Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?  (Gelesen 32901 mal)

Multivac

  • Gast
Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #45 am: 31 Januar 2012, 21:40:26 »

Apropos Handlungsfähigkeit ... Ich frage mich schon lange, warum nicht jeder, der trotz Stimmenhörens noch einigermaßen beieinander ist, nicht sofort einen Arzt oder Beratungsstelle aufsucht. Das kann ich mir echt nur mit Scham (gegenüber Angehörigen etc.), einem "Ich schaff das schon irgendwie" oder der Angst vor einem endgültigen Weggeschlossenwerden erklären (wobei es sich doch eigentlich schon herumgesprochen haben sollte, dass die Zeiten von o. g. Herrn vorbei sind, wo man noch Lobotomie und Isolationshaft befürchten musste).
ich glaube, es gibt dinge, bei denen merkt man (insofern sie einen nicht extrem beeinträchtigen) selbst garnicht, daß sie unnormal sind, weil sie für den eigenen alltag schon massiv dazugehören, z.b. wenn sich leute die arme oder ellenbogen aufkratzen, wenn sie -zig mal wieder in die wohnung gehen, um zu schauen, ob der herd wirklich aus ist, wenn sie "magische gedanken" haben ('ich darf nicht auf diesen gullydeckel treten sonst passiert was schlimmes') usw.


Also warum gehört die Welt nicht starken, im normalen Sinne intelligenten und total langweiligen Menschen?
die gibt es nicht. habe ich noch nie erlebt. jeder, der kreativ ist, hast irgendwo gewaltig einen an der klatsche. und jeder, der massiv intelligent ist (quantenphysiker oder so), sind irgendwo auch unsozial im fast austistischen sinne. habe ich genug leute gesehen und erlebt, weil ich mir meist (unbewußt) genausolche freundinnen suche.


...just another Übermenschentheorie. Die vor allem wrklich zu ignorieren scheint, dass eben nicht alle Aspies ohne Hilfe lebensfähig sind. ...
Und zum Thema "Selbstdiagnose"...ich hab auch schonmal nen Asperger-Selbsttest gemacht, 75% aller möglichen Punkte, ich hab das auch, ich kann ex cathedra mitreden \o/ *augenroll* ("freiwilliger Autismus", komm, geh weg).
hab ich auch. ich hab alles.  ::)

ich denke, es geht um die leichten formen, die evtl. nicht mal krankhaft auffällig sind. wenn du den test zu 75% bestehst, gibts sicher auch an dir einige punkte, an denen du nicht ganz sauber bist, du kennst dich selbst am besten und weißt sicher einige beispiele aufzuzählen. die trennung zwischen 'krank' und 'gesund' macht das ganze so schwierig. ich würde meinen, es sind ganz fließende geschichten, die da die menschen entwickeln, und erst ab einem bestimmten punkt stuft man sie als 'krank' ein. ich finde mich z.b. schon ziemlich autistisch, weil ich meine handtücher immer ganz akkurat falte (vielleicht hätte bei der bundeswehr anfangen sollen...)
« Letzte Änderung: 31 Januar 2012, 21:53:11 von Multivac »
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Kallisti

  • Gast
Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #46 am: 01 Februar 2012, 00:58:41 »

Is ja richtig spannend hier! :)


Is das mit der Psychiatrie nicht auch so, dass es davon abhängt, ob wer nicht nur eine Gefahr für seine Mitmenschen, sondern insbesondere auch für sich selbst ist/sein/werden können würde? Und man dann deshalb nicht rausdarf, obwohl man will?

Ich hab da natürlich wieder mal gesucht ... und was gefunden

http://www.daserste.de/wwiewissen/beitrag_dyn~uid,r28x119dcbyr0c86~cm.asp

oder hier (leider is die Sendung selber nicht mehr abrufbar "Unter Zwang in die Psychiatrie"/ZDF)

Zitat
<Saschenbrecker: Es ist ein Defizit, das man "psychisch anders" oder "psychisch auffällig" mit "gefährlich" gleichsetzt. Dabei besteht diese Gefahr häufig gar nicht und es gibt keinen Grund dafür zu sagen, dass jemand anders sei oder gefährlich für die Allgemeinheit, nur weil er eine seelische Grunderkrankung hat.<

<< Verletzung von Grundrechten
Rechtsanwalt Eckart Wähner über Zwangsunterbringung

Eckart Wähner ist Rechtsanwalt in Berlin. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind unter anderem das Betreuungs- und Unterbringungsrecht. Er hat viele Mandanten vertreten, die sich durch Rechtsmittel bei Zwangseinweisungen und Eingriffen durch eine Klinikunterbringung zur Wehr gesetzt haben. ML sprach mit ihm über die Verletzungen von Grundrechten bei einer zwangsweisen Unterbringung etwa in der Psychiatrie.

