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Autor Thema: Der Papst ist tod  (Gelesen 26936 mal)

Kallisti

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Der Papst ist tod
« Antwort #180 am: 11 April 2005, 16:53:42 »

Hat (religiöse) Moralbegründung mit dem Papst wirklich gar nichts mehr zu tun??

Sorry was eventuelle "Fachtermini" angeht, aber: man wirft mir sonst wieder vor, ich sei als Philosophiestudierende fehl am Platze - und: naja, "Magistra" bin ich zwar noch lange nich, aber bisschen was hab ich dann schon gelernt, denk ich...  :roll:


So, jez kannste den "mitm Kopf auf´n Tisch hau"- Smiley noch ma posten, colour - oder besser noch einen, der mit´m Kopf gegen die Wand donnert ;)  - hab ich doch richtig interpretiert (lol), ne?!   :lol:
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Kenaz

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Der Papst ist tod
« Antwort #181 am: 12 April 2005, 08:48:50 »

Zitat von: "Kallisti"
.. ach so? Jetzt, wo´s eng wird, hast du keinen Bock mehr?

- Wo wird's denn bitte "eng"?! Mir wird's ganz einfach zu mühselig, weil ich mit Dir keine halbwegs vernünftige, stringente Diskussion zustande bekomme und die Bilanz einer Kosten/Nutzen-Rechnung hinsichtlich solcher Mühen eher negativ ausfällt. Sobald DU mit dem Thema Religion anfängst, stellen sich MIR sämtliche Nackenhaare, weil Du - wenigstens in meinen intoleranten, überheblichen, ja: selbstherrlichen Augen - in dieser Hinsicht eine geradezu erschreckende Ignoranz an den Tag legst; Sätze wie dieser hier: ...

Zitat von: "Kallisti"
Und selbst die Strenggläubigen sollten doch daran interessiert sein, dass das, woran sie glauben, die Vernunft nicht völlig ignoriert...!?

... zeigen mir, daß bei Dir ein Verständnis der elementaren Grundlagen des Religiösen schlichtweg nicht vorhanden oder - um's etwas handzahmer zu formulieren - vom meinigen wenigstens bis zur Unkenntlichkeit verschieden ist.

Denn: Nein. Nein, nein, nein! Neinneinnein und nochmals nein! Daran sollten die "Strenggläubigen" gerade nicht interessiert sein, denn Religion bzw. ihr Gegenstand - das Heilige - und Vernunft bzw. das Rationale schließen sich einander grundlegend aus, dazu muß man sich nur mal die Schriften all jener durchlesen (und es sind nicht wenige im Laufe der Jahrtausende und im Defilée der Kulturen gewesen), die das gemacht haben, was man landläufig als "Gotteserfahrung" zu bezeichnen beliebt. - Und ich spitze es sogar noch zu: Ein "rationaler" Gott bzw. ein solcher, der rational faßbar ist, ist ein Abgott, ein Götze, ein Popanz, ein Pups, ein schlechter Witz und sonst nix. Der Glaube, meine liebe Kallisti, fußt im Paradox und ist in letzter Konsequenz essentiell irrational.

(Ich empfehle in diesem Kontext abermals die Lektüre von Kierkegaard, des Buches Hiob, aber auch des Tao Te King, des Tibetischen Totenbuchs, der Upanishaden, der Bhagavad-Gita, der Schriften Buddhas, Plotins und Meister Eckharts, kabbalistischer Traktate oder aber - um nicht ganz so sehr in Urzeiten zu schwelgen - schlicht und einfach eins der Grundlagenwerke zum Thema, nämlich "Das Heilige" von Rudolf Otto.)

Zu diesem Umstand kann man sich nur in zwei Weisen positionieren: entweder man akzeptiert ihn oder man läßt es bleiben, dazwischen gibt es keine Vermittlung. - Und weil das so ist, bedürfen religiöse Gebote gerade keiner rationalen Legitimation. Sie finden ihre Legitimation im Glauben selbst.

Und im übrigen: Ich wenigstens bin weit davon entfernt, jemandem die Eignung zum philosophischen Denken abzusprechen, bloß weil er sich nicht in hinreichender Weise der Fachterminologie bediente ... :roll:
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olli

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Der Papst ist tod
« Antwort #182 am: 12 April 2005, 11:12:48 »

ja wie, der papst ist tot?
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colourize

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Der Papst ist tod
« Antwort #183 am: 12 April 2005, 11:50:02 »

Zitat von: "olli"
ja wie, der papst ist tot?

