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Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern

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schwarze Katze:

--- Zitat von: colourize am 30 Dezember 2012, 01:06:30 ---Was für Werte sollen das denn sein, die "hierzulande" alle "Blutsdeutschen" miteinander teilen? Diese Werte müsste man ja mal definieren, damit man als Mensch mit "Migrationshintergrund" auch weiß, wie man werden muss...

...ich glaube ja, dass es diesen gemeinsamen Wertekanon nicht gibt, der "uns" eint und von "den anderen" unterscheidet.

--- Ende Zitat ---

ganz einfach:
- eine Frau hat genauso viel Rechte wie ein Mann. Ein Mann darf seine Frau oder seine Tochter nicht einsperren, man darf ihr nicht verbieten arbeiten zu gehen u.s.w. Ganz normale Sachen für uns, Europäer, aber in anderen bestimmten Kulturkreisen ist es eben anders
- Schwule und Lesben sind Menschen wie wir, Heteros. Man muss sie nicht mögen, aber man darf sie nicht vermöbeln oder gar totschlagen. In anderen Länder ist es anders.
- Kinder sollen zu Schule gehen. Das ist, leider Gottes, auch einigen Migranten nicht so klar, was dazu führt, dass ihre Kinder alle Chancen beraubt werden.

Sind, meiner Meinung nach, viel wichtigere Grunde als Pünktlichkeit (ich sebst bin eine Pedantin, kenne aber reichlich chaotische Deutsche)

schwarze Katze:

--- Zitat von: messie am 30 Dezember 2012, 02:12:37 ---
Ist wie mit Sprachen: Wer einen Dialekt in Hamburg nicht ablegt, der will ihn nicht ablegen. Ganz bewusst.
Das bedeutet dann aber auch, dass sich derjenige hier offensichtlich nicht wohlfühlt. Oder auch mit Absicht nicht wohlfühlen möchte.


--- Ende Zitat ---

wie bitte? ::)

Jemand, der als Erwachsener zugewandert ist, hat kaum Möglichkeiten, sein Akzent loszuwerden. Die einzige Möglichkeit ist Verstummen und alle Fragen nur mit "ja" und "nein" zu beantworten, dieser Weg hat aber eine hohe Depressions-Risiko (schon ausprobiert).

Aber das ist ja klar - wenn man nur wegen Akzent als integrationsumwilliger Element betrachtet wird, dann ist die Integration fürs Katz. Dann bleibt nur eine - ins Ghetto sich zurückziehen und sich bewusst abzuschotten.

Mishima:
Offtobic, aber:
Was soll das eigentlich sein, ein Ghetto... in Deutschland?
Ich höre immer wieder von Ghettos, wo nur Ausländer wohnen und wie kriminell und gefährlich diese Gegenden sind.
Z.B. bin ich schon oft durch Offenbach gegeistert. Eine Stadt mit einem Migrantenanteil von über 50%.
Das ist für Deutsche ein gefühlter Anteil von 99%, wenn ihr versteht?! XD
Und diese Betonwüste, diese Abschiebehaft von Frankfurt, wird von den jüngeren seiner Einwohner selbst oft als Ghetto bezeichnet.
Mir ist da noch niiiieee was passiert!
Manche behaupten abwinkend, das liege daran, dass ich da Leute kenne.
Trotzdem frage ich mich, ob das, was viele hierzulande mit Ghetto meinen, nicht ein paranoider Mythos ist?
Ghettos gibt es in Brasilien oder Mexico, aber bitteschön nicht hier.
Kann jemand diese Hypothese widerlegen?

colourize:

--- Zitat von: Mishima am 30 Dezember 2012, 11:27:15 ---Offtobic, aber:
Was soll das eigentlich sein, ein Ghetto... in Deutschland?
Ich höre immer wieder von Ghettos, wo nur Ausländer wohnen und wie kriminell und gefährlich diese Gegenden sind.
Z.B. bin ich schon oft durch Offenbach gegeistert. Eine Stadt mit einem Migrantenanteil von über 50%.
Das ist für Deutsche ein gefühlter Anteil von 99%, wenn ihr versteht?! XD
Und diese Betonwüste, diese Abschiebehaft von Frankfurt, wird von den jüngeren seiner Einwohner selbst oft als Ghetto bezeichnet.
Mir ist da noch niiiieee was passiert!
Manche behaupten abwinkend, das liege daran, dass ich da Leute kenne.
Trotzdem frage ich mich, ob das, was viele hierzulande mit Ghetto meinen, nicht ein paranoider Mythos ist?
Ghettos gibt es in Brasilien oder Mexico, aber bitteschön nicht hier.
Kann jemand diese Hypothese widerlegen?

