Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...  (Gelesen 106069 mal)

l3xi

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #405 am: 01 September 2011, 09:28:18 »

Gestern Abend war ein älteres Pärchen bei Markus Lanz zu Gast, um über ihre polyarmore Beziehung zu sprechen. Noch kann man die Folge in der Mediathek auswählen und anschauen, deshalb hier der Link:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/509418#/beitrag/video/1425394/Markus-Lanz-vom-31-August-2011
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Kallisti

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #406 am: 01 September 2011, 17:03:24 »

Ja, Danke für den link.  - Schön, dass "das" nochmal im TV zu sehen/hören war (Thema Polyamorie).

Aber ganz klar: Die Mehrheit der Leute kann sich das einfach (noch?) nicht wirklich für sich/sie selbst vorstellen.

Klar: so öffentlich im TV gibt man sich da sehr offen und tolerant, nennt es aber eine "individuelle Spielart" (einiger Weniger) usw.

Immerhin hat Lanz ja doch entsprechende Stichworte verwandt: dass diese Beziehungsform sehr von Toleranz und Respekt geprägt ist/sein muss (um zu funktionieren) usw. Dass es also nicht um Egomanie, Austauschbarkeit und Beliebigkeit geht, auch nicht um reines Triebleben ...

Sonst kam aber nix Neues bei rum - haben wir hier im thread alles schon durch und weit ausführlicher (diskutiert).  ;)


Manchmal denke ich - vielleicht sollte ich auch mal "ein Buch schreiben" - statt alles hier im Forum "verpuffen" zu lassen und "kostenfrei zugänglich zu machen".    :D

Bei Sandra Maischberger war kürzlich ja auch Charlotte Roche zu Gast und es geht ihr ja anscheinend auch darum (unter anderem), herauszufinden, wie andere (monogame) Paare über viele Jahre und Jahrzehnte mit ihrer Monogamie klarkommen ...
Da kommt man dann ganz am Rande - nur so gestreift - auch mal auf die Idee oder Frage, ob es auch anders gehen könnte (als monogam). Dazu kann ich nur sagen: da bin ich aber doch schon einen klitzekleinen Schritt weiter (gegangen) - in meiner Denke, Einstellung ... - nur verdiene ich damit kein Geld - und mache das nicht zu Geld!


Ok, anderes Thema das. Aber im Grunde ist mir das da so klar geworden - dass "good Charlotte" im Grunde echt arm ist (wenn man sie so hört: aus welchen Gründen sie ihre Bücher schreibt, warum sie sie so schreibt und welche persönlichen Dinge dafür ausschlaggebend waren/sind ...).
Da ist so viel "Fassade" (früher mehr als heute, ja) und dahinter ein so kleines Ego, so viele Unsicherheiten, Zweifel ... - aber sie ist halt "bekannt" und daher verkaufen sich ihre Bücher gut - nicht, wegen deren Inhalte (die weder revolutionär noch "aufklärend" noch sehr informativ sind, wie ich jetzt mal behaupte), sondern weil sie die Autorin ist.

Sie hat gelernt, sich zu vermarkten ... - wäre sie "die junge Frau von nebenan", würde sie kaum "auffallen", beachtet werden (schon wegen ihrer Optik nicht, dann auch die Stimme ... ... ...).

Naja, wie gesagt: anderes Thema.  ;D  (Wollt ich gar nicht lostreten, wird aber wohl ein "Nachspiel" hier haben ...  8) )
« Letzte Änderung: 01 September 2011, 17:05:37 von Kallisti »
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messie

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #407 am: 01 September 2011, 17:28:35 »

Zitat
Aber ganz klar: Die Mehrheit der Leute kann sich das einfach (noch?) nicht wirklich für sich/sie selbst vorstellen.

Dazu kann ich auch nur -erneut wiederholt- zu sagen: Müssen sie das denn unbedingt?
Wie gesagt, wenn ein Paar monogam lebend glücklich ist, dann stellt es sich Poly logischerweise nicht für sich selbst vor - weil es schlicht nicht not tut.

Das wird es erst, wenn es monogam nicht mehr läuft. Also nicht in dem Sinne dass es gar nicht mehr läuft (also beide sich im Schlechten trennen), sondern "nur" auf einer bestimmten Ebene (meist der sexuellen) nicht läuft, sonst aber schon.
Und hier ist's wieder Glaubenssache: Ich glaube einfach, dass das recht selten ist. Also, dass ein Paar das monogam mal glücklich war, die Beziehung wirklich retten würde wenn es auf poly umsteigt. Ich schätze es auf unter 20%.