Nein.
Ehr isst Tod.
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colourize

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Der Papst ist tod
« Antwort #184 am: 12 April 2005, 11:59:07 »

Zitat von: "Kenaz"
(...)
Zu diesem Umstand kann man sich nur in zwei Weisen positionieren: entweder man akzeptiert ihn oder man läßt es bleiben, dazwischen gibt es keine Vermittlung. - Und weil das so ist, bedürfen religiöse Gebote gerade keiner rationalen Legitimation. Sie finden ihre Legitimation im Glauben selbst.

Ich verstehe ja, was Du sagen willst..
Aber sprichst Du damit nicht implizit der Scholastik (zumindest in der Ausprägung von Albertus Magnus und Thomas von Aquin) ihre Positionierung in der Geschichte der Philosophie ab?
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Kallisti

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Der Papst ist tod
« Antwort #185 am: 12 April 2005, 12:51:02 »

@Kenaz


jajaja, die uralte Geschichte von der Vernunft vs. Glauben ist auch mir schon mal irgendwann (gg) zu Ohren gekommen...
Aber machst du es dir da nicht doch ein bisschen sehr leicht!? Denn eben: (worauf wohl auch colourize anspielt:) was ist mit den (ontologischen ->siehe Anselm von Canterbury und teleologischen sowie kosmologischen) "Gottesbeweisen"?!??? Gerade damit versuchte man doch (in der Scholastik) den Glauben auch "philosophisch zu rechtfertigen"!


Aber gewiss: es ist in der Tat nichts Neues, dass mir "Spiritualität" doch (noch??) so ziemlich abgeht, und dass wir uns in dieser Hinsicht definitiv unterscheiden!

Dennoch halte ich es keinesfalls für so abwegig (wie du es darstellst), auch innerhalb von Religiönen nach "Vernunft" zu suchen bzw., dass diese auch in (verschiedenen) Religionen durchaus eine Rolle spielt - und wenn´s nur die ist, dass sie dazu dient, eine Religion als in sich konsistent und kohärent zu präsentieren oder auch zu "konstruieren"...!!

Es geht nicht völlig ohne Vernunft und Verstand - auch beim Glauben nicht, weil letztlich auch immer Sprache zu Grunde liegt (dem Denken, dem Beten oder was auch immer...) und Sprache funktioniert nicht wirklich ohne "Verstand" bzw. Vernunft, Regeln...
Der Mensch ist doch nun mal (eigentlich - lol) ein "vernunftbegabtes" Wesen (->Kant, hihi)...!!


Und wenn ich mich also an einer Stelle der Möglichkeiten, Leistungen, Früchte des Verstandes bediene, warum dann nicht auch an weiteren ("Stellen" -> innerhalb des Glaubens)?? Ist das nicht eigentlich total inkonsequent und eben inkonsistent?!

Ja, ich weiß, nun wirst du halt doch wieder gegenhalten, dass Vernunft und Glaube eben Äpfel und Birnen "sind" ... (jajaja: ich weiß: so würdest DU´s natürlich nicht ausdrücken...) ;)


Tja, ohne "Vermittlung" von außen kommen wir da wohl echt nicht weiter.  


 :roll:
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olli

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Der Papst ist tod
« Antwort #186 am: 12 April 2005, 14:40:53 »

Zitat von: "colourize"
Zitat von: "olli"
ja wie, der papst ist tot?

Nein.
Ehr isst Tod.

lol, das ei im thread-titel ist mir jetzt erst aufgefallen! ein hoch auf die rechtsschreibung
o_O
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Eisbär

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Der Papst ist tod
« Antwort #187 am: 12 April 2005, 16:08:45 »

Zitat von: "Kallisti"
Der Mensch ist doch nun mal (eigentlich - lol) ein "vernunftbegabtes" Wesen (->Kant, hihi)...!!
Aber er neigt aus Bequemlichkeit dazu selbstverschuldet unmündig zu sein und zu bleiben...

Ich glaube, Kallisti, Du mißverstehst Kenaz da in einem Punkt, den ich glaube, verstanden zu haben. (@Kenaz: Korrigier mich, wenn ich falsch liege!)

