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Autor Thema: Kollektivschuld  (Gelesen 6216 mal)

Simplicissimus1668

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Kollektivschuld
« am: 09 August 2007, 02:29:52 »

Also ich hab jetzt mal den neuen Thread eroeffnet, der sich im Holocaustthread schon angebahnt hat.

Zitat
Man stelle sich vor, zwei Leute gehen im Wald spazieren. Kennen sich nicht, wissen nicht, dass der andere jeweils auch spazieren geht und können sich folglich auch nicht abgesprochen haben. Zur gleichen Zeit verunglückt dort ein Waldarbeiter und liegt eingeklemmt unter einem Baumstamm, der nur mit Hilfe zweier weiterer Leute bewegt werden kann. Jeder der beiden Spaziergänger hört den verunglückten Waldarbeiter, aber keiner der beiden reagiert auf die Hilferufe woraufhin der Waldarbeiter eingeklemmt bleibt und verstirbt.

Wer trägt die Schuld?

Und um das Beispiel mal noch zu erweitern, soll auch noch gelten, dass Hilfe holen zu lange dauern wuerde. Denn dadurch koennte ja wieder ein einzelner indirekt alleine etwas machen.

Ich finde die Sache liegt da wirklich nicht so einfach. Denn nur wenn beide gleichzeitig vor Ort sind koennen sie helfen, Verpassen sie sich um ein paar Minuten, vielleicht weil einer von beiden zoegert oder einen laengeren Weg hat oder den Verunglueckten nicht gleich findet, dann verstirbt der Waldarbeiter, obwohl beide zur Rettung geeilt sind. Und wenn einer von beiden zur Hilfe gekommen waere, aber der andere nicht, dann waere der Waldarbeiter ebenfalls verstorben. Was macht es also fuer einen Unterschied, ob einer von beiden sich auf den Weg macht oder nicht auf den Weg macht. Einer alleine ist niemals ursaechlich fuer den Tod des Waldarbeiters verantwortlich, weil er auf die Entscheidung des anderen keinerlei Einfluss hat.
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colourize

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #1 am: 09 August 2007, 09:33:45 »


(...) Was macht es also fuer einen Unterschied, ob einer von beiden sich auf den Weg macht oder nicht auf den Weg macht. Einer alleine ist niemals ursaechlich fuer den Tod des Waldarbeiters verantwortlich, weil er auf die Entscheidung des anderen keinerlei Einfluss hat.
...was für eine unzumutbare Mühe, sich dorthin auf den Weg zu machen!
Das logischste für beide ist, mit den Schultern zu zucken, "who cares" zu denken (oder etwas vergleichbares, wie etwa "es gibt doch genügend Waldarbeiter auf der Welt"), und nicht den mühseeligen, weiten Weg in Angriff zu nehmen und den Kerl da unter dem Baum einfach elendig verrecken zu lassen.
Der Gedanke daran, dass noch ein weiterer potentieller Helfer die Schreie des Waldarbeiters gehört haben könnte, ist ja auch total absurd. Natürlich denkt Jeder nur an sich selbst, und hält es für gänzlich unmöglich, dass noch ein weiterer Mensch zu Hilfe eilen könnte, mit dem die Rettung dann gemeinsam gelingen könnte.

Genug polemisiert... natürlich handelt es sich ohne jede Frage um eine *individuelle* Schuld, die jeder der Beiden für sich trägt, wenn man nicht hingeht und hilft. Das ist unterlassene Hilfeleistung. Scheissegal ob man alleine ausreichend helfen kann oder nicht! Nicht hinzugehen, vorgeblich weil man ja "eh alleine nix tun kann", und dabei nicht an die Möglichkeit zu denken dass auch Andere zu Hilfe eilen, ist derart ignorant, selbstgerecht und egoman, dass ich mich weigere diese Entscheidungsmöglichkeit irgendwie auch nur im entferntesten als legitime Handlungsoption gelten zu lassen.
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Jinx

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #2 am: 09 August 2007, 09:53:22 »