*edit* Ich antwortete darauf, weil der zitierte Satz so klingt, als ob poly voll toll und für alle was wäre, die Leute es nur noch nicht erkannt hätten, dass es auch für sie selbst etwas ist. Hat für mich etwas von "alle Frauen sind Hetero, auch jene die behaupten sie wären lesbisch, sie wissen es nur noch nicht" ...
« Letzte Änderung: 01 September 2011, 18:15:20 von messie »
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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #408 am: 01 September 2011, 20:32:00 »

Da ist so viel "Fassade" (früher mehr als heute, ja) und dahinter ein so kleines Ego, so viele Unsicherheiten, Zweifel ... - aber sie ist halt "bekannt" und daher verkaufen sich ihre Bücher gut - nicht, wegen deren Inhalte (die weder revolutionär noch "aufklärend" noch sehr informativ sind, wie ich jetzt mal behaupte), sondern weil sie die Autorin ist.

Sie hat gelernt, sich zu vermarkten ... - wäre sie "die junge Frau von nebenan", würde sie kaum "auffallen", beachtet werden (schon wegen ihrer Optik nicht, dann auch die Stimme ... ... ...).
Ach, im Grunde ist das doch in soo vielen Bereichen so. Die, die sich gut verkaufen können und über Dinge, die für andere selbstverständlich sind, laut gackern, kriegen die Gehaltserhöhung. Diejenigen, die einfach still ihre Arbeit erledigen, nimmt man nicht wahr.



Wie gesagt, wenn ein Paar monogam lebend glücklich ist, dann stellt es sich Poly logischerweise nicht für sich selbst vor - weil es schlicht nicht not tut.

Das wird es erst, wenn es monogam nicht mehr läuft.
Auch dann wird - zumindest für mich - eine polyamore Beziehung nicht interessant. Eher eine Trennung von dem Partner, mit dem es nicht mehr läuft, und diese Beziehung erstmal abschließen, BEVOR ich über eine neue (welcher Art auch immer) überhaupt nachdenke.
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messie

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #409 am: 01 September 2011, 23:05:08 »

Zitat
Auch dann wird - zumindest für mich - eine polyamore Beziehung nicht interessant. Eher eine Trennung von dem Partner, mit dem es nicht mehr läuft, und diese Beziehung erstmal abschließen, BEVOR ich über eine neue (welcher Art auch immer) überhaupt nachdenke.

So ähnlich meine ich es ja auch, Kaffeebohne: Wenn überhaupt, dann wird es höchstens dann interessant, wenn es "nur" am Sexuellen scheitert. Wenn man ansonsten wie Arsch auf Eimer zusammenpasst, "nur" beim Sex nicht, dann sind -vielleicht- alternative Beziehungsmöglichkeiten (z.B. beide haben woanders eine rein sexuelle "Beziehung" mit Menschen, bei denen klar ist dass sie ansonsten nie im Leben zusammenpassen) durchaus wert, betrachtet zu werden.

Was mich an Kallistis Aussage stört ist, dass sie auf mich so wirkt, als ob Poly auf jeden Fall die bessere Alternative ist, es nur nicht die Leute wahrhaben / erkennen wollen.
Ist sie aber eben nicht. Also, nicht auf jeden Fall. Mono steht da m.E. völlig gleichberechtigt daneben, und wer monogam lebt und so glücklich ist, hat nicht irgendwas falsch verstanden oder gemacht, sondern alles richtig.
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Kaffeebohne

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #410 am: 02 September 2011, 08:50:25 »

Wenn überhaupt, dann wird es höchstens dann interessant, wenn es "nur" am Sexuellen scheitert. Wenn man ansonsten wie Arsch auf Eimer zusammenpasst, "nur" beim Sex nicht, dann sind -vielleicht- alternative Beziehungsmöglichkeiten (z.B. beide haben woanders eine rein sexuelle "Beziehung" mit Menschen, bei denen klar ist dass sie ansonsten nie im Leben zusammenpassen) durchaus wert, betrachtet zu werden.
Dann braucht man aber keine polyamoren Beziehungen, dann kann man sich auch auf sexuelle Affairen "beschränken". Was dieses Beziehungsmodell doch ausmacht, ist, daß man zu allen Menschen Beziehungen pflegt und sich nicht nur auf Sex beschränkt. Oder seh ich das jetzt falsch?
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messie

