der negative Effekt übrigens, dass Du keine Steuerprogression mehr hättest.

Zitat
Das alles führt doch zwangsläufig in die Richtung, dass Geld immer weniger wichtig wird, weil es dann jeder hat und es nicht mehr als wichtigstes Symbol für sein Selbstbewusstsein braucht.


Na, ich halte Geld immer noch für ein wichtiges Symbol, um an lebensnotwendige Güter zu kommen und kaum für eins, das mein Selbstbewußtsein füttet.

Zitat
Hier übrigens die prompte Antwort von Herrn Dr. Liebermann persönlich!


Ähm, nuja, finde ich jetzt aber ein bisschen schade, dass Du Deinen Stellvertreter vorschickst. Nun gut...

Zitat von: "Sascha Liebermann"
Hier erkenne ich keinen Einwand. Was soll die Äußerung denn besagen? Wir sind zwar größtenteils Soziologen und haben uns vor unserem bürgeschaftlichen Engagement wissenschaftlich mit der "Krise der Arbeitsgesellschaft" beschäftigt - in der Wissenschaft geht es natürlich um Wahrheit, aber sie kann nicht sagen, was sein soll. Als Bürger sind wir davon überzeugt, daß das Grundeinkommen, so wie wir es verstehen, als bedingungsloses, einige unserer Probleme löst oder zumindest in einem anderen Licht erscheinen läßt.


Die Frage ist, warum dann überhaupt eine wissenschaftliche Argumentation augebaut wird. Wenn sie sich der politischen Zielverfolgung unterordnet, delegitmiert sie sich dadurch. War das nicht der Obersoziologe Max Weber, der die Wertfreiheit der Wissenschaft propagierte (und beides, Wissenschaft und Politik, selbst betrieb)?

Zitat
Das ist ja nur eine Behauptung, was ist das Argument?
... genau wie die Thesen auf der homepage nur Behauptungen sind ...
Zitat
Wir leiten her, weshalb, auch aus ökonomischen Gründen, ein Grundeinkommen zu einer Dynamisierung der Wirtschaft führt. Es schafft die Basis für freiwillige Berufswahl und -ausübung. Sie ist die Voraussetzung für eine starke Motivation, einen Beruf mit Hingabe zu ergreifen. Nur solche Voraussetzungen erlauben langfristig eine innovative Wirtschaft, denn Innovationen müssen erst einmal hervorgebracht werden, sie fallen nicht vom Himmel. Freiwilligkeit war dafür immer eine Voraussetzung.


Ich kann mich an keine überzeugende ökonomische Herleitung -- z.B. in dem Feuilleton-Artikel im Freitag -- erinnern.

Zitat
Der techonologische Fortschritt, der zur Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft geführt hat, wirkt sich nun auf alle Wirtschaftsbereich, auch die nicht-personennahen Dienstleistungen aus. Sie können über eine Website doch schnell und einfach eine Reise buchen, erhalten ein elektronisches Ticket und checken elektronisch am Flughafen ein. Sie benötigen vor allem noch Personal für Wartung und Pflege und kaum für den Service.


Das mit der Ausdehnung der Automatisierung auf nicht personennahe Dienstleistungen ist ja ein alter Hut. Die Erwähnung berührt meine Argumentation doch in keiner Weise?!

Zitat
Zitat
4) Es spricht viel dafür, dass es dem Industrialismus ähnlich gehen wird. Maschinen schöpfen eben keinen Wert (auch wenn deren Eigentümer das behaupten) genauso wie landwirtschaftlich genutzte Fläche keinen Wert schöpft (es sei denn aus Tradition dort subventionierte EU- oder USA-Äcker oder Entwicklungsländer). Wenn selbst die Maschinen, die die Maschinen bauen, keine Menschen mehr benötigten, dann wären sie spottbillig und jeder hätte zu hause eine herumstehen.

Hier liegt ein Míßverständnis her, dem alte Marxianer erliegen. Maschinen sind geronnene Arbeitskraft, die der Arbeitskraft nicht mehr bedürfen. Natürlich erfinden Maschinen keine neuen Maschinen, das ist trivial. Aber Maschinen übernehmen routinisierte, d.h. standardisierbare und standardisierte Arbeitsgänge. Für die Kreativen bleiben die innovativen Tätigkeiten, der kleinste Teil.


