Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?  (Gelesen 7959 mal)

Killerqueen

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Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?
« Antwort #45 am: 09 Juni 2006, 06:37:23 »

Zitat von: "Lakastazar"
muss ich doch bei der Aussage mal die polemische Keule auspacken:

Was soll man denn jetzt bitte schön tun, um diese Leute doch zu ihrem "glück" zu zwingen?

Deportation und Zwangsarbeit wieder einführen!?

Bin zwar unter Zeitdruck, aber Zeit dazu, die Keule wieder wegzustecken und den Realismus wieder einziehen zu lassen, ist noch. ;)

Klar, es kann wohl kaum jemand, der das nie gemacht hat, nachvollziehen, was es tatsächlich bedeutet, seine Heimat zu verlassen; und ich weiß zumindest wovon ich da rede.

Ich würde ja auch niemanden zu dieser letzten Konsequenz des Umzugs zwingen, so lange es noch Alternativen gibt.

So gesehen z. B. bei einem mir bekannten Ingenieur aus Sachsen; wohnhaft mit Familie zwischen Chemnitz und Dresden, Arbeit in Husum. Der gute Mann pendelt jedes Wochenende. Das ist zwar nicht gerade sein Traum, aber er hofft eben, dass er damit die Zeit gut überbrücken kann, bis sich auch in Sachsen wieder ein Job auftut.

Und Airbus wäre, auch für einen Bayern, weiß Gott nicht grade die schlechsteste Referenz im Lebenslauf.[/color]
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Thomas

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Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?
« Antwort #46 am: 09 Juni 2006, 11:43:19 »

Zitat von: "colourize"

Die Antwort auf diese Frage gibt das kapitalistische System selbst. Wenn keiner die Arbeit zu dem dafür gebotenen Lohn erledigen will, dann entsprich der Lohn für diese Tätigkeit nicht dem Marktwert. Der Arbeitgeber muss folglich also mehr zahlen, dann findet sich auch Jemand der den Job macht.

Theoretisch richtig.Nur ergibt sich da allerdings das Problem, das die Welt leider voll von Menschen ist, die irgendwelche Drecksjobs für Ein Euro pro Stunde oder weniger machen würden.

Sämtliche Arbeitnehmer aus den dritte-Welt-Ländern dürften nämlich nur die Alternative zwischen Arbeiten oder betteln bzw. verhungern haben.Die haben leider keine Möglichkeit, sich für bestimmte Jobs oder Bezahlungen zu schade sein zu können.
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Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?
« Antwort #47 am: 09 Juni 2006, 12:18:03 »

Zitat von: "Killerqueen"


Klar, es kann wohl kaum jemand, der das nie gemacht hat, nachvollziehen, was es tatsächlich bedeutet, seine Heimat zu verlassen; und ich weiß zumindest wovon ich da rede.

Ich würde ja auch niemanden zu dieser letzten Konsequenz des Umzugs zwingen, so lange es noch Alternativen gibt.

So gesehen z. B. bei einem mir bekannten Ingenieur aus Sachsen; wohnhaft mit Familie zwischen Chemnitz und Dresden, Arbeit in Husum. Der gute Mann pendelt jedes Wochenende. Das ist zwar nicht gerade sein Traum, aber er hofft eben, dass er damit die Zeit gut überbrücken kann, bis sich auch in Sachsen wieder ein Job auftut.

Und Airbus wäre, auch für einen Bayern, weiß Gott nicht grade die schlechsteste Referenz im Lebenslauf.[/color]


gebe ich KQ vollkommen Recht, und ich weiss worüber ich rede: bin nicht nur ausgewandert, sondern auch innerhalb Deutschland umgezogen.

Aber was soll`s; wenn ich nochmals zwischen Arbeitslosigkeit und Umzug entscheiden muss, dann wähle ich wieder Umzug, auch wenn das erste Zeit Einsamkeit bedeutet. Mein erste Jahr in Hamburg war auch verdammt einsam.
Und Langzeitarbeitslosigkit führt auch früher oder später zu Einsamkeit, man hat nicht mehr die finanziellen Möglichkeit an aktiver Leben teilzunehmen, die alte Bekannten distanzieren sich, irgendwann haben auch die mesiten Freunde Jammern satt..so ist es eben, und das ist auch Grund dafür, dass die Leute absturzen und lieber Leidensgenossen an Kiosk aussuchen.