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #411 am: 02 September 2011, 10:17:28 »

Wenn überhaupt, dann wird es höchstens dann interessant, wenn es "nur" am Sexuellen scheitert. Wenn man ansonsten wie Arsch auf Eimer zusammenpasst, "nur" beim Sex nicht, dann sind -vielleicht- alternative Beziehungsmöglichkeiten (z.B. beide haben woanders eine rein sexuelle "Beziehung" mit Menschen, bei denen klar ist dass sie ansonsten nie im Leben zusammenpassen) durchaus wert, betrachtet zu werden.
Dann braucht man aber keine polyamoren Beziehungen, dann kann man sich auch auf sexuelle Affairen "beschränken". Was dieses Beziehungsmodell doch ausmacht, ist, daß man zu allen Menschen Beziehungen pflegt und sich nicht nur auf Sex beschränkt. Oder seh ich das jetzt falsch?

Nee, das siehst du schon richtig.  :)
Mein Fall wäre dann wiederum eher polygam statt polyamor. Denn auch "Fickbeziehungen" können eheähnlich zugehen, so gaaanz ohne sonstige Gefühle geht's ja doch nicht ab.
Tja, poly ist halt nicht gleich poly ...
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Kallisti

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #412 am: 02 September 2011, 20:15:01 »

Wenn überhaupt, dann wird es höchstens dann interessant, wenn es "nur" am Sexuellen scheitert. Wenn man ansonsten wie Arsch auf Eimer zusammenpasst, "nur" beim Sex nicht, dann sind -vielleicht- alternative Beziehungsmöglichkeiten (z.B. beide haben woanders eine rein sexuelle "Beziehung" mit Menschen, bei denen klar ist dass sie ansonsten nie im Leben zusammenpassen) durchaus wert, betrachtet zu werden.
Dann braucht man aber keine polyamoren Beziehungen, dann kann man sich auch auf sexuelle Affairen "beschränken". Was dieses Beziehungsmodell doch ausmacht, ist, daß man zu allen Menschen Beziehungen pflegt und sich nicht nur auf Sex beschränkt. Oder seh ich das jetzt falsch?

Nee, das siehst du schon richtig.  :)
Mein Fall wäre dann wiederum eher polygam statt polyamor. Denn auch "Fickbeziehungen" können eheähnlich zugehen, so gaaanz ohne sonstige Gefühle geht's ja doch nicht ab.
Tja, poly ist halt nicht gleich poly ...

Versteh ich nicht - wie unterscheidest du jetzt polygam und polyamor?

Eine Affäre - ja, kommt drauf an - wenn es nur ums Vögeln geht und man sonst vom Anderen (seinem Leben, seinen Interessen, seiner Wesensart ...) nix wissen will, dann ist das eine reine sexuelle Affäre - also weder polygam noch polyamor.

Sonst würde ich sagen: sind/verlaufen viele "Affären" durch aus eher polyamor (vor allem, wenn sie länger dauern - also Jahre, nicht nur ein paar Wochen) - eben: weil man doch zu den Menschen eine "Beziehung" hat, einen Bezug (nicht nur körperlich/sexuell), weil es oft doch auch eine Freundschaft (geworden) ist.

Und was meinst du mit "eheähnlich"??

Und warum nennst du es abwertend "Fickbeziehung" (= Affäre? oder was meintest du oben damit?)?


Ja, ich sehe das halt so: Ich bin der Meinung, die meisten Menschen (wenn nicht alle) sind bi und die meisten Menschen sind "polyamor veranlagt" und diese "Veranlagung" kommt auch bei den meisten im Lauf ihres Lebens mehrmals/immer wieder durch, zum Vorschein, zu Tage! Nur dass die monogamen Leute es dann halt verdrängen, unterdrücken, beiseite schieben oder heimlich ausleben oder aber: es zu Dramen kommt (weil man sich "entscheiden muss" - siehe weiter vorne schon geschrieben ...). Und das nicht erst seit 20 oder 50 Jahren  ... ... ...

