Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: wann sterben?  (Gelesen 90300 mal)

Kallisti

  • Gast
Re: wann sterben?
« Antwort #210 am: 29 August 2011, 16:13:44 »

Multivac

... vielen Dank für die Infos und Mühe - da muss ich mir mal extra Zeit für nehmen (für die Antwort). Hier nur in Kürze etwas dazu:

Ja, dass Sport und Singen "gute Laune"/zufrieden ... macht, weiß ich (auch praktisch ;) ).  :)  Sport geht z.Zt. nur leider nicht und Singen - naja - mit meiner Kleinen ab und zu, aber sonst steht mir da augenblicklich nicht so der Sinn nach ...

Und ja, die Geschichten mit der frühkindlichen Prägung etc. sind mir auch bekannt - heute geht man da ja sogar noch ein Stück weiter - dass auch schon im Mutterleib vieles "prägend" sein kann (auch für "später" ...).


Nee, ich kann mich nicht an Autounfälle oder stark traumatisierende Erlebnisse erinnern. Ich wurde als Kind weder misshandelt noch vernachlässigt (also Kind meint in diesem Fall die Zeit zwischen ca. 4 bis ca. 12 Jahre - was davor war, weiß ich nicht bzw. nur zum Teil ..., was danach kam - darüber reden wir hier jetzt mal nicht ;) ).

Ich trage meine üblichen Pakete - wie andere Leute auch. Da gibt es weit Schlimmeres (aber manche sind ja auch "resilient" - wie wir gelernt haben ... lol ... ;) ).


Auch hab ich keine "out-of-body"- Erlebnisse oder -Gefühle (auch noch nie gehabt).  Wäre sicher mal spannend. Da ich aber eher keine (lol) Drogen konsumiere, dürfte das schwierig werden.


Ich habe auch weniger ein Problem mit dem Ich-Gefühl was die Gegenwart betrifft - mir is schon klar, dass ich existiere, dass "ich" "da bin" und ich muss mich dafür auch nicht selbst verletzen oder Ähnliches. Das Problem ist eher, die Vergangenheiten unter ein Dach zu bekommen und das dann auch noch alles mit in mein "Gegenwarts-Ich" zu nehmen. Naja, so  in der Art.

Aber soll ja hier keine Privat-Therapie für Kallisti werden, nech?!   ;)


Nee, tiefenpsychologsich hab ich noch nicht ausprobiert. Weiß nich ...  Aber das Ausschlaggebende ist wohl doch auch eher bzw. vor allem die "Chemie" zwischen Therapeut und "Klient" ... denke ich, finde ich.

Zu den einzelnen links kann ich jetzt noch nichts sagen - dazu brauche ich mehr Zeit. - Trotzdem Danke nochmal dafür!  :)


Allerdings beziehe ich mich mit diesem thread ja nicht einfach (nur) auf mich selbst - ich kenne bzw. kannte - wie Kaffeebohne - auch Menschen, die sich suizidiert haben. Davon zwei, die mir sehr nahestanden und eine Person aus dem "weiteren Umfeld" (Nachbarschaft).

Die beiden mir nahegestandenen - ja ... "wie das so ist" --- mit Tod, Verlust, Trauer ... (ich habe mich dazu vor Jahren hier im Forum schon mal "ausgelassen", daher erspare ich das "dem Forum" jetzt ;) ).

Aber ob das "traumatisierend" war - ich weiß nicht ... da stelle ich mir iwie doch noch Anderes drunter vor. "Noch schlimmer" ... ... ...

Jedenfalls waren beide nicht "geistig krank".  Aber beide haben "gelitten" ja - "psychisch", "geistig", "emotional", "persönlich" - "längere" Zeit schon (über Jahre - im einen Fall ca. 9 Jahre lang).

Sie waren 17 (weiblich), 21 (männlich) und Ende 20 (männlich). 



Zitat
Dennoch kann ich mir auch vorstellen, dass es Menschen gibt, die nicht mehr leben wollen. Nicht nur körperlich kranke Menschen. Ein Beispiel: Jemand, der anders denkt, anders fühlt als seine Zeitgenossen, vielleicht seiner Zeit voraus ist, sein Leben lang gegen Windmühlen gekämpft hat ohne Erfolg. Muss der weiterleben, obwohl er die Hoffnung aufgegeben hat, dass sich zu seinen Lebzeiten etwas ändert? Wenn das Leben nur noch ein Kampf ist? Hat er nicht das recht zu entscheiden, dass er genug gekämpft hat? Genug gelitten?
Gehst du davon aus, Eisbär, dass im Gegensatz zu den körperlichen Leiden, die geistigen / seelischen Probleme alle einfach behoben werden können? Vielleicht tut es eben auch da eine Pille nicht?



(Sapor Vitae)


Sapor Vitae

DANKE für diese Sätze - genau darum geht es ! ! !  :)  Genau das meine ich!:

Es ist nicht alles "therapierbar" ! ! !  - Und Menschen sind unterschiedlich - da muss man ihnen nicht gleich eine Störung, einen Schaden oder Krankheit unterstellen, unterjubeln!




Zitat
Und da die Identität auch von außen mitbestimmt wird, finde ich es nicht so verwunderlich, dass mit den "Umbrüchen" auch Freunde und Bekannte wechseln. Es gibt viele Situationen, nach/in denen man sich neu erfindet oder einen Wandel vollzieht, neue Werte und Normen für sich selber festlegt.
(Ansichtssache)


... Schon, aber - hast du nicht das Gefühl, dass das trotzdem alles/immer "du" warst - dass es eine Verbindung zu heute/zu dir heute gibt, dass es einen "roten Faden" gibt?


Dass es also Perlen auf einer Schnur sind - mit verschiedenen Größen und Abständen vlt., auch verschiedenen Farben und Materialien ... - und die Schnur selber ist auch beweglich. Aber trotzdem hängen sie zusammen (die Perlen).  ?