Das Missverständnis ist, dass sich die Arbeitswerttheorie auf die industrielle Gesellschaft bezieht, wohingegen Sascha Liebermann sich auf eine Gesellschaft bezieht, in der kreative Tätigkeiten die einzig wertschöpfende Arbeit darstellt. Das Problem bzw. die eigentlich interessante Frage ist nun: Kann man die marxsche Arbeitswerttheorie einfach auf diese nachindustrielle Gesellschaft beziehen. Aber wahrscheinlich werde ich für diesen Gedanken wieder ein 'Das ist doch nur Blabla' ernten. Ob diese Geringschätzung Zeichen wahrer Größe ist oder nur Arroganz und Ignoranz, lass ich mal dahingestellt. Wo ich schonmal am Austeilen bin: Jemand der derart oft vom wohl größten Hohlbegriff der Weltgeschichte 'Freiheit' redet, sollte selbst eine wohlwollendere Interpretationsarbeit an den Tag legen, wenn er selbst so behandelt werden will.

Meines Erachtens ist es eben nicht damit getan, Menschen ein unbedingtes Grundeinkommen zu gewähren. Um nicht missverstanden zu werden: Ich bin ein großer Freund der sozialen Grundsicherung -- und zwar deutlich über dem derzeitigen Sozialhilfeniveau. Aber es geht nicht darum, Leute in ihre private Eizelle zu versenken und sich irgendwie kreativ entfalten zu lassen, den Kreativsten dann gnädigerweise ein Studium zu erlauben, aber ansonsten die Menschen sich selbst und ihren esoterischen Phantasiewelten zu überlassen. Ich habe genügend Söhne Reicher Eltern (SREs) kennen gelernt, die von Papi ein fettes Grundeinkommen garantiert hatten und unter dadurch bedingtem völligem Realitätsverlust versuchten, ein sinnvolles Leben zu führen. Die können einem ehrlich Leid tun. Das Modell fördert die Ich-zentrierte Weltvergessenheit in der Konsumkapsel. Ich glaube nicht, dass Menschen so gemeinsames Engagement lernen, auch wenn sie dazu genügend Zeit hätten.

Was vielmehr ein Thema wäre ist, wie Menschen sinnvoll dazu gebracht werden können, etwas füreinander zu tun. Wenn ich die Wahl hätte zwischen einem Privatleben, wo ich bei gutem Einkommen 'frei' alles machen kann, was ich will, ohne dass die Allgemeinheit das interessiert, weil sie mir gegenüber gleichgütig ist, und einem Leben, in dem ich mich (notwendig) in Verantwortungen für andere Menschen begebe, dann würde ich immer letzteres wählen, auch wenn dies unter der Form eines abhängigen Arbeitsverhältnis stattfindet, das tendenziell der Menschenwürde spottet.

Freiheit wird beim UGE zu einem zynischen Akt der Freisetzung aus Verantwortung, Teilhabe (außer Konsumteilhabe) und letztlich Würde. Es ginge doch eher um eine Demokatisierung, also Öffnung der Wirtschaft für alle Menschen. Was Sascha Liebermann abwertend als 'sozialhelferische Maßnahme' beschreibt ist für mich sinnvolles politisches Eingreifen mit Augenmaß.

Ohnehin scheint das Modell einen neuen Menschen vorauszusetzen, zumindest aber eine Zweiteilung der Gesellschaft zu schaffen, in der es die kreativen nützlichen Leistungserbringer gibt und einen nutzlosen Bodensatz, der es nicht schafft, jene Ansprüche an Arbeit zu erfüllen, die für die Kreativ-Jobs nötig sind. Auch hat das ganze eine für einen Soziologen ungewohnt psychologistische bzw. individualistische Perspektive.

