Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?  (Gelesen 32862 mal)

schwarze Katze

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #75 am: 03 Februar 2012, 11:21:27 »

Zur Zeit ist Burn-Out sehr In ;)
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Kallisti

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #76 am: 03 Februar 2012, 12:17:56 »

Irgendwie "kaputt zu sein" war/ist ja in unserer geschätzten "Schwarzen Szene" auch in, mal mehr, mal weniger. Mit vermutlich ähnlichen Beweggründen, wie Raoul Duke sie nennt (Exklusivität, Distinktion). Früher waren's Depressionen, weil die einzigen Informationsquellen die Medien waren. Dann war Borderline "chic". Heute findet sich die gesamte ICD, wie mir scheint (also nicht nur Psyche, auch wenn man natürlich gern äußerst subtil durchschimmern lässt, dass es bestimmt irgendwas Psychosomatisches ist).

Zitat
Es war richtig gruselig, wie irgendwelche 16-jährige ohne irgendwelchen traumatischen Hintergrund krampfhaft versucht, ihren pubertären Stimmungsschwankungen Namen zu geben "Es ist Lissy, die ist 5 und wütend"

 :o


na - da passt das doch ganz gut

Um irgendwie aus der grauer Masse hervorzurangen, muss man schon eine oder andere Störung haben.
Um jeden Fall hatten fast alle berühmte Persönlichkeiten eine psychische Macke

 8)

Was mich auch noch interessieren würde - wie, wonach definiert bzw. diagnostiziert "man"(wer?!) denn in solchen Fällen



Das ist immer so bei psychischen Störungen, innerhalb eines Krankheitsbildes gibt es sehr unterscheidliche Ausprägungen.
Ein Sozialphobiker kann z. B. bei leichte ausprägung nur "schüchtern" auf die Menschen wirken, er wird damit zwar kein Party-Löwe, kann aber in einem Beruf, wo er z. B.  nicht so viel Kunendkontakt hat, grosse Erfolge verbuchen und überhaupt, ein normales Leben führen, mit Familie und Freunden.
Bei jemanden anderen ist Sozialphobie so ausgeprägt, dass er es nicht schafft, einkaufen zu gehen oder telefonieren, ist auf professionelle Unterstutzung in vielen Lebensaspekten angewiesen (z. B. betreutes Wohnen).

Genauso vehielt sich mit Borderline, zwischen leichte Ausprägung von Borderline (unsicherheit, instabile Selbstwert) und sehr schwere Form davon (dissoziationen, massive Selbstverletzungen, Hallutinationen u.s.w) liegen Welten. Leichte Borderliner werden von ihren Umwelt oft nicht als Borderliner wahrgenommen und kommen mithilfe von ambulante Psychotherapie klar, die schwersterkrankte Borderliner sind Stammgäste auf einer Akut-Station, können nur betreut wohnen und verbringen die grosste Teil ihres Leben in irgendwelchen Institutionen.


eine "milde/schwache" Sozialphobie oder Borderlline-Störung etc. ?


Warum muss das dann unbedingt "Borderline" oder "Sozialphobie" sein, genannt, gebrandmarkt werden? - Vielleicht ist es doch "nur" Schüchternheit, Introvertiertheit oder im anderen "Fall": expressiv, impulsiv - und einfach eine Sache des Wesens/Naturells?

Warum gleich wieder ALLES restlos und grundsätzlich pathologisieren?