Bei mir gibt´s zwar die Perlen, aber irgendwie ist die Schnur abhanden gekommen. Jedenfalls kann ich sie nicht finden, sehen, erkennen.  ;)   :D


Zitat
Eben weil wir die Zukunft nicht kennen und nicht kennen können, ist die Entscheidung zur Selbsttötung aufgrund der aktuellen und vergangenen Situation niemals vernünftig. Und jemand der nicht in der Lage ist, vernünftige Entscheidungen zu treffen und deswegen zur Gefahr für sich selbst wird, muß behandelt werden.
(Eisbär)

Eisbär - Sapor Vitae hat dazu schon gesagt, was es zu sagen gab - dass Menschen aufgrund ihres bisherigen Lebens, ihrer Erfahrungen (wie ich auch schon schrieb) keine Zukunft mehr "haben", erleben wollen/können. Und man kann bspw. Traumata nicht einfach "wegtherapieren"! ! ! - Da kann die Zukunft noch so toll sein/werden (was aber auch noch ungewiss ist - und man muss auch realistisch bleiben ...) - es hilft alles nichts, wenn die Last der Vergangenheit zu schwer wiegt.

Is mir schon klar, dass du das nicht die Spur nachempfinden kannst - hast du ja mehrmals deutlich zum Ausdruck gebracht. - Selig sind die geistig (oder: emotional!) Armen - ihnen gehört das Himmelreich.


Zitat
Meine Ansicht zu diesem Thema wurde durch Suizide geprägt, denen eine psychische Erkrankung zugrunde lag, und durch Gespräche mit Menschen, die Selbstmordgedanken zwar hatten, sie aber nicht umgesetzt haben. Eine persönliche und "eingeschränkte" Sicht also.
(Kaffeebohne)

Ich fürchte, du wirst um eine PN von mir nicht herum kommen ...   :D













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messie

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Re: wann sterben?
« Antwort #211 am: 29 August 2011, 17:03:26 »

Dank Sapor habe ich nun auch kapiert, wie's gemeint ist. Ja, das kann ich mir gut vorstellen dass es so jemanden gibt.
Allerdings bin ich dennoch weiterhin Anhänger Eisbärs Meinung. Ganz einfach, weil so ein "Fehlleben" einen auf kurz oder lang krank macht. Es entsteht ein Leidensdruck, der den Todeswunsch aufleben lässt.

Ich bin der Meinung, dass man auch in solchen Fällen es erst einmal versuchen sollte Alternativen zu finden die klären, ob der Lebensunwillige nicht ein entscheidendes Detail übersehen hat.

Beispiel des "ich bin meiner Zeit voraus": Vielleicht hier in D, vielleicht aber nicht in Japan oder China? Das gilt es dann herauszufinden.
Beispiel "Ich kann mit Menschen nicht, es gibt aber keinen Flecken wo ich nicht mit ihnen konfrontiert werde": Vielleicht ja doch? Abgelegene Behausung in Nepal, Menschenkontakt alle 3 Wochen mal wenn neue Vorräte kommen und ggf. etwas Gezimmertes als Gegenleistung mitnehmen?
Beispiel "Mir macht das Leben keinen Spaß mehr, ganz allgemein" - vielleicht dort dann prompt doch mal in einer Therapie nachsehen was früher Spaß gemacht hat und was man heute draus machen kann?

Eine Therapie macht in der Regel nichts anderes, als Leidensdruck nehmen zu wollen. Es geht nicht darum die Umstände zu ändern sondern darum, dass man unter ihnen nicht mehr leidet!
Weswegen Therapien auch in solchen Fällen einen Sinn haben.
Gute Therapeuten werden dann schon erkennen, ob der Leidensdruck auch dauerhaft nicht zu nehmen ist, weil es schlicht nicht möglich ist.

Ich glaube, dass dies seehr, sehr selten der Fall ist, dass wenn man alle Möglichkeiten ausgereizt hat, am Schluss immer noch steht "es macht keinen Sinn, die Selbsttötung ist die bessere Alternative".
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Kallisti

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Re: wann sterben?
« Antwort #212 am: 29 August 2011, 17:36:55 »

messie

es gibt Leute, die haben schon mehrere Therapien hinter sich gebracht ... und der "Leidensdruck" konnte ihnen dadurch nicht genommen werden, sondern wurde z.T. sogar dadurch noch erhöht.

Es gibt Leute, die können auch nicht einfach mal eben so "nach Nepal pilgern" oder sonstwohin (ans andere Ende des Globus ...), um mal eben auszuprobieren, ob das dort eher ihre Öko-Nische ist. Sowas geht nicht einfach so. Und man kann da auch übel "scheitern" (bei derartigen "Versuchen", "Experimenten") - es ist nicht jeder Mensch der Typ für solche (gewagten, riskanten, ungewissen ...) Selbstversuche.

Kein Mensch (behaupte ich mal) will/kann wirklich dauerhaft (über Jahrzehnte) völlig alleine, abgeschieden leben, also: ohne jeglichen Kontakt zu anderen Menschen - in irgendeiner völlig menschenleeren Einöde (also Wüste oder Eiswüste oder tiefster Dschungel oder sowas). Ja, ich glaube, da wird man erst (richtig) - "geistig" -  krank!


Menschen sind "Herdentiere", soziale Wesen. Sie brauchen einen gewissen Kontakt und Austausch mit "Artgenossen", um "gesund zu bleiben". LOL


Zitat
Eine Therapie macht in der Regel nichts anderes, als Leidensdruck nehmen zu wollen. Es geht nicht darum die Umstände zu ändern sondern darum, dass man unter ihnen nicht mehr leidet!
(messie)

So?? - Doch, es geht auch darum, die Umstände zu ändern. Es gibt Umstände, unter denen kann man nur leiden! Schau dich mal auf der Erde um (Nachrichten gucken reicht i.d.R. schon - vielen wird es aber wohl erst richtig klar, wenn sie doch selber mal vor Ort wären, um ZU SEHEN, zu erleben, zu erfahren, wie leidvoll viele Lebensumstände für sehr viele Menschen sind!).