Und jetzt zurück zu Anfangsfrage:
"Hartz IV-Missbrauch gerechtfetigt?"

ich persönlich werde es nicht tun, weil diese Land hat mich aufgenommen hat.  Es wäre mir peinlich genug, von Führsorge leben zu müssen. Aber vielleicht war ich nie unten genug, ich kann nicht vorstellen, was in Köpfen von Menschen abgeht, die jahrzehten von Stütze leben. Diese Erfahrung möchte ich auch keinsefalls machen :evil:

Aber ich kann es verstehen, dass die Leute es tun. Warum auch nicht, wenn die Obere auch abziehen, wo es nur geht und dann straffrei davon kommen. Der Erfinder von HARTZ IV , Herr Peter Hartz, ist so ein toller Beispiel dafür. Wir haben so ein deftiger Moralschwund in Oberschicht, dass wir uns nicht wundern sollen, wenn Unterschicht es nachmacht.
Wir haben keine Vorbilder mehr, und wenn Politiker, die selbst ihre Diäten erhöhen und nur an ihre Vorteil denken,  die Almosenempfänger zu Anstand auffordern, dann kann ich nur lachen
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colourize

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Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?
« Antwort #48 am: 09 Juni 2006, 12:53:40 »

Zitat von: "Thomas"
Zitat von: "colourize"

Die Antwort auf diese Frage gibt das kapitalistische System selbst. Wenn keiner die Arbeit zu dem dafür gebotenen Lohn erledigen will, dann entsprich der Lohn für diese Tätigkeit nicht dem Marktwert. Der Arbeitgeber muss folglich also mehr zahlen, dann findet sich auch Jemand der den Job macht.

Theoretisch richtig.Nur ergibt sich da allerdings das Problem, das die Welt leider voll von Menschen ist, die irgendwelche Drecksjobs für Ein Euro pro Stunde oder weniger machen würden.

Sämtliche Arbeitnehmer aus den dritte-Welt-Ländern dürften nämlich nur die Alternative zwischen Arbeiten oder betteln bzw. verhungern haben.Die haben leider keine Möglichkeit, sich für bestimmte Jobs oder Bezahlungen zu schade sein zu können.

... richtig, aber wir sind hier in Deutschland. Wenn ein Arbeitgeber *hier* einen Job zu vergeben hat und die Stelle nicht zu dem Lohn besetzt kriegt, den er zu zahlen bereit ist, dann ist das nicht die Schuld der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat zwei Möglichkeiten:

a) er sucht sich in "Belgisch-Kongo" einen Neger, der den Job zu den Konditionen macht, die der ausbeutende Kapitalist zu zahlen bereit ist.

b) er bleibt in Deutschland und zahlt mehr Lohn.

Wenn Arbeitgeber und Politiker jammern, dass hier in Deutschland niemand für 2 Euro Fuffzich zum Spargel stechen bereit ist, dann handelt es sich bedauerlicher Weise um einen Job, den man nicht ins Ausland verlegen kann, oder um einen Job, den man nicht ins Ausland verlegen *will* (d.h. der Arbeitgeber möchte sich nicht zwischen Option a und b entscheiden). Widerum ist das nicht das Problem der Arbeitnehmer, auch wenn unsere Politiker das zum Problem der Arbeitnehmer machen wollen ("faule Arbeitslose"), nur weil man sich hierzulande weigert für einen Hungerlohn eine Drecksarbeit zu verrichten.
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colourize

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Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?
« Antwort #49 am: 09 Juni 2006, 12:59:00 »

Zitat von: "Black Russian"
gebe ich KQ vollkommen Recht, und ich weiss worüber ich rede: bin nicht nur ausgewandert, sondern auch innerhalb Deutschland umgezogen.

Aber was soll`s; wenn ich nochmals zwischen Arbeitslosigkeit und Umzug entscheiden muss, dann wähle ich wieder Umzug, auch wenn das erste Zeit Einsamkeit bedeutet.

