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Autor Thema: Konstruktivismus und Identität  (Gelesen 13501 mal)

DeLaGuerre

  • Gast
Konstruktivismus und Identität
« am: 16 Januar 2007, 13:05:42 »

Zitat von: "Thomas"
Zitat von: "DeLaGuerre"

Ja, muss man denn in Internet-Communities, die sich fast ausschließlich mit niveaulosem Geplänkel und Unterhaltungsmedien beschäftigen,  ernsthafte Details über sein wahres Leben ausbreiten, um gut dazustehen???????

Muss man.Schließlich wollen Leute wie ich ja grob wissen, was für eine Person sich hinter dem jeweiligen Nick verbirgt  :wink:

Ist das obige auch auf dieses Forum bezogen ? Dann gebe ich zu bedenken, das es immer davon abhängt, welche Gruppe man dort betrachtet.Gibt nämlich einige wenige, die sich auch über interessantere Themen unterhalten.Die gehen nur leider insgesamt in dem ganzen S&R und Co.-Müll unter.



Na gut, dann starte ich mal einen Testflug.

Ich bin Linguistin und habe meine konstruktivistisch fundierte, empirische Dissertation über die Verarbeitung von fiktionalen Identitäten, und zwar Spielcharakteren in Internetkommunikation, geschrieben. Das Thema ist derzeit ja wieder ganz prächtig im Schwange, Stichwort "Killerspiele".
Um den gesamten Bereich ranken sich in der Presse immer noch Vorurteile der mittleren 1990er Jahre, etwa "Internetsucht", "Verlust wahrer Identität", Vereinsamung durch zunehmend nur noch virtuelle Interaktionen, Förderung der Gewaltbereitschaft, Verlust sozialer Kompetenzen, z.B. der Moral.

Wie gesagt, ich hab mich diesem großen, großen Bereich über ein kleines konkretes Problem genähert. Im Rollenspiel wird mit jedem Spielzug erneut festgelegt, was zur Fiktion gehören soll; die Teilnehmer müssen sich darüber verständigen. Findet dieses Spiel in Foren statt, die gleichzeitig reale und fiktionale Identitäten enthalten, ist es überaus wichtig, dass man sich richtig versteht.
Entsprechend habe ich Missverständnisse über das, was real bzw. fiktiv sein soll, untersucht, und ich habe die Gründe für Streit untersucht, bei denen sich die Beteiligten "Wirklichkeitsverlust" unterstellt haben.
Ich hab das nicht aus dem Bauch heraus getan, sondern im Rahmen einer ethnographischen Arbeit, d.h. ich hab die "Kultur" der einzelnen Sprechgemeinschaften beobachtet und individuelle Hintergründe berücksichtigt, Leute befragt usw. (ach so, und ich hab natürlich zigtausende Postings analysiert, aber das ist ja selbstverständlich).

Herausgekommen ist, dass sich erfahrene Spieler ihrer "Grenzgänge" sehr viel stärker bewusst sind - da sie zwischen Extremen stattfinden - als wir es im Alltag gewohnt sind. Ihre sprachlich-mentale Kompetenz, Unterschiede zwischen verschiedenen Konstrukten zu erfassen, wächst und gleichzeitig ihre soziale Kompetenz, diese Fähigkeit im Sinne der Gemeinschaft einzusetzen. Soziale Kontrolle, insbesondere die Kontrolle von Anfängern, scheint das A und O immer extremer werdender "Grenzgänge" zu sein.
Fällt diese weg, vollführen Anfänger die für die Presse interessanten egoistischen "Powergamer"-Runs (Überidentifikationen), während erfahrene "Grenzgänger" aggressives Verhalten auf hochkomplexen Ebenen zeigen, das teilweise nicht einmal mehr von ihnen aufgeschlüsselt werden kann (Wirklichkeitsverwischungen).

Nun würde mich also interessieren, welche persönlichen Erfahrungen mit euren verschiedenen Identitäten ihr gemacht habt, ob ihr selbst konstruktivistische Ansichten über das Alltagsleben vertretet (BITTE keine Theoriediskussion über Philosophie!!!!!) und welche "Grenzgänge" euch faszinieren oder Angst machen.