Und da hilft auch keine "Therapie".

Da braucht noch nicht mal Leib und Leben bedroht zu sein (durch Hunger, Kriege, Folter, Naturkatastrophen, Wassermangel, fehlende ärztliche Versorgung usw.) - es reicht auch, wenn Kinder in übelsten Heimen "aufwachsen", existieren, vegetieren müssen (Rumänien ...) oder gedrillt werden (z.B. "sportlich" -> China ...).

Das kann Kinder, Menschen fürs ganze Leben "schädigen" ---> brechen! Und jeglichen Lebenswillen zunichte machen.

Zitat
Dank Sapor habe ich nun auch kapiert, wie's gemeint ist. Ja, das kann ich mir gut vorstellen dass es so jemanden gibt.
Allerdings bin ich dennoch weiterhin Anhänger Eisbärs Meinung. Ganz einfach, weil so ein "Fehlleben" einen auf kurz oder lang krank macht.

(messie)

Nein, offenbar hast du es doch noch nicht "kapiert". Denn was hat es mit "Fehlleben" zu tun, wenn es solcherlei Widerfahrnisse (!) und Umstände gibt, die man nicht selbst verursacht hat und nicht selbst beeinflussen kann/konnte - unter denen man aber gelitten hat (Jahre ...)! ? ! ?


Wie schon gesagt - von mir so und von Sapor Vitae:

Es tragen diese Menschen schwer an der Last ihrer Vergangenheit - und die lässt nicht nicht mehr "umschreiben" oder "wegtherapieren" oder in jedem Fall "akzeptieren".
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messie

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Re: wann sterben?
« Antwort #213 am: 29 August 2011, 18:50:46 »

Zitat
Es tragen diese Menschen schwer an der Last ihrer Vergangenheit - und die lässt nicht nicht mehr "umschreiben" oder "wegtherapieren" oder in jedem Fall "akzeptieren".

Da vergleichst du jetzt mal wieder zwei unterschiedliche Dinge ...

Sapor Vitae redete von jemandem, der sich unverstanden fühlt und im Prinzip weiß, dass er hier auf dieser Welt falsch ist. Da er drunter leidet dass er falsch ist, entscheidet er sich gegen diese Welt und so dann auch gegen sein Leben.
"Fehlleben" war unglücklich ausgedrückt, "Falschleben" würdest du auch kritisieren - ich meine jedenfalls ein Leben, das nicht zum Leben der Umgebenden passt weil ist komplett anders als die anderen.

Du redest jetzt schon wieder von gepeinigten Menschen, die nicht mehr leben wollen aufgrund diverser Traumata, die sie erlebt haben.
Das ist etwas anderes!

Denn dein Beispiel gibt doch genau das an, was Eisbär meinte: Menschen, die schwerste Traumata erlitten haben, deren Psyche hat -leider- Schaden genommen. Gesund ist hier nich mehr, die Ereignisse haben Wunden erzeugt, die vielleicht nie wieder heilen. Wer diesen Leidensdruck nicht mehr von sich nehmen kann, auch nicht mit Hilfe, der ist krank. Und schwer Kranke, das ist meine Meinung, handeln nicht widernatürlich wenn sie einen Todeswunsch haben (bzw. sich selbst umbringen), weil diese ja ebenfalls etwas abwägen, jenes nämlich dass mögliche gute Ereignisse die Schmerzen, die sie haben, nicht aufwiegen.

Sapors Beispiel: Ein gesunder Mensch trifft eine rationale Entscheidung.
Dein Beispiel: Es ist auch eine rationale Entscheidung, aber jene eines nichtgesunden Menschen.

Dein Beispiel bestätigt Eisbärs These noch, ihres nicht.

Zitat
Doch, es geht auch darum, die Umstände zu ändern.

Wenn es akute Umstände sind (Vater schlägt aktuell die zu Therapierende), dann ist das nicht Sache des Therapeuten, sondern ggf. des Jugendamts, der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Eine Therapie kann solche Umstände nicht ändern. Darf ein Therapeut auch nicht, er hat ja Schweigepflicht.

Wenn es Umstände von früher sind, lassen sie sich nicht ändern. Schließlich sind sie ja bereits vorbei.
Das einzige das sich ändern lässt ist der Umgang mit jenen geschehenen Umständen.
Tja, und das ist letztlich das Ziel (fast) jeder Therapie: Den Leidensdruck zu nehmen oder zumindest so sehr abzuschwächen, dass das Geschehene keine Macht mehr über einen hat, bewusst wie unbewusst.
Gelingt dies nicht, hat man's wenigstens versucht. (Wird es schlimmer, dann würde ich persönlich den Therapeuten wechseln!)
Gelingt es - wunderbar. :)
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Multivac

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Re: wann sterben?
« Antwort #214 am: 29 August 2011, 19:49:35 »

...Nee, ich kann mich nicht an Autounfälle oder stark traumatisierende Erlebnisse erinnern. Ich wurde als Kind weder misshandelt noch vernachlässigt (also Kind meint in diesem Fall die Zeit zwischen ca. 4 bis ca. 12 Jahre - was davor war, weiß ich nicht bzw. nur zum Teil ..., was danach kam - darüber reden wir hier jetzt mal nicht ;) ).
dann solltest du in einer tiefenpsychiologisch fundierten psychotherapie genau dort ansetzen:  was war, bevor du 4 warst ? wie ein mensch sein eigenes leben, die umwelt, ja das leben an sich empfindet & wahrnimmt, wird in den ersten ein-zwei lebensjahren geprägt.