Interview:
Wähner: Ohne Außenunterstützung, ohne anwaltschaftliche Begleitung sind sie hoffnungslos einer Maschinerie ausgesetzt, die sich über ihnen zusammen zieht. Zwar gibt es bestimmte Verfahrensgarantien, es gibt eine bestimmte Ausgestaltung wie Verfahrenspfleger, wie Betreuer, wie richterliche Anhörungen. Aber das sind alles Dinge, die den Bedürfnissen der Leute nicht gerecht werden und auch keine ausreichenden Garantien darstellen, um am entscheidenden Punkt zu intervenieren.

Wähner: Der Betroffene wird bevormundet, von der Klinik, von der Psychiatrie, von der Justiz im Allgemeinen, von dem Richter, von dem Betreuer, von allen Verfahrensbeteiligten. Denn man sagt, weil jemand krank, dement oder auffällig ist, der muss eben befürsorgt werden, er muss beaufsichtigt und kontrolliert werden.<<


http://monalisa.zdf.de/ZDFforum/ZDFde/inhalt/11/0,1872,5249355,00/F309/msg2788096.php


"Psychisch krank" bedeutet ja irgendwie, dass es so was geben muss wie "psychisch gesund". Mich würde interessieren, was letzteres sein soll und wie man sich so einen Menschen vorzustellen hat.


guckst du

Zitat
Die WHO definiert psychische Gesundheit folgendermaßen: „Zustand des Wohlbefindens, in dem der Einzelne seine Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen
bewältigen, produktiv und fruchtbar arbeiten kann und imstande ist, etwas zu seiner Gemeinschaft beizutragen“.

 :D      :-\  -- also: sehr informativ. lol

https://docs.google.com/viewer?a=v&q=cache:pIpq7XWshisJ:www.dnbgf.de/fileadmin/texte/589_Psychische_Gesundheit.ppt+psychische+gesundheit+medizinische+definition&hl=de&gl=de&pid=bl&srcid=ADGEESjPrhhbtTvYk1NGAFfBdkvdKw1YepJlFSRSVpNs4B1-4mDO7iRmG65tF6LXdW9jYZqfXOimx7KKsArzWmMdkGI3ziOydweO8a85a-KxRrbOvpMAfEiUmnkzXtLV6A7VSOTkFabv&sig=AHIEtbQnAZ9wLeLBr12YbDHniY1uMSPz8w


offtopic - Mon Cherie is widerlich! uärgs. Aber hoppala t_g - das mit der Leberzierrose fand ich sogar lustich.  ;D


Kenaz -- ja, eben: krank - gesund ... ... - welcher war gleich der thread, in dem ich mich über die ewige Pathologisiererei echauffierte ...  ;D  (ich komm auch schon ganz durcheinander, is ja auch kein Wunder ... - da is so ne handfeste, sinnlich-erfahrbar-begreifbare Zettelwirtschaft eben doch vorteilhafter - als so Internetkram.  :D )
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Kenaz

  • Gast
Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #47 am: 01 Februar 2012, 08:28:10 »

Mit Realität, denke ich,  ist so eine Sache: jeder hat seine, subjektive Realität.

- Da stößt Du in mein allerliebstes Horn - geh' ich zu 100% d'accord!  :)

Witzigerweise wird allerdings der Begriff "Realität", mit dem man in Diskussionen - und gerade in solchen, in denen es um Fragen der "psychischen Gesundheit" geht - ebenso leichtfertig wie selbstverständlich um sich wirft, zumeist auf konsensueller Grundlage definiert. Der Eingangssatz bei wikipedia etwa lautet: "Als "real" wird [...] etwas bezeichnet, das keine Illusion ist, und nicht von den Wünschen oder Überzeugungen eines Einzelnen abhängig ist." Um diese Besimmungen zu erfüllen, braucht es also mindestens zwei, eigentlich drei Personen, die ihre jeweils subjektive Wahrnehmungen miteinander vergleichen können und so überhaupt erst die Grundlagen für das Konstrukt der "Objektivität" generieren.

So gesehen ist der Begriff der "subjektiven Realität" freilich ein ähnlich hölzernes Eisen wie Wittgensteins "Privatsprache" - und trotzdem überaus bedeutsam, denn er stellt genau das heraus, was an der so genannten "Realität" - und damit auch an der so genannten "psychischen Gesundheit" - überaus fragwürdig ist; um die Frage mit Poe zu stellen: "Is all that we see or seem / But a dream within a dream?" - Wenn dem aber so sein sollte: Wer bestimmt dann nach welchen Kriterien und vor allem: mit welcher Legitimation - was jene "Wirklichkeit" ist bzw. ausmacht, auf deren Grundlage dieser diffuse Zustand der "psychischen Gesundheit" stattfindet?

Ich denke, bei der konstruktiven Suche nach einer Antwort auf die umrissene Fragestellung kommt man wohl am ehesten mit einer Fokussierung auf subjektiven Leidensdruck weiter, will heißen: psychische "Gesundheit" wäre zuerst einmal ein Zustand, der frei ist von (subjektivem) Leiden, wie das ja auch die von Kallisti gepostete WHO-Definition nahelegt. Dann allerdings wäre es für die Frage gänzlich irrelevant, ob ich etwa Stimmen hörte, die kein anderer hört, oder Männchen auf meiner Heizung sitzen sehe, wo gar keine sind. So lang ich meine "Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv und fruchtbar arbeiten kann und imstande [bin], etwas zu [m]einer Gemeinschaft beizutragen", wäre ich nach dieser Definition als psychisch gesund zu betrachten.

