Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?  (Gelesen 30715 mal)

Simia

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #15 am: 31 Januar 2012, 15:10:05 »

Stimmt, selbst in einem solchen Umfang ist noch Handlungsfähigkeit gegeben. Kommt eben immer drauf an, bei der Schizophrenie z.B., wie es sich konkret äußert (Positiv- oder Negativsymptomatik, ständige Wahnvorstellungen, von einem Stupor in den nächsten etc.). Diese Handlungsfähigkeit will man therapeutischerseits ja auch wieder herstellen.

Apropos Handlungsfähigkeit ... Ich frage mich schon lange, warum nicht jeder, der trotz Stimmenhörens noch einigermaßen beieinander ist, nicht sofort einen Arzt oder Beratungsstelle aufsucht. Das kann ich mir echt nur mit Scham (gegenüber Angehörigen etc.), einem "Ich schaff das schon irgendwie" oder der Angst vor einem endgültigen Weggeschlossenwerden erklären (wobei es sich doch eigentlich schon herumgesprochen haben sollte, dass die Zeiten von o. g. Herrn vorbei sind, wo man noch Lobotomie und Isolationshaft befürchten musste).
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RaoulDuke

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #16 am: 31 Januar 2012, 15:16:15 »


http://www.stern.de/wissen/mensch/partnerwahl-wahnsinn-macht-sexy-550614.html

Hmm, eine andere interessante Veröffentlichung von dem hier angesprochenen Professor Daniel Nettle ist

---

Schizotypy, creativity and mating success in humans

http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/273/1586/611.full.pdf

Abstract

There is an evolutionary puzzle surrounding the persistence of schizophrenia, since it is substantially heritable and associated with sharply reduced fitness. However, some of the personality traits which are predictive of schizophrenia are also associated with artistic creativity. Geoffrey Miller has proposed that artistic creativity functions to attract mates. Here, we investigate the relationship between schizotypal personality traits, creative activity, and mating success in a large sample of British poets, visual artists, and other adults. We show that two components of schizotypy are positively correlated with mating success. For one component, this relationship is mediated by creative activity. Results are discussed in terms of the evolution of human creativity and the genesis of schizophrenia.

---

Eines verstehe ich an der genzen Geschichte nicht.

Leicht einen Querschlag im Denken haben und Kreativität sind positiv korreliert. OK, kann man hinnehmen. Aber warum nur stehen so viele drauf?

Evolutionäre Vorteile von Stärke, Intelligenz, Ausdauer, tollem Aussehen etc. liegen auf der Hand. Aber Kreativität? Das mag zwar die Menschheit insgesamt voranbringen, durch Musik, Kunst, Wissenschaft und wasweissich, aber der einzelne Kreative hat in der Regel wenig davon. So inspirieren beispielsweise die Bilder von van Gogh noch heute Menschen, sein Museum in Amsterdam ist immer gut gefüllt (war auch schon da). Aber Kohle hatte er trotzdem keine und das Ohr war irgendwann auch weg.

Also warum gehört die Welt nicht starken, im normalen Sinne intelligenten und total langweiligen Menschen?

Ich kann selbst keine Antwort geben, obwohl ich auch auf kreative Menschen, auf ungewöhnliche und irgendwie aus der Reihe fallende stehe. Nicht, dass sie nicht gerne auch schön und intelligent sein dürfen! :)

Aber warum nur? Ist das nicht eigentlich total unpraktisch?
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nightnurse

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #17 am: 31 Januar 2012, 15:20:58 »

Scham, Angst und mangelnde Krankheitseinsicht?

Nachem ich nun erstmal den FAZ-Artikel überflogen habe, frage ich mich, ob Mr. Westfahl vielleicht Opfer seiner Science-Fiction-Leidenschaft geworden ist...seinen eigenen Artikel habe ich noch nicht gefunden, aber wie die FAZ schon bemerkt, just another Übermenschentheorie. Die vor allem wrklich zu ignorieren scheint, dass eben nicht alle Aspies ohne Hilfe lebensfähig sind.
Um alleine und autark durch de Wildnis zu schnüren, müsste man erstmal ein gewisses Alter erreichen und dabei fähig sein, gewisse Dinge zu lernen (was man so essen kann und dass man sich Dornen aus dem Fuß ziehen muss, auch wenn sie nicht weh tun, und bei Eis und Schnee nicht lange draußen rumlaufen, auch wenn man nicht friert). Nja, und wenn man nicht gerade in schlaraffiösen Breitengraden lebt, muss man auch noch wissen, dass und wie man Vorräte anlegt, um den Winter zu überleben, denn der autarke einsame Autist hatte es vielleicht mit dem jagen nicht so leicht...