Nee, tiefenpsychologsich hab ich noch nicht ausprobiert. Weiß nich ...  Aber das Ausschlaggebende ist wohl doch auch eher bzw. vor allem die "Chemie" zwischen Therapeut und "Klient" ... denke ich, finde ich.
die chemie ist sehr wichtig, das stimmt, aber du solltest dir jemand kompetenten (mit tiefenpsychologie) suchen. es gibt da himmelweite unterschiede, und himmelweit unterschiedliche ansätze. viele wollen gleich über ein medikament ran, manche machen es wie ein kumpelhaftes gespräch und sagen auch ihre eigene meinung, andere leiern floskeln runter ("wie gehts" ?) und sagen ihre eigene meinung nicht ("der patient muß allein auf alles kommen !") und dann gibt es noch versierte leute, die dein leben komplett von vor (u.a. psyche der eltern) & nach der geburt nach wissenschaftlichen aspekten auseinandernehmen und strategisch bei der besprechung der einzelnen themen vorgehen.

Jedenfalls waren beide nicht "geistig krank".  Aber beide haben "gelitten" ja - "psychisch", "geistig", "emotional", "persönlich" - "längere" Zeit schon (über Jahre - im einen Fall ca. 9 Jahre lang).
sie waren psychisch krank. ich glaube du kommst damit nicht klar, weil es für dich negativ belegt ist. jemand, der sich tötet, muß psychisch vorher total am ende gewesen sein. den unterschied sehe ich zu leuten, die einfach nur sagen, sie möchten nicht mehr leben. ich dachte den ganzen thread lang bis jetzt, daß wir von denen reden. denn leute, die den letzten schritt nicht schaffen, sich selbst zu ermorden, sind meiner meinung auch noch ein stück weit normaler als jene, die es schaffen.

Und man kann bspw. Traumata nicht einfach "wegtherapieren"! ! ! - Da kann die Zukunft noch so toll sein/werden (was aber auch noch ungewiss ist - und man muss auch realistisch bleiben ...) - es hilft alles nichts, wenn die Last der Vergangenheit zu schwer wiegt.
woher weißt du das ? eine gute psychotherapie kann bis zu 7-8 jahren dauern, wenn das problem schwer wiegt. aber dann ist man ein für allemal mit sich, seiner vergangenheit und der welt im reinen. und hat auch keinen todeswunsch mehr.

einen unterschied würde ich hier zu leuten machen, die aufgrund einer erkrankung bzw. querschnittslähmung o.ä. nicht mehr leben wollen. hier sollte niemand gezwungen werden, eine belastende physische situation hinzunehmen, die sich nicht ändern wird.
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messie

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Re: wann sterben?
« Antwort #215 am: 29 August 2011, 21:57:11 »

Ich glaube, dass hier, wie so oft, zuviel Aufhebens über das Wort "krank" gemacht wird.

Es ist schon komisch: Solange es eine körperliche Krankheit ist, wird es als etwas völlig Normales wahrgenommen. Klar, Menschen werden nun einmal krank. "Ich bin krankgeschrieben." - "Warum?" - "Ich bin in einen Nagel getreten und die Narbe ist noch offen". Völlig normales Gespräch.

Nur bei psychischem Kranksein stellen sich die Leute an, als wäre es eine Todsünde, so etwas zu haben.
Dabei haben wir das ständig! Jeder von uns! Wir "erkranken" ständig an irgendwelchen psychischen Wehwehchen: Der Chef schnauzt uns an und wir nehmen das unangenehme Gefühl mit nach Hause, der Ärger über die Nachbarn will nicht abebben, der Unfall den wir gesehen haben, geht uns nicht aus dem Kopf.

Diese Art Krankheiten werden so bewältigt wie wir es bei harmlosen körperlichen auch machen: Wir schonen uns ein wenig (z.B. indem man mit einem Freund telefoniert und sich den Groll "von der Seele reden" kann) und schon ist alles wieder gut. Genauso wie ein Schnupfen wieder weg ist, nur weil man sich ein wenig wärmer als sonst eingepackt hat und man ein paar Tees getrunken hat.

Nun gibt es aber ein paar schlimmere Krankheiten: Verletzungen die nicht mal so eben geschlossen werden.
Wer sich das Bein bricht, der kuriert das ja auch nicht im Bett zuhause aus: Er geht zum Arzt, lässt das Bein in Gips legen, läuft ein paar Wochen mit Krücken rum, kriegt Ergo um die Muskeln anschließend wieder zu reaktivieren und fertich.
Wer einen schweren Autounfall hat und sich alle Knochen gebrochen hat, bei dem wird's schon schwieriger: Einige Narben bleiben übrig, und vielleicht reißen einige immer wieder auf. Vielleicht gibt es künstliche Gelenke, sodass Phantomschmerzen den Menschen vielleicht den Rest seines Lebens begleiten.

So ähnlich sehe ich es bei psychischen "Unfällen": Sie machen einen Menschen krank.
Das heißt nicht dass dieser verrückt, völlig gaga, durchgeknallt ist! Er ist einfach _nur_ krank.

Just dafür sind Therapien in erster Linie da: Verletzungen, die durch einen "psychischen Unfall" geschehen sind, zu begegnen.
Wenn es ein guter Arzt, also Therapeut ist, dann wird er viele davon wieder schließen können.
Nicht so dass keine Narben mehr zu sehen sind. Auch nicht so dass man sich 100%ig sicher sein kann dass sie jemals wieder aufbrechen.
Aber zumindest so, dass man die offene Wunde schließen kann.

Ziel einer Therapie ist letztlich nichts anderes, als offene Wunden zu schließen.
Jemand der zu einer Therapie geht ist weder gaga, verrückt oder sonstwie bekloppt. Nein. Er ist nur krank. Krank geworden durch ein Ereignis oder durch eine Kette von Ereignissen.
Tja, und wer krank ist und es nicht selbst mit seinen eigenen Hausmitteln kuriert kriegt, der geht halt zum Arzt.
Ich finde den Begriff "Seelenklempner" für einen Therapeuten reichlich fehl am Platz: Ich würde eher "Seelenarzt" dazu sagen.
Ein Arzt der hilft, die offenen Wunden der Seele zu schließen.
Nicht mehr und nicht weniger.