Es gibt durchaus Gemeinsamkeiten mit meinen eigenen Visionen für eine bessere Welt: Auch ich habe die Hoffnung, dass der Formwandel der Arbeit hin zu kreativen Tätigkeiten ein emanzipatorisches Potenzial birgt. Aber die Vorschläge, die die Initiative macht, scheinen mir wenig praxisfreundlich zu sein.

Ein abschließendes Wort: Wer Andersdenkende nach ein paar Absätzen als Besserwisser und Heißlufterzeuger abkanzelt, ist meiner Erfahrung nach entweder für den wissenschaftlichen Diskurs nicht mündig oder sucht einen politischen Ausschließungdiskurs zu führen. Aber ich seh es ihm mal nach, da Sascha Lieberman ja -- genau wie ich -- in einem ganz anderen Kontext wiedergegeben wird und wir nicht direkt miteinander kommunizieren.
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DarkAmbient

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« Antwort #35 am: 08 April 2005, 05:06:23 »

Zitat
Willst Du wegen solcher Nichtigkeiten an dem jetzigen Konzept festhalten, in dem mehr als die Hälfte (ja, so viel ist das, wenn man den Arbeitgeberanteil dazurechnet!) Deines Gehaltes in marode Sozialversicherungs- und Steuersysteme fließt?


Ähm, um mit diesem Mythos ein bisschen aufzuräumen: Diese Zahl von über 50% Abgabenquote kommt vom Bund der Steuerzahler, der ein wenig für Horrormeldungen sorgen möchte. Er bezieht diese auf das Volkseinkommen und nicht, wie es sinnvoller wäre und wie es auch die OECD macht, auf das Bruttoinlandsprodukt. Dort ergibt es 36% für 2004, was in etwas Länderdurchschnitt ist. :!:
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Thomas

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« Antwort #36 am: 08 April 2005, 11:35:06 »

Zitat
Es gibt viele Möglichkeiten, diese doch recht lächerlichen Probleme zu lösen.

Klar.Die Erhaltung von Infrastruktur in der BRD in all ihren Facetten (Straßen, Schienen, Flüsse, ect.) ist ja auch eine absolut lächerlich kleine, nebensächliche Aufgabe (insbesondere Finanziell), die sich schon irgendwie von selbst erledigen wird.  :roll:

Zitat
Aber es geht nicht darum, Leute in ihre private Eizelle zu versenken und sich irgendwie kreativ entfalten zu lassen, den Kreativsten dann gnädigerweise ein Studium zu erlauben, aber ansonsten die Menschen sich selbst und ihren esoterischen Phantasiewelten zu überlassen.
Nicht nur das.Die ursprüngliche These der Problemlösung geht von einem Menschenbild aus, auf das die Sozialisten&Kommunisten auch immer schon hereinfielen : Schön, klug und hochmotiviert schreiten diese Zeitgenossen dem Sonnenaufgang der absoluten Solidarität entgegen.
Ein realistischeres Bild von den Menschen mit (zuviel) Freizeit bekommt man eher bei dem in dem Stern-Artikel auch beschriebenen Blick auf die soziale Unterschicht, deren lebenslängliche Sozialhilfe auch so etwas wie eine Grundsicherung darstellt.

Es ist eben ein Fehler, von eigenen Verhaltensweisen und denen aus dem nahen Bekanntenkreis auf die aller Menschen zu schließen.
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« Antwort #37 am: 08 April 2005, 12:10:13 »

Ach ja : Nichtsdestotrotz wünsche ich allen Verfechtern dieses neuen Problemlösungsmodells, das es (würde es umgesetzt) tatsächlich funktioniert und das ich mich irre.  :wink:
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Warum das Konzept scheitern wird
« Antwort #38 am: 08 April 2005, 12:15:47 »

Ok, ihr habt Recht, das Konzept wird scheitern.

Es ist einfach nicht umsetzbar, weil jeder vom anderen vermutet, er sei ein schlechter Mensch, der das System untergraben wird. Keiner jedoch sagt von SICH, er würde das System nur ausnutzen.
Ich könnte das akzeptieren, wenn das jeder von sich behaupten würde. Also gebt zu: ihr würdet gnadenlos rumhängen.

