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Autor Thema: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart  (Gelesen 21720 mal)

RaoulDuke

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #15 am: 19 März 2012, 21:06:59 »

Mein Philo-Lehrer beim Abi meinte "es geht in der Philosophie nur darum Fragen zu stellen. Die Beantwortung dieser Fragen ist hier völlig irrelevant. Hauptsache es wird gefragt und dann so lange diskutiert bis neue Fragen entstehen."

Das wäre dann eine wirklich sinnlose Wissenschaft. Das bringt ja niemanden voran und zudem bekommt man davon Kopfschmerzen...
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Sapor Vitae

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #16 am: 19 März 2012, 21:33:57 »

Mein Philo-Lehrer beim Abi meinte "es geht in der Philosophie nur darum Fragen zu stellen. Die Beantwortung dieser Fragen ist hier völlig irrelevant. Hauptsache es wird gefragt und dann so lange diskutiert bis neue Fragen entstehen."

Das wäre dann eine wirklich sinnlose Wissenschaft. Das bringt ja niemanden voran und zudem bekommt man davon Kopfschmerzen...

Voll unwissenschaftlich und so, aber Wikipedia weiß ja immer Antwort ;)

Zitat von: de.wikipedia.org
In der Philosophie wird versucht, die Welt und die menschliche Existenz zu deuten und zu verstehen.
Und ich finde Verstehen und Deuten klingt eindeutig danach, dass man Fragen nicht nur stellen, sondern auch beantworten will.

Die Sendung werde ich mir sicher noch ansehen.
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Es ist nicht notwendig, verrückt zu sein,
aber es hilft.

Kallisti

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #17 am: 20 März 2012, 11:17:16 »

Also ich versuch dann auch mal kurz - auch auf die Gefahr hin, mich sehr wahrscheinlich zu wiederholen.

Erst mal @Eisbär ist Philosophie meiner Ansicht nach nicht dazu da, die Frage nach dem Sinn des Lebens zu beantworten. Weil das gar nicht möglich ist.

(Es kann nämlich sein, dass diese Frage doch jeweils ausschließlich individuell beantwortet werden kann - wenn ... oder aber: es darauf tatsächlich gar keine Antwort gibt - weil schon die Frage falsch (gestellt) ist!)

Philosophie kann aber innerhalb des Lebens (von Menschen) helfen, die richtigen Fragen zu stellen und verschiedene Perspektiven aufzuzeigen, um dann gemeinsam mit anderen (Wissenschaften) Antworten zu finden bzw. "Richtlinien", Orientierung, Richtung zu geben, aufzuzeigen - dabei vor allem: bewusst zu machen, warum man (wer ...) welchen Weg geht oder gehen sollte und warum welchen besser nicht ...

Und dann kommt da das Hinterfragen wiederum ins Spiel:

Warum soll man dies und jenes tun bzw. wollen und anderes nicht?
Für wen ist jeweils was "gut", richtig und warum - und ist es sinnvoll bzw. angeraten, etwas im Sinne einer Mehrheit zu tun, zu deren "Wohlergehen" und warum oder warum nicht?

Naja. Also Philosophie ist aber nicht nur Ethik (die Fragen nach Recht und Unrecht beinhaltet, behandelt und zu begründen sucht ... und wiederum Normen auch hinterfragt, auf den Prüfstand stellt ...), sondern beinhaltet also auch Wissenschafts- und Erkenntnistheorie:

Was kann man (Mensch) wissen? Wie kann man sich sicher sein - kann man? - es zu wissen? Was ist Wissen und Erkenntnis überhaupt (was zeichnet sie aus ...), wie/wodurch/womit kann man sie erlangen ...?

Wie soll man (Mensch) dann mit dieser Erkenntnis, diesem Wissen umgehen und warum so oder so oder nicht auf eine bestimmte Art ...? (Ja, ist wieder Ethik)

Was bedeuten Wörter, was steht hinter einem Begriff (eine Idee, ein Gedanke ...), wie gebrauchen wir Sprache und welchen Zweck hat welcher Sprachgebrauch?

Was ist wahr, was ist falsch und warum jeweils (= Logik).