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Trakl

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Konstruktivismus und Identität
« Antwort #1 am: 16 Januar 2007, 14:26:33 »

Fangen wir doch mal bei einer nicht ganz so aktuellen Sache an:
Vielbeschäftigte Schauspieler, die ihre Arbeit ernst nehmen, müssen viel mehr Rollen spielen als der durchschnittliche Rollenspieler. Auch ist der berufliche Identitätswechsel mit mehr Druck verbunden. In WoW baut man sich halt nen neuen Charakter oder fängt mit dem selben noch mal an.
Im echten Berufsleben der Schauspieler muss alles funktionieren, gerade auch auf der Bühne, wo es im Gegensatz zum Film keine Wiederholungsmöglichkeit gibt.
Viele Schauspieler haben in ihrem Leben eine oder mehrere Identitätskrisen oder wirken oft, gerade wenn sie den Drang haben, völlig in einer Rolle aufzugehen, im normalen Leben seltsam eigenschaftslos oder finden sich schwer ein, haben Probleme, eine Beziehung zu führen etc.
Natürlich gilt das nicht für alle, aber für viele ist es ein gefährliches Loch, das eine ständige Gratwanderung bedeutet. Zu große Distanz von den Rollen kann umgekehrt nämlich auch ein Loch bedeuten.

In wieweit treffen diese Dinge auch auf Larper oder Online-Rollenspieler zu?
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Thomas

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Konstruktivismus und Identität
« Antwort #2 am: 16 Januar 2007, 14:45:21 »

Nebenbei : Ich weiß nicht ganz, wie mein zitiertes Posting und das von DeLaGuerre zusammen passen.Wenn ich schrieb, das manche grob wissen wollen, mit wem sie es in Internetforen wie diesem zu tun haben, erwartete ich eigentlich mehr eine Kurzinfo im Sinne von "Ich bin X Jahre alt, komme aus Y, arbeite/studiere/sonstiges, und meine Hobbys sind reiten, fotografieren und Musik hören.
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Konstruktivismus und Identität
« Antwort #3 am: 16 Januar 2007, 16:02:55 »

Ich habe bei uns im Rollenspiel die Erfahrung gemacht, dass viele Rollenspieler [also im Sinne von Pen&Paber, LiveRPG etc] ihre Charactere so entwerfen, wie sie gerne wären oder eine Persönlichkeit schaffen, mit der sie Dinge ausleben, die ansonsten nicht umsetzbar sind.

Das klassische Beispiel ist der vereinsamte, verpickelte InformatikerTyp, der den großen, starken Krieger spielt. Quasi als Kompensation für seine sozialen Defizite.

Andererseits gibt es auch die, die zu ihren Charakteren heranwachsen. Das war, zugegeben, bei mir selbst, und auch anderen, die ich kannte so.
Man entwickelt sich in eine Richtung, die erst durch Alter und entsprechende Umwelterscheinungen [ Loslösung von Eltern etc] Möglich ist.

Ich denke, dass klassische Rollenspieler mehr die Tendenz haben, sich eine künstliche Welt und damit eine Zweitidentität zuschaffen, als Rollenspieler im Sinne von WoW etc.
Alleine auf Grund der Tatsache, dass sie keine vorgegeben Taten haben, die sie vollführen müssen, wie Monster abzuschlachten oder Punkte zusammeln, sondern quasi so gut wie keine Vorgaben haben.
Und durch dieses Zweitleben lassen sich auch Probleme in der Realität leichter verabreiten bzw. kompensieren - sowohl durch soziale Kompetenzen die das RPG dem Ausführenden vermitteln kann als auch dadruch, dass er sic "abreagieren" kann.

Der Realitätsverlust der die von der Presse verteufelten Computrerfreaks erleiden liegt, glaube ich, woanders begründet.
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Doomguard

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Konstruktivismus und Identität
« Antwort #4 am: 16 Januar 2007, 16:16:10 »

kann mich zum teil meiner vorrednerin anschliessen (und freue mich erstmal scheinbar zumindest 2 leute gefunden zu haben, mit denen eine vernünftige kommunikation mit diesem medium in diesem forum möglich ist).