Ja, so wars bei mir vor einigen Jahren auch, aber ganz ehrlich: EIGENTLICH finde ich das totale scheisse. Wenn ein Mensch nicht wegziehen will und nicht bereit ist, nur für einen Job sein soziales Umfeld aufzugeben und in Einsamkeit zu leben, dann kann ich das sehr gut verstehen.

Ich selbst bin zwar auch für meinen Job innerhalb Deutschlands umgezogen, aber ich würde das nicht für jeden Scheissjob machen. Sprich: Entweder müssen gute Karriereaussichten bzw. Weiterqualifikation oder zumindest eine überdurchschnittlich gute Bezahlung gewährleistet sein, damit ich mein soziales Umfeld für eine Arbeitsstelle zu verkaufen bereit bin. Für irgendeinen beliebigen Ausbeuterdrecksjob würde ich das jedenfalls nicht machen.
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Jinx

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Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?
« Antwort #50 am: 09 Juni 2006, 13:09:18 »

Vielleicht sollten wir nochmal erwähnen, dass es hier weniger um Missbrauch, sondern um Ausschöpfen der Möglichkeiten geht. Wenn eine Regierung jahrelang an etwas herumdoktort, Millionen für X Ausschüsse ausgibt, in der "Fachleute" eine Reform wie Hartz IV entwerfen, würde ich schon erwarten, dass das besser funktioniert als es momentan der Fall ist. Missbrauch ist immer noch, wenn man sich z. B. unter falschen Angaben Leistungen erschleicht, die einem nicht zustehen. Hier geht es lediglich um Leute, die die MÖglichkeiten ausschöpfen. Und das ist - momentan noch - ihr gutes Recht. Wenn das dem Gesetzgeber nicht passt, soll er es ändern, aber nicht tränendrüsig eine Anständigkeit einfordern, die er selbst nicht hat.

Zum Thema "Arbeiten für 1 Euro": Würde ich auch nicht tun. Wäre ich HartzIV-Empfänger, bliebe mir keine Wahl, da ich bei Ablehnung mit Leistungskürzungen bedroht würde, die mein Einkommen weit unter das Existenzminimum treiben würden.

Noch ein anderes Detail zu HartzIV: würde mein Lebesgefährte zum HartzIV-Empfänger, würde er nicht einen Euro sehen, da mir als "in ehelicher Gemeinschaft lebender" Partnerin sein Unterhalt aufgebürdet würde, was für mich zwar möglich, aber nicht immer ganz einfach wäre als Freiberuflerin - umgekehrt gälte das natürlich auch. Klar, mache ich doch gerne. Aber wenn es um Steuerzahlungen geht, sind wir keine Lebensgemeinschaft mit eheähnlichem Charakter mehr, sondern zwei Fremde, die zufällig eine gemeinsame Wohnungstür nutzen. Wieso eigentlich? Entweder wir sind 'ne eheähnliche Gemeinschaft oder nicht, aber bitte nicht so, wie es dem Gesetzgeber gerade kommod erscheint.
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Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?
« Antwort #51 am: 09 Juni 2006, 13:17:32 »

Ich bin verdammt froh, daß es für meinen Job in der Seefahrt sch***egal ist, wo ich wohne. :roll:

Allerdings muß man mal sagen, daß der Herr Beck nicht anprangerte, daß da Leute, die am Existenzminimum leben, versuchen das letzte aus Hartz IV herauszuholen (den bleibt auch nicht wirklich was anderes übrig), sondern daß es da u.a. junge Menschen gibt, die frisch nach dem Schulabschluß in eine andere Wohnung ziehen, die sie dann nicht über einen Job u.ä. finanzieren, sondern über Hartz IV.
Die könnten wirklich bis zur Ausbildung, zum Studium oder während des Wehr-/Zivildienstes mietfrei weiter bei den Eltern wohnen.
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Thomas

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Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?
« Antwort #52 am: 09 Juni 2006, 14:12:09 »

Zitat von: "colourize"
... richtig, aber wir sind hier in Deutschland. Wenn ein Arbeitgeber *hier* einen Job zu vergeben hat und die Stelle nicht zu dem Lohn besetzt kriegt, den er zu zahlen bereit ist, dann ist das nicht die Schuld der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat zwei Möglichkeiten:

a) er sucht sich in "Belgisch-Kongo" einen Neger, der den Job zu den Konditionen macht, die der ausbeutende Kapitalist zu zahlen bereit ist.

b) er bleibt in Deutschland und zahlt mehr Lohn.