Ich glaube, Monogamie wurde dem Mensch aufgezwungen - durch "Moral" bzw. Religionen. Ursprünglich waren und sind wir polyamor - aber durch die Jahrtausende und die Kulturen wurde dann monogam zur "Selbstverständlichkeit", zur eben doch oft nicht hinterfragten Normalität/NORM!

Eben: meine Sicht der Dinge.  ;)   :)
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messie

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #413 am: 02 September 2011, 21:52:30 »

Zitat
Ja, ich sehe das halt so: Ich bin der Meinung, die meisten Menschen (wenn nicht alle) sind bi und die meisten Menschen sind "polyamor veranlagt"

Gucke. Ich sehe es halt anders. Ich glaube nach wie vor, dass es 50:50 steht.

Zur Klärung Polyamor / polygam:

Polyamor = Mehr als ein Paar liebt einander, es ist mindestens eine dritte Person dabei die auch geliebt wird.
Polygam = Mehr als nur ein Paar hat dauerhaft Sex miteinander, sondern mindestens ist eine dritte Person beteiligt.

Kurz gesagt: Eine Affäre zähle ich zu polygam, weil da nicht zwingend Liebe mit drin sein muss. Eine zweite feste Beziehung neben der ersten zählt für mich zu polyamor, weil hier die Liebe inklusive ist.
Weswegen beides nahezu austauschbar ist liegt daran, dass es sich nicht so klar trennen lässt in der Praxis: In einer "Nur-Sex-Affäre" kann schnell Liebe im Spiel sein, während die zweite Beziehung "nur" noch zu einer Affäre mutiert, und so richtig kompliziert wird's, wenn der Sidestep etwas heimlich macht (ist das dann noch Monogamie der unfairen Art oder doch schon Polygamie?) ...

Ist fürs Thema unterm Strich aber wurscht, weil eh geklärt ist, dass wir die Dinge unterschiedlich einschätzen: Ich 50:50, du 100:0 pro Poly. Wobei du mit 0% mono definitiv auf dem Holzweg bist, denn sonst müsstest du Kaffeebohne, mich u.a. Lügner schimpfen die behaupten (und fühlen!), dass sie definitiv monogam sind.

Nun, damit wäre dann auch alles gesagt.  8)
Bis auf eins:

Zitat
Ich glaube, Monogamie wurde dem Mensch aufgezwungen

Manchen ja, allen nicht. Ebenfalls meine Meinung. Ausführlich bereits weiter oben ausgeführt meinerseits.
Also brauche ich dazu auch nichts mehr weiter zu sagen. :)

« Letzte Änderung: 02 September 2011, 21:54:33 von messie »
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Kallisti

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #414 am: 14 Juni 2012, 12:59:49 »

Zitat
Manche Experten sprechen davon, dass 90 Prozent der Männer im Laufe ihres Lebens fremdgehen, bei den Frauen sind es drei Viertel. Untreue ist denn auch einer der Hauptgründe, warum Ehen in den westlichen Industrienationen reihenweise kollabieren.

Zitat
Untreue zerstört Vertrauen, zerbricht Hoffnungen, Herzen und Familien. Die entscheidende Frage ist aber nicht, warum wir eigentlich nicht treu sein können. Sondern warum unser Beziehungsideal auf einer Lüge gründet. Die Lüge, dass wir uns immer treu sein werden.

Zitat
Denn sexuelle Treue im umfassenden Sinn ist unmöglich. Wir können uns die Lust versagen, wir können so tun, als gäbe es sie nicht. Aber es ist eine Täuschung.

Zitat
Ich habe viele Beziehungen am Problem falscher Treueerwartungen zerbrechen sehen. Und so frage ich mich heute: Ist es vielleicht gar nicht die Untreue, die Ehen kaputt macht, sondern die unrealistische Erwartung, dass Sex nur innerhalb der Ehe stattfinden soll? Warum pathologisieren wir Fremdgeher und stigmatisieren sie moralisch, wenn sie doch eigentlich der Normalfall sind? Warum halten wir es für normaler, von einer monogamen Kurzzeitbeziehung zur nächsten zu eilen, als außereheliche sexuelle Kontakte in Kauf zu nehmen? Warum halten wir dieses als serielle Monogamie bekannte Muster für tauglicher, als uns vom Dogma der Monogamie zu verabschieden? Ist es vielleicht gar nicht der Partner, der uns betrügt, sondern die Liebe selbst? Zerstört uns also nicht die Untreue, sondern die Treue?