eigene erfahrungen:

mit ca 15 mit rpg angefangen. dort habe ich einen extrem hohen identifikationswert mit meinem char verspürt (ich habe eine zwergin gespielt, kann man gerne tiefenpsychologisch durchleuchten ;) )

das ist eigentlich auch so weitergegangen, aber die abstraktion zwischen char und einem selber hat mit der zeit immer mehr zugenommen. d.h. man ärgert sich, wenn dem char was passiert, aber gleichzeitig freut man sich, dass es einem nicht wirklich passiert ist und man freut sich dann in der nächsten stufe darüber, dass man sich ärgert, weil das heisst, dass man sich identifiziert und mit emotion und ernsthaftigkeit dabei ist.

mehr und mehr wird es ein spass an der sache und kein verwirklichen der realen träume (ich rede immer noch über mich und habe keine ahnung, wie dass allgemein zu sehen ist).

meine vermutung ist aber: die die auch mal verschiedene rollen spielen können, haben einen abstraktionsschritt getan, den viele, die immer quasi dieselben charaktere in einer anderen farbe spielen, nicht getan haben.

um auf die frage zurückzukommen:

ich habe gute erfahrungen mit den vershciedenen identitäten gemacht. jed rolle, die ich dargestellt habe (pen &paper) hatte eine komponente von mir ich konnte diese gewisse komponente durch die rolle extremer ausleben als im real-life und das hat befriedigt und teilweise sogar zu neuen erkenntnissen über sich selber, also die reale person, geführt.

am deutlichsten habe ich dies bei magus erlebt.
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Konstruktivismus und Identität
« Antwort #5 am: 16 Januar 2007, 16:40:30 »

Nur einmal was zu meinen RPG Erfahrungen:

Damals hatten wir auch so 2-3 Rollenspielgruppen und anfangs war die Faszination sehr groß. Dabei habe ich meist Elfen gespielt.

Nur war es leider so, daß in 2 von 3 Gruppen immer jemand dabei war, der anscheinend nur wegen Abenteuerpunkten/Erfahrungspunkten oder anderen Werten (beste Ausrüstung, Geld, etc..) gespielt hat. Er hat sich vor einem Abenteuer tatsächlich die Werte der Fertigkeiten zusammenaddiert, damit sein Charakter statistisch gesehen am meisten Punkte hat (da hat er z.B. gesehen, daß ein Zwerg insgesamt weniger Fertigkeitspunkte hat als ein Halbriese, also hat er den Halbriesen gespielt. Hätte man nicht gewusst, daß er einen Halbriesen spielt, man hätte es so gar nicht gemerkt). Anscheinend war ihm das ziemlich egal, was er gespielt hat, hauptsache es gab ordentlich viele Punkte.
Dieser Mitspieler hat mir ehrlich gesagt das Rollenspielen weitestgehend vergellt. Das, woran ich mich am meisten erinnere sind eben stundenlange Diskussionen über das Regelwerk mit dem Meister (Spielleiter) und daß dadurch jegliche Atmosphäre sofort verloren ging. Auch die sehr gekünstelten Versuche des Meisters einen besonders mittelalterlichen Sprachstil zu verwenden hat nicht unbedingt die entsprechende Stimmung aufkommen lassen.

Erst in den Computerrollenspielen konnte ich mich wieder fallen lassen... Ultima Underword I und II waren meine Lieblinge. Dabei habe ich dann die Grafikdateien soweit verändert, daß meine Spielfigur, vormals eine relativ normale, mittelalterliche Dame, genauso aussah, wie ich es haben wollte. Etwas freakig (mit blauen Haarsträhnen, Lila Oberteil, etc...) aber eben nichts Vorgegebenes. Dem Programm war das sicherlich egal, aber mir hat das so wesentlich mehr Spaß gemacht.

Später kamen dann immer mehr "Hack & Slash" Rollenspiele, wo es im wesentlichen darum ging, alles kaputtzuhacken, was irgendwie im Weg stand und sich kaum noch von Ego-Shootern unterschieden hat.
Ab dem Punkt hat's mir dann nicht mehr so viel Spaß gemacht. Entweder richtiger Ego-Shooter oder richtiges Rollenspiel.

