Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart  (Gelesen 21726 mal)

nightnurse

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #30 am: 21 März 2012, 18:58:06 »

Mit Soziologie habe ich mich jetzt noch nicht beschäftigt, aber ich kann sagen, daß das, was Histroiker so herausfinden und auch die persönliche Beschäftigung mit Geschichte für mich persönlich vielleicht nicht im Alltag (außer bei politischer Entscheidungssuche), aber doch in meiner Lebenswelt einiges bringt (und sei es nur die banal wirkende Erkenntnis, daß nahezu jede Dummheit der Vergangenheit jemanden findet, der sie für wiederholenswert hält).

Vielleicht gib es da auch noch das winzig kleine Problem, daß der philosophische Diskurs von Laienwarte aus häufig so aussieht wie, na, wie die hier im Forum verstreuten (ich sag mal) Schwurbeleien - die sind nicht nur formal nicht jedem zugänglich, sondern auch inhaltlich; und soweit ich ihnen in beidem zu folgen bereit bin, ist mein Urteil "hu, ist ja ganz lustig, was Ihr da macht" - aber bedeutet mir nichts, hat für mich keine Anwendungsmöglichkeiten.
Da fehlt womöglich das Pendant zu dem, was der bereits erwähnte Erich Kästner "Gebrauchslyrik" nannte - eine "Gebrauchsphilosophie", die nicht nur professionelle Schwurbler verstehen und anwenden können.
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messie

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #31 am: 21 März 2012, 19:52:40 »

Zitat
Vielleicht gib es da auch noch das winzig kleine Problem, daß der philosophische Diskurs von Laienwarte aus häufig so aussieht wie, na, wie die hier im Forum verstreuten (ich sag mal) Schwurbeleien - die sind nicht nur formal nicht jedem zugänglich, sondern auch inhaltlich; und soweit ich ihnen in beidem zu folgen bereit bin, ist mein Urteil "hu, ist ja ganz lustig, was Ihr da macht" - aber bedeutet mir nichts, hat für mich keine Anwendungsmöglichkeiten.

Das ist nicht nur ein kleines, das halte ich für das Hauptproblem ;)

Mal einen Text von Adorno gelesen? Also, ich steige da jedenfalls bei aus! Der Mann schreibt so verstiegen, so sprachlich verdichtet, dass ich wirklich verdammt hohe Konzentration benötige, um seine Texte zu verstehen. Und ich habe in meinem Leben so einige schwurbelige Texte gelesen ... ;)

Darum glaube ich auch, dass jeder Philosoph eine Art "Übersetzer" benötigt, der seine Texte in eine zugänglichere Sprache zu transformieren versteht. Denn erst dann erreicht man Menschen, die sich auch für viele interessieren und nicht nur einige elfenbeinturmgleiche Wenige.

Wenn also ein Philosoph von heute eine revolutionäre Idee hat, die das heutige System von Grund auf umkrempeln könnte und dies auch noch einen Sinn hätte, dieses Umkrempeln, dann glaube ich, dass sie erst dann gehört wird, wenn es jemanden gibt, der sie durch die Transformierung der Idee in (relative) Alltagssprache zugänglich macht.

Auch hier ist die 68er-Bewegung ein gutes Beispiel: Männer wie Rudi Dutschke waren ja nicht doof, sie kannten häufig den philosophischen Überbau ihrer Überzeugungen. Ihnen aber gelang es die Massen zu mobilisieren, weil sie sich nicht in irgendwelchen fremdwortartigen Glossen verhedderten, sondern die Grundidee massentauglich zugänglich zu machen verstanden.