Kalliste unterbricht mal kurz - is kurz vor dem geistig-emotionalen Orgasmus ... angesichts solcher Sätze! ^^  :) :) :) :) :) :) :)


Zitat
Ich stellte diese Frage dem Sexualtherapeuten und Autor Ulrich Clement. "Unser Liebesmodell stammt aus Bürgertum und Romantik", sagte er. In vormodernen Ehen gehörte Untreue dazu, zumindest die des Mannes. Doch dann wurde die Liebe zunehmend zum romantischen Ideal verklärt, die innereheliche Sexualität wurde aufgewertet, die außereheliche sanktioniert. Im Verlaufe des zwanzigsten Jahrhunderts verlor die Ehe ihre wirtschaftliche und soziale Bedeutung zunehmend. Übrig blieb das romantische Phantasma, scharf bewacht von der Eifersucht. Ohne Eifersucht gäbe es kein Anspruch auf Exklusivität, kein Treueproblem, keine am Küchentisch durchdiskutierten Nächte, keine unversöhnlichen Trennungen. Eifersucht, so Clement, ist ein kulturübergreifender Reflex. Doch die Bewertung des Gefühls variiert kulturell beträchtlich. In patriarchalen Kulturen, welche die Ehre des Mannes an die Treue der Frau knüpfen, kann sie mörderische Konsequenzen haben. Denn die Frau gehört dem Mann, sie soll ihre Sexualität ihm allein vorbehalten.

Spätestens hier kann ich nicht mehr an mich halten ... Multipler Orgasmus!  :D 


IS DAS GROSSARTIG!!! Also gleich mal weiter im Text:


Zitat
[...] Dies ist jedenfalls die These, welche die Evolutionspsychologen Christopher Ryan und Cacilda Jethá in ihrem viel beachteten Buch Sex at Dawn aufstellen. Die entsprechenden Muster, so die beiden Autoren, zeugen von einer kulturellen Anpassung an die sozialen Bedingungen patriarchaler Gesellschaften.

Populationsgenetische Untersuchungen des Schweizerischen Nationalfonds haben ergeben, dass Monogamie eine verhältnismäßig junge Erscheinung ist und erst mit der Erfindung der Landwirtschaft vor rund 20.000 Jahren aufkam. Ebenfalls bekannt ist, dass unsere Vorfahren nicht nur mit ihresgleichen verkehrten, sondern auch mit anderen Hominidenarten. (Was die Vermutung zulässt, dass schon der frühe Mensch dem Alkohol zugeneigt war.) Die regelmäßigen Romanzen zwischen Homo sapiens und Neandertaler haben sich sogar in unserem Erbgut niedergeschlagen, das bis zu vier Prozent Neandertaler-DNA enthält. Daraus muss man schließen, dass aus solchen Verbindungen auch Kinder hervorgingen, welche aufgezogen und in die prähistorische Gesellschaft integriert wurden. Würde unser genetisches Programm tatsächlich so spielen, wie oben skizziert, hätten die Hominidenmischlinge wohl kaum eine Chance auf ein Überleben gehabt.


Zitat
Die frühen Menschen, argumentieren Ryan und Jethá, zogen als Jäger und Sammler in Gruppen herum, in de-nen die Geschlechter gleichberechtigt lebten. In den prähistorischen Hippie-Kommunen wurde Sex ebenso geteilt wie die Beute, weil da für die nomadische Lebensform die beste Überlebensstrategie darstellte. Die Besiedelung des Landes änderte dann alles: das Bevölkerungswachstum, die politischen Organisationsformen, Götter, Familienstrukturen und Geschlechterhierarchien. Die Konzepte von Besitz, Reichtum und einer Erblinie wurden eingeführt. Um sicherzustellen, dass nur ihre biologischen Kinder von den Früchten ihrer harten Arbeit profitierten, mussten die Männer zusehen, dass ihre Frauen mit niemand anderem sexuelle Kontakte pflegten. Die Frauen wurden als Eigentum des Mannes in den Haushalt einverleibt, ihr Zugang zu den Ressourcen an ihre Sexualität geknüpft.