Naja, was soll ich sagen... nach den sehr negativen Erfahrungen in "Pen & Paper" Rollenspielen bevorzuge ich das virtuelle bzw. digitale Rollenspiel.
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Re: Konstruktivismus und Identität
« Antwort #6 am: 16 Januar 2007, 17:48:47 »

Zitat von: "DeLaGuerre"
Nun würde mich also interessieren, welche persönlichen Erfahrungen mit euren verschiedenen Identitäten ihr gemacht habt, ob ihr selbst konstruktivistische Ansichten über das Alltagsleben vertretet (BITTE keine Theoriediskussion über Philosophie!!!!!) und welche "Grenzgänge" euch faszinieren oder Angst machen.

Mir hat es der von Riemann/Elias geprägte Konstruktivismus (Elias, Riemann) angetan.

Was mir nicht unbedingt Angst macht, aber extrem irritiert bzw. nervt, ist das mangelhafte Abstraktionsvermögen der großen Mehrheit der gesellschaftlichen "Eliten", insbesondere die der Politiker und Medien.

Als illustrierendes Beispiel mag die gegenwärtige Killerspiel-Hysterie dienen:
Da wird wieder eine Sau durchs Dorf getrieben, bei der das Tross von Tuten und Blasen mal wieder null Ahnung zu haben scheint und die dümmlichstmögliche Lösung propagiert (Verbot). Auf dieser Grundlage werden dann auch noch entsprechende Gesetze aus der Hüfte geschossen. Diese Unfähigkeit, sich mal vom eigenen, eindimensionalen Weltbild mental zu lösen (als sich vorübergehend alternative Perspektiven zu kontruieren), ist unendlich arm.
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Trakl

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Konstruktivismus und Identität
« Antwort #7 am: 16 Januar 2007, 18:12:10 »

K-NIN:

Na, dann solltest Du auf jeden Fall diese Seite besuchen und das Programm holen:
http://ragingmole.com/RTC/

Eine 1:1 nachprogrammierte Version von Dungeon Master (Amiga) für Windows. Falls Du das benutzt.
Mit Level-Editor und einer Menge an Leuten, die dafür neue Dungeons schreiben. http://www.dungeon-master.com/forum/
Dort entsteht übrigens ein schöner Dungeon: http://www.dungeon-master.com/forum/viewtopic.php?t=25912

Vielleicht setzt Du Deine grafischen Fähigkeiten auch mal zum Wohle der DM-Community ein ;-)
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K-Ninchen

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Konstruktivismus und Identität
« Antwort #8 am: 16 Januar 2007, 18:50:11 »

Zitat von: "Trakl"
K-NIN:

Na, dann solltest Du auf jeden Fall diese Seite besuchen und das Programm holen:
http://ragingmole.com/RTC/

Eine 1:1 nachprogrammierte Version von Dungeon Master (Amiga) für Windows. Falls Du das benutzt.
Mit Level-Editor und einer Menge an Leuten, die dafür neue Dungeons schreiben. http://www.dungeon-master.com/forum/
Dort entsteht übrigens ein schöner Dungeon: http://www.dungeon-master.com/forum/viewtopic.php?t=25912

Vielleicht setzt Du Deine grafischen Fähigkeiten auch mal zum Wohle der DM-Community ein ;-)


Ja von DungeonMaster hab ich auch gehört, aber da hab ich schon einige ähnliche Spiele durch, wie Eye of the Beholder, Might and Magic und sehr viele andere...
Leider weiss ich nicht mehr, wo die Grafiken von UWI sind, naja, das war auch noch 1993... da war ich also etwa halb so alt wie heute ;)

Aber danke für den Tipp :)
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Konstruktivismus und Identität
« Antwort #9 am: 16 Januar 2007, 19:32:08 »

Eye of the Beholder und die späten Might&Magic und Wizardry-Spiele sind nur Kopien von Dungeon Master, bei denen man das Beste weggelassen hat.

Beispiel Dungeon Master:

- man kann Monster unter Türen locken und diese dann schließen (keine Erfahrungspunkte, aber dafür ist das Monster schneller kaputt, vor allem langsamere...). Fallgruben sind noch fieser.
- Wenn ein Held am Bein verletzt ist, verringert sich seine Tragkraft, er verliert schneller Stamina und verlangsamt das Tempo der Party
- Man kann alles werfen und Schaden anrichten
- das Zaubersystem ist eines der schönsten der Computerspielgeschichte
etc.