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schwarze Katze

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #77 am: 03 Februar 2012, 12:40:14 »


na - da passt das doch ganz gut
Um irgendwie aus der grauer Masse hervorzurangen, muss man schon eine oder andere Störung haben.
Um jeden Fall hatten fast alle berühmte Persönlichkeiten eine psychische Macke

 8)

Was mich auch noch interessieren würde - wie, wonach definiert bzw. diagnostiziert "man"(wer?!) denn in solchen Fällen

Nun ja, du wird nicht bestreiten, dass Jannis Joplin, Kurt Cobain, Amy Winehouse und viele andere Musiker tatsächlich einige Störungen hatten und das vieles bei denen auf eine Borderline hinweist. Auch Marylin Monroe und James Dean (der bekanntlich die Zigaretten an eigener Haut ausdrückte) könnten nach jetziger Massstäben als Borderliner gelten
In Welt von Kunst ist Borderline-Störung tatsächlich weit verbreitet, warum weiss ich wirklich nicht

Das ist immer so bei psychischen Störungen, innerhalb eines Krankheitsbildes gibt es sehr unterscheidliche Ausprägungen.
Ein Sozialphobiker kann z. B. bei leichte ausprägung nur "schüchtern" auf die Menschen wirken, er wird damit zwar kein Party-Löwe, kann aber in einem Beruf, wo er z. B.  nicht so viel Kunendkontakt hat, grosse Erfolge verbuchen und überhaupt, ein normales Leben führen, mit Familie und Freunden.
Bei jemanden anderen ist Sozialphobie so ausgeprägt, dass er es nicht schafft, einkaufen zu gehen oder telefonieren, ist auf professionelle Unterstutzung in vielen Lebensaspekten angewiesen (z. B. betreutes Wohnen).

Genauso vehielt sich mit Borderline, zwischen leichte Ausprägung von Borderline (unsicherheit, instabile Selbstwert) und sehr schwere Form davon (dissoziationen, massive Selbstverletzungen, Hallutinationen u.s.w) liegen Welten. Leichte Borderliner werden von ihren Umwelt oft nicht als Borderliner wahrgenommen und kommen mithilfe von ambulante Psychotherapie klar, die schwersterkrankte Borderliner sind Stammgäste auf einer Akut-Station, können nur betreut wohnen und verbringen die grosste Teil ihres Leben in irgendwelchen Institutionen.


eine "milde/schwache" Sozialphobie oder Borderlline-Störung etc. ?


Warum muss das dann unbedingt "Borderline" oder "Sozialphobie" sein, genannt, gebrandmarkt werden? - Vielleicht ist es doch "nur" Schüchternheit, Introvertiertheit oder im anderen "Fall": expressiv, impulsiv - und einfach eine Sache des Wesens/Naturells?

Warum gleich wieder ALLES restlos und grundsätzlich pathologisieren?

Sozialphobie ist ein bißchen mehr als nur Schüchternheit, die Person leidet ja darunter, hat Angst, von einer Gruppe zu reden, vermeidet Referate, sucht sich einen Beruf, wo sie sich zurückziehen kann. Die Lebenqualität ist ziemlich eingeschränkt.

Und leicht impulsiv ist auch was anderes als Borderline: diffuse Ängste, Unsichereheit und damit verbundene Selbsthass und Selbstbestrafung  (sind ja nur die Symptome von "leichter" Borderline) ist etwas, was einem das Leben zu Hölle machen kann.

Wie gesagt, es ist freie Entscheidung von jeden, es behandeln zu lassen (mit damit verbundener Diagnose, leider) oder versuchen, alleine damit klar zu kommen.
Aber oft mundet sowas unbehandelt in Sucht: Sozialphobiker trinken gerne sich den Mut an, Borderliner greifen oft zu allen Substanzen, die ihnen auf illegalem Markt zu Verfügung stehen.

Ich werde jedem Raten es behandeln zu lassen, gerade bei schwacher Ausprägung einer Störung hat man nach einer relativ kurzer Therapie gute Chancen auf eine gesunde suchtfreie Leben.
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nightnurse

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #78 am: 03 Februar 2012, 12:54:16 »

Im Idealfall (!) soll der diagnostizierende Mediziner ja gerade zwischen Schüchternheit und Sozialphobie, zwischen mildem und freiflottierendem Borderline unterscheiden. Dafür, so ist zumindest der Gedanke, hat er studiert.
Die Diagnose soll ja das sein, woran sich die "Behandlung" orientiert. Wer "nur" zu schüchtern ist, braucht andere Hilfe als ein Sozialphobiker (wenn überhaupt welche)(und wenn Sie mal hinsehen, Black Russian schreibt, dass milde Borderliner oft genug auch Hilfe brauchen, nur eben andere als die schweren Fälle).