Und zum Thema "Selbstdiagnose"...ich hab auch schonmal nen Asperger-Selbsttest gemacht, 75% aller möglichen Punkte, ich hab das auch, ich kann ex cathedra mitreden \o/ *augenroll* ("freiwilliger Autismus", komm, geh weg).
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RaoulDuke

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #18 am: 31 Januar 2012, 15:28:41 »

Ich frage mich schon lange, warum nicht jeder, der trotz Stimmenhörens noch einigermaßen beieinander ist, nicht sofort einen Arzt oder Beratungsstelle aufsucht.

Ich glaube auch dank Filmen, die immer mal wieder gerne in "Irrenhäusern" spielen, gibt es ein Zerrbild von psychischen Erkrankungen, das schon an Stigmatisierung grenzt.

Nachdem man die einschlägigen Hollywood-Streifen gesehen hat, wer würde es denn da noch zugeben, wenn es in seiner Welt manchmal etwas dissoziativ zugeht? Er muss ja davon ausgehen, dass auch Bekannte, Freunde, Kollegen und so weiter sich an dem orientieren, was sie kennen, und das sind nun mal die sabbernden Leute mit rollenden Augen, die im Fernsehen immer diesen Unsinn anstellen.
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nightnurse

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #19 am: 31 Januar 2012, 15:33:48 »

Davon abgesehen: Krankheitseinsicht ist auch nicht jedes psychisch Kranken Stärke. Manche kommen mit ihren Stimmen auch ganz gut klar.
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Kenaz

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #20 am: 31 Januar 2012, 15:40:44 »

Apropos Handlungsfähigkeit ... Ich frage mich schon lange, warum nicht jeder, der trotz Stimmenhörens noch einigermaßen beieinander ist, nicht sofort einen Arzt oder Beratungsstelle aufsucht.

- Da gibt's zumindestens eine recht simple, wenn auch nicht unmittelbar auf der Hand liegende, mögliche Erklärung. Ein guter Freund von mir hörte jahrelang Stimmen, die waren allerdings keineswegs destruktiv, sondern rundweg "supportiv", will heißen: sie haben ihm Mut zugesprochen und ihn unterstützt, wenn er in Situationen war, in denen er an sich und seinen Fähigkeiten/Möglichkeiten zweifelte, was dazu führte, dass er über die Jahre mit seinen unsichtbaren Unterstützern quasi Freundschaft schloss.  Nach eigenem Bekunden hätte er z.B. sein Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg ohne die "Hilfe" dieser Stimmen nicht geschafft. - Das Ganze kippte erst, als er aufgrund verschiedener privater Umstände in eine tiefe Krise rutschte, in deren Folge die Stimmen auf einen destruktiven Kurs umschwenkten. Da war's dann vorbei mit der friedlichen Allianz und er begab sich in "professionelle" Hände - eine Entscheidung, die sich mit der Zeit als durchaus fragwürdig, oder wenigstens: hinterfragenswert entpuppt hat ... was wahrscheinlich so ziemlich jeder, der mal ein bisschen mehr mit den Mühlen der Psychiatrie zu tun hatte und nicht in einer hermetisch verbauten Setzkastenwelt lebt, bestätigen können wird.

Das kann ich mir echt nur mit Scham (gegenüber Angehörigen etc.), einem "Ich schaff das schon irgendwie" oder der Angst vor einem endgültigen Weggeschlossenwerden erklären (wobei es sich doch eigentlich schon herumgesprochen haben sollte, dass die Zeiten von o. g. Herrn vorbei sind, wo man noch Lobotomie und Isolationshaft befürchten musste).

- Zum ersten Teil s.o.. - Im übrigen ist der Horror, der den Einzelnen noch heute in der Psychiatrie und deren Verwahranstalten erwartet, keineswegs auf "Lobotomie und Isolationshaft" beschränkt. Es badarf schon eines gerüttelt und geschüttelt Maß an Verzweiflung, den Umstand in Kauf zu nehmen, durch die Diagnose "paranoide Schizophrenie" oder Artverwandtem seine geistige und persönliche Integrität und Souveränität praktisch aufzugeben bzw. an andere zu delegieren. Denn bist Du erstmal drin, kommst Du so schnell nicht wieder raus, denn dann bist nicht mehr Du es, der sagen kann "Mir geht's wieder gut", sondern da bedarf es erstmal der "qualifizierten" Meinung "medizinisch geschulten" Personals, ob Du das überhaupt beurteilen kannst.