Die Kirche stellt Spielregeln auf, wie sich der Mensch verhalten sollte, Du sagst, daß klappe ja eh nicht, sei der Mensch doch seinen (tierischen) Trieben unterworfen.
Dieses "Das klappt eh nicht" und die Begründung dazu ist wohl dieser philosophische Fehlschluß (juhu, ich habe einen neuen Begriff zum Klugscheißen gelernt).
Du läßt dabei aber ein ganz wesentlichen Aspekt des Glaubens an sich aus: Der Mensch ist die Krone der Schöpfung, er aß auch (verbotener Weise) eine Frucht vom Baum der Erkenntnis.
Anders gesagt: Der Mensch ist aus religiöser Sicht eben deutlich über dem Tier stehend ("Macht Euch die Welt untertan!"), da er eben nicht ausschließlich seinen Trieben unterworfen ist, sondern aus der christlichen Sicht auch die Möglichkeit hat, über sein Handeln frei zu bestimmen.
Und das tut so ziemlich jede Religion, sie stellt den Menschen - dank seines Verstandes - über die Animalität und erwartet von ihm auch, daß er diese Überlegenheit nutzt.
Das ist wie die klassische Argumentation von Vegetariern gegen den Hinweis auf den völlig natürlichen Vorgang des "Fressen und Gefressen werden"s mit dem Hinweis, daß der Mensch nunmal (rein anatomisch) durchaus auch Fleischesser ist, daß der Mensch ja durch seinen Verstand inzwischen die Wahl hat, was er ist und somit wählen kann, keine Tiere, sondern eben Pflanzen zu töten.

Du kannst natürlich naturalistisch argumentieren und sagen, gewisse (religiöse) Regelungen widersprächen der menschlichen Natur, aber offensichtlich ist es auch die menschliche Natur (wie Kenaz schon anhand des "Hutsi vs. Tutsi"-Themas ausführte) sich gegenseitig den Kopf einzuschlagen und sowohl die Bibel ("Du sollst nicht töten") als auch unser Rechtssystem verbieten es.
Eben weil der Mensch auch über seinen Trieben stehen kann.

Zumindest hier im "alten Europa" (ich finde es süß, wenn Teenager einen Erwachsenen als "alt" bezeichnen) ist doch auch der Grad an Zivilisation, den wir Menschen erreicht haben, soweit fortgeschritten, daß man sich - unabhängig von der Abneigung gegen gewisse religiöse Regeln - durchaus konform zu diesen verhalten kann.
Ob man es denn möchte, ist allerdings ein ganz anderer Schuh.
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phaylon

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Der Papst ist tod
« Antwort #188 am: 12 April 2005, 16:25:11 »

Zitat von: "Eisbär"

Du kannst natürlich naturalistisch argumentieren und sagen, gewisse (religiöse) Regelungen widersprächen der menschlichen Natur, aber offensichtlich ist es auch die menschliche Natur (wie Kenaz schon anhand des "Hutsi vs. Tutsi"-Themas ausführte) sich gegenseitig den Kopf einzuschlagen und sowohl die Bibel ("Du sollst nicht töten") als auch unser Rechtssystem verbieten es.

Ich schummel jetzt mal nicht und suche mir die genaue Definition des Fehlschusses (find ich hübscher :D) raus, aber soviel: Ich denke gegen die Gegenüberstellung 'Der Mensch an sich' -was ja schon individuell unterschiedlich ist- und 'Die religiöse Sicht des Menschen' hat keiner etwas. Die Probleme fangen erst an, wenn man Eines von beiden als 'richtiger' ansieht.
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Kallisti

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Der Papst ist tod
« Antwort #189 am: 12 April 2005, 20:17:50 »

@Eisbär

... em: NEIN, STOP!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!:

"Moral" und "Ethik" sind keine rein religiösen "Spielfelder" (um noch mal den Ausdruck von Kenaz zu verwenden), sondern durchaus auch philosophische!!!
Es gibt auch "nicht-christliche" Moral(theorien) und Normen!!!!!!!!!!!!!!!

Das erst mal vorweg!

Und dann nochmal Nein!: Mir geht´s nicht darum, dass Mensch sich nicht moralisch verhalten könne oder soll(te) (da haben wir´s ja schon ...), das behauptete ich auch nicht; sondern mir geht es um eine einigermaßen realitätsbezogene (soll heißen: Ort, Zeit, Kultur, Gesellschaft... berücksichtigende) und "lebbare" Moral, die den Menschen in seinem "Menschsein" (und dazu gehört ja eben auch der Verstand, aber nicht ausschließlich dieser!) sieht, akzeptiert, einbezieht!