Sorry, ich sehe da keine Kollektivschuld, wenn zwei Spaziergänger unabhängig und ohne voneinander zu wissen, in einem Wald spazieren gehen. Das ist kein Kollektiv, auch bei extensivster Auslegung des Wortes nicht.
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Das Leben sollte keine Reise mit dem Ziel sein, attraktiv und mit einem guterhaltenen Körper unter die Erde zu kommen. Wir sollten lieber seitlich hineinrutschen, Schokolade in einer Hand, Absinth in der anderen, unser Körper total verbraucht und dabei schreiend "Wow, was für eine Fahrt!"
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Re: Kollektivschuld
« Antwort #3 am: 09 August 2007, 12:52:04 »

Kollektivschuld ist sehr einfach gedacht. Denn Menschen handeln eigentlich nicht als Kollektiv, außerdem wer gehört dazu?
Ich bin von der Nationalität her Deutscher. Mit dem Mainstream, egal in welchem Land hab ich nicht viel am Hut. Mich nervt die Regierung und viele Deutsche sind peinliche Urlauber in anderen ländern. Ist das jetzt meine Kollektivschuld, wenn sich welche schlecht am Ballermann benehmen, weil ich zum Kollektiv "Deutsch" gehörte. Gehöre ich überhaput dazu? Und falls ja ist es meine Schuld, wenn ich nichts dagegen unternehme was die anderen machen?
Hm, da tun sich Fragen über Fragen bei mir auf und sie scheinen eher dahin zu tendieren, dass Kollektivschuld ein unsinniges Wort ist.

messie

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #4 am: 09 August 2007, 12:55:22 »

Soll ein Gleichnis fürs Dritte Reich sein, oder was  ???

Ich finde das Gefangenendilemma da passender:
Zwei werden geschnappt. Beide wissen, wenn der andere nix sagt, können sie einem nichts nachweisen und beide kommen frei.
Sagt der andere aber was und man selbst nichts, bekommt man die doppelte Strafe. Sagt man nur selbst etwas und der andere nicht, nur die halbe, sagen beide etwas, gibt's für beide die ganze Strafe.
Was wird man tun? Zusammenhalten und beide halten die Klappe? -> Das hängt davon ab, wie sehr man dem anderen (ver-)traut.

Im Bezug auf eine Menge Menschen ist es dann dasselbe: Wenn alle mitmachen weiß man, dass der Staat schlecht Repressalien gegen alle verfügen kann, man ist also -wenn alle mitmachen- relativ sicher. (Das entspräche dem Schweigen im Gefangenendilemma)
Aber weiß man es? Was, wenn man selbst aufsteht und die anderen lieber die Klappe halten? Dann hat man die doppelte Arschkarte und ggf. sein Leben verloren. Vertraut er den anderen nicht, dann wird er selbst auch still bleiben (entspräche dem Reden im Gefangenendilemma).

Eine Kollektivschuld sehe ich, wenn alle deswegen die Klappe halten, nicht. Es wäre eine, wenn alle wüssten dass die anderen alle mitziehen, man aber trotzdem die Füße stillhält. Wissen sie es aber nicht, ist es eine Kollektivfeigheit, aber keine konkrete Schuld.
Meine Meinung.
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olli

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #5 am: 09 August 2007, 12:59:03 »

Zitat
Man stelle sich vor, zwei Leute gehen im Wald spazieren. Kennen sich nicht, wissen nicht, dass der andere jeweils auch spazieren geht und können sich folglich auch nicht abgesprochen haben. Zur gleichen Zeit verunglückt dort ein Waldarbeiter und liegt eingeklemmt unter einem Baumstamm, der nur mit Hilfe zweier weiterer Leute bewegt werden kann. Jeder der beiden Spaziergänger hört den verunglückten Waldarbeiter, aber keiner der beiden reagiert auf die Hilferufe woraufhin der Waldarbeiter eingeklemmt bleibt und verstirbt.