Es bedarf eben nicht nur eines Mutigen, der eine Wahrheit ausspricht.
Es bedarf eines Mutigen der sie so ausspricht, dass sie die Mehrheit der Bevölkerung auch kapiert. :)

*edit* Eigene Verheddereien entwirrt ;)
« Letzte Änderung: 21 März 2012, 19:55:14 von messie »
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Eisbär

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #32 am: 21 März 2012, 20:28:08 »

Historiker machen Sinn, weil ich dadurch weiß, daß der philosophische Ansatz Friedrich Engels und Karl Marx', dessen Verwirklichung messie hier "wegweisend" nannte, zu Jahrzehnten mit zig Millionen Toten, zu Leid und Unterdrückung führte. Nicht jede Idee ist es wert, umgesetzt zu werden.

Die Soziologie versucht ja zumindest etwas sinnvolles zu erforschen, die Ergebnisse soziologischer Forschungen sind Grundlagen vieler politischer Entscheidungen und haben dadurch Einfluß auf mich. Soziologen untersuchen z.B. den Mangel von Zivilcourage, die Ursachen und versuchen gegenzusteuern.

Den ganz großen Nachteil hat die Soziologie in der Art zu formulieren, was wiederum ihre größte Gemeinsamkeit mit der Philosophie ist. Philosophie und Soziologie scheinen nicht zufrieden zu sein, wenn in einem Satz nicht mindestens 4 Nebensätze ineinander verschachtelt werden und sie zusätzlich noch so sehr mit Fremdwörtern gespickt werden, daß man am besten Latein und Altgriechisch studiert haben muß, um es annähernd zu verstehen.

Ich treffe meine Entscheidungen für das Verhalten im Straßenverkehr (und auch sonst) übrigens tatsächlich so oft ich kann nach Kants kategorischem Imperativ. Das der entstand ist aber auch mittlerweile ca. 250 Jahre her. Davon ab ist es, so sehr sich Kant auch dagegen verwahrte, auch nur eine verschärfte Form der Goldenen Regel.

Und die 68er Revolte nur auf Adorno und nicht auch und vor allem vorwiegend auf ganz klassische Ursachen (wirtschaftliche und menschlicher Freiheitsdrang) zurückzuführen, halte ich für sehr blauäugig.



Aber die eigentliche Frage hat Kallisti beantwortet (und ausnahmsweise wirklich mal kurz):
Der hüpfende Fleck is, dass Philosophie gerade nicht 1:1 "nützlich", verwertbar, benutzbar is - nicht unmittelbar alltagsanwendbar
q.e.d
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schwarze Katze

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #33 am: 21 März 2012, 21:25:15 »


Auch hier ist die 68er-Bewegung ein gutes Beispiel: Männer wie Rudi Dutschke waren ja nicht doof, sie kannten häufig den philosophischen Überbau ihrer Überzeugungen. Ihnen aber gelang es die Massen zu mobilisieren, weil sie sich nicht in irgendwelchen fremdwortartigen Glossen verhedderten, sondern die Grundidee massentauglich zugänglich zu machen verstanden.

Es tut mir Leid, aber ich muss dich enttäuschen: Ihnen gelang es nicht, die Massen zu mobilisieren, unter anderem auch weil sie nicht die Sprache des Volkes sprachen
Sie mobilisierten nur die Studenten-Massen (also die Gebildeten), der einfache Volk blieb denen fremd und feindlich gesinnt. Das zeigen z. B die Anti-Demos von Bauarbeiter. "Häng Dutschke auf", "Laßt Bauarbeiter ruhig schaffen - kein Geld für langbehaarte Affen" u.s.w.
Schliesslich schoss Arbeiter Bachmann den Dutschke nieder.

Bommi Baumann und Haschrebellen waren bei einfachen Menschen  populärer als Dutschke
« Letzte Änderung: 21 März 2012, 21:39:26 von Black Russian »
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messie

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #34 am: 21 März 2012, 21:59:00 »

Zitat
(...) zu Jahrzehnten mit zig Millionen Toten, zu Leid und Unterdrückung führte. Nicht jede Idee ist es wert, umgesetzt zu werden.

