Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien  (Gelesen 14432 mal)

Rick Deckard

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Jeden Tag das gleiche Ritual. Ich verlasse meine Arbeitstelle in der Hamburger Innenstadt und durchstreife dieselbe, um mir etwas zu Essen zu besorgen. Da hocken sie schon, an jeder Ecke, in jedem Winkel und an jedem Straßenrand und halten ihre Hände hin. Einige zittern erbärmlich, andere flennen ununterbrochen ob ihres grausamen Schicksals (und das seit Stunden), wieder andere tragen ihre Prothesen oder Stümpfe zur Schau (besonders wirksam bei niedrigen Temperaturen, da die Haut dann auch noch so schön blau anläuft, wegen der Kälte verdammt noch mal. Dann gibt´s da noch diejenigen, die auf die Tierliebe ihrer Opfer bauen, indem sie ihren Hund und dessen Verwandte zweiten und dritten Grades noch dazu, ihre Kinder oder Flöhe in einem Glas aufbauen. Pappschilder haltend oder umgehängt, die anprangernd Aussagen machen, wie "Habe Hunger", "Eine Spende für zwei Freunde in der Not", "Will nicht arbeiten und habe keinen Bock eine der vielen Sozialstellen des Landes aufzusuchen, die mir wahrscheinlich weiterhelfen würden" sollen in den Passanten Gefühle der Schuld und des Mitleids wecken. Natürlich geht das Ganze nicht ohne gut einstudierte Sätze, die man schnell mal in die Runde werfen kann, um all diejenigen auf sich aufmerksam zu machen, die einen eventuell nicht wahrgenommen haben. Aber FALSCH, sie wollen euch einfach nicht warhnehmen, Du Nassauer der Moderne. Wenn ich Dir Geld in den motivationslosen Rachen werfen will, dann werde ich das schon tun. Übersehen kann man Dich ja sowieso nicht mit Deinem offenen Bein oder dem Din A 2 Schild mit der Aufschrift "Brauche Geld". Ich brauche auch Geld, meines nämlich und wenn ich den täglichen Marathon und Spießrutenlauf durch die Innenstadt einmal wirklich auf verprassende Weise durchlaufen würde, was Gott bewahre niemals geschehen wird, dann werde ich auf der Strecke vom Hauptbahnhof bis Mitte Spitalerstraße schon pleite sein. Und wenn ich dann denke, dass ich mich doch glücklich schätzen kann, dass ich eine Wohnung habe und Geld und etwas zu Essen, dann überfällt mich das Unglück und die Marter bereits zehn Meter weiter. Denn da spielen Boris und Ivan bereits zum fröhlichen Tanz auf. Kommt es mir nur so vor oder hat die russische Mafia sich jetzt auf das Musikbusiness gestürzt? Überall wo man hinguckt steht ein hyperaktiver, Klänge kackender Klarinettenspieler und daneben ein zotteliger Ziehamonikazausel und foltern ihre Umgebung mit Songs aus der Heimat. Weit gefehlt, denn "Weiße Rosen aus Athen" stammt nun mit Sicherheit nicht aus Weiß Rußland, soviel ist mal sicher. Aber irgendwie muss sich ja das Geld zusammengeklaubt werden, um die große Familie im Osten durch den sibirischen Frühling zu bringen. Die Familie besteht übrigens aus ca. 120 Mitgliedern, die nicht unbedingt miteinander verwandt sind und die einen leichten bis überschweren Hang zur Kriminalität aufweisen, aber ansonsten echt nette Leute sind, mit denen man ganz prima Skat spielen kann, solange einen die ganzen Leichen nicht stören, die im Swimming Pool der Familienvilla mit Betonfüssen versenkt wurden, weil sie das Schutzgeld nicht zahlen konnten oder so unverfroren waren ihren von Vetter Igor und Kumpanen gestohlenen Mercedes zurückzufordern. Das Schlimmste daran ist aber, es ist kurz nach 14 Uhr. Das heißt für mich Pause. Und auf zu einer neuen Runde in die City. "Wollen Rose kaufen?"
"Nein danke. Ich habe bereits vierzehn Ausgaben der aktuellen 'Hinz und Kunz', einen Tinitus und Läuse von dem verdammten Köter bei 'Ein-Arm-Freddy'. Trotzdem schönen Tag noch."
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Thomas