Mit Ethik selbst hab ich keine Probleme - ganz im Gegenteil!!  :)

Mir ging´s um die Normenlegitimierung (eben der christlich-religiösen Normen) - und das aus philosophischer Sicht, also: "Gott" dabei aussen vor lassend - und dies wirft Kenaz mir vor (dass das nicht geht: Gott draußen zu lassen: jedenfalls nicht für Gläubige).
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Jinx

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Der Papst ist tod
« Antwort #190 am: 13 April 2005, 00:22:22 »

Zitat
"Moral" und "Ethik" sind keine rein religiösen "Spielfelder" (um noch mal den Ausdruck von Kenaz zu verwenden), sondern durchaus auch philosophische!!!
Es gibt auch "nicht-christliche" Moral(theorien) und Normen!!!!!!!!!!!!!!!


Äh, wieso setzt Du eigentlich Religion automatisch mit Christentum gleich? Das ist doch ein wenig provinziell gedacht, im übertragenen Sinne.
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Das Leben sollte keine Reise mit dem Ziel sein, attraktiv und mit einem guterhaltenen Körper unter die Erde zu kommen. Wir sollten lieber seitlich hineinrutschen, Schokolade in einer Hand, Absinth in der anderen, unser Körper total verbraucht und dabei schreiend "Wow, was für eine Fahrt!"
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Der Bullshit ist's, dem ich aus dem Wege gehe.

Kallisti

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Der Papst ist tod
« Antwort #191 am: 13 April 2005, 00:30:41 »

Zitat
Äh, wieso setzt Du eigentlich Religion automatisch mit Christentum gleich?


Weil ich mich auf Eisbärs Kommentar bezog und weil´s vorher/in diesem thread um den Papst und (in erster Linie) das Christentum bzw. die Katholische Kirche (und ihre "Anhänger" - gg, lustiges Wort!) ging/geht.
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Eisbär

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Der Papst ist tod
« Antwort #192 am: 13 April 2005, 00:37:42 »

Zitat von: "Kallisti"
"Moral" und "Ethik" sind keine rein religiösen "Spielfelder" (um noch mal den Ausdruck von Kenaz zu verwenden), sondern durchaus auch philosophische!!!
Es gibt auch "nicht-christliche" Moral(theorien) und Normen!!!!!!!!!!!!!!!
Richtig! Bestreitet ja auch keiner.
Aber Du hast Dich auf das religiöse Spielfeld begeben und versuchst nun den Spielern dort zu sagen, sie sollen die Sportart wechseln.
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Kenaz

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Der Papst ist tod
« Antwort #193 am: 13 April 2005, 08:37:31 »

Zitat von: "Eisbär"
Aber Du hast Dich auf das religiöse Spielfeld begeben und versuchst nun den Spielern dort zu sagen, sie sollen die Sportart wechseln.

- Strike! :biglaugh:

Zitat von: "Kallisti"
"Moral" und "Ethik" sind keine rein religiösen "Spielfelder" [...], sondern durchaus auch philosophische!!!
Es gibt auch "nicht-christliche" Moral(theorien) und Normen!!!!!!!!!!!!!!!

- Zweifelsohne. Wir reden hier aber gerade über das christliche - und insofern dezidiert religiöse - Verbot vor- und außerehelichen GVs und befinden uns insofern auf dem Felde der christlichen Ethik. Da änderst Du auch nix dran, wenn Du noch 25 weitere Ausrufungszeichen in die Tasten kloppst.

Zitat von: "Kallisti"
Mir geht´s nicht darum, dass Mensch sich nicht moralisch verhalten könne oder soll(te) [...], das behauptete ich auch nicht; sondern mir geht es um eine einigermaßen realitätsbezogene [...] und "lebbare" Moral, die den Menschen in seinem "Menschsein" [...] sieht, akzeptiert, einbezieht!

- Sag mal, merkst Du eigentlich selber nicht, was Du schreibst? Da haben wir's doch schon wieder: "realitätsbezogen", "lebbar", das "Menschsein" miteinbeziehend; - all diese Attribute drücken nur eins aus: Die Bindung der Moral ans kontingente Sein der empirischen Welt. M. a. W.: Na-tu-ra-li-sti-scher Fehl-schluß! - Und Ich sag' es noch mal: es ist keineswegs ausgemacht, was "Realität" und wie beschaffen sie ist, vom "Wesen" des Menschen mal ganz zu schweigen! Und "lebbar" ist so manches, was Du Dir in Deinen kühnsten Träumen nicht vorzustellen vermagst, meine liebe Kallisti, warum also nicht auch ein zölibatäres Dasein für den, der an die tiefere Bedeutung desselben glaubt ...