Hmmm - ich denke da etwas anders drüber: Wenn es gerade scheiße ist, dann sollte man etwas anderes versuchen. Dass dieses Andere dann vielleicht noch schlimmer sein kann als der Zustand davor, das ist das Risiko, das schlicht und einfach dazugehört. Es gibt nun einmal nichts geschenkt (nicht einmal den Tod - denn der kostet dich das Leben ;) ).
Wer glaubt, große Umwälzungen risikolos hinzubekommen, der ist in meinen Augen reichlich blauäugig.
Der Wert einer Idee zeigt sich immer erst in der Praxis. Das gilt für jede Idee: Man kann noch so sehr in der Theorie irgendwas testen, wenn's an die Praxis geht, wird immer irgendetwas anders laufen. Irgend etwas, das man nicht einkalkuliert hat.
Denn dazu sind gerade gesellschaftliche Ströme viel zu komplex.


Zitat
Und die 68er Revolte nur auf Adorno und nicht auch und vor allem vorwiegend auf ganz klassische Ursachen (wirtschaftliche und menschlicher Freiheitsdrang) zurückzuführen, halte ich für sehr blauäugig.

Na, genau davon rede ich doch gerade: Dass es zwar klassische Ursachen gibt, es aber Menschen geben muss, die auf dem bestellten Feld dann auch etwas Sinnvolles säen - kombiniert mit einem Überbau an Ideen, die ein schlüssiges, neues Konzept für die Gesellschaft bereithalten.

Im Prinzip sehe ich heute eine ähnliche Situation wie damals in den 60ern: Es schwelt etwas, die Unzufriedenheit steigt.
Dieses Mal allerdings, da gebe ich Black Russian recht, noch sehr viel mehr an der Basis als damals. Damals war es eine nahezu reine Studentenbewegung, heute zieht sich die Unzufriedenheit durch alle Gesellschaftsschichten (mal abgesehen von den Superreichen und der FDP  8) ).
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CubistVowel

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #35 am: 22 März 2012, 09:19:11 »

kommen wir wirklich mal auf ein Basisniveau: erkläre mir bitte, was mir persönlich in meinem Alltag und meiner Lebenswelt die Existenz von Philosophen bringt!

Du liebe Zeit, Eisbär... :o Der Nutzen der Beschäftigung des Einzelnen mit jeder Wissenschaft ist die Horizonterweiterung. Der Blick über den eigenen Tellerrand. Verbesserung und Veränderung des eigenen Weltbilds. Das Erkennen von Graustufen im Schwarz-Weiß-Denken. Das Erlangen von Wissen und vielleicht sogar der einen oder anderen Erkenntnis oder Lösung.

All das halte ich persönlich für ausgesprochen nutzbringend und praktisch, wenn auch für den Einzelnen nicht immer sofort erkenn- und messbar. (Zumindest, lieber Eisbär, habe ich die rein persönliche Erfahrung gemacht, dass Wissen und Horizonterweiterung meinen eigenen Alltag deutlich erleichtern können.) Aber nicht nur sofort Messbares ist real oder wichtig, der gesellschaftliche Fortschritt ergibt sich aus der Gesamtheit von Wissen, Verhalten etc. und besonders aus der Verknüpfung von Wissen aus verschiedensten Bereichen.

edit: Kurz gesagt, ein bisschen Horizonterweiterung hat noch keinem geschadet...^^
« Letzte Änderung: 22 März 2012, 09:24:26 von CubistVowel »
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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #36 am: 22 März 2012, 09:37:21 »

Notwendig sind: Essen, Schlafen, warme Kleidung im Winter, Luft zum Atmen sowie eine gesunde Verdauung. Für den Erhalt der Species noch das Ficken.
Im weiteren Sinne notwendig sind ein Dach über dem Kopf und idealer Weise ein Schutz gegen Übergriffe.