--- Ende Zitat ---
Mit "Ghetto" ist hier nicht gemeint, dass eine Gegend besonders "gefährlich" sei. Die gefährlichsten Gegenden in Hamburg sind, was die Gewaltkriminalität betrifft (von Misshandlungen und Vergewaltigungen hinter verschlossenen Wohnungstüren natürlich abgesehen, da kommt nix ran), die Hamburger Innenstadt, St. Pauli und St. Georg.

Als "Ghetto" werden hierzulande Gebiete bezeichnet, in denen die ethnische sowie soziale Segregation jeweils so stark ausgeprägt ist, dass aus dieser Entmischung der Bevölkerung selbst sekundäre Folgeeffekte entstehen.

Beispiel: Der Hamburger Stadtteil Veddel, einst ein Stadtteil wo vor allem Hafenarbeiter wohnten (nämlich diejenigen, die beim Bau der Speicherstadt aus dem Hafengebiet wegziehen mussten, sowie ihre Nachkommen), droht seit Jahren mehr und mehr zu verarmen. Als der Stadtteil vor etwa 90 Jahren gebaut wurde, waren im Hamburger Hafen noch weit über 20.000 Menschen als Hafenarbeiter beschäftigt. Heute sind es weit weniger als 4.000. Mit dem Strukturwandel der Hafenwirtschaft ging schleichend auch ein Wandel der Wohnbevölkerung in Veddel einher. Heute beträgt der sog. "Migrationshintergrund"(1) über 70%, die Arbeitslosenquote ist doppelt so hoch wie im Hamburger Durchschnitt, mehr als jeder vierte Einwohner dort ist auf Hartz IV angewiesen. Besonders deutlich ist die Armut bei Familien mit Kindern ausgeprägt: jedes zweite Kind im Stadtteil lebt von staatlicher Transferleistung.

In Folge der benachteiligten Bevölkerungsstruktur erfolgten bis etwa 2006 kaum noch Investitionen in den Stadtteil. Die Bausubstanz wurde nicht mehr saniert, da die Kosten nicht auf die Mieten umgelegt werden konnten und ist heute eher schlecht. Wer es sich leisten konnte, zog von dort weg - spätestens dann wenn eine eigene Familiengründung anstand. Bei heute etwa 5.000 Einwohner im Stadtteil Veddel gibt es noch einen einzigen niedergelassenen Arzt. Die Straßenkriminalität in Veddel ist zwar leicht höher als in anderen Stadtteilen, aber gar nicht mal signifikant überdurchschnittlich. Veddel wurde auch in den Medien aber immer wieder als "Problemstadtteil" beschrieben. Wenn man heute die Menschen fragt, wo sie innerhalb Hamburgs gerne wohnen möchten, wird der Stadtteil Veddel als einer der letzten genannt.

Diese hier beschriebenen negativen Folgeeffekte der Segregation bringen sog. "Lock in Effekte" für die dortige Wohnbevölkerung mit sich. Der Ort, in dem sie wohnen, benachteiligt sie zusätzlich. "Was, Du wohnst auf der Veddel?! Oha... krasse Gegend." *Das* ist mit "Ghetto" gemeint.

Am Schluss dieser Ausführungen noch ein Verweis auf die Herkunft des Wortes "Ghetto" - mit "gefährlicher Gegend" hat das Wort nichts zu tun.


-----------
(1) zur Dekonstruktion des Begriffs s. oben

nightnurse:

--- Zitat von: Black Russian am 30 Dezember 2012, 11:11:32 ---
--- Zitat von: messie am 30 Dezember 2012, 02:12:37 ---
Ist wie mit Sprachen: Wer einen Dialekt in Hamburg nicht ablegt, der will ihn nicht ablegen. Ganz bewusst.
Das bedeutet dann aber auch, dass sich derjenige hier offensichtlich nicht wohlfühlt. Oder auch mit Absicht nicht wohlfühlen möchte.


--- Ende Zitat ---

wie bitte? ::)

Jemand, der als Erwachsener zugewandert ist, hat kaum Möglichkeiten, sein Akzent loszuwerden.

--- Ende Zitat ---

Genau.
Das gilt nicht nur für aus dem Ausland Zugewanderte. Meinen Großvätern hört/hörte man auch nach vielen Jahrzehnten noch an, wo sie ihre Jugend verbracht hatten, meine Nachbarin ist vor 40? Jahren nach Hamburg gezogen und hasst es so sehr  ::), daß sie immer noch hörbar sächselt (mit hamburger Einschlag, das ist sehr witzig)...und wenn man eine Sprachfärbung schon innerhalb der eigenen Sprache nicht so leicht loswird, wie schwer mag es dann in einer fremden Sprache sein?
(Das wird auch nicht nur vom Wollen abhängig sein, sondern noch von anderen Faktoren wie: Wieviel und welchen Umgang habe ich mit was für Muttersprachlern, was bedeutet ein Akzent im Beruf...)



Rudi Carell ist diesbezüglich halt nicht beispielhaft  :)

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