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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #1 am: 25 Februar 2005, 14:17:12 »

Jo, schöner Text.Hätte ich mit dieser Aussage allerdings von dir nicht erwartet.
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Re: Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroati
« Antwort #2 am: 25 Februar 2005, 14:22:46 »

Zitat von: "Rick Deckard"
"Will nicht arbeiten und habe keinen Bock eine der vielen Sozialstellen des Landes aufzusuchen, die mir wahrscheinlich weiterhelfen würden"

streich das "wahrscheinlich" und das "würden".

und das bettelei bandenmäßig & kriminell organisiert ist, steht seit drölfzig jahren fest.
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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #3 am: 25 Februar 2005, 14:23:12 »

Ja. Die sollten mal lieber arbeiten. Ist doch in Zeiten der Ich-AG kein Problem.

Also auf zum Gewerbeamt, einen Gewerbeschein beantragen. Dann eine Großpackung bunter Leuchtwedel bei Ebay ersteigern, oder wahlweise zehn Paletten Dosenbier im Großhandel kaufen. Dazu einen Tapeziertisch vom Baumarkt, und dann auf zum nächsten Volksfest. Natürlich muss man den Tisch etwas nett dekorieren, sonst kommt kein Kunde. Eine hübsche Plastiktischdecke und blinkende Lichterketten eignen sich da ganz hervorragend. Da kriegt man die angepriesene Ware dann zum fünf- oder auch zehnfachen Einkaufspreis an den Mann oder an die Frau gebracht. Denn Mensch will Kunde sein.

So ist er, der Kapitalismus. Bettlern Geld geben findet Konsument Scheisse. Aber für Scheisse Geld bezahlen - dazu sind wir immer gerne bereit. Hauptsache der Arbeitsethos wird nicht in Frage gestellt.
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Rick Deckard

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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #4 am: 25 Februar 2005, 14:23:27 »

So ist es aber. Bitte jetzt nicht vorschnell von dem Text auf meine Einstellungen Bedürftiger gegenüber schließen. Aber irgendwann öffnet man die Augen und sieht nur noch alte Mütter, die mit Kinderklüngel über den Rathausmarkt streifen und um Geld betteln, während sie ihre Zähne blecken, die einen größeren Goldanteil aufweisen, als ich in meinem Leben je in der Hand gehalten habe. Das sind für mich allesamt Schwindler. Punkt. Beweist mir das Gegenteil. Ha, wußt ichs doch, ich habe recht.
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Thomas

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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #5 am: 25 Februar 2005, 14:27:03 »

Zitat
und das bettelei bandenmäßig & kriminell organisiert ist, steht seit drölfzig jahren fest.

Von einigen wenigen Außnahmen (meist deutsche), die aus unerfindlichen Gründen tatsächlich nicht die genannten Stellen aufsuchen, mal abgesehen.
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SuperTorus

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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #6 am: 25 Februar 2005, 14:28:58 »

Rick, hat Du schon mal echten Hunger gehabt?

Ich glaub's nicht, aber es würde Dir mal ganz gut bekommen.
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Thomas

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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #7 am: 25 Februar 2005, 14:39:09 »

Zitat
Rick, hat Du schon mal echten Hunger gehabt?

Ich glaub's nicht, aber es würde Dir mal ganz gut bekommen

Solche Aussagen fehlten hier ja noch, ein Gück, das sie nun dastehen.
Falls es in diesem Land wirklich mal jemandem so dreckig geht, das er hunger leidet (wobei ich nie verstehen werde, wie das bei den unzähligen karikativen Einrichtungen und Ämtern überhaupt soweit kommen kann), sollte er vieleicht einfach mal in der nächsten Bäckerei (ja, da wo nach Ladenschluß Müllsäckeweise nciht verkaufte Brötchen weggeschmissen werden) oder sonstigen Lebensmittelladen gehen, und in seinem, ihm vermutlich anzusehendem Zustand freundlich nachfragen, ob er etwas zu Essen bekommen könnte.ich glaube kaum, das er weggeschickt wird.