Wenn es nun nicht gelingt, therapeutisch eine Wunde zu schließen, dann ist dieser Mensch für mich genauso (nahezu) unheilbar krank wie z.B. jemand der an Krebs erkrankt ist oder dauerhaft am ganzen Körper gelähmt ist.
Dass da der Todeswunsch nicht nur latent vorhanden ist, sondern auch rational einen Sinn macht, finde ich völlig einleuchtend: Das Leben besteht nur aus Schmerzen, von denen kein Ende in Sicht ist. Außer, und das ist in diesem Fall dann ja wirklich die einzige Lösung, man nimmt sich das Leben.

----

Sapors Beispiel ist komplexer. Da muss ich nochmal drüber nachdenken ... das ist dann ja ein Mensch dem nichts widerfahren ist, sondern der sich "nur" nicht der Welt zugehörig und als "hier falsch" empfindet.
Ist Genie eine Krankheit? Hm - vielleicht ...? Aber das ist in meinem Hirn noch zu unausgegoren, als dass ich dazu eine Meinung hätte.
Ist aber eine interessante Frage. ;)
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Eisbär

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Re: wann sterben?
« Antwort #216 am: 29 August 2011, 22:25:03 »

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Multivac

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Re: wann sterben?
« Antwort #217 am: 30 August 2011, 11:14:32 »

messi, das hast du schön beschrieben. so sehe ich es auch. bis auf den letzten satz

Zitat
Wenn es nun nicht gelingt, therapeutisch eine Wunde zu schließen, dann ist dieser Mensch für mich genauso (nahezu) unheilbar krank wie z.B. jemand der an Krebs erkrankt ist oder dauerhaft am ganzen Körper gelähmt ist.
Dass da der Todeswunsch nicht nur latent vorhanden ist, sondern auch rational einen Sinn macht, finde ich völlig einleuchtend: Das Leben besteht nur aus Schmerzen, von denen kein Ende in Sicht ist. Außer, und das ist in diesem Fall dann ja wirklich die einzige Lösung, man nimmt sich das Leben.

ein körperliches gebrechen wie querschnittslähmung etc. wird nicht vergehen. eine psychische wunde kann man aber meiner meinung nach immer schließen - mit dem richtigen therapeuten/arzt/therapie/medikament.
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Kallisti

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Re: wann sterben?
« Antwort #218 am: 30 August 2011, 14:47:52 »

Ja - und wen wundert´s - ich hab natürlich eine andere Denke dazu:


messie


woran es liegt, dass Menschen bei "psychischem und/oder geistigen Kranksein" (wo soll da eigentlich der Unterschied genau liegen??) oft anders, "empfindlicher" reagieren als bei physischem:

Es liegt daran, dass für Menschen ihr Verstand, ihre Ratio spezifisch wichtig ist - es geht darum, ob man urteilsfähig ist, als urteilsfähig, als "zurechnungsfähig" gilt!

Und da wird schnell mal undifferenziert ge- und verurteilt: andere Menschen.  Wer "psychisch krank" ist, gilt schnell als "nicht im Vollbesitz seines Verstandes, seiner Vernunft". DESHALB ist das mit der psychischen Krankheit eine so heikle Sache! Und genau deshalb ist "psychische"/"geistige" Erkrankung nicht gleichsetzbar mit körperlicher.


Genau das ist doch, was gerade Eisbär oben schrieb: Leute, die "psychisch krank" sind, sind nicht "vernünftig" (meint Eisbär) - also: nicht (voll, wenn überhaupt) urteilsfähig, zurechnungsfähig.
Leute, die einen Sterbewunsch haben bzw. sich suizidieren wollen oder es taten, sind bzw. waren "psychisch krank" und "nicht vernünftig" - sagt Eisbär!


(...)

Jemand, der körperlich und geistig gesund ist, hat keinen Todeswunsch. Und glücklicherweise sehen das Psychologen und Psychiater genauso. Was irgendwelche Literaten mit zuviel Phantasie darüber schrieben, geht mir am Arsch vorbei, es geht Dir doch um die Realität, nicht um Phantasiewelten. Logisch ist ein Todeswunsch nur, wenn man in Kürze eh unter Qualen stirbt.
Jemand, der noch Jahre oder Jahrzehnte vor sich hat und zu sterben wünscht, weil es ihm just in diesem Moment nicht gut geht, hat einen Knall. Denn er hat keine Ahnung, wie es ihm morgen geht, wie es ihm in einer Woche, einem Monat, einem Jahr oder einem Jahrzehnt geht.
Er weiß nicht, ob er morgen verhindert, daß ein Kind, vom Bus überfahren wird, ob er selber vom von einem Bus überfahren wird oder ob er in 10 Jahren Busfahrer ist.
Eben weil wir die Zukunft nicht kennen und nicht kennen können, ist die Entscheidung zur Selbsttötung aufgrund der aktuellen und vergangenen Situation niemals vernünftig. Und jemand der nicht in der Lage ist, vernünftige Entscheidungen zu treffen und deswegen zur Gefahr für sich selbst wird, muß behandelt werden.


Wenn Du das nicht verstehst, muß ich leider an Deiner Geistesleistung zweifeln.



Er trennt also gerade nicht zwischen (vorhandener, erhaltener, bestehender, "intakter") Vernunft/Verstand/Urteilskraft und psychischer Krankheit.

Es mag "psychische Erkrankungen" geben, bei denen die Urteilsfähigkeit eingschränkt ist - das ist sie aber auch bei einigen physischen Erkrankungen (bestimmten Kopfverletzungen bspw.)

(Nur sind allgemeinhin solche physischen Erkrankungen (Kopfverletzungen), die mit Veränderung/Herabsetzung ... der Urteilsfähigkeit oder auch: der ganzen Persönlichkeit einhergehen können, nicht so bekannt (wie diverse psychische Erkrankungen - wie also bspw. Depression, Schizophrenie, Borderline - die zumindest oberflächlich doch einigen Leuten - eher - ein Begriff sind!)


Was das Beispiel von Sapor Vitae und meines angeht

Zitat
Quote

    Es tragen diese Menschen schwer an der Last ihrer Vergangenheit - und die lässt nicht nicht mehr "umschreiben" oder "wegtherapieren" oder in jedem Fall "akzeptieren".