Das Spiel kam in dieser Form schon 1988 raus, auf dem Atari ST. Die Storyline bzw. das Gameplay ist perfekt durchdacht. Nach dem ersten Level wird es schwerer, aber nie unmöglich.

Habe das Spiel noch letztens wieder durchgespielt, obwohl ich schon alle Rätsel kenne. Viele Geheimtüren sind allerdings ein Grund, mindestens zweimal zu spielen.
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danny

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Re: Konstruktivismus und Identität
« Antwort #10 am: 16 Januar 2007, 22:06:21 »

Zitat von: "Volt Controller"

Als illustrierendes Beispiel mag die gegenwärtige Killerspiel-Hysterie dienen:
Da wird wieder eine Sau durchs Dorf getrieben, bei der das Tross von Tuten und Blasen mal wieder null Ahnung zu haben scheint und die dümmlichstmögliche Lösung propagiert (Verbot). Auf dieser Grundlage werden dann auch noch entsprechende Gesetze aus der Hüfte geschossen. Diese Unfähigkeit, sich mal vom eigenen, eindimensionalen Weltbild mental zu lösen (als sich vorübergehend alternative Perspektiven zu kontruieren), ist unendlich arm.


...ein schönes beispiel aus dem kapitel "blinder aktionismus - oder: gebt der meute, was sie will!"
würde sich hier auch nur einmal in den sogenannten bodensatz der gesellschaft begeben werden, wäre schnell klar, dass dies so sehr an der realität vorbeigeht wie ein verbot der npd, ein verbot von "kampfhunderassen" oder ein "bettelverbot" in der hamburger city...
eben die dümmstmögliche lösung...

zum thema rollenspiel kann ich nicht viel sagen, da ich hier wohl zu den wenigen gehöre, die in diesem bereich keine nennenswerten erfahrungen gemacht haben.
allerdings gibt es einen, wie ich finde, anderen bereich, in dem mir immer wieder "alter egos" auffallen, nämlich alltäglich im job!
die meisten leute stellen in ihrem berufsalltag einen menschen dar, der privat so nicht existiert, hierfür lassen sich unterschiedlichste beispiele finden.
auch ich kann von mir sagen, auf arbeit wirklich ein "anderer mensch" zu sein, das dies zu realitätsverlusten führt ist unwahrscheinlich.
aber auf dieser ebene hat jeder mensch mehrere identitäten, egal, ob rollenspieler, "killer"spieler oder was auch immer....
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Trakl

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Konstruktivismus und Identität
« Antwort #11 am: 16 Januar 2007, 23:20:26 »

Auf jeden Fall kann ich nur bestätigen, dass eine erzwungene Identitätsverschiebung nicht gesund ist.
Dazu zählt schon "den Zopf schneiden Sie dann aber ab, wenn Sie hier arbeiten, is klar, ne?".
Die meisten Menschen haben verlernt, den anderen als ganzen Menschen wahrzunehmen.
Hier lohnt sich sicher ein Blick in die Geschichte: wie haben die Menschen damals "Identität" in verschiedenen Gesellschaftssegmenten wahrgenommen? Wie weit gingen die Identitätsverschiebungen oder -verdopplungen?

Einfaches Beispiel aus meiner "Berufserfahrung": Call-Center. Da muss man so tun, als fände man das Produkt, das man vertritt, gut. Wenn man Glück hat, tut man das tatsächlich. Leider ist das meist nicht der Fall, sonst müsste man kein Telefonmarketing betreiben...

Ich denke, die Diskussion über freiwillige Identitäten ist sicher interessant, aber da ja die meisten Menschen damit klarkommen und es sogar eine Bereicherung sein kann, werden wir hier nicht so viel sagen müssen.

Schlimm und diskussionswürdiger fände ich schon den Bereich "Rollenspiel" in der Gesellschaft. Hier kommen wir ganz schnell in berufliche Dimensionen, aber auch ins Nachtleben oder an andere interessante Orte. Orte an denen es nicht immer ratsam ist, seine Identität preiszugeben.

(Z. B. Vor einer Horde Glatzen eine Toleranzrede zu halten. Schlafende Kampfhunde soll man nicht wecken.)
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SoylentHolger

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Re: Konstruktivismus und Identität
« Antwort #12 am: 17 Januar 2007, 08:37:19 »

Zitat von: "danny"
die meisten leute stellen in ihrem berufsalltag einen menschen dar, der privat so nicht existiert, hierfür lassen sich unterschiedlichste beispiele finden.