Mit dem Christentum kam ein rigides moralisches Korsett dazu, das der weiblichen Lust die Luft ganz abschnürte. Das zeigt bis heute Wirkung. Frauen fahren tatsächlich auf Männer mit Status ab und stecken lieber immense Energie in ihr Aussehen, um mit einer guten Partie ihren gesellschaftlichen Status zu verbessern. Aber das hat weniger mit einem biologischen Programm zu tun, sondern ist eine soziale Konsequenz der Tatsache, dass wir in einer Welt leben, in der die Männer über Jahrhunderte die Ressourcen kontrollierten.

... Kalliste hüpft zwischenzeitlich jubelnd und lobpreisend um den Rechner herum und kann sich gar nicht wieder einkriegen!  ;D


Zitat
Dass Frauen ihre Bettgefährten stets vorsichtiger gewählt haben als umgekehrt, weil sie das Risiko der Schwangerschaft trugen, besagt nichts über ihre Lust.


Zitat
Ich kenne Single-Frauen, die mit vielen verschiedenen Männern schlafen und das auch genießen. Aber sie achten tunlichst darauf, dass niemand davon erfährt. Denn Schwangerschaften lassen sich verhüten, aber eine Frau riskiert heute noch immer den Ruf, wenn sie sich verhält wie ein Single-Mann und Gelegenheiten beim Schopf packt.


Zitat
Unser Wunsch nach einer langjährigen, tiefen Partnerschaft entspricht letztlich der Sehnsucht danach, eine Familie, eine Heimat zu haben. Ein legitimer, ein menschlicher Wunsch. Vielleicht sollten wir einfach anerkennen, dass Sexualität auch eine Art Heimat ist und ein Recht darauf hat, gelebt zu werden. Dass wir uns in unseren individuellen Bedürfnissen finden und nicht nach für uns vorgesehenen Rollen leben müssen. Einfacher werden Beziehungen dadurch nicht. Aber wenn man davon ausgeht, dass jede Beziehung ein Kunstwerk ist, so lohnt es sich, es wenigstens zu versuchen.

Quelle:

http://www.zeit.de/2012/13/CH-Monogamie/seite-2



Kallisti lässt sich erschöpft und zufrieden in die Kissen fallen ... WAR DAS EIN HOCHGENUSS!  :) :) :)
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DunkelBunt

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #415 am: 14 Juni 2012, 22:45:51 »

Bleibt jetzt nur die Frage für wen...??? ::)
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KUUUUCHEN!!! \o/

Kallisti

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #416 am: 15 Juni 2012, 00:06:13 »

... Was eine Frage^^ - na für MICH!  :P
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CubistVowel

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #417 am: 15 Juni 2012, 08:40:51 »

Interessanter Text...

Zitat
Warum halten wir dieses als serielle Monogamie bekannte Muster für tauglicher, als uns vom Dogma der Monogamie zu verabschieden? Ist es vielleicht gar nicht der Partner, der uns betrügt, sondern die Liebe selbst? Zerstört uns also nicht die Untreue, sondern die Treue?

...aber ich glaube kaum, dass auch noch so hochwissenschaftliche Untersuchungen und, mit Verlaub, Spekulationen über das gesellschaftliche Zusammenleben in der Steinzeit die verletzten Gefühle eines sich heutzutage betrogen fühlenden Menschen wegzaubern können; das Gefühl des Nichtgenügens, der Minderwertigkeit, des Verrats etc. Diese Gefühle überwiegen meistens die Logik, die die Befürworter der Promiskuität vertreten (zu denen ich btw nicht gehöre.)

Die Tatsache, dass sich eine gesellschaftliche Sachlage (wie Monogamie) aus bestimmten geschichtlichen Zusammenhängen (Patriarchismus, bürgerliche Romantik) herleiten und erklären lässt, ist zunächst erst mal eine neutrale Information. Für mich ergibt sich daraus nicht zwingend ein Argument für oder gegen diese bestehende Ordnung. Aber sie bietet einen Grund zum Hinterfragen, da gebe ich dir recht.^^

Zitat
Die regelmäßigen Romanzen zwischen Homo sapiens und Neandertaler haben sich sogar in unserem Erbgut niedergeschlagen, das bis zu vier Prozent Neandertaler-DNA enthält.