Wer trägt die Schuld?
beide.
was habe ich gewonnen?
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Eisbär

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #6 am: 10 August 2007, 01:53:38 »

Zitat
Man stelle sich vor, zwei Leute gehen im Wald spazieren. Kennen sich nicht, wissen nicht, dass der andere jeweils auch spazieren geht und können sich folglich auch nicht abgesprochen haben. Zur gleichen Zeit verunglückt dort ein Waldarbeiter und liegt eingeklemmt unter einem Baumstamm, der nur mit Hilfe zweier weiterer Leute bewegt werden kann. Jeder der beiden Spaziergänger hört den verunglückten Waldarbeiter, aber keiner der beiden reagiert auf die Hilferufe woraufhin der Waldarbeiter eingeklemmt bleibt und verstirbt.

Wer trägt die Schuld?
beide.
Seh ich auch so. Wenn ich nicht mal hingehe, stell ich auch nicht fest, daß ich alleine nichts tun kann. Jeder, der bei sowas weghört, gehört in den Bau, egal, ob er alleine etwas ausrichten hätte können.
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Simplicissimus1668

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #7 am: 10 August 2007, 02:36:49 »

Gefangenen Dilemma ist auch eine passende Sache, aber das Beispiel mit dem Waldarbeiter wird eben bei der juristischen Diskussion immer wieder heran gezogen, weil es KEINE unterlassene Hilfeleistung ist (juristisch), obwohl die moralische Intuition sagt, dass es doch eine ist (konnte man ja hier sehr gut sehen.)

Keiner der beiden alleine hat durch das sehr egoistische Unterlassen den Tod des Waldarbeiters verschuldet, weil es Faktoren gibt, auf die er keinen Einfluss hatte. Auch die Tatsache, dass es nicht wissen konnte, dass der Baumstamm nur von zwei Leuten bewegt werden konnte aendert nix daran, dass einer allein nicht ursaechlich den Tod verschuldet hat und somit juristisch nicht schuld ist.

Unterm Strich ne faule Sau, die auf jeden Fall ein schlechtes Gewissen haben sollte, aber nicht juristisch zu fassen.

Ist mir auch nicht so wichtig, das genaue Beispiel. Man kann bestimmt auch noch bessere konstruieren. Ich denke aber es ist tatsaechlich nicht so eindeutig, wie es manche gerne haetten und zeigt, deshalb dass eine Schuldzurechnung an Individuen bei Kollektiven (Gruppen von Leuten, voellig unideologisch verwendet) keine einfache Sache ist.

Um das ganze mal wieder auf die von uns allen geliebte Zeit zwischen '33 und'45 zu beziehen: Es ist unglaublich einfach manche Taeter zu bestimmen. Da gibt es SS-Leute, die bei abholungen von Juden beteilligt waren und normale Buerger, die den Nachbarn verpfiffen haben, der einen Juden versteckt hat. In all diesen Faellen haben die Leute durch ihr aktives Tun Schuld auf sich geladen. Schwieriger wird es dann schon bei den Leuten, die nicht aktiv an irgendwelchen Untaten beteiligt waren. Da denke ich kann man den Hitlerwaehlern noch einen Vorwurf machen, weil er alles in "Mein Kampf" schon schoen beschrieben hatte und auch wer es nicht gelesen hat, haette es lesen koennen. Aber was ist mit den Nichtwaehlern? Trifft die eine Schuld weil sie ja irgendwas nur nicht NSDAP haetten waehlen koennen? Was ist mit denen die SPD (hiess die damals schon so?) gewaehlt haben? Haetten die nach der Machtergreifung kollektiv zu den Waffen greifen muessen?