Und weißt Du übrigens, was mir an Deinem Beharren auf solch schwammigen Postulaten am allermeisten zuwider ist? - Ich will es Dir sagen: Du machst den Menschen klein mit all Deinen ach-so-menschlichen Beurteilungen, was man ihm noch zumuten kann und was schon über seine schwachen Kräfte geht. Du versuchst Grenzen seiner Expansionsmöglichkeit zu bestimmen und ihn darauf zu reduzieren. - Die katholische Kirche hingegen traut dem Menschen eben noch etwas mehr zu, als alleine seinen niedersten Instinkten gemäß zu funktionieren. Das ist ja eben das Dilemma des Menschen in einer ausschließlich rationalistisch-materialistisch strukturierten Welt: Ihm gehen die kühnen Visonen und der kreative "Wahnsinn" verloren.

Ich darf in diesem Zusammenhang noch mal kurz den Berliner Philosophieprofessor Rüdiger Safranski zu Wort kommen lassen, der - selber übrigens Protestant - im aktuellen "Spiegel" in ganz ähnlichem Zusammenhang das folgende sagt:

Safranski: [...] Die Evangelischen haben es mit den Reformen dahin gebracht, aus der Kirche eine prosaische Sozialagentur zu machen. Ich möchte nicht, dass die katholische Kirche zu einer von 350 evangelischen Sekten wird.
SPIEGEL: Dann würden die Männerpriester wenigstens nicht zölibatär unter sich sein.
Safranski: Die Idee der Reformer, die Priester vor dem Zölibat zu retten, hat auch etwas Albernes. Wenn heutzutage Sexualität Breitensport ist, dann ist es doch schön, wenn es auch Hochleistungssportler der Verweigerung gibt.

Zitat von: "Kallisti"
"Gott" dabei aussen vor lassend - und dies wirft Kenaz mir vor (dass das nicht geht: Gott draußen zu lassen: jedenfalls nicht für Gläubige).

- Richtig, Das wirft der Kenaz Dir vor. - Der gläubige Hindu fragt genausowenig nach der "rationalen" Legitimation des religiös-moralischen Gebotes, nach dem ihm der Rindfleischverzehr untersagt ist, wie der gläubige Moslem nach der rationalen Begründung des Gebotes, das ihm den Verzehr von Schweinefleisch verbietet, oder der orthodoxe Jude nach der "vernünftigen" Begründung des Gebotes, das ihm nur den Verzehr von koscherem Fleisch erlaubt (ungeachtet des Umstandes, daß es solche Begründungen durchaus geben mag). Diese Gebote sind religiös fundiert und insofern durch die Autorität Gottes legitimiert, da ist die kleine menschliche Vernunft völlig fehl am Platze: der Gläubige kann Gott nirgends "draußen [...] lassen" - auf diese plumpe Annahme kann nur eine  bis ins Mark säkularisierte "Kultur" wie die unsere verfallen -, da er ihm überall begegnet.

Zitat von: "Kallisti"
Es geht nicht völlig ohne Vernunft und Verstand - auch beim Glauben nicht, weil letztlich auch immer Sprache zu Grunde liegt (dem Denken, dem Beten oder was auch immer...) und Sprache funktioniert nicht wirklich ohne "Verstand" bzw. Vernunft, Regeln...

- Da bist Du schief gewickelt: Religiöser Glaube wird durch Sprache zwar vermittelt, erschöpft sein Wesen aber keineswegs im Bereich des Sprachlichen, sondern weist grundsätzlich über diesen - und damit ganz allgemein über den des Verstandes - hinaus (auch davon kannst Du Dich überzeugen, wenn Du Dich mal ein bißchen mehr mit religiöser Grundlagenliteratur der verschiedenen Zeiten und Kulturen beschäftigst).

Es verhält sich mit der sprachlichen Vermittlung von Religion ein bißchen so wie mit Wittgensteins berühmter Leiter: "Meine Sätze erläutern dadurch, daß sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie - auf ihnen - über sie hinausgestiegen ist. (Er muß sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.)" ("Tractatus", §6.54)

Zitat von: "colourize"
Aber sprichst Du damit nicht implizit der Scholastik (zumindest in der Ausprägung von Albertus Magnus und Thomas von Aquin) ihre Positionierung in der Geschichte der Philosophie ab?