Dass die beschriebenen Symptome mit der Zeit & mit hoher Wahrscheinlichkeit trotzdem zu einem gewissen Knirschen im psychisch-emotionalen Gebälk führen können/werden, hängt primär mit wachsenden Störungen innerhalb des sozialen Umfeldes zusammen, das in aller Regel zunehmend irritiert auf die Bezugnahme des einzelnen auf Phänomene reagieren wird, die ganz offenkundig nur er wahrnimmt. - Ein Umstand, der wiederum zeigt und deutlich macht, dass der Begriff psychischer Gesundheit/Krankheit viel enger als andere - organische - Krankheitsbilder mit gesellschaftlichen Strukturen und Machtverhältnissen verzahnt ist. Wen diese Problematik näher interessiert, dem sei eine Lektüre von Michel Foucaults "Wahnsinn und Gesellschaft" wärmstens ans Herz gelegt, ich will's jetzt aber nicht noch weiter vertiefen, um nicht gänzlich im off-topic-Bereich zu stranden.  ;)

Auszüge von der gleiche Seite: [...]

- Selektive Wahrnehmung ist was herrliches, gell?  ;D

... Ach, btw.: Dass meine Abschlussfrage an t_g scherzhaft gemeint war, ist schon angekommen, gell?  ;)
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Kenaz

  • Gast
Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #48 am: 01 Februar 2012, 08:31:47 »

[...] wenn sie "magische gedanken" haben ('ich darf nicht auf diesen gullydeckel treten sonst passiert was schlimmes') usw.

- Dazu gibt's 'ne herrliche Geschichte von Roald Dahl: "Der Wunsch" ... - da kann man sehr schön sehen, was genau da so alles Schlimmes passieren kann ...  ;D
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t_g

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #49 am: 01 Februar 2012, 12:05:26 »

- Haben wir dieselbe "erste Seite" gelesen? Ich zitier' mal eben kreuz & quer durch's Gemüsebeet:

Gemüsebeete! \o/
Und wir haben ganz offensichtlich die selbe Seite gelesen, lediglich nicht auf die gleichen Aussagen geachtet. :D
Hier mal mein Fokus:

"Auch ich war auf einer geschlossenen Station, wohin man mich mit Polizei"begleitung" brachte.
Ich war vorher dissoziiert auf eine Intensiv verlegt worden, kann mich aber an nichts erinnern.
Sehr unwürdige Behandlung, Fenster verschlossen, zunächst kein Ausgang."


Kunststück. Wenn man mittels Polizeieskorte in die Geschlossene gebracht wird, ist davon auszugehen, daß man nicht nach einer Viertelstunde auf dem Gelände rum schlendern darf. "One does not simply walk out of Mordor"

Beispiel Selbsteinweisung:

"ich war vor kurzem auf der Geschlossenen. Allerdings war ich freiwillig dort und hatte auch jederzeit Ausgang.
Ich hatte wahnsinnige Ängste und viele Voruteile, bevor ich auf die Station kam.
Glücklicherweise konnte ich die Geschlossene als Schutzraum erfahren, weil es mir gut tat, aus meinem Alltag zu fliehen."


oder

"Ich habe in den letzten jahren beides erfahren- sowohl die "geschlossene" als absolutes Horrorszenario mit unwürdiger Behandlung, aber auch die geschlossene als Schutzraum mit tollem Personal."

Ja, die Zitate überschneiden sich phasenweise mit deinen, aber das unterstreicht in meinen Augen nur unsere sehr unterschiedliche Wahrnehmung auf diese Aussagen, besonders im Kontext von

Zitat
- Ja witzig: meine auch!  :) Könnte es sein, dass einer von uns beiden eine leicht verzerrte Wahrnehmung hat? Eventuell ... ein klitzekleines bisschen nur ... die Realität ... - ach, vergiss es.  ;) ;D ;D
diesem Satz, bei dem ich die Ironie dann glücklicherweise doch gleich zu Beginn verstanden habe. ^^
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Kallisti

  • Gast
Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #50 am: 01 Februar 2012, 12:20:09 »

(...)

 Wer bestimmt dann nach welchen Kriterien und vor allem: mit welcher Legitimation - was jene "Wirklichkeit" ist bzw. ausmacht, auf deren Grundlage dieser diffuse Zustand der "psychischen Gesundheit" stattfindet?

Ich denke, bei der konstruktiven Suche nach einer Antwort auf die umrissene Fragestellung kommt man wohl am ehesten mit einer Fokussierung auf subjektiven Leidensdruck weiter, will heißen: psychische "Gesundheit" wäre zuerst einmal ein Zustand, der frei ist von (subjektivem) Leiden, wie das ja auch die von Kallisti gepostete WHO-Definition nahelegt. Dann allerdings wäre es für die Frage gänzlich irrelevant, ob ich etwa Stimmen hörte, die kein anderer hört, oder Männchen auf meiner Heizung sitzen sehe, wo gar keine sind. So lang ich meine "Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv und fruchtbar arbeiten kann und imstande [bin], etwas zu [m]einer Gemeinschaft beizutragen", wäre ich nach dieser Definition als psychisch gesund zu betrachten.