Hiier hieeer hiiiiier(http://www.cheesebuerger.de/images/smilie/froehlich/c025.gif) Hier ist ein Beispiel!!!
Hauptsächlich optisch. Allerdings nehm ich mich auch öfter mit meinen Ansichten zurück, welche zumeist nicht massenkompatibel sind. Ich seh das allerdings als notwendiges Übel, da ich beruflich ja auch noch weit voran schreiten will :D


Zitat von: "Trakl"
Auf jeden Fall kann ich nur bestätigen, dass eine erzwungene Identitätsverschiebung nicht gesund ist.
Dazu zählt schon "den Zopf schneiden Sie dann aber ab, wenn Sie hier arbeiten, is klar, ne?".


Nö, das zählt nicht dazu. Vielleicht bei einem schwachen Menschen, der sich dadurch beeinflussen läßt. Wer auf seinen Traumjob verzichtet, nur weil er seine Haare nicht abschneiden will ist selbst schuld. Es sei denn man reduziert seine Identität auf sein Äußeres.
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DarkPaladin

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Konstruktivismus und Identität
« Antwort #13 am: 17 Januar 2007, 14:04:49 »

Nette Diskussion.Zu LARP kann ich nichts sagen da ich daran noch nie Teilgenommen habe meine Rpg Erfahrungen liegen zum größten Teil am Rechner.
Ich habe mal DSA und BATTLE TECH als P&P gespielt aber das ist schon ein Paar Tage her und ich gehöre wohl er zu der Gruppe die K-ninchen so Negativ ansprach :D.
Allerdigs war unsere kleine Spielergrp insgesamt mehr auf das "Gewinnen" und pushen des Chars aus und RP war nie wirklich das wichtige dabei für uns.
Aber da das normales Männliches (wenn wir da auch noch kleine Jungs waren :D)  verhalten ist ,den Ansporn nach bestmöglicher Leistung und sich untereinander Messen.
Da wir alle so dachten hatten wir unseren spaß und ich denke das ist das was wichtig ist.
Was das Zocken am PC betrifft gibts einige schöne Tondokumentation über völligen Situations verlust einiger in dieser Spielwelt (Ts mitschnitte egal ob WoW,Cs oder was auch immer).
Was mir aufgefallen ist das bei allen dieser Traurig Amüsanten Mitschnitte die Lamentierenden sich einer extremen Gossensprache bedienten und keinen sonderlich hellen Eindruck machten.
Ich erlaube mir einfach mal das Auf ein schwaches Soziales Umfeld und mangelde Persönlichkeit zurück zu führen.
Diese ist sicher nicht durch das Spielen am PC enstanden, sonder auf Familie und deren Umfeld zurück zu führen.
Ich selbst würde mich als Powergamer bezeichnen auch wenn es bei mir stark nachgelassen hat ,ein einigen Bereichen evetuel sogar ProGamer aber das ist hier mal egal.
Fakt ist das ich in mehreren Games mit einigen der Besten in diesem Bereich zusammen gespielt habe und diese waren eigentlich alle keine 12 mehr und hatten einen gefestigten Charakter und keine Ambizionen zum Amoklauf.
Ein gewisser Verlust des normal Lebens ist dort allerdings nicht zu Leugnen,nicht zu Realität aber wenn man fast seine gesamte Freizeit vor dem Rechner verbringt leidet das normale Umfeld dabei Automatisch.
Das ist allerdings eine Frage wie weit und intensiv man sich in einem solchen Game einlässt und wo die eigenen Prioritäten gesezt sind.
Für mich war dabei immer Wichtig das mein Job dabei nicht leidet und meine normalen Verpflichtungen ,auser meinem Sport habe ich eine ganze Zeitlang nichts anderes gemacht also Zocken.
Die Freunde die man dann überwiegend noch hat tun das selbe so das man wenn man weggeht nicht auf Party zum feiern geht sondern man fährt halt auf Lanparty ,ich gebe zu es ist das extrem und es geht auch ein "Normales" Leben und zocken (Ja was ist den Normal ?*g* ich weiß ..) aber nicht wenn man zur Elite gehören will.
Aber so ist es doch in allen bereichen des Lebens egal ob nun Leistungssport oder Manager wenn man zu den besten gehören will oder gehört leidet das "normale" Leben darunter.
Es ist anders als die Masse aber so lange man seinen normalen Beitrag zum Leben leistet (fester Job/ Schule und diese nicht darunter leiden)und nicht anderen auf der Tasche liegt , geht es keinen was an was man mit seinem Leben macht.
Sehr interessant fand ich die die Entwicklung in der Haltung meiner Mutter ,die sich wie es für eine gute Mutter gehört damals große Sorgen um mich gemacht hat.
Ich bekam dann zu hören das ich ja am normalen Leben nicht mehr Teilnehme und mir später nichts bleiben würde von dem ich mal zähren könnte als Erlebnissen.
Das einem dieses andere Leben durchaus Erfolg und eine Gemeinschaft mit vielen Positiven Erfahrungen und Erlebnissen geben kann konnte sie nicht verstehen.
Irgentwann hat sie festgestellt das es mir durchaus etwas gegeben hat und spätestens ab dem Punkt wie ich ihr nen eigenen Pc gekauft habe mußte sie  feststellen das man ohne Problem ein paar Stunden am Rechner verbringen kann.
Sie hat nicht gezockt aber ich habe ihr den Weg zu einem Rosenforum gezeigt .
Sie war selbst doch sehr überascht wo die Zeit auf einmal geblieben war.