Zitat
Das sind für mich allesamt Schwindler. Punkt. Beweist mir das Gegenteil. Ha, wußt ichs doch, ich habe recht.

Habe nie bestritten, das du damit recht hast.
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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #8 am: 25 Februar 2005, 14:47:51 »

ich bezahle milliarden an abgaben dafür, dass diesen menschen geholfen wird. wenn die die hilfen ablehnen ist das deren problem.
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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #9 am: 25 Februar 2005, 15:15:47 »

Das mag ich an diesem Forum. Auf eins ist immer Verlass:

Doof-Thomas und Doof-Olli laufen mindestens einmal pro Woche zur Höchstform auf.
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Thomas

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« Antwort #10 am: 25 Februar 2005, 15:19:13 »

Jo, die letzten zwei gegen die vertrottelt-chronischen Besserwisser, die sich in diesem Forum sammeln wie die Motten an der sommernächtlichen Straßenlaterne.
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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #11 am: 25 Februar 2005, 15:21:41 »

Ist ne ziemliche Gratwanderung, das.

Der Teufelskreis auf der Strasse zu landen ist schnell passiert: Job verloren -> Miete nicht bezahlen können -> Mietkündigung -> Job finden ohne Wohnort fast chancenlos -> und schon ist man auf Stütze angewiesen die aber nicht zum Leben reicht - abgesehen von dem Wohnproblem...

Andererseits gibt es sie, die Schmarotzer, nicht wenige davon: Jene die den ganzen Tag bettelnd dastehen und abends in den Benz einsteigen (selbst mal gesehen!), die kein Bock auf Arbeiten haben und sich durch geschicktes Erschnorren ordentlich was dazuverdienen.

Problem: Wie unterscheidest Du Gruppe 1 von Gruppe 2  :?:

Ich gebe -obwohl selbst finanziell sehr knapp- ab und an mal was. Dann aber i.d.R. nicht irgendwelchen Penetranzbürsten (darum in der Bahn niemals! Selbst wenn mir die Musik gefallen haben sollte..), sondern Leuten die freundlich sind und sich auch über das Gegebene aufrichtig freuen. Jenen bei denen ich merke, dass sie nicht gerne betteln, aber es tun weil sie es tun müssen. Weil sie halt sonst niemanden haben und die Hilfen seitens des Staates nicht ausreichen.

Und, Thomas: Die Idee mit den Bäckereien ist eine gute. Leider sehen das die meisten Bäckereien eben nicht so - Obdachlose werden da oft aus Prinzip schon weggeschickt. Da werden dann lieber die Brötchen weggeschmissen als "diesem Pack" was zu geben  :roll:
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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #12 am: 25 Februar 2005, 15:25:31 »

doof-olli klingt untrue, das verbitte ich mir!

und die tatsache, dass ich doof bin, ist kein gültiges argument. echt mal!
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Thomas

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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #13 am: 25 Februar 2005, 15:27:42 »

Zitat
Problem: Wie unterscheidest Du Gruppe 1 von Gruppe 2  

Vorschlag, wenn man mal ein paar Minuten Zeit hat : Biete dem dich anbettelndem doch einfach an, ihm statt Geld geben z.B. Currywurst+Pommes zu kaufen.
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Von bettelnden Jammerhänseln und trötengetute aus Kroatien
« Antwort #14 am: 25 Februar 2005, 15:34:51 »

Zitat von: "messie"

Der Teufelskreis auf der Strasse zu landen ist schnell passiert: Job verloren -> Miete nicht bezahlen können -> Mietkündigung -> Job finden ohne Wohnort fast chancenlos -> und schon ist man auf Stütze angewiesen die aber nicht zum Leben reicht - abgesehen von dem Wohnproblem...


Was ich noch zufügen möchte: Der "normale"-Werdegang sieht so aus:

Job Weg -> Miete und andere laufenden Kosten nicht bezahlen können -> Pfändungen -> Konto Weg -> Wohnung weg (Zwangsräumung) -> Keine ALU, und keine Unterstützng (Geh mal zur BFA und probier Geld ohne Giro zu bekommen) -> Neue Wohnung unter der Brücke.
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