Dass die beschriebenen Symptome mit der Zeit & mit hoher Wahrscheinlichkeit trotzdem zu einem gewissen Knirschen im psychisch-emotionalen Gebälk führen können/werden, hängt primär mit wachsenden Störungen innerhalb des sozialen Umfeldes zusammen, das in aller Regel zunehmend irritiert auf die Bezugnahme des einzelnen auf Phänomene reagieren wird, die ganz offenkundig nur er wahrnimmt. - Ein Umstand, der wiederum zeigt und deutlich macht, dass der Begriff psychischer Gesundheit/Krankheit viel enger als andere - organische - Krankheitsbilder mit gesellschaftlichen Strukturen und Machtverhältnissen verzahnt ist. Wen diese Problematik näher interessiert, dem sei eine Lektüre von Michel Foucaults "Wahnsinn und Gesellschaft" wärmstens ans Herz gelegt, ich will's jetzt aber nicht noch weiter vertiefen, um nicht gänzlich im off-topic-Bereich zu stranden.  ;)




Aber doch - das find ich grade interessant, aber muss das dann wohl einfach selber mal lesen. ;)

Zu was du oben drüber schriebst - könnte man nicht versucht sein, zu hoffen, dass sich etwas ändern könnte, wenn man den Begriff der geistigen Gesundheit etwas weiter fasste - und das nicht nur in Fach- und Intellektuellenkreisen, sondern es vlt. auch doch irgendwann mal in der breiten Bevölkerung ankommt (ähnlich wie Aufklärung über Depression oder so)?

Denn wenn es einfach mehr Toleranz dem gegenüber gäbe:

Zitat
Dann allerdings wäre es für die Frage gänzlich irrelevant, ob ich etwa Stimmen hörte, die kein anderer hört, oder Männchen auf meiner Heizung sitzen sehe, wo gar keine sind. So lang ich meine "Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv und fruchtbar arbeiten kann und imstande [bin], etwas zu [m]einer Gemeinschaft beizutragen", wäre ich nach dieser Definition als psychisch gesund zu betrachten.

(Kenaz)


dann gäbe es "irgendwann" vielleicht auch weniger Probleme damit

Zitat
Dass die beschriebenen Symptome mit der Zeit & mit hoher Wahrscheinlichkeit trotzdem zu einem gewissen Knirschen im psychisch-emotionalen Gebälk führen können/werden, hängt primär mit wachsenden Störungen innerhalb des sozialen Umfeldes zusammen, das in aller Regel zunehmend irritiert auf die Bezugnahme des einzelnen auf Phänomene reagieren wird, die ganz offenkundig nur er wahrnimmt.
(Kenaz)

?! ?


Im Grunde geht es doch bei "Realität" darum, dass sie von unserem Gehirn konstruiert wird. ? Und weil sie in menschlichen Gehirnen zumeist doch ähnlich konstruiert wird (im Vergleich bzw. Gegensatz zu bspw. verschiedenen Tieren, die anders wahrnehmen etc.), weil menschliche Gehirne einfach "ähnlich" aufgebaut sind, "funktionieren" (ja, Vorsicht an dieser Stelle ... ;) ), deshalb können Menschen von einer (menschlichen!) Realität sprechen, sich auf sie beziehen, in ihr leben, forschen, erkennen etc.

Wenn man nun einfach das Spektrum erweiterte und verschiedene "Veränderungen", Abweichungen als auch "normal"/gesund setzte (so lange also bspw. kein "großer", weitreichender/folgenreicher Leidensdruck bzw. Leiden damit einhergeht), weil einfach es "Abweichungen" in dann doch nicht wenigen menschlichen Gehirnen (Hirnabläufen ...) gibt - wäre damit nicht doch ein bisschen was gewonnen?


Es müsste sich also vielleicht einfach mehr rumsprechen (lol), dass es "die" eine absolute Realität nicht gibt, sondern wir uns nur auf einerseits unsere menschliche und andererseits dann aber eben auch auf unsere ganz indivuduelle beziehen KÖNNEN - und somit: müssen.

Vielleicht sollte sowas im Biologieunterricht mal erwähnt werden?  :D


Da kommen wir wieder hierzu

http://www.3sat.de/page/?source=/scobel/149742/index.html


und sind somit eigentlich im thread "Relativitätstherorie ... " ;)


Vor allem kommen wir zur "Objektivität" - siehe bspw. hier

Zitat
Höllers Installation, die auch den Einfluss von Drogen auf die Wahrnehmung thematisiert, bietet einen idealen Kontext, um nach Objektivität und ihren Grundlagen zu fragen. Was bedeutet es, unsere stets "subjektiven" Sinne in Richtung einer "objektiven Wahrnehmung" zu trainieren? Und fördert dieses gezielte Ausschalten der Subjektivität tatsächlich die Erkenntnis der Welt in der erhofften Weise?