Wenn Arbeitgeber und Politiker jammern, dass hier in Deutschland niemand für 2 Euro Fuffzich zum Spargel stechen bereit ist, dann handelt es sich bedauerlicher Weise um einen Job, den man nicht ins Ausland verlegen kann, oder um einen Job, den man nicht ins Ausland verlegen *will* (d.h. der Arbeitgeber möchte sich nicht zwischen Option a und b entscheiden). Widerum ist das nicht das Problem der Arbeitnehmer, auch wenn unsere Politiker das zum Problem der Arbeitnehmer machen wollen ("faule Arbeitslose"), nur weil man sich hierzulande weigert für einen Hungerlohn eine Drecksarbeit zu verrichten.

Realität ist aber (um gerade mal das Spargel-Stech-Beispiel zu nehmen), das die Arbeitgeber gar keine deutschen Arbeitslosen mehr wollen - die haben nämlich ausreichend motivierte Polen, die die Arbeit für das gebotene Gehalt machen ohne zu murren, und sogar noch jedes Jahr wiederkommen.

Zitat von: "colourize"
Wenn ein Mensch nicht wegziehen will und nicht bereit ist, nur für einen Job sein soziales Umfeld aufzugeben und in Einsamkeit zu leben, dann kann ich das sehr gut verstehen.
Verstehen kann ich das auch, ich werde bis auf weiteres auch sicher nicht der Arbeit wegen umziehen.

Zitat von: "Jinx"
Vielleicht sollten wir nochmal erwähnen, dass es hier weniger um Missbrauch, sondern um Ausschöpfen der Möglichkeiten geht. Wenn eine Regierung jahrelang an etwas herumdoktort, Millionen für X Ausschüsse ausgibt, in der "Fachleute" eine Reform wie Hartz IV entwerfen, würde ich schon erwarten, dass das besser funktioniert als es momentan der Fall ist. Missbrauch ist immer noch, wenn man sich z. B. unter falschen Angaben Leistungen erschleicht, die einem nicht zustehen. Hier geht es lediglich um Leute, die die MÖglichkeiten ausschöpfen. Und das ist - momentan noch - ihr gutes Recht. Wenn das dem Gesetzgeber nicht passt, soll er es ändern, aber nicht tränendrüsig eine Anständigkeit einfordern, die er selbst nicht hat.

Exakt.

Zitat von: "Jinx"
Noch ein anderes Detail zu HartzIV: würde mein Lebesgefährte zum HartzIV-Empfänger, würde er nicht einen Euro sehen, da mir als "in ehelicher Gemeinschaft lebender" Partnerin sein Unterhalt aufgebürdet würde, was für mich zwar möglich, aber nicht immer ganz einfach wäre als Freiberuflerin - umgekehrt gälte das natürlich auch. Klar, mache ich doch gerne. Aber wenn es um Steuerzahlungen geht, sind wir keine Lebensgemeinschaft mit eheähnlichem Charakter mehr, sondern zwei Fremde, die zufällig eine gemeinsame Wohnungstür nutzen. Wieso eigentlich? Entweder wir sind 'ne eheähnliche Gemeinschaft oder nicht, aber bitte nicht so, wie es dem Gesetzgeber gerade kommod erscheint.

Das ist allerdings auch ein sehr interessanter Punkt, vieleicht sollte mal jemand den Gesetzgeber darauf aufmerksam machen.

Zitat von: "Eisbär"
Die könnten wirklich bis zur Ausbildung, zum Studium oder während des Wehr-/Zivildienstes mietfrei weiter bei den Eltern wohnen.

Natürlich könnten sie, und natürlich ist das bei Leuten, die nicht gerade arm sind moralisch Fragwürdig.Aber, wie auch Jinx schon erwähnte, wenn der Gesetzgeber diese Möglichkeiten bewußt oder unbewußt bietet, muß er sich auch nicht wundern, wenn sie genutzt werden.