Wie ist das Verhältnis zwischen unserem Bewusstsein und dem Anderer (das sogenannte "Fremdpsychische", das Verhältnis zum "Du", zum Anderen und die Folgen daraus)? (Ja, das ist auch ein Gebiet der Philosophie, nicht ausschließlich der Psychologie.)

Und dann überhaupt die ganz großen Fragen nach dem Bewusstsein, nach Willensfreiheit, überhaupt nach Freiheit ...

... und nicht zuletzt die "Frage" nach dem bzw. das Problem des Todes.


Das ist so ganz grob, eng und kurz gefasst, worum es in der Philosophie geht. Und jeder einzelne Bereich ist dabei eine Welt für sich!!! :)  Die es zu erkunden gilt, auf die man neugierig sein kann, die man erforschen, verstehen (lernen) will ... ! :)

Gibt dann noch die Ästhetik, aber das war noch nie so ganz wirklich meins - nur so im Zusammenhang mit den anderen Gebieten (gestreift) ...  ;D


Was die Frage nach dem Sinn des Lebens anbelangt:

Antwort: wird seriöse Philosophie darauf kaum geben (können und wollen!) - eher helfen, die Frage besser zu verstehen! Was hinter ihr steht, was damit gemeint ist, was alles sie beinhaltet (auf eben: das menschliche Leben insgesamt, auch auf die Geschichte und dann auf das Individuum bezogen).

Und vielleicht wird Philosophie verstehen helfen, warum es auf diese Frage keine wirkliche (zufriedenstellende, endgültige, gar: richtige/wahre Antwort) geben kann.

Antwort auf diese Frage kann nur die Religion bzw. der Glaube geben - und gibt sie auch!!! Leider.  ;)


RaoulDuke

... dein Beispiel ist für mich auch etwas eher "ungriffig". ;)

Aber man findet ja im "normalen Leben" und Alltag durchaus Bereiche, in denen Ethik eine Rolle spielt, wichtig ist - in der Medizin, in der Wirtschaft, im Krieg (da allerdings sucht man sie zuweilen vergeblich), im Umgang mit Schwächeren, Unterlegenen (Menschen und Tieren), in der Forschung (man denke bspw. aktuell an die Nanotechnologie ...).

« Letzte Änderung: 20 März 2012, 11:23:00 von Kallisti »
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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #18 am: 20 März 2012, 15:00:22 »

hmmm.... yes, truly perspective of knowledge are unlimited there... ...  :)

Eisbär

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #19 am: 21 März 2012, 13:25:35 »

Aber selbst "so jemand" vermag Eisbär nicht den Sinn bzw. die Bedeutung, die Wichtigkeit und Notwendigkeit von Philosophie (heutiger) darzulegen bzw. will er das einfach nicht einsehen ...
Sorry, aber weil ein BWLer (die nach Esoterikkursen das unnützeste sind, was man an Universitäten findet) auf den Trichter kommt, daß seine Disziplin keine exakte Wissenschaft ist (wer mich kennt, weiß, daß ich das über Ökonomie sage, seit ich mich das erste mal damit beschäftigt habe), ist das kein Argument dafür, daß wir plötzlich Philosophen brauchen.

Kallisti, Philosophen findet man in der Öffentlichkeit heutzutage bestenfalls in Polittalksendungen, in denen sie gepflegt die gleiche Scheiße labern, wie Politiker, Juristen oder irgendwelche Schauspieler, die aus mir unerfindlichen Gründen in solche Sendungen geladen werden.
Im übrigen muß ich, um ethisch zu denken, um mir meine Gedanken zu verschiedenen ethischen Fragen zu machen, nicht Philosophie studiert haben.

Und wie ich schon anderswo bemerkte:
wie sehr Philosophen heutzutage gefragt sind, sieht man an der Zahl an Stellenanzeigen mit dem Titel "PhilosophIn gesucht".
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muh-nix-user

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #20 am: 21 März 2012, 13:36:56 »

ein gutes beispiel, für die notwenigkeit ist hier zu sehen

https://www.youtube.com/watch?v=NB_cmF271lo
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Kallisti

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #21 am: 21 März 2012, 14:22:31 »

 ::)  ... Gegen derartig selbstgerechte, horizontenge Borniertheit is einfach kein Kraut gewachsen.