Begibt man sich auf die Suche nach den Wegen, dieses Ideal der Objektivität tatsächlich zu erreichen, zeigt sich bald, dass es keineswegs einheitliche Vorstellungen gibt. Was Objektivität ist, unterliegt ebenso dem historischen Wandel wie viele andere Prozesse.

http://www.3sat.de/page/?source=/scobel/155136/index.html


Zu speziell Schizophrenie (weil sie hier mehrmals angsprochen wurde) auch hier Interessantes

http://www.3sat.de/page/?source=/scobel/157576/index.html


Überhaupt is scobel eigentlich immer sehenswert ... ! :)
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RaoulDuke

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #51 am: 01 Februar 2012, 15:21:21 »


[...]

Ich denke, bei der konstruktiven Suche nach einer Antwort auf die umrissene Fragestellung kommt man wohl am ehesten mit einer Fokussierung auf subjektiven Leidensdruck weiter, will heißen: psychische "Gesundheit" wäre zuerst einmal ein Zustand, der frei ist von (subjektivem) Leiden, wie das ja auch die von Kallisti gepostete WHO-Definition nahelegt. Dann allerdings wäre es für die Frage gänzlich irrelevant, ob ich etwa Stimmen hörte, die kein anderer hört, oder Männchen auf meiner Heizung sitzen sehe, wo gar keine sind. So lang ich meine "Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv und fruchtbar arbeiten kann und imstande [bin], etwas zu [m]einer Gemeinschaft beizutragen", wäre ich nach dieser Definition als psychisch gesund zu betrachten.

Die Argumentation des Leidensdrucks ist m.E. hinreichend unspezifisch, um als nutzlos zu gelten. Haben psychisch gesunde Menschen keinen Leidensdruck? Entsteht der Leidensdruck von psychisch nicht gesunden Menschen nicht zu einem nicht geringen Teil aus dem Verhalten der gesunden den nicht gesunden gegenüber?

Ein möglicher alternativer Standpunkt ist, die scharfe Unterscheidung zwischen psychisch krank und gesund als das anzuerkennen, was sie ist, nämlich nutzlos. Da es jedoch offensichtlich ist, dass sich einige Menschen von den anderen deutlich unterscheiden, sei es durch Verhaltsweisen auf dem Autismusspektrum, dissoziatives Verhalten oder was auch immer, könnte eine Unterscheidung eben auch nur in Bezug auf diesen Unterschied erfolgen. Dann gibt es in der Menschheit die Mehrheit der neurologisch typischen Personen (im folgenden NT) und die neurologisch atypischen Personen (nennen wir sie NAs). Ich behaupte, es gibt viele NAs, die gerade wegen ihres Andersseins sehr interessante und auch nachgefragte Beiträge zur Gesellschaft oder dem Wohlergehen von Organisationen oder Einzelpersonen leisten können. Einen für eine Verhandlung gedachten Argumentationsstrang von einem NA auf Konsistenz abklopfen zu lassen, der das einfach drei Nummern gründlicher macht als ein NT; Sachverhalte, die für eine Seite Unbekannte darstellen, wie die Wahrscheinlichkeitsverteilung möglicher Ergebnisse bei einer Vielzahl von Entscheidungsalternativen, zu analysieren und der anderen Seite erklären; die Komplexität so hochzudrehen, dass nur noch eine Seite kapiert, was überhaupt gespielt wird ("if you can't convince them, confuse them!")...

Anderssein ist nicht schlechtes, aber ich glaube damit rennt man gerade in diesem Forum offene Türen ein.

Es ist vielleicht, mal Fälle schweren Autismus', Schizophrenie o.ä. ausgenommen, in vielen Fällen mehr eine Frage, wie wir unser Miteinander organisieren und wieviel Toleranz gegenüber Andersartigkeit wir zulassen. Diskriminierung von Leuten mit anderer Hautfarbe, anderer Sexualität usw. ist doch auch schon längst passé. Wie leicht polemisch in einem Beitrag von mir etwas weiter oben angedeutet, ist Bashing von NAs in Hollywood mindestens an der Tagesordnung.

Mehr zu dem Thema lesen kann man auch unter http://en.wikipedia.org/wiki/Neurodiversity lesen...

"Neurodiversity is a controversial concept [that] ... regards atypical neurological development as a normal human difference."


Dass die beschriebenen Symptome mit der Zeit & mit hoher Wahrscheinlichkeit trotzdem zu einem gewissen Knirschen im psychisch-emotionalen Gebälk führen können/werden, hängt primär mit wachsenden Störungen innerhalb des sozialen Umfeldes zusammen, das in aller Regel zunehmend irritiert auf die Bezugnahme des einzelnen auf Phänomene reagieren wird, die ganz offenkundig nur er wahrnimmt. - Ein Umstand, der wiederum zeigt und deutlich macht, dass der Begriff psychischer Gesundheit/Krankheit viel enger als andere - organische - Krankheitsbilder mit gesellschaftlichen Strukturen und Machtverhältnissen verzahnt ist. Wen diese Problematik näher interessiert, dem sei eine Lektüre von Michel Foucaults "Wahnsinn und Gesellschaft" wärmstens ans Herz gelegt, ich will's jetzt aber nicht noch weiter vertiefen, um nicht gänzlich im off-topic-Bereich zu stranden.  ;)