Ach naja, und "pathologisieren" ist auch so´n Wort...es liegt zwar unbestreitbar im Trend, jeden Herzhüpfer zur Rhythmusstörung und jeden BMI über 27 als Adipositas hochzujubeln usw., um damit Geld verdienen zu können. Das ist natürlich grober Unfug.
Aber ich finde es andererseits gar nicht verkehrt, durch Diagnosestellung beim (sagen wir neutral:) Klienten ein Problembewusstsein zu erzeugen. "Du hast da vielleicht was, behalte das mal im Auge".  Damit es nicht zur Krankheit wird (Typ2-Diabetes ist ein hervorragendes Beispiel, da könnte man noch viel erreichen, wenn man früh genug auf die Gefahr aufmerksam würde).


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Kallisti

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #79 am: 03 Februar 2012, 13:12:50 »

Black Russian und nightnurse


... ja. Sicher. Das stimmt schon. Aber oft isses halt doch so und eben doch "Trend"/Zeitgeist (wie ich finde, es mir erscheint), dass halt doch pathologisiert wird.

Sicher - wenn jemand unter seiner Schüchternheit leidet, kann man sagen: braucht er Hilfe. Andererseits: Wer leidet nicht im Leben immer wieder (!!) unter eigenen Verhaltensweisen, Reaktionen, Schwierigkeiten, Schwächen, Eigenheiten usw. ?!?

Das hatten wir ja weiter vorne schon ("Leidensdruck" - siehe, was RaoulDuke dazu schrieb ...).

Es ist doch oft eine Gratwanderung - es GIBT einfach menschliche "Verhaltensweisen", Eigenarten ... ... ... - und es ist eben die Frage, wer was wann (zu welchen Zeiten, in welchen Kulturen!!) als nur harmlose, zu vernachlässigende "Macke" oder sogar wünschenswerte "Besonderheit" (man spricht heute ja auch bei behinderten Kindern lieber von "besonderen" Kindern, Kindern mit "besonderen" Bedürfnissen ...) definiert und was wann wo aus welchen Gründen (!!!) als "Störung", Krankheit ...!
(Stichworte: Leistungsgesellschaft, Verwertbarkeit, Funktionalität: von Menschen)


Ja, wenn wer anderen deutlich schadet, ist es relativ einfach. Aber davon ab --- wird es doch in vielen Fällen schwierig! Selbst Fachleute gehen heute dazu über, ihre Diagnosen, Definitionen, Kategorisierungen zu überdenken, weil die Übergänge oft fließend sind, weil vieles nicht genau voneinander abgegrenzt werden kann, weil mehreres miteinander einhergeht (Schizophrenie und Depression ...) und weil es auch immer abhängig ist von der jeweiligen Kultur, in der jemand aufgewachsen ist. (Dazu werde ich in Kürze wahrscheinlich noch was in "wann sterben" schreiben - kleiner Hinweis: höhere Suizidrate (auch bei Suizidversuchen) bei Mädchen mit Migrationshintergrund - insbesondere jungen Türkinnen - in unserer Gesellschaft, in Deutschland, im Vergleich zu der gleichaltriger deutscher Mädchen ...)
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Simia

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #80 am: 03 Februar 2012, 20:47:04 »