Ich kenne Leute, die garantiert mehr haben... ;D
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"Maybe this world is another planet's hell." (Aldous Huxley)

Kallisti

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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #418 am: 15 Juni 2012, 10:26:06 »

(...)
...aber ich glaube kaum, dass auch noch so hochwissenschaftliche Untersuchungen und, mit Verlaub, Spekulationen über das gesellschaftliche Zusammenleben in der Steinzeit die verletzten Gefühle eines sich heutzutage betrogen fühlenden Menschen wegzaubern können; das Gefühl des Nichtgenügens, der Minderwertigkeit, des Verrats etc. Diese Gefühle überwiegen meistens die Logik, die die Befürworter der Promiskuität vertreten (zu denen ich btw nicht gehöre.)


Nuja, ich meine ja, das steht da schon im Text erklärt - nicht unsere steinzeitlichen Wurzeln, die wir alle durchaus noch sehr stark in uns tragen und das nicht nur auf Sexualität bezogen (auch siehe unter "Essen" ... ;) aber auch was andere menschliche Verhaltensweisen angeht ... !), erklären Gefühle von Minderwertigkeit, Betrogenwordensein etc., sondern die Norm des "romantischen Ideals", der Anspruch an bzw. von Monogamie, die Selbstverständlichkeit, mit der wir sie als Wirklichkeit, Richtigkeit setzen und die meisten dies gar nicht je im Leben hinterfragen.

Dass wir also einfach völlig unrealistische, unerfüllbare Erwartungen an Beziehungen und also an unsere Beziehungspartner haben: auf Basis von Monogamie, monogamen Vorstellungen, monogamer Norm(alität).


Wie im Artikel steht: Unsere Vorstellungen, unser Beziehungsideal gründet auf einer Lüge. Das ist übrigens drastischer und kompromissloser formuliert als ich es bezeichne: als Wunschdenken. ;)


Es stehen sich, wie ich weiter vorne schon schrieb, zwei irgendwie doch gegensätzliche Bedürfnisse gegenüber:

das nach Freiheit, Individualität, Selbst"verwirklichung", Selbst-Sein und noch so einiges mehr, das da natürlich reinspielt  8)

und das nach Sicherheit, Geborgenheit, Zugehörigkeit ... - im Artikel wird es ganz wunderbar als Bedürfnis nach "Heimat" (also: dem Gefühl von "zu Hause sein" ... benannt).


Und Mensch sollte halt begreifen, statt zu verdrängen, dass beide Bedürfnisse ihre "Berechtigung" haben bzw. gelebt werden wollen, nicht langfristig und dauerhaft verdrängt, verleugnet, unterdrückt werden können!


Der Betrug ist ja wie gesagt nicht die mit Anderen praktizierte Sexualität, sondern das Verschweigen, Verheimlichen, Lügen - also: der Vertrauensbruch.


Und dass wir aber dieses vermeintliche "Ideal" von monogamer Beziehung haben, dass sie uns so eingraviert ist und "alles Andere" als absolutes Tabu gilt, wird damit erklärt:

Zitat
"Unser Liebesmodell stammt aus Bürgertum und Romantik", sagte er. In vormodernen Ehen gehörte Untreue dazu, zumindest die des Mannes. Doch dann wurde die Liebe zunehmend zum romantischen Ideal verklärt, die innereheliche Sexualität wurde aufgewertet, die außereheliche sanktioniert. Im Verlaufe des zwanzigsten Jahrhunderts verlor die Ehe ihre wirtschaftliche und soziale Bedeutung zunehmend. Übrig blieb das romantische Phantasma, scharf bewacht von der Eifersucht. Ohne Eifersucht gäbe es kein Anspruch auf Exklusivität, kein Treueproblem, keine am Küchentisch durchdiskutierten Nächte, keine unversöhnlichen Trennungen. Eifersucht, so Clement, ist ein kulturübergreifender Reflex. Doch die Bewertung des Gefühls variiert kulturell beträchtlich. In patriarchalen Kulturen, welche die Ehre des Mannes an die Treue der Frau knüpfen, kann sie mörderische Konsequenzen haben. Denn die Frau gehört dem Mann, sie soll ihre Sexualität ihm allein vorbehalten. [...]