Es geht nicht darum, Eisbär, dass

Zitat
ein BWLer (die nach Esoterikkursen das unnützeste sind, was man an Universitäten findet) auf den Trichter kommt, daß seine Disziplin keine exakte Wissenschaft ist
(Eisbär)

aber z.B. diese Aussage zeigt, dass du wirklich nicht ansatzweise verstanden hast, was dieser "BWLler" in der Sendung sagte ... - und worum es also geht ...

Hast du schon jemals ein "philosophisches Fachbuch" gelesen? Hast du auch nur die geringste Ahnung, worum es in universitärer (dort gelehrter) Philosophie geht (und der Begriff umschließt ja nun wirklich ein weites Feld - siehe was ich oben dazu stichwortartig schrieb)? - Wohl kaum, sonst würdest du nicht derartiges Stammtischgalama von dir geben.

Du "kennst" also Philosophen ausschließlich aus "Polittalksendungen", in denen sie Zitat: "gepflegt Scheiße labern"?

Und du bemisst die Notwendigkeit von Philosophie oder "Philosophie Betreibenden" an der Anzahl der Stellengesuche bzw. -angebote in Zeitungen? ?!? ? ? ?


... Ich sach ja: gegen solche Ungebildetheit, gepaart mit erheblichem Mangel an geistiger Beweglichkeit und unhaltbaren Vorurteilen - das Ganze noch im Brustton der Selbstgerechtigkeit und Überheblichkeit vorgebracht - ist kein Kraut gewachsen.

Es gibt einfach Menschen, die können nicht über ihren Zaun gucken - infolgedessen wollen sie es auch nicht. So einfach is das. Leider, ja.

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RaoulDuke

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #22 am: 21 März 2012, 14:37:14 »

Sorry, aber weil ein BWLer (die nach Esoterikkursen das unnützeste sind, was man an Universitäten findet)[...]

Unterschätze die BWLer mal nicht. Es gibt zwar die Lari-Fari-Brabbel-Brabbel-Sorte davon, aber da gibt es auch noch die anderen. Ein paar von den Jungs sind echt nicht ganz ohne, und auch nicht schrecklich uninformiert.
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Eisbär

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #23 am: 21 März 2012, 15:22:03 »

Ok... Kallisti

kommen wir wirklich mal auf ein Basisniveau: erkläre mir bitte, was mir persönlich in meinem Alltag und meiner Lebenswelt die Existenz von Philosophen bringt!
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nightnurse

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #24 am: 21 März 2012, 15:31:48 »

Mir bitte auch.
Bisher hatte ich nicht den Eindruck, Philosophie sei für mein Leben besonders notwendig, aber vielleicht liege ich da falsch.
Und vielleicht hat auch jemand noch andere Beispiele als Herr Duke, denn das geistige Rüstzeug für den (meinen) Umgang mit dem Todesstrahlen-Problem hatte ich so ungefähr nach der Lektüre von zwei Kinderbüchern von Erich Kästner zusammen.
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RaoulDuke

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #25 am: 21 März 2012, 15:36:31 »

vielleicht hat auch jemand noch andere Beispiele als Herr Duke, denn das geistige Rüstzeug für den (meinen) Umgang mit dem Todesstrahlen-Problem hatte ich so ungefähr nach der Lektüre von zwei Kinderbüchern von Erich Kästner zusammen.

... ich muss dringend an der Qualität meiner Beispiele arbeiten. :)
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RaoulDuke

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #26 am: 21 März 2012, 16:06:05 »

Mir bitte auch.
Bisher hatte ich nicht den Eindruck, Philosophie sei für mein Leben besonders notwendig, aber vielleicht liege ich da falsch.
Und vielleicht hat auch jemand noch andere Beispiele als Herr Duke, denn das geistige Rüstzeug für den (meinen) Umgang mit dem Todesstrahlen-Problem hatte ich so ungefähr nach der Lektüre von zwei Kinderbüchern von Erich Kästner zusammen.

So, und nochmal ein Anlauf. Diesmal hoffentlich etwas konkreter und auch nicht nur mit Fragen.