Da vergleichst du jetzt mal wieder zwei unterschiedliche Dinge ...

Sapor Vitae redete von jemandem, der sich unverstanden fühlt und im Prinzip weiß, dass er hier auf dieser Welt falsch ist. Da er drunter leidet dass er falsch ist, entscheidet er sich gegen diese Welt und so dann auch gegen sein Leben.
(messie)


Ich denke nicht, dass Sapor es so meinte wie du - woher sollen diese Menschen sich denn "so fremd" fühlen - das kommt ja nicht "einfach plötzlich" über sie - sie haben dieses Empfinden, diesen Eindruck und entsprechende Gedanken doch: aufgrund (bisher!) gemachter Erfahrungen, Erlebnisse (Umgang mit anderen Menschen, Gespräche, Handlungen ...) ! ! !

Also ist es sehr wohl ihre (ferne und/oder nahe) Vergangenheit (und Gegenwart!), die sie belastet - eben diese bisherigen wiederholten Erfahrungen (!!!), die dazu führen, dass diese Menschen denken, empfinden, "erleben" (<-subjektiv, logisch - wie auch sonst!): "nicht von dieser Welt zu sein".


Zitat
Denn dein Beispiel gibt doch genau das an, was Eisbär meinte: Menschen, die schwerste Traumata erlitten haben, deren Psyche hat -leider- Schaden genommen. Gesund ist hier nich mehr, die Ereignisse haben Wunden erzeugt, die vielleicht nie wieder heilen.
(messie)


Ja, das bringt mich unausweichlich wieder zu der Frage: Was ist krank, was ist gesund - was gilt aus welchen Gründen als krank und was als gesund?!? - Nein, ich möchte hier keine Abhandlung irgendwelcher Psychiater oder Psychologen zu lesen bekommen!

Ich möchte, dass man sich mal klarmacht, dass das eine für einen selbst sehr einfache, bequeme Etikettierung ist - dass sie aber eigentlich höchst vorsichtig angewandt werden sollte/müsste!

Denn "psychisch" bzw. "geistig krank" ist nach wie vor ein Stigma! Und bevor man jemandem sowas unterstellt, muss man schon berechtigte, "fundierte" Gründe und "Belege"/"Beweise" haben. Eben weil man damit schnell jemandem die Urteilsfähigkeit, den ("gesunden Menschen-") Verstand abspricht - auch wenn nur vorübergehend: sowas ist mit äußerster Vorsicht und Zurückhaltung zu behandeln - finde ich.
(Wenn ich umgangssprachlich sage, etwas oder jemand sei doch "krank", ist das nicht das, was ich meine - versteht sich von selbst, denke ich. Ich meine: wenn man jemanden ernsthaft als "psychisch/geistig krank" bezeichnet ... - mit entsprechenden Folgen! -> Wie man also mit dieser Person dann umgeht, wie man sie behandelt, wie "ernst" ... man sie nimmt usw.!)


Und ich möchte, dass man sich auch mal klarmacht, was alles zwar so als "krank" gesehen wird, aber nicht "krank" ist (ja, zu diesem Zweck kann man auch mal Manfred Lütz´ "Irre - wir behandeln die falschen" herannehmen - auch wenn es mich nicht sonderlich begeistert hat und mir kaum Neues brachte und mir auch sonst zu "anbiederungsartig" war - es sollte halt einfach eine breite Masse erst mal ansprechen/erreichen).



Und wenn Menschen also leiden und/oder gelitten haben, emotional, "seelisch" verletzt, verwundet sind - dann sind sie das. Aber deshalb sind sie noch lange nicht "unvernünftig" oder nicht zurechnungsfähig!

Und wenn Menschen leiden, kann es auch daran liegen - wie Sapor schon schrieb - dass sie in ihre Zeit, in ihre Umgebung einfach nicht passen oder: dass sie feinfühliger ... sind als die Mehrheit und genau darunter massiv leiden - immer wieder, auch und gerade im Alltag!

Multivac:
Das kann und sollte (und meiner Meinung nach: darf) man nicht "therapieren"! Das ist nicht "krank", sondern eine besondere Art Mensch! ! !

Und das kann man daher auch nicht "heilen". - Wenn man es ausmerzt (durch Therapie ...), hat man einen anderen Menschen aus diesen Personen gemacht!



Und genau das trifft auf meine "beiden" zu - sie waren (nach meiner "Beobachtung" ...) solche Menschen.

Dass daraus dann das folgt, was man allgemeinhin als z.B. Depression (oder Anderes) bezeichnet, ja - das liegt halt an unserer Art, damit "umzugehen", es in Schubladen zu packen, es irgendwie "verarbeitbar" zu machen (für: die ANDEREN wohlgemerkt!!).

Und dann kann man wieder sagen: dieser Mensch war "krank", hatte eine Depression oder war bipolar oder sonstwas ...

Und da er also ja auf diese Weise "krank" war, wäre er therapiebedürftig gewesen und hat sich das Leben "in Unvernunft" genommen, ohne volle "Verstandesleistung" - wäre er therapiert worden (lange oder oft genug oder auch von den "passenden" Therapeuten - @Multivac ;) ), dann wäre er ganz sicher wieder "gesund" geworden, "geheilt" worden - von seiner "Krankheit".

Man kann und will einfach nicht akzeptieren und stehenlassen, dass es "andere" Menschen gibt ... - und dass man ihnen Gewalt antut, wenn man sie für die Gesellschaft/Zeit/Kultur passend "zurechttherapiert".




Zitat
Ist Genie eine Krankheit? Hm - vielleicht ...? Aber das ist in meinem Hirn noch zu unausgegoren, als dass ich dazu eine Meinung hätte.
Ist aber eine interessante Frage. ;)

(messie)


Man sagt ja nicht umsonst: Genie und Wahnsinn liegen oft nahe beieinander. 