P.S.: Hab gerade nochmal nachgelesen. Normalerweise wird das Waldarbeiterbeispiel mit Herrn Evil und Herrn Good gespielt. Herr Evil hilft grundsaetzlich nicht, waehrend Herr Good normalerweise sehr hilfsbereit ist, aber in diesem einen Fall aus irgendeinem nichtigen Grund vorbei geht. Die Frage der Schuld wird dann in Bezug auf Herrn Good gestellt, dessen Vorbeigehen nach unterlassener Hilfeleistung aussieht aber keine ist, weil egal wie er sich entschieden haette er nix haette ausrichten koennen, weil Herr Evil nicht gekommen waere.
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Rumburak

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #8 am: 10 August 2007, 11:22:33 »

Für mich ist und bleibt es unterlassene Hilfeleistung, da zwar keiner der beiden etwas an dem Versterben selbst hätte ändern können (unter den Rahmenbedingungen, daß Hilfe zu spät käme), aber der Sterbende zumindest nicht alleine dhinsiechen hätte müssen. Einfach da sein kann auch eine Form von Hilfeleistung sein. Es ändern nichts am Ende, aber der Weg dorhin ändert sich gewaltig.

Wie alt ist dieses juristische Beispiel denn? Vielleicht ist es durch moderne Rechtsprechung oder Gesetzgebung schon überholt? Wäre mal interessant, zu wissen.
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Lakastazar

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #9 am: 10 August 2007, 16:31:44 »

Nicht zu vergessen, dass während der NS-Zeit der Informationsfluß gefiltert gewesen ist, die Leute unter Angst standen, wenn sie nicht gerade durch Propaganda verblendet wurden und jeder damals auch noch mit seinem eigenen Scheiß beschäftigt gewesen ist = nämlich überleben!

Allein der Begriff Kollektivschuld ist in meinen Augen ein Unwort!
Auch das "Mein Kampf" alles in Schrift vorwegnahm, ist keine Belastung für Wähler!

Nicht jeder konnte mal eben an das Buch ran, und viele haben es bestimmt nicht vollständig gelesen... (selbst wenn sie ein Exemplar hatten). Damals gab es kein Wiki!
zudem sollte man nicht vergessen, dass der Mr. H nicht von allen ernst genommen worden ist, bevor er an die Macht kam, wo er mächtig auf die Kacke hauen konnte.

Auch die Widersprüchlichkeit von verbreiteten Informationen, Lügen wie Fakten, sind immer irgendwie verfärbt gewesen. Es war eine politisierte, aber politisch eher schlecht als recht aufgeklärte Zeit!

Andere Frage: Warum töten wir heute keine Neo-Nazis? Das sind doch bestimmt alles die Kriegsverbrecher von Morgen!!
Wir werden ALLE daran Schuld haben, dass sie an die Macht kommen, weil wir sie vorher alle nicht getötet haben, als wir es noch konnten!!
Denn wir können uns ja nichts vortäuschen, als wüssten wir nichts über diese Drecksbanden und deren Machenschaften!
Ich hoffe an meinem letzten Absatz kann man lesen, was ich meine!

Hinterher kann man immer leicht Schuldzuweisungen machen, denn hinterher ist man schließlich klüger!
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colourize

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #10 am: 10 August 2007, 17:33:48 »

Gefangenen Dilemma ist auch eine passende Sache, aber das Beispiel mit dem Waldarbeiter wird eben bei der juristischen Diskussion immer wieder heran gezogen, weil es KEINE unterlassene Hilfeleistung ist (juristisch), obwohl die moralische Intuition sagt, dass es doch eine ist (konnte man ja hier sehr gut sehen.)
Furchtbar. Bist Du etwa Jurist?

Rechtsprechung fällt nicht vom Himmel. Gesetze werden von Menschen gemacht. Wenn es tatsächlich so sein sollte wie Du sagst, dann ist die Rechtsprechung eben falsch. Dieses Jurazeugs ist keineswegs heilig und muss verändert werden, wenn hier eine von allen gefühlte Schieflage besteht.

Rechtsnormen sollten mit gesellschaftlichen Normen übereinstimmen. Sonst sind die Gesetze wertlos. Gesetze dienen den Menschen - und nicht umgekehrt!