- Guter Einwand, aber: Der Umstand, daß sich die Scholastik um Gottesbeweise und dergleichen mehr bemüht hat, spricht ja nicht per se gegen ihre Positionierung innerhalb des großen Gebäudes der Philosophie bzw. Philosophiegeschichte. Der Umstand, daß das Atommodell des Demokrit so, wie dieser es sich vorgestellt hat, hinfällig ist, ändert ja auch nichts daran, daß er nach wie vor eine feste Größe der (vorsokratischen) Philosophie darstellt.

Allerdings ist die Frage nach Gottesbeweisen in der Philosophie spätestens mit Kants Erweis ihrer prinzipiellen Unmöglichkeit obsolet geworden; nichtsdestotrotz wäre man wohl nicht zu dieser Erkenntnis gelangt, hätte man nicht vorher mit Herzblut um dergleichen Schnurren gerungen, und insofern nimmt dieses Ringen einen festen Platz innerhalb der (abendländischen) Philosophie ein (- der Osten war da pfiffiger und hat sich mit dergleichen Mumpitz gar nicht weiter aufgehalten -) und ihrer Entwicklung.
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Kallisti

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Der Papst ist tod
« Antwort #194 am: 13 April 2005, 09:35:25 »

@Kenaz


Zitat
- Zweifelsohne. Wir reden hier aber gerade über das christliche - und insofern dezidiert religiöse - Verbot vor- und außerehelichen GVs und befinden uns insofern auf dem Felde der christlichen Ethik. Da änderst Du auch nix dran, wenn Du noch 25 weitere Ausrufungszeichen in die Tasten kloppst.


Doch, denn ich sag´s zum xten Mal: Ich betrachte dies aus nicht-religiösem, philosophischem Blickwinkel - und das ist nicht nur mein gutes Recht, sondern auch eine meiner "Aufgaben" - das hier

Zitat
Mir ging´s um die Normenlegitimierung (eben der christlich-religiösen Normen) - und das aus philosophischer Sicht,


lässt du natürlich geflissentlich aussen vor. Und drehst dich mit deinen Argumenten permanent in deinem kleinen, engen Kreis, ohne auch nur im Geringsten zugestehen zu wollen (zu können?), dass meine Herangehensweise absolut legitim und in Ordnung ist - auch wenn sie dir persönlich noch so sehr zuwider sein mag.


Zitat
- Und Ich sag' es noch mal: es ist keineswegs ausgemacht, was "Realität" und wie beschaffen sie ist, vom "Wesen" des Menschen mal ganz zu schweigen!



Das zu wissen, habe ich mit keinem Wort für mich beansprucht, im Gegenteil: ich habe gerade den Ausdruck "realitätsbezogen" explizit in Klammern noch mal so erläutert, wie ich ihn in diesem Zusammenhang (thread hier) meine, wie er in diesem Zusammenhang zu verstehen (möglich) ist.


Zitat
Und "lebbar" ist so manches, was Du Dir in Deinen kühnsten Träumen nicht vorzustellen vermagst, meine liebe Kallisti,


... so wenig wie du, mein lieber Kenaz - wir sind halt nur jeweils "wir" bzw. du und ich, nicht wahr...!! Also: was soll dieser überflüssige Satz!?


Zitat
warum also nicht auch ein zölibatäres Dasein für den, der an die tiefere Bedeutung desselben glaubt ...



Weil die gelebte Praxis so vieler "Mönche" und anderer Gläubiger diese "Theorie"/Idee (des Zölibats z.B.) Lügen straft - es kam vor und es kommt immer wieder vor...!! Und dass "diese Leute"  bspw. auch nicht masturbieren, wage ich ganz entschieden zu bezweifeln!!! - Auch wenn sie´s natürlich nicht eingestehen werden und ich´s nicht "beweisen" kann gg, auch wenn´s Ausnahmen geben mag! ABER: dies sind eben Ausnahmen und ich frage mich auch, worin der Sinn einer solchen "Regel", "Auferlegung" liegen mag (von Selbstkasteiung abgesehen)?!? Denn: auch kein Mensch kann z.B. seinem natürlichen Hunger("trieb") lebenslänglich widerstehen (sondern nur zeitweilig Fasten).
Und wenn ich eine "rücksichtsvolle" Sexualität lebe, die anderen nicht schadet (und mir evtl. auch nicht, obwohl das noch mal ne andere Geschichte ist), welchen Sinn hat es dann, sich selbst zu kasteien, indem man immer wieder den Sexualtrieb unterdrückt, was nicht Energien freisetzt, sondern im Gegenteil raubt!! ?