Ich glaube, das ist nicht nur nicht offtopic, sondern geradezu der Kern des Themas. Akzeptiert die Gesellschaft die Vielfalt und nutzt ihre Stärken, oder sollte man diese komischen Leute vielleicht doch lieber irgendwie ruhigstellen? Gesellschaften, die auf Konformität abfahren, weil sie autoritäre Strukturen haben, in der nur das Normale und Typische prosperieren soll, sind mit Andersartigen immer anders umgegangen als freie Gesellschaften. Und im Wettstreit um den größten Platz in der Geschichte haben letztere oft vorn gelegen. Weil sie funktionierende Wirtschaftssysteme hatten, eine lockende freie Kultur (Hollywood, McDonalds und Rock and Roll haben, ob man nun drauf steht oder nicht, den Konflikt zwischen USA und UdSSR sicher nicht zum Nachteil der USA beeinflusst) und eine prosperierende Wissenschaft. Und wer hat's erfunden? :-)

Wie waren die Oppenheimers, Adam Smiths, Einsteins, Elvis Presleys und meinetwegen Steve Jobs' drauf? Normal?
Wo ist denn der Elvis Presley aus Nordkorea?
(allein bei dem Gedanken an das mögliche Outfit muss ich grinsen)
 
« Letzte Änderung: 01 Februar 2012, 15:28:58 von RaoulDuke »
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Kallisti

  • Gast
Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #52 am: 01 Februar 2012, 19:28:03 »

 :-*

(und diesmal ausnahmsweise sogar "nett" gemeint!)

Sehr schön!! Da hüpft Kallisti vor Freude hinter ihrem Rechner auf und ab wie ein Flummi.  ;D

Siehe vor allem das

Zitat
Die Argumentation des Leidensdrucks ist m.E. hinreichend unspezifisch, um als nutzlos zu gelten. Haben psychisch gesunde Menschen keinen Leidensdruck? Entsteht der Leidensdruck von psychisch nicht gesunden Menschen nicht zu einem nicht geringen Teil aus dem Verhalten der gesunden den nicht gesunden gegenüber?
(RaoulDuke)

(Sowas Ähnliches wollte ich oben auch schreiben, hab es dann doch vergessen. Das is aber doch einfach ein total wichtiger Aspekt, trifft den Nagel auf den Kopf!)


dann das

Zitat
Da es jedoch offensichtlich ist, dass sich einige Menschen von den anderen deutlich unterscheiden, sei es durch Verhaltsweisen auf dem Autismusspektrum, dissoziatives Verhalten oder was auch immer, könnte eine Unterscheidung eben auch nur in Bezug auf diesen Unterschied erfolgen
(RaoulDuke)

Ja, das leuchtet erst mal ein (mir) und überzeugt (mich), aber auf den zweiten Blick/gleich im folgenden Moment kommt einem der Gedanke, dass das so einfach zu händeln doch nicht sein wird/würde ... (dafür können diverse "Unterschiede"/Verhaltensweisen doch zu umfassend und weitreichend sein - schon alleine im alltäglichen Umgang miteinander - also schon die Schwierigkeit, den Anderen eben "richtig" bzw. überhaupt zu verstehen ... ! ...

Trotzdem halt spontan ein verlockender Punkt. ;)


Zitat
(...) die Komplexität so hochzudrehen, dass nur noch eine Seite kapiert, was überhaupt gespielt wird ("if you can't convince them, confuse them!")...
(RaoulDuke)

 :D  :D 



Zitat
"Neurodiversity is a controversial concept [that] ... regards atypical neurological development as a normal human difference."
(RD)

sehr schön! (Auch wennich den Artikel noch nicht gelesen hab, sondern nur den einen Satz bisher.)
(Hervorhebung wie immer.)


Zitat
Akzeptiert die Gesellschaft die Vielfalt und nutzt ihre Stärken, oder sollte man diese komischen Leute vielleicht doch lieber irgendwie ruhigstellen? Gesellschaften, die auf Konformität abfahren, weil sie autoritäre Strukturen haben, in der nur das Normale und Typische prosperieren soll, sind mit Andersartigen immer anders umgegangen als freie Gesellschaften.
(RD)

Auch das wieder seeeehr verlockend, um nicht zu sagen verführerisch! - Aaber es bringt auch Schwierigkeiten mit sich ... und hier

Zitat
freie Gesellschaften. Und im Wettstreit um den größten Platz in der Geschichte haben letztere oft vorn gelegen.

kann ich dir nicht so ganz zustimmen - ok, das du mit "freie Gesellschaften" meinst, hast du im Folgenden ja geschrieben. Aber da divergiere ich (lol).  Denn ich dachte ja, mit "frei" meintest du, was du zuvor geschrieben hattest, dass es also um weniger Konformität und mehr Toleranz/Offenheit der "Andersartigkeit" gegenüber gehen solle ... (s.o.)