Alles andere ist natürlich nicht notwendig. Je nach persönlichen Wertvorstellungen gibt es folglich Menschen die Behauptungen aufstellen wie
- "auf Drogen kann man verzichten. Es wäre besser, wenn es sie nicht gäbe."
- "auf die GEMA kann man verzichten. Es wäre besser, wenn es sie nicht gäbe."
- "auf Philosophen kann man verzichten. Es wäre besser, wenn es sie nicht gäbe."

Es ist völlig normal, dass Andere das jeweils anders sehen weil sie Drogen / die GEMA / Philosophie gut finden. Das bedeutet aber nicht, dass hieraus eine allgemeine Notwendigkeit ableitbar ist, dass diese Entität Bestand haben muss.
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schwarze Katze

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #37 am: 22 März 2012, 09:42:35 »

Notwendig sind: Essen, Schlafen, warme Kleidung im Winter, Luft zum Atmen sowie eine gesunde Verdauung. Für den Erhalt der Species noch das Ficken.
Im weiteren Sinne notwendig sind ein Dach über dem Kopf und idealer Weise ein Schutz gegen Übergriffe.

Alles andere ist natürlich nicht notwendig. Je nach persönlichen Wertvorstellungen gibt es folglich Menschen die Behauptungen aufstellen wie
- "auf Drogen kann man verzichten. Es wäre besser, wenn es sie nicht gäbe."
- "auf die GEMA kann man verzichten. Es wäre besser, wenn es sie nicht gäbe."
- "auf Philosophen kann man verzichten. Es wäre besser, wenn es sie nicht gäbe."


Darüber kann man auch diskutieren:
Für einem Opiaten-Abhängigen gehört seine Droge (z. B Morphium oder DHM) zur notwendige Sache und damit zur Grundebedürfnis.
Für Asexuelle ist Sex nicht notwendig, sie können darauf gepflegt verzichten
« Letzte Änderung: 22 März 2012, 09:44:31 von Black Russian »
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nightnurse

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #38 am: 22 März 2012, 09:47:34 »

...und nur, weil ich glaube, auf etwas verzichten zu können, bin ich nicht notwendigerweise der Ansicht, es sei besser, wenn es das nicht gäbe.
Außer bei der Gema, natürlich.
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colourize

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #39 am: 22 März 2012, 10:00:44 »

...und nur, weil ich glaube, auf etwas verzichten zu können, bin ich nicht notwendigerweise der Ansicht, es sei besser, wenn es das nicht gäbe.
Selbstverständlich nicht.

Mir zum Beispiel ist es weitgehend gleichgültig, ob es im Supermarkt 30 verschiedene Apfelsorten gibt (als Apfelallergiker kann ich nur gegarte Äpfel essen, folglich würde für mich ein Angebot von vielleicht zwei oder drei Sorten vollkommen ausreichen). Obwohl ich also auf mindestens 27 der dort im Angebot befindlichen Apfelsorten locker verzichten kann - und der Überzeugung bin, dass man den Regalplatz besser ausnutzen könnte als die Hälfte der Obstabteilung ausschließlich durch das umfangreiche Apfelsortiment zu bestücken - erkenne ich an, dass es andere Menschen vermutlich gut finden, dass so viel Platz in der Obstabteilung des Supermarktes für Äpfel drauf geht. Es ist also schon okay für mich, dass es so viele verschiedene Äpfel gibt, auch wenn es mir *persönlich* ziemlich wumpe ist.

Dennoch: ich weigere mich anzuerkennen, dass es *notwendig* sei, dass es ein derart ausdifferenziertes Apfelsortiment gibt.

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Kallisti

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #40 am: 22 März 2012, 11:08:04 »

... ... ...

Kallisti fängt gleich an zu greinen --- ONKEL KENAZ!?! - Was sagst DU denn dazu?!?!?!? !!!