Erinnert mich ein wenig an meinen Zahnarzt, der mich immer so leiche herablassend anschaut, weil ich immer in der billigstens Karnkenkasse versichert bin, und diese auch nach belieben wechsel, wenn eine andere noch billiger ist.Der scheint sich auch zu denken, das ich mir gefälligst irgendeine Asylantenkrankenkasse suchen sollte, nur weil die ihm anstandsloser seine Rechnungen bezahlt  :koppschüddl:
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Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?
« Antwort #53 am: 09 Juni 2006, 18:12:22 »

Zitat von: "colourize"
Die Antwort auf diese Frage gibt das kapitalistische System selbst. Wenn keiner die Arbeit zu dem dafür gebotenen Lohn erledigen will, dann entsprich der Lohn für diese Tätigkeit nicht dem Marktwert. Der Arbeitgeber muss folglich also mehr zahlen, dann findet sich auch Jemand der den Job macht. Stattdessen werden unsere Politiker nicht müde, auf den Menschen herumzubashen, die einen gerechten Lohn für ihre Arbeit haben wollen und keine Lust auf Selbstausbeutung ("Hauptsache Arbeit") haben, kurzum: die nicht bereit sind, sich unter ihrem Marktwert zu verkaufen.

Meiner Meinung nach, siehst Du das System ein wenig zu einseitig.
Es mag ja Firmen geben, bei denen die Chefs ne Menge Kohle einsacken und sich einen Dreck um die Untergebenen scheren, so dass sie gerne zu solchen Maßnahmen greifen. Das gilt aber ausschließlich für Großkonzerne, und selbst da sind noch lange nicht alle in dieser Lage, um überhaupt entscheiden zu können.
Du vergisst, dass am Ende einer Kette immer der Verbraucher steht, der mitbeeinflusst bzw. unvorhersehbare Einflüsse aus nicht vermuteter Richtung.

Ich werde es mal am Beispiel des Friseurs erläutern:
Ein Friseurgeselle verdient, wenn er frisch anfängt und unverschämtes Glück hat, 1000 Euro netto/ Monat. Es gibt auch gute Chefs, die mehr zahlen, dafür sind diese Friseurläden aber auch ziemlich teuer und man muss, um dort überhaupt arbeiten zu können, überdurchschnittlich gut sein. Schön und gut.
Viel warf ein Friseurladen noch nie ab, denn die Arbeitsmaterialien sind wirklich sehr teuer. Da ein Freund von mir mal einen eigenen Salon eröffnen wollte bzw. hat und ich bei der Planung teilweise mitwirkte, habe ich darüber einen relativ guten Überblick.

Nun, die Bezahlung des Personals stellt und stellte also schon immer ein Problem dar.

Die allgemeine Wirtschaftslage sorgt nun dafür, dass keiner mehr so gerne zum Friseur geht bzw. eben nur noch halb so oft, da man bei einer solchen "reinen Luxusangelegenheit" wie einer schönen Frisur doch durchaus sparen kann. Ein Friseur nach dem anderen muss Personal entlassen oder den Laden ganz dicht machen. Oder er schafft eben einen 10 Euro-Laden, der aber auch nicht genug abwirft, um seine Angestellten fürstlich zu entlohnen. Wer hat nun Schuld?

Der böse Kunde? Der böse Arbeitgeber? Der böse Staat? Oder vielleicht Tchibo - weil die ein Haarschneidegerät für 9,99 Euro anbieten? - Man weiß es nicht genau!

Man kann nicht immer nur den bösen, bösen Arbeitgebern die Schuld geben. Es ist einfach eine beschissene Entwicklung; und wenn schon einer schuld sein muss, dann ist es vermutlich die Globalisierung, die für einen unglaublichen Umbruch sorgt, der nicht damit für uns gelöst werden kann,  dass wir ihn ignorieren und so tun, als wäre Deutschland ein geschlossenes System.

Zitat von: "colourize"
Tja, das mit den fallenden Preisen wäre ja o.k., allerdings ist das nicht zu erwarten (Stichwort: Deflation). Die kapitalistische Geldpolitik wird niemals zulassen, dass ein Warenkorb in einem Jahr günstiger ist als heute. Das würde nämlich die Nachfrage dämpfen und Investitionen aufschieben oder sogar verhindern.