Stimmt schon, leicht ist das nicht immer festzustellen und Fehldiagnosen sind vorprogrammiert. In zwei Fällen in meinem Umfeld war es dann doch nicht die voreilig draufgestempelte Borderline-Störung, sondern eine schwere Form von ADS bzw. eine "Hypersensible Persönlichkeit". Und irgendwie wirkten diese Diagnosen auch unausgegoren. Es gibt fließende Übergänge und Komorbiditäten, wie Kallisti schon sagt, und es ist sicherlich richtig, dass gesellschaftliche Konventionen immer einfließen und daraus sogar ein Druck entstehen kann, der tatsächlich vorhandene "Störungen" verschlimmern kann. Es müssen aber gemeinsame Nenner gefunden werden und natürlich ist für den, der einen Hammer hat, die ganze Welt schnell ein Nagel. Dann wiederum hat aber ein Bekannter erlebt, dass nach der ersten Medikation der Schrecken der vorigen Monate fast getilgt war. Das System ist nicht perfekt, wie hier ja auch schon gesagt wurde, aber es ist einigermaßen praktikabel (Schaden-Nutzen-Verhältnis) und hat sich einfach durchgesetzt. Und es verändert sich ja auch, in 1 Jahr ist der Status Quo sicherlich wieder ein anderer.

Und die andere Richtung zu Deiner Anmerkung, Kallisti, sozusagen zum Über-Pathologisieren, ist nicht weniger gefährlich – im Gegenteil: Wenn es nämlich heißt "Mir fehlt doch gar nix/Lass mich doch meinen Forsythien beim Streiten zuhören/Ich komm schon klar, mehr als eine Waldhütte, Schusswaffen mit Munition und einen Aluhut brauch ich nicht" bzw. das Totschlagargument von leichten bis schweren Störungen "Ich BIN eben so" (Übersetzung in sehr vielen Fällen: "Ich will mich einfach nicht mit mir beschäftigen und kann und will mir nicht vorstellen, dass es für mich ein anderes Leben gibt"). Hier kommen wir dann schnell wieder zum Selbstbeschiss und dann ist es ganz günstig, wenn es Experten gibt, die tatsächlich einigermaßen ins Schwarze treffen.

Die Grundfrage, die hier durchschimmert, ist wieder: Wo sind die Grenzen der Freiheit des Individuums bzw. was macht diese Freiheit aus und: Wie berechenbar oder einmalig bin ich wirklich (und diese Grundfrage isses ebenso im "Wann sterben"-Thread *räusper*  ::)). Aber das ist eine solche Meta-Ebene, dass man diese Frage glaub ich nur in ihren ganzen Facetten in einzelnen Threads behaken kann und nicht als solche.
« Letzte Änderung: 03 Februar 2012, 20:51:44 von Simia »
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Wenn du feststellst, dass das Pferd das du reitest tot ist, steig ab.

vivere militare est
(Seneca) 8)

Kallisti

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #81 am: 03 Februar 2012, 23:24:53 »

Zitat
Wo sind die Grenzen der Freiheit des Individuums bzw. was macht diese Freiheit aus und: Wie berechenbar oder einmalig bin ich wirklich (und diese Grundfrage isses ebenso im "Wann sterben"-Thread *räusper*  ::)).
(Simia)

Das versteh ich nich. ? (Zusammenhang zwischen Suizid und den Fragen "wie einmalig oder berechenbar bin ich" - oder: falschen Zusammenhang genommen? Das mit der Freiheit is ja klar.)

Zitat
Aber das ist eine solche Meta-Ebene, dass man diese Frage glaub ich nur in ihren ganzen Facetten in einzelnen Threads behaken kann und nicht als solche.
(Simia)

aaaaarrrrghh - grade da wird es doch aber spannend - da hätte ich gerne weitergelesen (was zum Weiterlesen)!  ;)


Zitat
(...) das Totschlagargument von leichten bis schweren Störungen "Ich BIN eben so" (Übersetzung in sehr vielen Fällen: "Ich will mich einfach nicht mit mir beschäftigen und kann und will mir nicht vorstellen, dass es für mich ein anderes Leben gibt"). Hier kommen wir dann schnell wieder zum Selbstbeschiss (...)