Diese Aussicht einigermaßen beängstigend zu finden, erscheint mir durchaus nachvollziehbar, und vor diesem Hintergrund kann ich auch die halsstarrige Verweigerung gegenüber psychiatrischer Intervention absolut verstehen.
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Kenaz

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #21 am: 31 Januar 2012, 15:42:08 »

Davon abgesehen: Krankheitseinsicht ist auch nicht jedes psychisch Kranken Stärke. Manche kommen mit ihren Stimmen auch ganz gut klar.

- Eben. Und dann stellt sich die ganz & gar nicht uninteressante Frage: Wer bestimmt eigentlich nach welchen Kriterien, was genau eigentlich "Krankheit" meint?
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RaoulDuke

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #22 am: 31 Januar 2012, 15:50:31 »


[...]

[Psychiatrie]

Denn bist Du erstmal drin, kommst Du so schnell nicht wieder raus, denn dann bist nicht mehr Du es, der sagen kann "Mir geht's wieder gut", sondern da bedarf es erstmal der "qualifizierten" Meinung "medizinisch geschulten" Personals, ob Du das überhaupt beurteilen kannst.

Diese Aussicht einigermaßen beängstigend zu finden, erscheint mir durchaus nachvollziehbar, und vor diesem Hintergrund kann ich auch die halsstarrige Verweigerung gegenüber psychiatrischer Intervention absolut verstehen.

Aber kann man diese Souveränität wirklich aufgeben? Man kann ja nicht durch einen vertraglichen Akt seine Entscheidungsfreiheit an das Einrichtungspersonal übertragen und sich damit selbst entmündigen. Ohne Jurist zu sein - sofern nicht Leib und Leben von Menschen in Gefahr sind, fällt mir die Vorstellung schwer, dass es möglich ist, auf den Satz "Ich gehe jetzt nach Hause" vom Personal die Antwort "Nein Sie bleiben hier" zu hören.

Liege ich da falsch?

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Kenaz

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #23 am: 31 Januar 2012, 16:11:59 »

Aber kann man diese Souveränität wirklich aufgeben? Man kann ja nicht durch einen vertraglichen Akt seine Entscheidungsfreiheit an das Einrichtungspersonal übertragen und sich damit selbst entmündigen. Ohne Jurist zu sein - sofern nicht Leib und Leben von Menschen in Gefahr sind, fällt mir die Vorstellung schwer, dass es möglich ist, auf den Satz "Ich gehe jetzt nach Hause" vom Personal die Antwort "Nein Sie bleiben hier" zu hören.

Liege ich da falsch?

- Ja, da liegst Du falsch. Zumindestens besteht ab einem gewissen Punkt der Entwicklung - und die Schwelle zu diesem Prozess ist bereits in dem Moment erreicht bzw. überschritten, wo Du bspw. vor der psychiatrischen Abteilung des UKE stehst und Einlass begehrst, weil Du mit Deiner kleinen Welt nicht mehr klarkommst - ein nicht zu knappes Risiko, dass Dir die Beurteilung, die Tragweite Deiner Entscheidungen abzusehen, nicht mehr zugetraut wird und deshalb abgenommen werden "muss".

Und selbst, wenn man von diesem "worst case"-Szenario mal absieht, kann es durchaus weitreichende Folgen für Dich als Betroffenen haben, wenn jeder Arzt, der in der Folge mit Deiner Krankenakte zu tun hat, dort den entsprechenden Diagnoseschlüssel erspäht. Du ahnst wirklich nicht, wie sehr das Deine Glaubwürdigkeit erschüttert, selbst wenn Du mit einem ganz anderen Beschwerdebild vorstellig wirst, denn gerade das schulmedizinische Personal hat eine ganz ausgeprägte Disposition dazu, unter den fraglichen Bedingungen jedes noch so organische Leiden mit Deinem Geisteszustand in Verbindung zu bringen ... - Und dass sich das ziemlich unangenehm anfühlt, kannst Du Dir wohl vorstellen.
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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #24 am: 31 Januar 2012, 16:15:02 »