Aber solches ist ja in den "freien Gesellschaften", als deren Beispiel du die USA anführst (wenn ich das nun nicht missverstanden habe?) nun auch nicht unbedingt gegeben - oder?


Zitat
Es ist vielleicht, mal Fälle schweren Autismus', Schizophrenie o.ä. ausgenommen, in vielen Fällen mehr eine Frage, wie wir unser Miteinander organisieren und wieviel Toleranz gegenüber Andersartigkeit wir zulassen.
(RD)

eben - das sagte ich ja oben (auch) schon.  :P  ;)   :)


« Letzte Änderung: 01 Februar 2012, 19:34:27 von Kallisti »
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Kallisti

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #53 am: 01 Februar 2012, 19:38:30 »

... Was ich aber noch kurz einwerfen will - es gibt schon einen Unterschied/e zwischen "geistig krank" und "psychisch krank". Auch wenn sich das überschneiden kann, ineinander übergehen - aber doch nicht immer so und auch nicht unbedingt: meistens so.

Bisher wurde das hier aber so miteinander vermischt, nicht getrennt.

Vielleicht kann man sagen, dass bei "geistiger" Erkrankung eher, öfter und notwendiger "Psychopharmaka" zum Einsatz kommen als bei psychischer Erkrankung. Sicher, es hängt auch von der einzelnen jeweiligen Erkrankung ab.

Aber so ganz das Gleiche ist es meiner Ansicht nach eben nicht (psychisch "krank" und geistig krank).


?
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nightnurse

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #54 am: 01 Februar 2012, 20:15:48 »

Tschuldigung, dass ich hier mal querschieße und on topic gehe, aber jemand hat mir mit Steinzeitautisten nen doofen Floh ins Ohr gesetzt, über den mir immer wieder Gedanken kommen.


Zitat aus einem der von Kallisti auf Seite 1 geposteten Artikel:

Zitat
In der Tierwelt gibt es zahlreiche Arten, selbst unter Menschenaffen, die ihr Leben außerhalb der Paarungszeit weitgehend als Einzelgänger verbringen. Sie leben vor allem in Regionen, in denen Nahrung nicht üppig vorhanden ist und erst beharrliches Suchen oder Bejagen den Bauch füllt. Intensive soziale Kontakte und damit mehr Individuen pro Gebiet sind dabei eher von Nachteil.

Ja...und diese Tierarten leben vermutlich dauerhaft so gesellig oder ungesellig, wie es das jeweilige Habitat hergibt. Da werden nicht die autistischen Gruppenmitglieder aus der Üppigkeit in die sprichwörtliche Wüste geschickt. In welche Richtung die Anlagen für "Geselligkeit" sich nun entwickelten (aus der Üppigkeit heraus oder aus der Wüste), wer weiss.
Wichtiger Punkt: Die Paarungszeit.
Ab und zu muss man sich mal zwecks Fortflanzung treffen. Da haben viele Aspies Defizite, die der Vererbung von Autismus-Genen im Wege stehen könnten.

Zitat
Sowohl einzelgängerische Tiere als auch autistische Menschen, erklärt Reser, zeigen reduzierte Mimik und wenig Emotionen, sie meiden Augenkontakt sowie Geselligkeit und Sozialkontakte und benötigen weder Zuneigung noch Streicheleinheiten.

Ist hier mal jemand, der sowas gelernt hat? Viele Tiere vermeiden Augenkontakt, auch solche, die in Gruppen leben, weil Augenkontakt als Zeichen von Aggression gilt (mir fallen grad nur Hunde und Gorillas ein...)(die in Gruppen leben...). Die Gründe, warum einzelgängerische Tiere Gesellschaft meiden, sind doch wohl andere als die von Autisten?

Zitat
Der Forscher schließt aus seinen Untersuchungen, dass unterschiedliche Gruppengrößen bei den Frühmenschen in unterschiedlich reichhaltiger Natur im Laufe der Zeit die große Bandbreite sozialer Verhaltensweisen und Fähigkeiten beim Menschen hervorgebracht habe.

1. "Ach." (Loriot)
2. Ist aber doch seltsam, dass moderne Menschen selbst in Eis und Wüste in Gruppen leben, nicht?
Womöglich hat Leben in der Gruppe für Menschen auch oder grade in schwierigen Umgebungen Vorteile?

Denn um mal mein persönliches Steckenpferd zu satteln, ich bekam bei Lesen dieser Artikel den Verdacht, dass da romantisierende Vorstellungen vom unabhängigen Leben in der Wildnis in vorzivilisatorischen Zeiten im Spiel sind.
Wer alleine jagt und sammelt, muss zwar mit niemandem teilen und sich über niemanden ärgern.
Hat aber auch niemanden, der einem hilft oder mit einem teilt.
Der einem Futter besorgt, wenn man verletzt oder krank ist.
An dem man sich im Winter wärmen kann.
Leben in der Guppe hat grade durch Arbeitsteilung ja für Menschen Vorteile - jemand geht jagen, jemand geht Pilze/ Beeren/ Schnecken sammeln, jemand macht Faustkeile und Oma kaut die Felle weich und hält das Feuer am Laufen.
Und grade für Werkzeug und Kleidung fehlt dem menschlichen Einzelgänger unter Umständen die Zeit, weil er ja in seiner kargen Umgebung Essen zusammenkratzen muss (und Kleidung, btw, setzte in der Frühzeit Jagderfolg voraus und war wohl außerhalb der Tropen auch nötig).