Es kommt darauf an, was man mit "Genie" meint - sehr viele sogen. "Genies" sind einfach nur sehr sehr fleißig gewesen und sehr sehr diszipliniert (worden) ... (und haben ihre Talente - die jeder Mensch hat! - dadurch so "hervorgebracht" ...)

Die anderen, die "besondere Begabungen"/ANLAGEN (!) hatten/haben, ja -> gehören für mich in diese Richtung (Richtung - nicht: "Kategorie"!!): "andere Art Mensch".

Das heißt nicht, dass sich alle "Genies" suizidieren und es heißt ebenso wenig, dass alle sich suizidiert habenden Menschen (verkappte) Genies waren.

Es heißt aber: dass es Menschen gibt, die "anders" sind als die Mehrheit der Menschen (um sie herum) - und dass sie damit nicht selten ihre "liebe" Not haben ... - aber unterschiedlich damit umgehen (können) - was wiederum sehr abhängig ist von den individuellen Gegebenheiten, Umständen, Möglichkeiten, Glücksfällen oder Widerfahrnissen ... !



Multivac

also habe die links zwischenzeitlich gelesen. Die Geschichten mit der Bindungstheorie sind mir ja nun hinreichend bekannt.

Ich empfehle da ja immer wieder das (aktuelle) Buch von Dr. Rüdiger Posth "Vom Urvertrauen zum Selbstvertrauen".  ;)   :)

Dass bei mir in den ersten (im Grunde 6) Lebensjahren es etwas "turbulent" zuging ..., ist mir ja auch lange bekannt.  Aber darauf alleine lässt sich nicht alles "abwälzen". ;)

Es gab auch später dann immer wieder mal "Turbulenzen".  Nein, darauf möchte ich "öffentlich" nicht näher eingehen.

Aber solche Turbulenzen gibt es auch bei vielen vielen anderen Menschen, die dennoch keinen "Sterbewunsch" haben (jedenfalls keinen dauerhaften/beständigen). Die Turbulenzen unterscheiden sich halt "inhaltlich", aber es geht doch in fast jedem Menschenleben öfter mal Drunter und Drüber - so ist das Leben, ja. Genau: "Leid(en)" gehört dazu ... ... ...

Ich denke, da müssen aber zwei Sachen zusammenkommen: einmal die Turbulenzen (dann auch die Art, Intensität, Häufigkeit oder Wiederholung derselben) und zum Anderen aber auch eine bestimmte "Veranlagung" - was ein Mensch also schon "mitbringt".

Und je nach dem, wie das Leben dann also so spielt (je nach Turbulenzen ...) führt das unter Umständen also zu dieser Haltung, diesen Gedanken, Gefühlen ... ! Oder eben nicht.



Zitat
eine psychische wunde kann man aber meiner meinung nach immer schließen - mit dem richtigen therapeuten/arzt/therapie/medikament.
 
(Multivac)

Hier muss ich natürlich vehement widersprechen!: Gerade was Depression angeht, weiß man, dass viele, die einmal eine (richtige) Depression hatten (nicht nur eine "depressive Verstimmung"!), diese "Episoden" (von unterschiedlicher Dauer und Intensität) immer wieder haben/bekommen können/werden. - Trotz (vorübergehend erfolgreicher) Therapie ! ! !

Und gerade bei traumatisierten Menschen ist das mit der Heilung beinahe aussichtslos - noch immer (siehe "Resilienz"-thread - also läuft unter "Krisen, seelische Erschütterungen ..." so ähnlich glaub ich heißt der ;) ).
« Letzte Änderung: 30 August 2011, 14:55:57 von Kallisti »
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messie

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Re: wann sterben?
« Antwort #219 am: 30 August 2011, 18:56:12 »

Zitat
(...) diese "Episoden" (von unterschiedlicher Dauer und Intensität) immer wieder haben/bekommen können/werden. - Trotz (vorübergehend erfolgreicher) Therapie ! ! !

Ja, was denn nu? Haben, bekommen können, oder werden?  ;D

Das "bekommen können" ist doch auch für körperliche Krankheiten nicht ungewöhnlich, bzw. für viele Krankheiten normal.
Wer einmal eine Hautkrankheit hat, bleibt sein Leben lang anfällig. Dennoch wird derjenige, wenn die Krankheit akut behoben wurde, aus dem Krankenhaus als "geheilt" entlassen und nicht etwa als "hundertprozentig nur vorübergehend geheilt". ;)

Ob jemand nach einer guten Therapie dann jemals wieder denselben Leidensdruck entwickelt, steht ebenso in den Sternen wie jemand, der geheilt wurde nachdem er Krebs hatte.
In beiden Fällen sind Rückfälle niemals ausgeschlossen, aber auch ebensowenig bei 100%.

Zur Zurechnungsfähigkeit: Ich denke, wenn mehr Menschen offensiv damit umgingen, dass eine psychische Krankheit nix anderes als eine körperliche ist, dann würde es auch massiv die Stigmatisierung zurückdrängen.
Hat bei Schwulen und Körperbehinderten ja auch (weitgehend) geklappt. ;)
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Kallisti

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Re: wann sterben?
« Antwort #220 am: 31 August 2011, 01:38:57 »

Zitat
Zur Zurechnungsfähigkeit: Ich denke, wenn mehr Menschen offensiv damit umgingen, dass eine psychische Krankheit nix anderes als eine körperliche ist, dann würde es auch massiv die Stigmatisierung zurückdrängen.


messie

eine "psychische Krankheit" ist etwas anderes als eine physische - wie ich oben schon erläuterte (einen der Hauptgründe).


Sie ist es auch deshalb, weil sie (je nach Art der psychsichen Erkrankung!) die (gesamte) Persönlichkeit eines Menschen eher, deutlicher, offensichtlicher verändern kann als eine physische Erkrankung (von Kopfverletzungen wie ich sie oben nannte mal abgesehen - aber solche erheblichen Kopfverletzungen, die eine Persönlichkeitsveränderung nach sich ziehen, gelten nicht als alltäglich bzw. als sehr häufig vorkommende physische Erkrankung - da gibt es andere, die häufiger vorkommen).