Das könnten die "Kapitalisten" nur leider nicht sehr lange durchhalten. Wenn der Kunde den Schrott nicht mehr kauft, weil er ihn sich ohnehin nicht leisten kann, wird der gute Kapi schon sehen, wo das hinführt. (siehe Friseure)

Zitat von: "colourize"
Ja, so wars bei mir vor einigen Jahren auch, aber ganz ehrlich: EIGENTLICH finde ich das totale scheisse. Wenn ein Mensch nicht wegziehen will und nicht bereit ist, nur für einen Job sein soziales Umfeld aufzugeben und in Einsamkeit zu leben, dann kann ich das sehr gut verstehen.

Ich auch! Und wie!!!!
Aber das ist nunmal das Opfer an die (BESCHI*****) Globalisierung! Wer nicht flexibel ist .... blablabla - ich HASSE diese Parolen! Aber das ändert nichts daran, dass die Welt im Begriff ist, völlig zu verschwimmen.

Zitat von: "colourize"
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Ich denke, das Angebot von Airbus ist nicht gerade das Schlechteste. ;)

Im Grunde funktioniert Deine Einstellung im Kapitalismus doch ganz gut, finde ich. Nur im Kapitalismus kann ein Mensch sich selbst über andere erheben, indem er sagt, ICH habe diesen und jenen Preis, und den möchte ich gefälligst auch bezahlt sehen. Wenn dem nicht so ist, gehe ich eben woanders hin, wo man mir ein besseres Angebot macht und lasse diesen unterbezahlten Kram jemanden machen, dessen Arbeitskraft nicht den Wert meiner hat.
DAS wäre im Sozialismus niemals möglich!

Und letztendlich ist es dieselbe Argumentation, die auch die großen Kapitalisten als Entschuldigung für ihre überhöhten Gehälter verwenden:
ICH trage die ganze Verantwortung, ICH mache einen guten Job, weil ich die Firma am Laufen halte, also will ich ordentlich Asche sehen. ;)

Gleicher Lohn für alle, dass wäre tatsächlich der Idealfall, aber niemals durchführbar, da der Mensch vom Wesen her einfach immer wieder in Gier und Egoismus verfällt, was ja auch das ewige Geschrei von Leuten, die ohnehin schon nicht schlecht verdienen, beweist.
Ein stetiger Anstieg aller Löhne hätte nicht Gerechtigkeit, sondern lediglich eine Inflation zur Folge.[/color]
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Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?
« Antwort #54 am: 10 Juni 2006, 10:42:23 »

Ich finde Hartz IV-"Missbrauch" ist genauso legitim wie der "Missbrauch" sämtlicher Steuerschlupflöcher, wobei hier ja unter Hartz IV-Missbrauch NUR die Inanspruchnahme durch Recht und Gesetz legitimierter Leistungen gemeint ist. Kann mich nicht daran erinnern, dass ein Politiker jemals Firmen, Privatpersonen angeprangert hat und sie darum bat, nicht mehr alle Steuerschlupflöcher auszunutzen. Die ganze Wirtschaft würde diesen Politiker doch auslachen, wenn er argumentieren würde, dass sie die Inanspruchnahme dieser Vorteile bitte unterlassen sollen, weil sie es aufgrund ihrer hohen Gewinne doch nicht nötig haben.
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Trakl

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Hartz IV-Missbrauch gerechtfertigt ?
« Antwort #55 am: 10 Juni 2006, 18:05:11 »

Irgendwie erinnert mich die Argumentation von Beck an sowas wie "Wieso graben mich alle an? Dass ich kaum was anhabe und meine Titten rausstrecke heißt doch nicht, dass ich jemanden zum Poppen suche!"  :shock:
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« Antwort #56 am: 11 Juni 2006, 13:56:58 »

treffende Analogie, Trakl... :)
und gut verpackt die "Essenz" wiedergegeben ^^

es muss nich immer adornisch sein ;)
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« Antwort #57 am: 11 Juni 2006, 14:12:29 »

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« Antwort #58 am: 11 Juni 2006, 14:14:56 »

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« Antwort #59 am: 12 Juni 2006, 09:57:10 »

Zitat von: "Lakastazar"
treffende Analogie, Trakl... :)
und gut verpackt die "Essenz" wiedergegeben ^^

es muss nich immer adornisch sein ;)
Eben, geht doch  :wink:
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