 :D   ;)



Also mal der Reihe nach (versuch ich jedenfalls):

CubistVowel hat es schon mal schön auf den Punkt gebracht

Zitat
Der Nutzen der Beschäftigung des Einzelnen mit jeder Wissenschaft ist die Horizonterweiterung. Der Blick über den eigenen Tellerrand. Verbesserung und Veränderung des eigenen Weltbilds. Das Erkennen von Graustufen im Schwarz-Weiß-Denken. Das Erlangen von Wissen und vielleicht sogar der einen oder anderen Erkenntnis oder Lösung.

All das halte ich persönlich für ausgesprochen nutzbringend und praktisch, wenn auch für den Einzelnen nicht immer sofort erkenn- und messbar. (Zumindest, lieber Eisbär, habe ich die rein persönliche Erfahrung gemacht, dass Wissen und Horizonterweiterung meinen eigenen Alltag deutlich erleichtern können.) Aber nicht nur sofort Messbares ist real oder wichtig, der gesellschaftliche Fortschritt ergibt sich aus der Gesamtheit von Wissen, Verhalten etc. und besonders aus der Verknüpfung von Wissen aus verschiedensten Bereichen.


 :) :) :)



messie

was das angeht

Zitat
Für den Einzelnen ist die Philosophie so sinnvoll wie ein Kropf, für die Gesellschaft aber kann sie dennoch wegweisend sein.

 :o  -- keineswegs!: überflüssig wie ein Kropf (für den Einzelnen)!! Das kommt allerdings, wie wir hier sehr anschaulich vor Augen geführt bekommen, auf den Einzelnen jeweils an! Was das für ein Mensch ist.

Philosophie hat auch mir schon "geholfen", wenngleich man wirklichen "Trost" in "der" Philosophie letztlich vergeblich suchen wird (wer Trost will, muss sich an Religionen wenden).

Was mir persönlich ungemein geholfen hat, ist:

dass ich "dort" erstmals feststellte, dass ich nicht alleine bin - mit meiner Art, auf die Welt zu blicken, das Leben ... zu hinterfragen, überhaupt so viel zu (hinter-) fragen und vor allem zu zweifeln!

dass die Fragen, die mich umtreiben, schon vor vielen vielen vielen Jahren schon viele viele viele andere Menschen beschäftigt haben und dass sie sie aber noch weit präziser und umfangreicher, detaillierter stell(t)en als ich, außerdem noch jeweils ganz neue Aspekte einbrachten (in mein Denken, in meine Sicht der Dinge/Perspektive "auf die Welt, auf das Leben" ...)

Was daran für mich persönlich durchaus also "nützlich" war, war dann doch eine Art "Trost": du bist nicht die Einzige, die so denkt, du bist nicht so verrückt, seltsam ... ... ... wie du aber wohl vielen Menschen erscheinst - es gab Andere (und das: immer wieder!), die fragten genau das Gleiche, die zweifelten genau so wie du! Sie trieben es sogar noch weiter als du mit ihrem Fragen, Suchen, Untersuchen, Nachforschen, Genaunehmen ... ... ... !!!  :) :) :)

Und durch die Beschäftigung mit diesen Ideen, Gedanken, Philosophen ... ergaben sich immer weitere neue und noch mehr und mehr Fragen, noch mehr Neugier, Wissenwollen - warum etwas wie gemeint ist, was gemeint ist, was es bedeutet ...

Nein, das ist doch keinesfalls völlig abstrakt - im Gegenteil - ich bin immer noch der Ansicht, dass (bis auf wenige Ausnahmen!!) man Lebens-Erfahrung(en) erst mal "gesammelt", gemacht haben muss/sollte, um wirklich "philosophieren" zu können, um überhaupt auf diverse Fragen und Zweifel erst zu kommen, daran "zu geraten", um überhaupt diesen "Drang", Wunsch zu haben, "es" wissen zu wollen, weiter zu fragen, weiter zu suchen (natürlich sucht man auch nach Antworten - und ja: man erhält auch immer wieder welche - die liegen einfach so auf dem Weg, wenn man sie denn: sieht, findet, beachtet, erkennt!!) ...