Was ist denn nun richtig? Keiner den ich gefragt hatte, würde das System hängen lassen. Und ich habe immerhin schon mit einigen Leuten aus der "neuen Unterschicht" gesprochen.

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« Antwort #39 am: 08 April 2005, 13:50:25 »

Zitat
Es ist einfach nicht umsetzbar, weil jeder vom anderen vermutet, er sei ein schlechter Mensch, der das System untergraben wird. Keiner jedoch sagt von SICH, er würde das System nur ausnutzen.
Ich könnte das akzeptieren, wenn das jeder von sich behaupten würde. Also gebt zu: ihr würdet gnadenlos rumhängen.

Also ich kann da nur für mich sprechen : Würde das System gewechselt und diese Grundsicherung ausreichen, um mir meinen jetzigen Lebensstandart zu halten, würd ich sicher nicht arbeiten gehen, höchsten hin und wieder mal etwas ehrenamtlich hilfreiches machen.Oder mir etwas wie meinen jetzigen Job suchen, allerdings dann auch nur ca. einen Tag in der Woche.

Das Problem ist aber auch nicht so sehr was WIR machen würde, sondern was die Masse der Leute machen würde.
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« Antwort #40 am: 08 April 2005, 14:13:32 »

Zitat von: "Thomas"

Das Problem ist aber auch nicht so sehr was WIR machen würde, sondern was die Masse der Leute machen würde.


Na, dann wollen wir das doch mal herausfinden.

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« Antwort #41 am: 08 April 2005, 14:20:36 »

Hierzu noch ein interessanter Link:

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19841/1.html
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Re: Warum das Konzept scheitern wird
« Antwort #42 am: 08 April 2005, 17:18:50 »

Zitat von: "Trakl"
Es ist einfach nicht umsetzbar, weil jeder vom anderen vermutet, er sei ein schlechter Mensch, der das System untergraben wird. Keiner jedoch sagt von SICH, er würde das System nur ausnutzen.
Ich könnte das akzeptieren, wenn das jeder von sich behaupten würde. Also gebt zu: ihr würdet gnadenlos rumhängen.


Man muss kein schlechter Mensch sein, um ein System zu untergraben, das schlecht ist.

Wie gesagt: Wenn ich es mir aussuchen könnte... aber da die Grundsicherung jeder bekommen soll... ganz ehrlich: In keinem Fall -- von mir einmal auf die Welt geschlossen -- würde das zu einer Dynamisierung der Wirtschaft führen.

Ich habe nun wiklich kein sonderlich pessimistisches Menschenbild. Und überhaupt: Was soll diese ganze Parasiten-Diskussion? Menschen wollen gebraucht werden. Ich halte das Konzept nur nicht für geeignet, den sinnvollen Gebrauch voneinander zu fördern.
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Re: Warum das Konzept scheitern wird
« Antwort #43 am: 08 April 2005, 19:09:14 »

Zitat von: "Trakl"
Ok, ihr habt Recht, das Konzept wird scheitern.
Ich könnte das akzeptieren, wenn das jeder von sich behaupten würde. Also gebt zu: ihr würdet gnadenlos rumhängen.


Das habe ich doch gesagt. Ich würde gammeln, genauso wie jetzt. (Obwohl ich derzeit fürs Examen lerne). Ich würde aber auch anderen nichts Schlechtes unterstellen.
Jedenfalls würde ich nur arbeiten, wenn ich Bock dazu habe. Und den habe ich momentan eben nicht. Und wenn dann nur zu partiellen Sachen oder auch übergreifend. Heute mal U-Bahnfahrer, morgen Journalist und übermorgen vielleicht mal Ornithologe. Meistens jedoch hätte ich vermutlich keinen Bock auf irgendwas. Ich würde im Internet hängen und nur ab und zu das Nötigste zum Essen kaufen. Dann aber auch, weil ich mit dem Grundgehalt vollkommen zufrieden wäre. Ich würde mit dem Fahrrad durch die Welt fahren und das solange machen, wie ich Lust habe. Vielleicht am Ende ein Buch drüber schreiben und verkaufen oder Lichtbildvorträge halten.
Aber unter den Erläuterungen zu den Thesen steht auch, dass es keine Garantie für das Finden einer Arbeit gibt. Von daher dürfte unter denjenigen, die sich nicht mit dem Grundgehalt zufriedengeben und von der zugegeben dann sehr gut bezahlten Arbeit locken lassen, trotzdem Neid und Missgunst bzw. ein Rennen um die Arbeitsplätze stattfinden. Und genau das sollte doch an sich vermieden werden.
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Kallisti