- Ja, da liegst Du falsch. Zumindestens besteht ab einem gewissen Punkt der Entwicklung - und die Schwelle zu diesem Prozess ist bereits in dem Moment erreicht bzw. überschritten, wo Du bspw. vor der psychiatrischen Abteilung des UKE stehst und Einlass begehrst, weil Du mit Deiner kleinen Welt nicht mehr klarkommst - ein nicht zu knappes Risiko, dass Dir die Beurteilung, die Tragweite Deiner Entscheidungen abzusehen, nicht mehr zugetraut wird und deshalb abgenommen werden "muss".
bitte lass mein Vertrauen in die Werthaftigkeit deiner Beiträge nicht ins Bodenlose fallen und sage mir in kurzen, prägnanten Worten (ohne Nebensätze), dass diese Aussage auf einer ironischen Ebene statt fand, die ich einfach nicht gesehen habe.
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Kenaz

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #25 am: 31 Januar 2012, 16:46:21 »

bitte lass mein Vertrauen in die Werthaftigkeit deiner Beiträge nicht ins Bodenlose fallen und sage mir in kurzen, prägnanten Worten (ohne Nebensätze), dass diese Aussage auf einer ironischen Ebene statt fand, die ich einfach nicht gesehen habe.

- Da muss ich Dich enttäuschen: Du siehst keine "ironische Ebene", weil es keine gibt.

Möglicherweise ist Dir allerdings entgangen, dass ich vorsichtig formuliere: Ich wollte nicht behauptet haben, Du gingest das unmittelbare Risiko ein, stante pede weggesperrt zu werden, sobald Du "Hilfe" in einer psychiatrischen Einrichtung suchst. Ich sage lediglich, es ist der erste Schritt über die Schwelle eines Prozesses, der, wenn's dumm läuft, dort enden kann.
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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #26 am: 31 Januar 2012, 17:18:33 »

Vom vorstellig werden in einer psychiatrischen Einrichtung bis zur Entmündigung sind aber doch schon so einige Schritte mehr nötig, als deine Ausführung impliziert. Würde man dieses Zerrbild auf andere Lebensbereiche übertragen, könnte man auch sagen "Mon Cherie ist der erste Schritt zur Leberzirrhose". Der Prozess bis zur Feststellung, jemand sei eine "Gefahr für sich und andere" ist bei weitem nicht so schnell zu durchlaufen, wie du es zu glauben scheinst. In einem Großteil der Fälle sind sogar in der geschlossenen Abteilung einer solchen Einrichtung die Insassen in der Lage, sich gegen den Rat des Arztes selbst zu entlassen. Natürlich nur, sofern sie aus freien Stücken und nicht aus richterlicher Anordnung dort sind. ;)
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messie

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #27 am: 31 Januar 2012, 17:36:43 »

Der Prozess bis zur Feststellung, jemand sei eine "Gefahr für sich und andere" ist bei weitem nicht so schnell zu durchlaufen, wie du es zu glauben scheinst. In einem Großteil der Fälle sind sogar in der geschlossenen Abteilung einer solchen Einrichtung die Insassen in der Lage, sich gegen den Rat des Arztes selbst zu entlassen. Natürlich nur, sofern sie aus freien Stücken und nicht aus richterlicher Anordnung dort sind. ;)

Das mag sein, aber mal ehrlich: Die Angst davor dass es (immer noch) so sein könnte ist für mich nachvollziehbar. Denn wer kennt denn schon psychiatrische Arbeit wirklich? Das, was im Normalverbraucherhirn erstmal klebt sind diverse Horrorgeschichten aus den Medien, wenn mal wieder jemand in der Geschlossenen gelandet ist, dort jahrelang bleibt, bis sich herausstellt, dass da fehldiagnostiziert wurde und er eigentlich völlig "normal" ist. (Anführungsstriche, weil wer ist denn bitte heutzutage noch normal?  ;D )

Klar, dass da die Angst davor erstmal mit den Leuten Schlitten fährt.