Um es gleich zu sagen: Selbstdisziplin und Selbstkasteiung sind definitiv nicht das Gleiche! Gegen Selbstdisziplin hab ich gar nix einzuwenden...!!


Zitat
Und weißt Du übrigens, was mir an Deinem Beharren auf solch schwammigen Postulaten am allermeisten zuwider ist? - Ich will es Dir sagen: Du machst den Menschen klein mit all Deinen ach-so-menschlichen Beurteilungen, was man ihm noch zumuten kann und was schon über seine schwachen Kräfte geht. Du versuchst Grenzen seiner Expansionsmöglichkeit zu bestimmen und ihn darauf zu reduzieren. - Die katholische Kirche hingegen traut dem Menschen eben noch etwas mehr zu, als alleine seinen niedersten Instinkten gemäß zu funktionieren. Das ist ja eben das Dilemma des Menschen in einer ausschließlich rationalistisch-materialistisch strukturierten Welt: Ihm gehen die kühnen Visonen und der kreative "Wahnsinn" verloren.




Das ist doch der totale Schwachsinn! DAS interpretierst DU in meine Aussagen hineien, weil DU es SO sehen willst und es dir offensichtlich Spaß macht, mich ständig anzugreifen und meine posts abzuwerten...! Was soll das? Ich lege doch auch nicht eine solche selbstgefällige Überheblichkeit (wie du) an den Tag, sondern versuche, mit dir sachlich und fair zu diskutieren: ohne dich persönlich anzumachen!

Ich kann es nur nochmal wiederholen: Mit Moral und Ethik habe ich absolut keine Probleme - IM GEGENTEIL! Und deshalb entbehrt dein Vorwurf jeglicher Grundlage!
Ich mache den Menschen nicht "klein", sondern ich betrachte ihn aus  "humaner" und/bzw. humanistischer Perspektive und schließe auch psychologische, anthropologische und natürlich philosophische Erkenntnisse nicht aus.

Und dass die Kath. Kirche dem Menschen angeblich ach so viel (in positivem Sinne)"zutraut", das scheint mir auch an den eigentlichen Absichten und Tatsachen vorbeizugehen, denn:
in erster Linie stellt(e) sie Dogmen auf und versuchte eine ganz erhehbliche Zeit lang, Menschen (für ihre Zwecke, für ihre Bereicherung und auch unlauteren Machenschaften -Stichwort Kreuzzüge und Vermischung von politischen und kirchlichen Geschäften/Ämtern ...) auszunutzen, auszubeuten (Stichwort Ablasshandel) - und das versuchte sie nicht nur, sondern tat es auch, und vor allem sollte Mensch auch eingeschüchtert und gerade von jener Kirche "klein gehalten" (Stichworte Demut und Angstmache), unterdrückt werden - und wurde das auch! Das grenzt(e) schon auch an Psychoterror (Stichwort Fegefeuer, Hexenverbrennungen...) und war Manipulation höchsten Grades und übelster Manier!

Von den ganzen zweifelhaften Ritualen (z.B. im Gottesdienst) mal ganz abgesehen - wie auch vom materiellen Reichtum und Luxus der (vieler) Kardinäle... !!



Und was das angeht:


Zitat
Der gläubige Hindu fragt genausowenig nach der "rationalen" Legitimation des religiös-moralischen Gebotes, nach dem ihm der Rindfleischverzehr untersagt ist, wie der gläubige Moslem nach der rationalen Begründung des Gebotes, das ihm den Verzehr von Schweinefleisch verbietet, oder der orthodoxe Jude nach der "vernünftigen" Begründung des Gebotes, das ihm nur den Verzehr von koscherem Fleisch erlaubt (ungeachtet des Umstandes, daß es solche Begründungen durchaus geben mag). Diese Gebote sind religiös fundiert und insofern durch die Autorität Gottes legitimiert, da ist die kleine menschliche Vernunft völlig fehl am Platze: der Gläubige kann Gott nirgends "draußen [...] lassen"



das is auch Unsinn, denn: gerade solche "praktischen" Gebote und Verbote sind vernunftgeprägt, vernunftgeleitet und von MENSCHEN aufgestellt (worden) - wie auch die Bibel MENSCHEN geschrieben/formuliert... haben und nicht "Gott"!
Denn die Geschichte mit dem Fleischverzehr (in bestimmten Regionen mit bestimmtem Klima etc.) hat ganz weltliche GESUNDHEITLICHE (Hinter-) Gründe - und das weißt du selbst ganz genau, Kenaz (hoffe ich doch), also unterschlage es auch nicht!