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« Antwort #44 am: 09 April 2005, 10:24:34 »

Habe das noch nicht alles gelesen, zur Grundsicherung aber schon mal so viel: das ist ein "alter Hut", denn: Die Feministische Partei Die Frauen hat das schon seit 1995 in ihrem Parteiprogramm!!!

Hier ein Auszug daraus:


Zitat
#  Notwendig ist darüber hinaus eine existenzsichernde Grundsicherung:

Die Feministische Partei DIE FRAUEN hält als Ergänzung zum Recht auf Erwerbsarbeit und zum Ausbau des versicherungsorientierten sozialen Sicherungssystems die sofortige Einführung einer existenzsichernden Grundsicherung für unabdingbar. Eine solche Grundsicherung ist notwendig für alle Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, keine existenzsichernde Erwerbsarbeit haben und auch keine zur Existenzsicherung ausreichenden Leistungen aus den vorgenannten sozialen Sicherungssystemen beziehen. Die Grundsicherung muß so hoch sein, daß sie ein Leben in Würde sichert und den Bezieherlnnen die volle Teilhabe am gesellschaftlichen, sozialen und politischen Leben erlaubt. Dazu muß die Grundsicherung regelmäßig der Entwicklung der Einkommen aus Erwerbsarbeit angepaßt werden.

Die Grundsicherung wird bezahlt:
# an Kinder; die Grundsicherung für Kinder soll nach dem Alter gestaffelt werden;
# an Personen, die an der Erwerbsarbeit gehindert sind, weil sie alt, krank oder erwerbsbehindert sind, sich in Ausbildung befinden oder weil sie andere versorgen, soweit sie aus den vorgenannten Sicherungssystemen keine existenzsichernden Leistungen bekommen;
# an sonstige Personen ohne existenzsichernde Erwerbsarbeit und ohne ausreichende Leistungen aus den vorgenannten Versicherungssystemen;

Die Grundsicherung darf in keiner direkten oder indirekten Weise mit einem Zwang zur Arbeit verbunden werden. Wir wollen aber ein Wirtschaftssystem, was möglichst wenig Menschen in die Situation der Grund-einkommens-bezieherInnen bringt und ihnen hilft, möglichst schnell wieder aus dieser Situation herauszukommen. Der Empfang von Grundsicherung schließt deshalb die Möglichkeit einer Erwerbsarbeit mit eigenem Einkommen innerhalb bestimmter Grenzen ausdrücklich nicht aus. Das Einkommen aus Erwerbsarbeit soll bis zu einem bestimmten Mindestbetrag voll bei der Grundeinkommensbezieherln verbleiben. Jenseits dieses Mindestbetrags wird das Zusatzeinkommen mit steigenden Raten auf das Grundeinkommen angerechnet.

Personen, die wegen Alter, Krankheit oder Behinderung nicht erwerbsfähig sind, erhalten zur Abdeckung möglicher zusätzlicher Kosten und als Ausgleich für die fehlende Möglichkeit einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit einen pauschalierten Zuschlag auf die Grundsicherung. Die Grundsicherung enthält unabhängig von den tatsächlichen Mietkosten eine regional gestaffelte Mietpauschale. Wenn die tatsächliche Miete (für eine angemessene Wohnung) diese Pauschale übersteigt, erhält die Grundeinkommensbezieherin ein zusätzliches Wohngeld. Die Aufwendungen für die Grundsicherung sind um so geringer, je schneller der Umbau der Wirtschaft mit einer Neuschaffung und gerechteren Verteilung der Erwerbsarbeit sowie der Abbau jedweder Diskriminierung gelingt.



Quelle: http://www.feministischepartei.de/progra-d.htm
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