Zu Dannys Rolle auf der Arbeit kann ich nur sagen das ich mich dort oft einfach zurücknehme.
Denn es gibt dort viele Leute die mich mal können und die ich absolut nicht Leiden kann.
Nur was nuzt es mir mich mit ihnen zu Streiten und ihnen "Nettigkeiten" an den Kopf zu werfen.
Es wird sie nicht ändern und da bei uns ab und zu Arbeit in den Anderen Abteilungen ansteht muß ich dann mit solchen Kolegen zusammen arbeiten und das gestaltet sich doch deutlich einfacher und enspannter wenn man nur denkt du Arschloch anstelle es laut auszusprechen.

Tjo ziemlich lang geworden :) naja hoffe die Fehler halten sich in Grenzen habs paar mal gecheckt um eure Augen zu schonen, aber meine Rechtschreibschwäche ist nunmal da :( .
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Wer glaubt, Bildung sei teuer, weiß nicht, wie viel Dummheit kostet. 
 
Wer ist dieser LAN und warum veranstaltet der soviele Party's?

Trakl

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Re: Konstruktivismus und Identität
« Antwort #14 am: 17 Januar 2007, 15:02:34 »

Zitat von: "SoylentHolger"

Zitat von: "Trakl"
Auf jeden Fall kann ich nur bestätigen, dass eine erzwungene Identitätsverschiebung nicht gesund ist.
Dazu zählt schon "den Zopf schneiden Sie dann aber ab, wenn Sie hier arbeiten, is klar, ne?".


Nö, das zählt nicht dazu. Vielleicht bei einem schwachen Menschen, der sich dadurch beeinflussen läßt. Wer auf seinen Traumjob verzichtet, nur weil er seine Haare nicht abschneiden will ist selbst schuld. Es sei denn man reduziert seine Identität auf sein Äußeres.


So meinte ich das nicht. Natürlich lässt sich bei einem guten Job über die Frisur reden. Ich kenne aber Leute, die wurden quasi schon eingestellt und der Satz kam dann wie selbstverständlich kurz vor der Vertragsunterzeichnung. Hab ich kürzlich erzählt bekommen, sowas ist nicht in Ordnung.
(Frauen ist selbst beim Militär doch Haarnetz erlaubt, oder täusche ich mich da?)
Und dabei bleibt es ja nicht. Es gibt Betriebe, die die völlige Auflösung in der Struktur verlangen. Das grenzt dann schon ans sektenhafte.
Du hast doch auch schon in Firmen gearbeitet, die mehr von Dir verlangt haben als nur äußerliche Anpassung. Das geht dann schnell an die Substanz, vor allem, wenn auch viele Deiner positive Eigenschaften dadurch nicht zum Einsatz kommen.
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