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Rumburak

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #11 am: 10 August 2007, 18:25:22 »

Hinterher kann man immer leicht Schuldzuweisungen machen, denn hinterher ist man schließlich klüger!
Das entspricht einem sehr klugen Satz, den ich mal gehört habe:
"Am schlausten sind immer die Leute die hinter immer schon alles vorher gewusst haben."

@colourize: Genau meine Meinung.
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Simplicissimus1668

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #12 am: 11 August 2007, 03:04:55 »

Zitat
Furchtbar. Bist Du etwa Jurist?

Rechtsprechung fällt nicht vom Himmel. Gesetze werden von Menschen gemacht. Wenn es tatsächlich so sein sollte wie Du sagst, dann ist die Rechtsprechung eben falsch. Dieses Jurazeugs ist keineswegs heilig und muss verändert werden, wenn hier eine von allen gefühlte Schieflage besteht.

Rechtsnormen sollten mit gesellschaftlichen Normen übereinstimmen. Sonst sind die Gesetze wertlos. Gesetze dienen den Menschen - und nicht umgekehrt!

Ne, kein Jurist. Eines meiner Fachgebiete ist politische Philosophie, die genau das versucht, was du in deinem letzten Absatz angesprochen hast.

Ich hatte leider das Beispiel erst in einer nicht ganz so guten Version gepostet, aber ich denken, wenn man sich die Variante mit Mr Evil und Mr Good anschaut, dann kann man schon sehen, warum das ganze nicht so einfach ist, wie viele das offensichtlich sehen möchten. Denn wenn Mr Evil nicht hilft, dann kann Mr Good tun was er will und es wird sich nix ändern. Wieso sollte seine Schuld am Tod des Waldarbeiters also davon abhängen, ob er diesem händchen gehalten hat, während er verstarb? (Was natürlich eine Form der Hilfeleistung darstellt, aber tot ist er jetzt trotzdem.)

Zitat
Allein der Begriff Kollektivschuld ist in meinen Augen ein Unwort!
Auch das "Mein Kampf" alles in Schrift vorwegnahm, ist keine Belastung für Wähler!

Nicht jeder konnte mal eben an das Buch ran, und viele haben es bestimmt nicht vollständig gelesen... (selbst wenn sie ein Exemplar hatten). Damals gab es kein Wiki!
zudem sollte man nicht vergessen, dass der Mr. H nicht von allen ernst genommen worden ist, bevor er an die Macht kam, wo er mächtig auf die Kacke hauen konnte.

Man hat ihn nicht ernst genommen, aber in MK steht schon alles drin, was man hätte wissen müssen und das Buch war frei und leicht zugänglich. Und in diesem Fall ist man als Wähler schon in der Pflicht. Würde die CDU in ihr neues Wahlprogramm aufnehmen, dass sie im Zuge einer "zurück zu Familie"-Politik alle Schwulen und Lesben auf dem Scheiterhaufen sehen wollen, wäre in meinen Augen jeder CDU Wähler für die brennenden Scheiterhaufen mitverantwortlich. Anders sieht es aus, wenn eine Partei ihre Ziele verschleiert, aber das hat die NSDAP ja nicht.

Zitat
Andere Frage: Warum töten wir heute keine Neo-Nazis? Das sind doch bestimmt alles die Kriegsverbrecher von Morgen!!
Wir werden ALLE daran Schuld haben, dass sie an die Macht kommen, weil wir sie vorher alle nicht getötet haben, als wir es noch konnten!!
Denn wir können uns ja nichts vortäuschen, als wüssten wir nichts über diese Drecksbanden und deren Machenschaften!
Ich hoffe an meinem letzten Absatz kann man lesen, was ich meine!

Da kann ich dir nur zu einem weiteren Strohmann in deiner Sammlung gratulieren, weil von töten ja nie die Rede war. Man kann auch durch andere Dinge ein System bekämpfen und in allem was hier geäußert wurde ging es ja eigentlich nur um die Schuld derjenigen, die ihn gewählt haben und nicht darum sie alle wegzupusten, damit sie ihr Kreuzchen nicht setzen können.
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Re: Kollektivschuld
« Antwort #13 am: 11 August 2007, 15:58:30 »

Wenn einer zum Waldarbeiter rennt und feststellt, er kann alleine nicht helfen, können sie immer noch zuzweit rufen, so daß der zweite evt. es sich anders überlegt.

