Du vermutest auch Ungerechtigkeiten dort wo sie dir in den Kram passen und besonnenes Verhalten wo es dir paßt, was?
Ronald S. ist ja wohl ein klarer Einzelfall, was Richter und merkwürdige Schuldsprüche angeht. Wie du hier sehr gut sehen kannst, handeln Juristen nicht nach Gutdünken, sondern wägen sehr genau ab, Richter erst recht.Aber du holst natürlich den worst case hervor, um ein Argument für deine Sache zu bekommen.
Das funktioniert aber auch hervorragend andersherum:Mal angenommen, für den absoluten Notfall wurde ein Gesetz des Abschusses erlassen.Dann nehmen wir doch mal an dass ein Politiker Entscheidungsbefugnis über einen Abschuss hat. Er kriegt mit dass islamistische Entführer ein Flugzeug gekapert haben. Die Wahl steht kurz vor der Tür. Was tut er? - Er schießt das Flugzeug ab und beruft sich auf die Rechtslage, dass es ja sein gutes Recht gewesen wäre, sie abzuschießen, schließlich wäre für so einen "Notfall" ja das Gesetz geschaffen worden und er hätte Menschenleben gerettet. Ob es nun wirklich das letzte Mittel war? Hey, who cares? Er ist in den Schlagzeilen, kann sich trotz Kritik von aus seiner Warte engstirnigen Juristen die eh weltfremd sind selbst als Held feiern - selbst wenn er nicht sicher wusste, ob die das Flugzeug wirklich wo reinsteuern wollten. Sollen doch die andern beweisen, dass er da falsch lag.
Genau deswegen ist die Rechtslage, so wie sie ist, m. E. völlig in Ordnung: Solche unlauteren Motive werden mit der derzeitigen Rechtslage gründlichst vermieden. Jener, der den Befehl gibt, muss erstmal damit rechnen, dass auf ihn eine deftige Strafe wartet. Da es noch keine Präzedenzfälle gibt weiß er nicht wieviel Milde ihm zukommt, wenn er beweisen kann, dass er tatsächlich keine andere Wahl hatte und so tatsächlich zusätzliche Menschenleben gerettet hat und tatsächlich alle ohnehin draufgegangen wären.
Umgemünzt auf den hypothetischen Fall würde das bedeuten, dass der Befehlsgeber oder auch der Pilot im konkreten Fall bis zu einem gewissen Rahmen selbst entscheiden kann und auch soll. Er könnte also in der konkreten Situation nach seiner Einschätzung z.B. 1km vor einem Ziel zu dem Schluss kommen, dass keine anderen Mittel mehr anwendbar wären und sicher ist, dass das Flugzeug ins Ziel steuern möchte.
Im übrigen kann ich dir das selbe vorwerfen : Ich gehe davon aus, das man im Zweifelsfall durch so einen Abschuss Menschenleben rettet, aber du redest immer nur von Pauschal-Abschüssen und Wahlkampfpropaganda.Warum müssen denn immer nur die Befehlsgeber die bösen Unmenschen sein, die nur darauf warten schweres Militärgerät endlich mal einsetzen zu dürfen ? Du denkst doch genau so Einseitig.
So ein Gesetz muß u.a. enthalten, das alle anderen möglichen Mittel bereits eingesetzt worden oder nicht mehr eingesetzt werden können (Zeitmangel), das die Absicht des Terroristen nach sorfältigster Beobachtung als annährend eindeutig eingeschätzt werden könne, u.s.w.Und wenn einer dieser Fälle nicht mit ausreichender Sorgfalt von dem Befehlsgeber berücksichtigt worden, kann er sich auf dieses Notfall-Gesetz nicht berufen und wird ganz normal vor Gericht gestellt.
Und wo ist da nun der große Unterschied zur derzeitigen Rechtslage? - In allen anderen Fällen wäre der Abschuss ohnehin verboten. Wenn nun ein Flugzeug 30 Meter vorm Hochhaus mit Ziel auf dieses ist und abgeschossen wird, wird es ein Präzedenzfall sein, bei dem der Verantwortliche ja wohl gute Chancen hat -weil viel zu eindeutig als dass es ein Irrtum sein könnte- da glimpflich rauszukommen. All diese Termini die du angesprochen hast (sorgfältigste Beobachtung, eindeutige Einschätzung, usw.) werden von den obersten Richtern auch durchgeprüft und mit einem Häkchen auf der Positivseite versehen werden, sie sind ja nicht blöd.
Nur, und das ist eben der Unterschied: Es wurde so niemals ein Gesetz ins Leben gerufen, das die Tötung Unschuldiger auch nur erwägt. Jedes Gesetz erlaubt Handlungs- und Auslegungsspielräume - und in diesem Falle kann es die eben nicht geben.
Zumal, und das mag ich dann doch mal sanft anmerken, Schäuble da wohl eher an weniger eindeutige Fälle denkt als jenen absoluten Ausnahmefall den du, Thomas, ausschließlich erlauben würdest. Ich glaube, Schäuble würde tatsächlich früher eingreifen.
Und ich möchte nicht miterleben wie ein Minister zurücktritt weil er sich "geirrt" hat und unschuldige Menschen in den Tod geschickt hat.
Und ein berechtigter Abschuss sollte in meinen Augen eben keine Straftat sein.
Zitat von: Thomas am 25 September 2007, 21:04:02Und ein berechtigter Abschuss sollte in meinen Augen eben keine Straftat sein.Es gibt keinen "berechtigten" Abschuß...
...und meines Erachtens gibt es in D eigentlich nur dort wirklich flugzeugattackentaugliche Ziele...
Abgesehen davon, was soll eigentlich die Idee mit nem Abschuss? Man werfe einen Blick auf die Ortschaft Lockerbie, was passiert, wenn ein Flieger darüber explodiert. (Egal ob der nun von einer Bombe im Inneren oder einer Luft-Luft Rakete getroffen würde.) Einen Flieger über Frankfurt abzuschießen (und meines Erachtens gibt es in D eigentlich nur dort wirklich flugzeugattackentaugliche Ziele.) vermindert die Folgen wahrscheinlich unwesentlich. Also ist das in meinen Augen eher eine Schein-Debatte. Da wollen die Konservativen nur wieder Rechtsgrundsätze aufweichen, um am Ende irgendwas anderes durchzudrücken.