Das sehe ich auch so. :)  Aaaaber (<- das muss ja immer kommen, nech) es ist auch problematisch, wenn/dass Leute sich ändern bzw. anpassen sollen bzw. müssen (an bestehende Konventionen, aufgrund von Sozialvertäglichkeit und eben auch Leistungsfähigkeit/"Funktionalität" ...), wenngleich sie selbst jedoch der unverrückbaren Überzeugung sind, sie kämen alleine (...) am besten bzw. viel besser zurecht und brauchten nicht nur nicht andere Menschen (Beziehungen - also freundschaftliche, familiäre auch und erst mal), sondern wollen es auch absolut nicht.

Da muss dann eigentlich tatsächlich doch erst ein Leidensdruck her (damit Therapie überhaupt "erfolgreich" und dem Individuum/dem Betroffenen von Nutzen sein kann).


Was die Pillen angeht ... (du sprachst von "Medikation" bei einem Bekannten ...) - sicher, damit kann man sicher eine Menge bewegen, verändern, klar. Hirnchemie. Wie mit Drogen ja auch. - Aber wie dauerhaft und abzuwägen sind neben Nebenwirkungen auch die weitreichenderen Folgen, Folge"wirkungen", Nachwehen (Schaden-Nutzen-Verhältnis) - ja sorry, Kallisti schläft wieder bisschen - genau das meintest du wahrscheinlich.  ::)


Das hier

Zitat
Komorbiditäten

müsste fast auf die Liste der Unwörter!  :P  Echt mal - was ein ätzender Ausdruck! (Müsste man das nicht eigentlich mit "Co.-" am Anfang schreiben?  ;D )

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schwarze Katze

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #82 am: 03 Februar 2012, 23:32:48 »


Zitat
Komorbiditäten

müsste fast auf die Liste der Unwörter!  :P  Echt mal - was ein ätzender Ausdruck! (Müsste man das nicht eigentlich mit "Co.-" am Anfang schreiben?  ;D )

Du kannst auch Mehrfachdiagnose schreiben, wenn dich das Wort überfordert.
Ist eben ein medizinisches Fachbegriff und wird überall in Fachliteratur benutzt
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Kallisti

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #83 am: 03 Februar 2012, 23:50:34 »

Ja. Es überfordert mich. - Ich sollte mich schleunigst ins Psychose-Zentrum begeben und dort haufenweise bunte Smarties essen.  :)
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Kallisti

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #84 am: 04 Februar 2012, 01:23:19 »

... ok, ich parke es jetzt doch hier (und nicht in "wann sterben")

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/forschungundgesellschaft/1665468/


In dieser Sendung wurde auch thematisiert, dass es bei jungen Türkinnen (also solchen "mit Migrationshintergrund" ...) öfter zu Suizid und Suizidversuchen kommt als bei gleichaltrigen deutschen Mädchen.

Ursache ist der Kulturencrash. Einerseits die "Zuhause" (Familie, Eltern) vermittelten kulturell bzw. religiös fundierten Werte, Verhaltensnormen ..., andererseits die ganz andere hiesige Kultur, die von Gleichaltrigen "ohne Migrationshintergrund" gelebt wird - und das Problem, mit diesem Zwiespalt und auch fehlender Toleranz etc. umzugehen.

Was ich sagen will: Man ist also nicht immer/grundsätzlich (nur selbst) seines Glückes schmied. Es kommt durchaus auf äußere Faktoren, Umstände, Ereignisse ... an! Und wenn der Druck, die Belastung und die Ausweglosigkeit/Perspektivlosigkeit/Zerrissenheit ... zu groß werden, kann das nicht selten in den Suizid münden. 

Dann aber also nicht deshalb, weil diese Menschen für sich selbst (ihr Leben, ihr "Glück") nicht die oder zu wenig Verantwortung getragen hätten, auch nicht, weil sie so furchtbar schwach und labil waren und sich vor dem Leben "drücken" wollten, sondern weil es eben die Umstände sind, die Menschen dazu bringen können und wo es nicht unbedingt und nicht immer wirkliche (überhaupt vorhandene oder auch ausreichend und zeitnah verfügbare) Hilfe(n) gibt.
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nightnurse

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #85 am: 04 Februar 2012, 01:26:34 »

Zitat
(...) das Totschlagargument von leichten bis schweren Störungen "Ich BIN eben so" (Übersetzung in sehr vielen Fällen: "Ich will mich einfach nicht mit mir beschäftigen und kann und will mir nicht vorstellen, dass es für mich ein anderes Leben gibt"). Hier kommen wir dann schnell wieder zum Selbstbeschiss (...)