Wenn irgendjemand um Hilfe ruft und man das ignoriert, ist das immer eine Sauerei. Das man nicht helfen kann, kann man nur feststellen, wenn man's versucht.
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Thomas

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Re: Kollektivschuld
« Antwort #14 am: 12 August 2007, 17:47:04 »

Zitat von: Simplicissimus1668
Ich hatte leider das Beispiel erst in einer nicht ganz so guten Version gepostet, aber ich denken, wenn man sich die Variante mit Mr Evil und Mr Good anschaut, dann kann man schon sehen, warum das ganze nicht so einfach ist, wie viele das offensichtlich sehen möchten. Denn wenn Mr Evil nicht hilft, dann kann Mr Good tun was er will und es wird sich nix ändern. Wieso sollte seine Schuld am Tod des Waldarbeiters also davon abhängen, ob er diesem händchen gehalten hat, während er verstarb? (Was natürlich eine Form der Hilfeleistung darstellt, aber tot ist er jetzt trotzdem.)
Der springende Punkt daran ist, das Mr.Good sich nicht mal bemüht hat, überhaupt nachzusehen was los ist.Unterlassene Hilfeleistung ist unterlassene Hilfeleistung, egal ob das Opfer sich schon kurz vor dem Exitus befand oder nicht.

Mir wäre neu, das der Tatbestand "Unterlassene Hilfeleistung" davon abhängt, ob das Opfer überhaupt hätte überleben können oder nicht.

Zitat
Man hat ihn nicht ernst genommen, aber in MK steht schon alles drin, was man hätte wissen müssen und das Buch war frei und leicht zugänglich. Und in diesem Fall ist man als Wähler schon in der Pflicht.
Wie gesagt, das ist mir zu einfach.In dem anderen Thread wurden schon div. Gründe erwähnt, warum man sich, gerade damals, das nicht so genau angeguckt hat.Kollektivschuldzuschieberei mit der Begründung "Es hätten ja alle alles wissen könne, in meinem Kampf stand ja alles drin" halte ich für deutlich zu kurz gegriffen.

Im übrigen glaube ich, auch ohne "Mein Kampf" großartig gelesen zu haben, trotzdem nicht, das da irgendwo deutlich stand "Wir treiben dann alle Minderheiten zusammen und vergasen diese oder lassen sie bei harter Arbeit verrecken."

Zitat von: Simplicissimus1668
Würde die CDU in ihr neues Wahlprogramm aufnehmen, dass sie im Zuge einer "zurück zu Familie"-Politik alle Schwulen und Lesben auf dem Scheiterhaufen sehen wollen, wäre in meinen Augen jeder CDU Wähler für die brennenden Scheiterhaufen mitverantwortlich.
Hinge davon ab, wie deutlich man als Normalersterblicher (damit meine ich Leute, die nicht den ganzen Tag Zeit&Lust haben, 10.000 Seiten Wahl- und Grundsatzprogramme einer Partei, die sie evtl. wählen möchten zu studieren) davon Kenntnis erlagen kann.Steht diese Forderung groß auf jedem Plakat, gleichauf mit den anderen Hauptsächlichen Programmpunkten, weswegen man so ein Partei wählt (oder eben auch nicht) oder steht das mit den Schwulen&Lesben kleingedruckt auf Seite 237 des aktuellen Parteiprogramms, das sowieso keiner liest ?

Ich halte es sowieso für illusiorisch, von allen Wählern zu erwarten, sich mit sämtlichen Parteigrundsatzprogrammen und Details auseinanderzusetzen.Für die meisten gibt es ein paar Schlagpunkte und vertretene Ansichten zu bestimmten Themen, und danach wird entschieden, wer gewählt wird (So eine Art Wahl-o-Mat-Prinzip).
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