Davon abgesehen sind diese Gebote (oder Verbote), die eben gerade den Menschen, seinen Körper... berücksichtigen/betreffen absolut nicht mit solch leiblichkeitsfeindlichen wie dem Zölibat zu vergleichen - mehr kann ein Vergleich kaum hinken!


Dann noch hierzu:

Zitat
- Da bist Du schief gewickelt: Religiöser Glaube wird durch Sprache zwar vermittelt, erschöpft sein Wesen aber keineswegs im Bereich des Sprachlichen



... DAS habe ich ebenfalls in keinster Weise behauptet!!!
Was ich aber sagte, war, dass Sprache auch Teil von Religion ist und dass Sprache nur mit Vernunft/Verstand funktioniert und dass es inkonsequent ist (nach meinem "säkularen Verständnis" g), sich einerseits der Vernunft zu bedienen, sie aber an anderen Stellen nach eigener Willkür auszuschließen oder gar zu verteufeln...!

Bitte nochmal GENAU lesen, Kenaz!:

Zitat
Und wenn ich mich also an einer Stelle der Möglichkeiten, Leistungen, Früchte des Verstandes bediene, warum dann nicht auch an weiteren ("Stellen" -> innerhalb des Glaubens)?? Ist das nicht eigentlich total inkonsequent und eben inkonsistent?!

(mich selbst hiermit zitierend)



Und dies

Zitat
Es verhält sich mit der sprachlichen Vermittlung von Religion ein bißchen so wie mit Wittgensteins berühmter Leiter: "Meine Sätze erläutern dadurch, daß sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie - auf ihnen - über sie hinausgestiegen ist. (Er muß sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.)" ("Tractatus", §6.54)



halte ich für mehr als gewagt, Kenaz! Denn: Wittgenstein bezieht sich hier ausdrücklich auf Sprache und ihre Funktion, ihre Bedeutung, ihren Gebrauch!!!

Sich das einfach mal schnell für "Vermittlung von Religion" (Zitat Kenaz) auszuleihen - völlig aus dem (inhaltlichen) Zusammenhang gerissen (was Wittgenstein angeht), ist auch nicht gerade "dem Sportsgeist" geschweigedenn den "Spielregeln" entsprechend.



Zitat
colourize hat folgendes geschrieben:
Aber sprichst Du damit nicht implizit der Scholastik (zumindest in der Ausprägung von Albertus Magnus und Thomas von Aquin) ihre Positionierung in der Geschichte der Philosophie ab?

- Guter Einwand, aber: Der Umstand, daß sich die Scholastik um Gottesbeweise und dergleichen mehr bemüht hat,



ok, danke für die Blumen - ich nehm sie einfach mal! Da der Einwand mit den "Gottesbeweisen" von mir kam -> dieser Begriff.
Colourize bezog sich zunächst mal auf die Scholastik und A. Magnus sowie Th. v. Aquin.

Aber is klar: von mir kann ja (nach deiner augenscheilichen Einstellung) nur Schwachsinn kommen... Von colourize hingegen ist´s dann ein "guter Einwand"... schon klar...   :lol:


Zitat
Allerdings ist die Frage nach Gottesbeweisen in der Philosophie spätestens mit Kants Erweis ihrer prinzipiellen Unmöglichkeit obsolet geworden

(Zitat Kenaz)

-> EBEN !


 
Zitat
...spricht ja nicht per se gegen ihre Positionierung innerhalb des großen Gebäudes der Philosophie bzw. Philosophiegeschichte. Der Umstand, daß das Atommodell des Demokrit so, wie dieser es sich vorgestellt hat, hinfällig ist, ändert ja auch nichts daran, daß er nach wie vor eine feste Größe der (vorsokratischen) Philosophie darstellt.

(Kenaz)


... genau!: und Zeiten wie auch Erkenntnisse, Einsichten, Gesellschaften, Menschen, Kulturen... ... ... ÄNDERN SICH ...  :!:
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