Mehr Beispiele:

1

Du hältst Dich offensichtlich an (manche) Gesetze. An anderer Stelle schreibst Du, Die Straßenverkehrsordnung sei kein pick-and-mix. Warum hältst Du Dich denn insgesamt daran und machst nicht pick-and mix, so dass Du halt nicht erwischt wirst aber sonst interessiert es Dich nicht?

Mögliche Antwort: Kants kategorischer Imperativ („Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“).

2

So um '68 des vorigen Jahrhunderts rum hab es da eine kleine Studentenbewegung, die das Wertesystem und die Gesellschaftsordnung ihrer Zeit attackierte. Die Folge dieser Bewegung war neben den politischen Auswirkungen, die ja auch nicht ganz ungravierend waren (nein, sie waren massiv!) auch ein Paradigmenwechsel im Kulturellen, von Mode über Musik bis zur Entstehung neuer Subkulturen, die sich entwickeln sollten.

Mit Sicherheit ein Mitverursacher war Theodor Adorno, ein Philosoph der die "Kritische Theorie" vertrat. Ein zentrales Werk ist dabei die Dialektik der Aufklärung, das bereits 1947 erschien.

Die Welt in der wir leben ist, mal ganz abgesehen von todesstrahlenbehafteten Entscheidungsproblemstellungen, das Ergebnis des Handelns von Menschen, die sich zumindest teilweise etwas dabei gedacht haben. Sie haben Ideologien angehangen, an Religionen geglaubt, Ideen gehabt. Und die Philosophie beschäftigt sich, zumindest nach meinem Verständnis, intensiv mit dem Umgang mit letzteren.
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nightnurse

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #27 am: 21 März 2012, 16:22:09 »

Oke...mit den 68ern scheinen wir immerhin ein Beispiel dafür zu haben, daß Philosophie etwas bewirken kann, nicht nur in Köpfen, sondern auch in der Praxis. Was aber noch nicht ihre Notwendigkeit belegt  :)

Das mit der Straßenverkehrsordnung ist leider etwas komplizierter, weil ich (natürlich...) auch picke und mixe (ich bin nicht deutsch genug, morgens um 4 mit dem Fahrrad an der roten Fußgängerampel stehenzubleiben. Mit dem Auto auf der Straße hingegen bliebe ich stehen. Die Strafe für Erwischtwerden ist in beiden Fällen ähnlich).
Ich habe das noch nie so tiefschürfend analysiert, muss ich sagen...vielleicht ein bißchen idiosyncrasy* mit ein bißchen Kant (wenn alle morgens um 4 auf menschenleerer Straße bei Rot über die Ampel führen...machte das auch nix).
Mal nachdenken.


* ich weiss kein deutsches Wort für das, was die Anglophonen damit meinen...und wenn man im Deutschen "Idiosynkrasie" sagt, meint man üblicherweise was anderes.
*fasel*


(edited for Wahrscheinlichkeitseinräumung, weil ich mich mit der 68er Studentenbewegung nicht genug auskenne)
« Letzte Änderung: 21 März 2012, 16:38:15 von nightnurse »
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messie

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #28 am: 21 März 2012, 18:15:53 »

Ich denke, dass die Philosophie immer dann hochaktuell ist und wird, sobald es um gesamtgesellschaftliche Fragen geht.

Zum Beispiel der Kommunismus: Man mag ihn als gescheitertes Modell ansehen, aber im Grunde genommen wurde hier ein gesellschaftstheoretisches Konstrukt erst aus philosophischer Perspektive auf die Beine gestellt, um dann von anderen Personen, die dies aufgriffen, dann in die Praxis zu tragen, Fürsprecher politischerseits zu gewinnen und damit dann komplette Gesellschaften von Grund auf umzukrempeln!

Friedrich Engels, der Begründer dieser Idee, war Philosoph. Seine Schriften wurden von Karl Marx aufgegriffen, der diese Idee in etwas alltagstauglichere Sprache übersetzte. Dies wiederum griff dann Lenin auf, der den Kommunismus dann endgültig "hoffähig" machte.
(Ja, ich weiß, ist stark vereinfacht, es geht mir hier aber lediglich darum aufzuzeigen, dass das Ganze seinen Ursprung aus einer philosophischen Denke heraus hatte)

Das bedeutet: Für den Einzelnen ist die Philosophie so sinnvoll wie ein Kropf, für die Gesellschaft aber kann sie dennoch wegweisend sein. Dann eben, wenn sie von Nichtphilosophen, die über den philosophischen Tellerrand vermögen zu sehen, aufgegriffen wird und deren beste Ideen praxistauglich ummodellieren.