Das sehe ich auch so. :)  Aaaaber es ist auch problematisch, wenn/dass Leute sich ändern bzw. anpassen sollen bzw. müssen, wenngleich sie selbst jedoch der unverrückbaren Überzeugung sind, sie kämen alleine (...) am besten bzw. viel besser zurecht und brauchten nicht nur nicht andere Menschen (Beziehungen - also freundschaftliche, familiäre auch und erst mal), sondern wollen es auch absolut nicht.

Da muss dann eigentlich tatsächlich doch erst ein Leidensdruck her (damit Therapie überhaupt "erfolgreich" und dem Individuum/dem Betroffenen von Nutzen sein kann).


Eventuell kann ein leicht "gestörte" Individuum ja schon einsehen, dass es Hilfebedarf gibt, ohne dass Leiden vorhanden ist? So rein aus Vernunft?
Andererseits besteht auch die Gefahr, dass man es macht wie Herr Westfahl und beschließt, dass die anderen alle Geisterfahrer sind.
Nun gut, das kann man vielleicht hinnehmen.

Spätestens ab den mittleren bis zu den schweren Störungen darf sich dann die Allgemeinheit die Frage stellen, ob es angemessen ist, diese Leute so lange ihren Überzeugungen zu überlassen, bis sie genug drunter leiden.
Bis der, hm, geistig leicht Eingeschränkte die Körperpflege so sehr vernachlässigt hat, dass er eine olfaktorische, optische und hygienische Zumutung für seine Mitmenschen ist (und trotzdem mit seinem Erscheinungsbild zufrieden ist)? Bis die Magersüchtige umfällt, weil sie nur noch 26 Kilo wiegt (und trotzdem noch überzeugt ist, sie sei zu fett)? Bis der Schizophrene obdachlos, gangränös und brabbelnd unter einer Brücke lebt (und trotzdem nicht weiss, dass er krank ist und immer noch meint, er käme schon klar, irgendwie)?
Oder sollte man vielleicht schon früher eingreifen, einzugreifen versuchen?

Ist halt alles nicht so einfach...auch mit der Einordnung im Spektrum von "leicht" bis "schwer".
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Kallisti

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #86 am: 04 Februar 2012, 01:41:23 »

nightnurse

... Vor allem mit dem Selbstbestimmungsrecht is das schwer (vereinbar) - das frühere Zu-/Ein-/Abgreifen ...


Das mit der Vernunft -- naja, war´n Scherz nehm ich an.  ;D

Der Mensch entwickelt sich nun mal überwiegend durch Leid(erfahrungen). Leider is das bei den meisten Menschen dann doch so. -> So lange es (noch einigermaßen) läuft - warum groß was ändern?!

Ja, die Schmerzgrenze ist bei den Leuten allerdings unterschiedlich (hoch oder niedrig).


Und dann schrieb ich oben ja bereits

Zitat
Ja, wenn wer anderen deutlich schadet, ist es relativ einfach.

Aber doch nicht ganz so einfach - denn: Selbstbestimmung ...

Und vor allem meine ich, sollte man da nicht alle möglichen "Störungen" in einen Pott werfen, sondern unterscheiden.

Magersucht is was anderes als Schizophrenie ... (nur als ein Beispiel).