Mit Ausnahme vlt. von Kindern, die tatsächlich (!) mitunter "philosophische" Fragen stellen (können) - aber auch nicht alle ... (also: nicht "grundsätzlich" "philosophieren" Kinder).


Man muss aber einfach wie in jeder Wissenschaft unterscheiden zwischen dem universitären "Betrieb" und Blickwinkel und "Umgang" und dem "alltäglichen" bzw. laienhaften ... - leider wird das gerade in der Philosophie (von "Unerfahrenen") oft nicht differenziert. -> Ein Philosoph ist halt grade kein Philosophaster!

Und so interessant, spannend und "tradiert" gerade die metaphysischen Fragen ... natürlich sind, kann/darf/sollte man Philosophie nicht auf Metaphysik reduzieren (weil sie nicht ausschließlich "Metaphyisk ist" oder behandelt) - genau das aber macht oft der Laie, der, der keine wirkliche Kenntnis von Philosophie hat.


Ich kann nur wiederholen: gerade Logik und Ethik spielen doch in unserem Lebensalltag durchaus eine große Rolle - nur ist das vielen Menschen offenbar gar nicht bewusst!!

Vieles "Ethische" läuft da dann auch unter "Politischer Philosophie" - also Fragen nach Gerechtigkeit (auch zwischenstaatlich, international), dem Staat (der Macht), nach Menschenrechten, nach deren Gültigkeit, nach Ethikbegründung (Meta-Ethik), nach Liberalismus, Kommunitarismus ...


Nur, messie - darf man hier bitte nicht diesen (Denk-) Fehler machen:

Zitat
Philosophen können dazu beitragen, die Phänomene der heutigen Zeit zu durchdringen und zu begreifen, warum dies geschieht. Und wenn nun einer dabei ist der nicht nur erkennt wie hier der Hase läuft sondern auch Lösungsmöglichkeiten anbietet die zufälligerweise praxistauglich sein könnten, dann erhält dies sehr schnell sehr reales Praxiserleben.


Erster Satz - absolut richig! Zweiter Satz: Vorsicht!

Auch wenn man "vor langer Zeit" mal annahm, es sei richtig, dass Philosophen die besten Politiker seien bzw. sein sollten/zu sein hätten - so wird das heute glücklicherweise (!) ganz anders gesehen!

Philosophen sind keine und sollten sich niemals als/zu "Führern" aufschwingen, schon gar nicht einzelne. Sie sollten niemals zu Demagogen werden, sie sollten niemals dem vlt. vorhandenen Wunsch oder Drang nachgeben, etwas (als Einzelner sowieso niemals) "auf die Beine zu stellen", womit sie "Massen" oder "die Mehrheit" mitreißen ... ... ...

Was ich sagen will:
Natürlich braucht es Philosophie in der Politik - immer! Sollte immer ein Bestandteil sein - zur Seite stehen, die Politik durchdringen. Aber niemals geht es dabei um einzelne Menschen, Individuen, sondern immer nur um deren Ideen, um deren Gedanken, um deren Theorien ... ! Um also: die "Sache" - nicht um die Person. Wenngleich man als einzelner Mensch die jeweilige dahinter stehende Persönlichkeit durchaus faszinierend finden und zuweilen auch "bewundern" bzw. verehren kann! :)


Philosophen sind gerade nicht diejenigen, die sich vor breites Publikum stellen und "überzeugen wollen". Wenn, dann nie als einzelne Person, sondern immer soll es die Idee sein, die die Menschen "von sich aus" bewegt bzw. sollen die Menschen selbst aus eigener Einsicht, Erkenntnis, Verstehen diesen Gedanken "mittragen" wollen bzw. eben umsetzen wollen - in ihrem Leben, also auch in ihrem Alltag (was wo jeweils möglich).