Gerade zur Zeit kippt die (kapitalistische) Gesellschaft ja sehr: Wenige Reiche werden immer reicher, Arme immer ärmer - und lassen sich von den Armen, wenn sie ihren Reichtum durch eigene Dummheit verlieren, auch noch retten: Siehe Banken - "notleidende Banken" war ein Unwort des Jahres, gerade jene Vorstände, deren Banken "notleidend" waren, haben sich inzwischen schon wieder fette Gehaltserhöhungen spendiert - auf dem Rücken von Steuerzahlern, die dies finanzieren mussten und von Sozialhilfeempfängern, deren Gelder gekürzt wurden, um diesen Menschen helfen zu können.

Philosophen können dazu beitragen, die Phänomene der heutigen Zeit zu durchdringen und zu begreifen, warum dies geschieht. Und wenn nun einer dabei ist der nicht nur erkennt wie hier der Hase läuft sondern auch Lösungsmöglichkeiten anbietet die zufälligerweise praxistauglich sein könnten, dann erhält dies sehr schnell sehr reales Praxiserleben.

Bewegungen wie die Occupy-Bewegung, die Anti-ACTA-Bewegung oder auch der Wunsch nach bürgerlicher Freiheit, wie ihn die Piraten propagieren und diese wählerstark macht, haben derzeit alle -noch?- ein Problem: Es werden die Missverhältnisse angeprangert, aber wie sich die Gesellschaft so umbauen lässt, damit die derzeitigen Missverhältnisse aufgehoben werden und wieder soziale Gerechtigkeit und damit wieder sozialer Frieden einkehrt, da wird derzeit noch nichts angeboten.

Ein "wir wollen nicht dass die da oben so weitermachen, sie sollen damit aufhören" ist eine gute und richtige Forderung, sie löst aber nicht das Grundproblem, wie sich eine Gesellschaft umbauen lässt, sodass solche Auswüchse qua System dann erst gar nicht mehr entstehen können.

Genau hier fehlt es -noch- an Visionen. An einer Idee.
Just dies, so eine Idee, ist das, was große Philosophen geliefert hatten: Der theoretische Überbau über das, das später ganze Gesellschaften umgekrempelt hat - und zwar von Grund auf.

Ich wüsste nicht, dass die Philosophen von heute bereits so eine Idee hätten (wenn man jetzt von jener des bedingungslosen Grundeinkommens absieht, an die ich persönlich aber nicht so recht glauben mag). Genau diese aber zu erarbeiten, das halte ich heute für eine der, wenn nicht gar die zentrale Frage unserer Gegenwart.
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Kallisti

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #29 am: 21 März 2012, 18:18:11 »

Kinners - ich bin fix und alle (wie immer) und habe Hunger und brauche SCHLAF - dringend.

Aber kurz:

Der hüpfende Fleck is, dass Philosophie gerade nicht 1:1 "nützlich", verwertbar, benutzbar is - nicht unmittelbar alltagsanwendbar (obwohl - doch ... eigentlich schon: Stichworte Sprachspiel, Ethik/Normen ...).

Das is halt nich wie: ich geh zum Arzt, der gibt mir Tabletten. Ich geh zum Mechaniker, der repariert mein Auto (wenn ich eines hätte). Ich kauf ein paar Eier und zu Hause wird in null komma nix Rühr-, Spiegel- oder sonst eine Eierei draus.

Comprende, amigo? ---> Eisbär?

Philosophie ist eine Geisteswissenschaft.

Erklär mir doch bitte mal den unmittelbaren Nutzen/Alltagsverwendung und -verwertbarkeit von Geschichte oder Soziologie - also

Zitat
erkläre mir bitte, was mir persönlich in meinem Alltag und meiner Lebenswelt die Existenz von Philosophen bringt!
(Philosophen durch Historiker oder Soziologen ersetzen)

?


Ich fürchte, dir persönlich in deinem Alltag bringen die alle nix.  ::)
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