Schizophren war ich bis jetzt noch nicht, autistisch (bin ich) auch nicht - aber zur Magersucht könnte ich bspw. sagen, dass da "Therapie" auch extrem schädlich sein und es noch viel schlimmer machen kann - und eben oft auch: gar nicht hilft! (Bspw. mir hat auch was ganz anderes geholfen.)
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nightnurse

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #87 am: 04 Februar 2012, 11:55:15 »

Mir ist schon klar, dass es Unterschiede zwischen verschiedenen psychischen Störungen gibt. Deshalb haben sie ja auch ganz verschiedene Namen, nä.  :)
Und natürlich sind sogar Menschen, die an denselben Symptomen leiden, mitunter ganz unterschiedlich.
In Bezug auf die Frage, ob und wann von außen einzugreifen sei, kann man sie aber meiner Meinung nach sehr wohl in einen Pott werfen.
Allerdings sind wir hier wieder an dem Punkt, an dem wir beim "Sterben" schonmal waren: Wie erkennt man, ob das, was ein Mensch gerade für sich selbst bestimmt, noch "gesund" ist oder ob vielleicht die Störung aus ihm spricht (und so weiter, wir hatten das schon)?

Wobei es im Falle, dass jemand "anderen deutlich schadet", wirklich relativ einfach ist, denn da wird ja in unserer Geselllschaft mit Recht die Grenze seiner Selbstbestimmung gezogen (schwierig ist es nur in den Fällen, wo der Schaden der anderen nicht so offensichtlich ist und/oder nicht "eingeklagt" wird oder werden kann, ich denke da grad wieder an eines der von K-Ninchen geposteten Psychopathen-Videos).


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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #88 am: 04 Februar 2012, 12:15:56 »


Eventuell kann ein leicht "gestörte" Individuum ja schon einsehen, dass es Hilfebedarf gibt, ohne dass Leiden vorhanden ist? So rein aus Vernunft?


definitiv.
Das sind diejenige, die zu einem Psychotherapeut gehen.
Diejenige, die es lange genug schleifen lassen, landen später eventuell auf die Geschlossene.

Wenn mir ein Zahn weh tut, warte ich nicht, bis meine Kauleiste verfault - bei psychischer Gesundheit gibt es leider genug Leute, die sich genauso verhalten, sie warten bis das Kind mächtig in die Brünne gelandet ist: Job weg, Freunde weg, eventuell Schulden ohne Ende, Vorstrafen (kommt bei Borderliner z. B. oft vor, wenn sie aus dem Gefühl der Leere Diebstähle begehen), eventuell auch Obdachlösigkeit.

Gerade bei Jugendlichen entscheidet frühere Behandlung oft über den ganzen Schullaufbahn: Mittlere Reife oder Abgangszeugnis? Ausbildung oder unzählige Beschäftigungsmassnahmen?


In dieser Sendung wurde auch thematisiert, dass es bei jungen Türkinnen (also solchen "mit Migrationshintergrund" ...) öfter zu Suizid und Suizidversuchen kommt als bei gleichaltrigen deutschen Mädchen.

Nicht nur bei den gleichaltrigen deutschen, sondern auch bei gleichaltrigen polnischen, russischen, spanischen oder italienischen Mädchen

Ursache ist der Kulturencrash.

Nein, den Kulturencrash haben auch jungen Polinnen und Russinen. Ursache ist die Unterdrückung durch die männliche Familienmitglieder
Unter den Umständen, unter welchen die junge Türkinnen teilweise leben müssen, hätte ich mir eventuell auch das Leben genommen.


« Letzte Änderung: 04 Februar 2012, 12:39:39 von Black Russian »
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Kallisti

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Re: Menschlicher Fortschritt durch psychisch Kranke ?
« Antwort #89 am: 04 Februar 2012, 14:02:41 »

(...)

Ursache ist der Kulturencrash.

Nein, den Kulturencrash haben auch jungen Polinnen und Russinen. Ursache ist die Unterdrückung durch die männliche Familienmitglieder
Unter den Umständen, unter welchen die junge Türkinnen teilweise leben müssen, hätte ich mir eventuell auch das Leben genommen.

Naja, das (Unterdrückung ...) subsumierte ich unter "Kulturencrash" - es hat ja mit deren Kultur, also auch Religion und vor allem Tradition zu tun ...  ::)   :-\
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