Wie es nun kommt, dass Gene für Autismus sich im menschlichen Genpool erhalten haben...wenn ich das richtig im Kopf habe, muss eine Eigenschaft ja nicht unbedingt vorteilhaft sein, um weiterzukommen, es reicht schon, dass sie nicht stört? In unserem Genpool schwirren ja, wie eingangs schonmal erwähnt, viele Dinge rum, die nicht unbedingt vorteilhaft sind für´s Überleben.
Ein kurzsichtiger Schimpanse fällt irgendwann mal vom Baum oder übersieht giftiges Getier, aber der erste kurzsichtige Mensch konnte im Lager hocken und Felle weichkauen oder Faustkeile machen. Und Steinzeit-Aspies konnten womöglich grade genug, um von der Gruppe durchgezogen zu werden.

Was natürlich nicht annähernd so glamourös klingt wie die Lösungen von Regers und Westfahl.

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Multivac

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #55 am: 01 Februar 2012, 21:12:21 »

- Dazu gibt's 'ne herrliche Geschichte von Roald Dahl: "Der Wunsch" ... - da kann man sehr schön sehen, was genau da so alles Schlimmes passieren kann ...  ;D
oh man, die ist richtig heftig. hab ich mal mit 12 oder so gelesen und die erinnerung daran macht mir heut noch angst  :-[


RD
:o das heißt R2D2 !!!
« Letzte Änderung: 01 Februar 2012, 21:58:32 von Multivac »
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RaoulDuke

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nightnurse

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Kallisti

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #58 am: 01 Februar 2012, 22:48:07 »

nightnurse

... echt, das steht alles im von mir eingestellten Artikel? Da muss ich dann doch sehr selektiv gelesen haben. ;)

Ich verstehe zwar durchaus, was du meinst, worauf du das Augenmerk legen möchtest (Vorteile durch gerade nicht Einzelgängertum, sondern "soziales" Zusammenleben ...) und sehe das eigentlich auch so.

Aber worauf die jeweiligen Verfasser im Artikel hinauswollen, ist wohl, dass Autisten das alles

Zitat
(...) Hat aber auch niemanden, der einem hilft oder mit einem teilt.
Der einem Futter besorgt, wenn man verletzt oder krank ist.
An dem man sich im Winter wärmen kann. (...)
(nightnurse)

ja anscheinend weder brauchen noch wollen.

Wie du selbst zitiertest (aus dem Artikel vorne)

Zitat
Quote

    Sowohl einzelgängerische Tiere als auch autistische Menschen, erklärt Reser, zeigen reduzierte Mimik und wenig Emotionen, sie meiden Augenkontakt sowie Geselligkeit und Sozialkontakte und benötigen weder Zuneigung noch Streicheleinheiten.

Wobei ich an dieser Stelle ja auch sehr ins Zweifeln gerate. Wie das bei Tieren (kommt wohl auch noch drauf an, welche!) so ist, vermag ich nicht wirklich zu sagen, aber Menschen, die gänzlich, dauerhaft (über lange Zeiträume) ohne jegliche Zuneigung und also auch ohne jeglichen "angenehmen" Körperkontakt (Nähe, Zuwendung, "Streicheleinheiten" - Sex mal auch sowieso an dieser Stelle außen vor lassend) auskommen (können, nicht: wollen - das is ja noch was anderes) - dass es die also geben soll, bezweifle ich dann doch auch sehr.

Man weiß ja, dass Babies und (Klein-) Kinder sich nicht gut entwickeln, wenn sie keinen Körperkontakt, Nähe, Wärme, Zuwendung bekommen, dass Frühgeborene sich durch aber eben solches sehr viel besser entwickeln ..., dass Streicheln Schmerz(en) lindern kann (wie auch Lachen) (sowohl physischen als auch psychischen Schmerz!) usw.

Da wäre dann doch die Frage, woher der Verfasser diese Sicherheit hat? Gibt es dazu "Studien" (lol)?

Selbst im Kloster leben die Leute "gesellig" und auch mit "asexuellem Körperkontakt" ...
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nightnurse

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #59 am: 01 Februar 2012, 22:55:32 »

Ach, was so´n Autist ist, der kommt womöglich ein Leben lang ohne menschliche Gesellschaft aus.
Heute.
Aber in der Steinzeit™ waren die Lebensbedingungen doch ziemlich hart und wenn man niemanden hatte, der einem half, mit einem teilte und einen im Winter warm hielt, dann war man vielleicht ziemlich bald tot und dann trug man eben nichts zum Überleben der Spezies Mensch bei.
Mensch braucht(e) Gesellschaft nicht nur für die Psyche, sondern auch aus ganz handfesten und praktischen, lebenswichtigen Gründen.
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