und damit


Zitat
In den prähistorischen Hippie-Kommunen wurde Sex ebenso geteilt wie die Beute, weil da für die nomadische Lebensform die beste Überlebensstrategie darstellte. Die Besiedelung des Landes änderte dann alles: das Bevölkerungswachstum, die politischen Organisationsformen, Götter, Familienstrukturen und Geschlechterhierarchien. Die Konzepte von Besitz, Reichtum und einer Erblinie wurden eingeführt. Um sicherzustellen, dass nur ihre biologischen Kinder von den Früchten ihrer harten Arbeit profitierten, mussten die Männer zusehen, dass ihre Frauen mit niemand anderem sexuelle Kontakte pflegten. Die Frauen wurden als Eigentum des Mannes in den Haushalt einverleibt, ihr Zugang zu den Ressourcen an ihre Sexualität geknüpft.

Mit dem Christentum kam ein rigides moralisches Korsett dazu, das der weiblichen Lust die Luft ganz abschnürte.



Die Tatsache, dass sich eine gesellschaftliche Sachlage (wie Monogamie) aus bestimmten geschichtlichen Zusammenhängen (Patriarchismus, bürgerliche Romantik) herleiten und erklären lässt, ist zunächst erst mal eine neutrale Information. Für mich ergibt sich daraus nicht zwingend ein Argument für oder gegen diese bestehende Ordnung.


Nein, das Argument ;) besteht im nachweislichen und stets verfolgbaren umfangreichen Scheitern monogamer Beziehungen - und der Tatsache, dass es serielle "Monogamie" gibt, dass es "Fremdgehen", Affären und Gefühle für mehrere Menschen (mit auch sexuellem Kontakt - also: Polyamorie  :D ) GIBT - und das nicht zu knapp (vor allem Fremdgehen, Affären - die Leute kennen es ja mehrheitlich - noch  8) - nicht anders).


Wie im Artikel so exakt formuliert:


 
Zitat
   Untreue zerstört Vertrauen, zerbricht Hoffnungen, Herzen und Familien. Die entscheidende Frage ist aber nicht, warum wir eigentlich nicht treu sein können. Sondern warum unser Beziehungsideal auf einer Lüge gründet. Die Lüge, dass wir uns immer treu sein werden.


All diese jahrhundertelangen unzähligen Dramen und Tragödien (wortwörtlich!  :D ) hätte es nicht unbedingt in diesem Ausmaß und mit derartigen Folgen geben müssen - und müsste es vor allem heute (!) ^^ nicht mehr geben - wenn ich dann wieder höre, dass muslimische Frauen, die VERGEWALTIGT wurden, die Ehre der Familie besudeln ... und alles das - von weiblicher Genitalverstümmelung ganz zu schweigen - die auch nichts anderes ist, will, bezweckt: als die Macht des Mannes über die weibliche (sexuelle) Lust, als der Besitz (= die Frau) des Mannes ... ! (Während der Mann aber ja "immer schon" einen Harem haben durfte bzw. in Polygamie leben ... !)


Verzeihung - ich schweifte ab ...  ;D Oder heißt es schwof? geschwiffen? abgeschwafelt? abgeschwänzelt?  8) ^^   :P
« Letzte Änderung: 15 Juni 2012, 10:28:14 von Kallisti »
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Re: Promiskuität, Treue, Fremdgehen...
« Antwort #419 am: 15 Juni 2012, 10:32:19 »

Zitat
All diese jahrhundertelangen unzähligen Dramen und Tragödien (wortwörtlich!  :D ) hätte es nicht unbedingt in diesem Ausmaß und mit derartigen Folgen geben müssen (...)

Ich kann mich nur wiederholen: Nicht die Untreue ist Wurzel des Übels des Verletztseins, sondern die Unehrlichkeit, die Lüge dahinter.
Verletzungen gibt es auch in promiskuitiven Beziehungen. Überall dort, wo jemand etwas heimlich tut, hinter dem Rücken der anderen Person.
Du kannst nicht wissen, ob diese Dramen sich nicht ebenfalls abgespielt hätten - dann nur auf andere Weise. Etwa, dass verheimlicht wird dass man den anderen mehr liebt als einen selbst, dass man den Sex mit der anderen Person toller findet, dass noch eine dritte, vierte, fünfte ... Person im Spiel ist, dass ungeschützt gepoppt wurde, etc. pp ...

Die Tragödie ist jene, dass Menschen Dinge heimlich tun. Immer wieder. Daran kann Polygamie auch nichts ändern.
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