Zum Thema: Im Zuge eines Romans, das das Thema multiple Persönlichkeiten aufgreift, habe ich mich im Netz mal ein bisschen schlau gemacht, wie es "in Echt" mit Multiplen so ist (weil ich das im Buch Beschriebene so absolut abgefahren fand dass ich wissen wollte, wieviel davon Wahrheit und wie viel Fiktion dran ist ...) und war sehr überrascht, was für Fähigkeiten diese Personen entwickeln können. Da kann es schon mal passieren dass jemand mehr Hochbegabungen als ein Dutzend Leute zusammen hat - einfach, weil diese eine Person ein Dutzend Personen ist und jede ihr eigenes Steckenpferd zur Perfektion zu bringen in der Lage war.
Menschen dieser Gruppe werden, obwohl landläufig als "psychisch krank" eingestuft, mit Sicherheit sehr wertvoll für eine Gesellschaft sein - schlicht deswegen, weil sie geistige Ressourcen nutzt, an die eine "Einseele" nicht mal so eben heranreicht und extrem anpassungsfähig ist: Kommt die Person mit einer bestimmten Situation nicht zurecht wird dann eben gerne mal eine neue Person "geboren" die damit zurechtkommt.

Obwohl diese Störung einen wirklich tragischen Hintergrund hat den ich niemandem wünsche, kann man evolutionstechnisch gesehen hier so argumentieren, dass aufgrund dieser größeren Anpassungsfähigkeit unter dem Strich genau diese Personen im Zweifel überleben werden im Falle einer weltweiten Katastrophe, die die Menschheit in den Abgrund stürzen möchte.
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Kenaz

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #28 am: 31 Januar 2012, 18:01:56 »

Vom vorstellig werden in einer psychiatrischen Einrichtung bis zur Entmündigung sind aber doch schon so einige Schritte mehr nötig, als deine Ausführung impliziert.

- Ich räume gern ein, dass ich in der eingangs von RaoulDuke gequoteten Passage etwas sehr forsch formuliert habe, ansonsten sehe ich allerdings nicht wirklich, wo ich von einem "Einszweidreiundabdafür"-Prozess gesprochen haben sollte.

Würde man dieses Zerrbild auf andere Lebensbereiche übertragen, könnte man auch sagen "Mon Cherie ist der erste Schritt zur Leberzirrhose".

- Das hinwiederum ist ein verzerrender Vergleich Deinerseits, denn der Zusammenhang zwischen Selbsteinweisung und Straucheln in den Mühlen der Psychiatrie ist ein bei weitem engerer als der zwischen Schokoladenkonsum und Leberzirrhose. Freilich, das lässt sich beliebig ausweiten, und sorgt immer für Lacher - Erkenntnisgewinn ist dadurch kaum gegeben.

Der Prozess bis zur Feststellung, jemand sei eine "Gefahr für sich und andere" ist bei weitem nicht so schnell zu durchlaufen, wie du es zu glauben scheinst.

- Ich beziehe mich hier nicht auf etwas, das ich "glaube", sondern auf Vorgänge, die ich im Freundeskreis hautnah miterleben durfte. Darüberhinaus gilt es zu bedenken, dass wir am von Dir markierten Punkt - nämlich der "Feststellung, jemand sei eine "Gefahr für sich und andere"" - schon mittenmang drin sind im zweifelhaften Vergnügen, diese Feststellung trifft nämlich jemand anderes, ohne dass der Betroffene da noch wesentlichen Einfluss darauf nehmen könnte. - Woher beziehst Du eigentlich Deine überaus optimistischen Überzeugungen hinsichtlich psychiatrischer Praxis, wenn ich en passant mal ebenso höflich wie neugierig fragen darf?

In einem Großteil der Fälle sind sogar in der geschlossenen Abteilung einer solchen Einrichtung die Insassen in der Lage, sich gegen den Rat des Arztes selbst zu entlassen. Natürlich nur, sofern sie aus freien Stücken und nicht aus richterlicher Anordnung dort sind. ;)

- Das widerspricht meiner Ansicht nach dem Wesen der "Geschlossenen Abteilung", welchselbiges sich nicht umsonst ja bereits im Begriff widerspiegelt. Die "Geschlossene", die Du hier postulierst, scheint mir eher ein Paradebeispiel für das sprichwörtliche "hölzerne Eisen" zu sein. Ich lasse mich da gern eines anderen überzeugen, dann  müsstest Du allerdings etwas deutlicher werden und Deine Behauptungen belegen. Vorher würde ich allerdings empfehlen, HIER mal ein bisschen zu schmökern ...
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schwarze Katze

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #29 am: 31 Januar 2012, 18:14:32 »



Und zum Thema "Selbstdiagnose"...ich hab auch schonmal nen Asperger-Selbsttest gemacht, 75% aller möglichen Punkte, ich hab das auch, ich kann ex cathedra mitreden \o/ *augenroll* ("freiwilliger Autismus", komm, geh weg).

"gg"
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