Philosophie kann also helfen, aufzuzeigen, was (ethisch bspw.) aus welchen Gründen "angeraten" ist/sein könnte, ws "richtig oder falsch" ist: unter bestimmten Prämissen ... ! (Und dabei gibt es auch nie eine einzige Lösung, Theorie, sondern ganz verschiedene Ansätze, Perspektiven und Begründungen!!!) - Aber sie wird das so niemals bestimmen/festlegen oder einfordern - es muss immer von den Menschen, von einer Gesellschaft selbst ausgehen bzw. getragen und gewollt werden/sein! Es wird niemals die Philosophie sein, die entscheidet - für eine Mehrheit, für eine Gesellschaft!

Und genau das soll sie auch nicht!

Philosophie ist nicht Politik! Ist idealerweise aber "innerer" Bestandteil derselben (neben diversen anderen wichtigen "Bestandteilen" auch!).



Da Philosophie also weit tiefgreifender im menschlichen Leben, Denken verankert und weitreichender ist als Äpfel, die GEMA oder Drogen, kann man sie mit all dem auch nicht in einen Topf werfen. Kullerreis-colourize.

Klar, Kullerreis kann man auch kochen (wie bspw. Äpfel ...  8) ), gibt auch da verschiedene Sorten, die man auch nicht alle lebensnotwendig braucht oder will (die Vollkornvariante bspw. kann meinetwegen gerne auch anderweitigen Regalplatz zur Verfügung stellen, indem sie nicht unnötigerweise eben solchen belegt).


Aber gut - Kullerreis is dann auch eher ein schlecht gewähltes Beispiel - ich meine ... grade und ausgerechnet Reis! ...  :)


Gut, lassen wir dergleichen verwirrende Spitzfindigkeiten an dieser Stelle doch besser beiseite.  ;D   ::)
« Letzte Änderung: 22 März 2012, 11:12:47 von Kallisti »
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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #41 am: 22 März 2012, 11:28:47 »

Zitat
Da Philosophie also weit tiefgreifender im menschlichen Leben, Denken verankert und weitreichender ist als Äpfel, die GEMA oder Drogen, ...

Danke für die vorhergehenden Betrachtungen. Ich möchte aber daran erinnern, daß die Menschen auf jeden Fall schon gegessen, womöglich sogar sich berauscht haben, bevor sie überhaupt zum Philosophieren fähig waren und daß es kaum etwas gibt, das für uns weiterreichende Bedeutung hat als unsere Nahrungsmittel  :)
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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #42 am: 22 März 2012, 11:30:48 »

Kallisti fängt gleich an zu greinen ---

CubistVowel auch.

Ihr wollt doch nicht ernsthaft den Nutzen einer Wissenschaft (welcher auch immer; inzwischen sind wir ja durch die Verneinung des Sinns der Vielfalt bei Apfelsorten irgendwie schon bei der Evolutionsbiologie angelangt) darauf herunterbrechen, ob sie für euer tägliches Fressen, Scheißen und Ficken nutzbringend ist?

Bevor ich mich davon provozieren lasse oder wirklich anfange zu heulen, schließe ich mich lieber Kenaz an: Prost und viel Spaß noch.
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Kallisti

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #43 am: 22 März 2012, 11:35:46 »

CubistVowel \o/

 :D :D :D


Merci  :) - ich hätte es nie besser ausdrücken können!
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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #44 am: 22 März 2012, 11:53:59 »

Menno, Cubist Vowel...

Daß Philosophie einen Nutzen hat / haben kann, streite ich gar nicht ab.
Es wurde aber die These aufgestellt, sie sei notwendig (siehe Threadtitel) - was ja nochmal etwas anderes ist. Man kann Philosophie mit persönlichem und sogar allgemeinem Gewinn betreiben - aber daß es ohne sie nicht ginge, wäre noch zu erklären.
Die meisten Wissenschaften haben ihren unzweifelhaften Nutzen und ohne sie sähe die Welt anders aus - aber es gäbe die Welt auch ohne sie.


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