Deshalb - und aus dem von mir oben bereits genannten Grund (mit der "Urteilsfähigkeit" ... s.o.) kann man das nicht mal so eben runterverharmlosen - von wegen: wenn die Leute mal schnallen, dass psychisch und physisch eigentlich keinen (relevanten) Unterschied macht usw.  - Entschuldigung, aber: das ist Käse.



[Natürlich ist es alles letztlich eine physische Erkrankung (wenn man davon ausgeht, dass die Gehirnvorgänge, also die "seelisch-geistigen"  auch nur auf "materieller Ebene" ablaufen bzw. zur Materie, also zum Körper gehören).

Aber da wir ja nun mal differenzieren zwischen "inneren" Erkrankungen des Gemüts, des emotionalen (Er-) Lebens ... und Erkrankungen des sonstigen Körpers, wird also eben ein Unterschied gemacht und das getrennt (in "psychisch" und "physisch").]



Mich wundert´s ja nur, dass Master Spambot sich hier (noch) nicht geäußert hat - entweder ganz versunken oder nur vorübergehend abwesend oder vertreibt sich die Zeit anderweitig ...  ;D


« Letzte Änderung: 31 August 2011, 01:42:25 von Kallisti »
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messie

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Re: wann sterben?
« Antwort #221 am: 31 August 2011, 09:33:49 »

Achja, Käse?

Nehmen wir doch mal Neurodermitis.
Es ist eine Hautkrankheit, die du physisch siehst. Dennoch geht man heute allgemein davon aus, dass es nur Symptom einer psychischen Erkrankung ist. Wenn ich mich recht entsinne, hieß eine Doku die ich zu dem Thema mal sah dann auch passenderweise "die Seele weint".

Du sagst, dass psychische Erkrankungen häufig nie ganz heilen. Nun, bei Neurodermitis ist das der Fall, wer es einmal hatte, der muss sein Leben lang damit rechnen dass sie wiederkommt.
Wenn aber hier irgendwer angekommen wäre und gesagt hätte "es ist dein gutes Recht dich umzubringen, kann man eh nicht ein Leben lang heilen, hab vollstes Verständnis für", dann wären sicher viele, viele Menschen die nach Davos kamen, vorher aussahen wie ein einziges Schlachtfeld und danach bis auf ein paar Narben rein gar nichts mehr zu sehen war, nicht mehr unter uns, die heute glücklich sind, Familie haben und sich noch ein laaanges Leben wünschen.

Ich halte einfach nix von diesen Schwarzmalereien, dass psychische Erkrankungen die Persönlichkeit verändern können, etc. und dass das dann schlimmer und was gaaaanz anderes wäre. Wieso auch? Wer durch einen Autounfall 6 Monate im Krankenhaus gelandet ist und vielleicht das erste Mal im Leben Zeit hat nachzudenken was er vom Leben will, dessen Persönlichkeit kann sich auch, und das nicht wenig, verändern. Wer starke physische Leiden hat, der wird aufgrund diverser Nebenwirkungen der Medikamente auch vom Typ her anders sein (z.B. etwas schläfriger) als vorher.

Jede schwere Krankheit verändert einen Menschen!
Und physischer- wie psychischerseits ist für mich der Todeswunsch dann eine natürliche Sache, wenn eine Heilung der Krankheit nicht mehr abzusehen oder nicht mehr möglich ist.
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Re: wann sterben?
« Antwort #222 am: 31 August 2011, 09:50:36 »

messie, ernsthaft, das IST Käse!

Daß Neurodermitis z. B. fast ausschließlich psychische Ursachen haben soll, wird mittlerweile auch von vielen anders gesehen. Die genetische Disposition spielt da eine große Rolle. Und wenn man sucht, findet man bei jedem Menschen irgendwas, was er nicht so gut wegsteckt.


Ich halte einfach nix von diesen Schwarzmalereien, dass psychische Erkrankungen die Persönlichkeit verändern können (...)
KÖNNEN sie nicht nur, TUN sie sogar oft.

Eine psychische Erkrankung IST was anderes als ein gebrochenes Bein. Das brauch ich auch gar nicht weiter beschreiben, denn das hat Kallisti hier schon zwei Postings über Deinem getan. Depressiven legt man nahe, keine wichtige Entscheidung zu treffen. Würde man das auch tun, wenn dieser Mensch "so wie sonst" wäre? Psychische Krankheiten sind nicht so lapidar, wie Du sie hier beschreibst. Und auch nicht mit nem halben Jahr Therapie und drei Tabletten auskuriert, und der Kranke erwacht zu frischem, neuen Leben. Den Leidensdruck von Neurodermitis will ich zwar nicht runterspielen, aber den kann man absolut nicht mit dem Leidensdruck eines Menschen, der an einer Posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt ist, vergleichen. Bei letzterem liegt nämlich das KOMPLETTE Leben über mehrere Jahre hinweg brach.
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messie

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Re: wann sterben?
« Antwort #223 am: 31 August 2011, 10:10:46 »

O Mann ...

Hey, ich sage lediglich, dass psychische Krankheiten nicht stigmatisiert zu werden brauchen, weil sie etwas ähnlich Natürliches sind wie physische Krankheiten: Es ist etwas, das jederzeit jedem passieren kann. Genauso wie jedem ein schwerer physischer Unfall widerfahren kann, ist es bei psychischen "Unfällen".

Dort, und nur dort ziehe ich den Vergleich.
Wenn jemand nun physisch schwer gezeichnet ist, etwa Krebs im Endstadium, da werden sicher mindestens 9 von 10 Menschen sagen "ok, Sterbehilfe ist völlig in Ordnung".
Wenn jemand psychisch genauso schwer gezeichnet ist, macht man es nicht (da hat Kallisti schon recht, das ist schon merkwürdig). Was aber halt Quatsch ist, weil eine psychische Schwerstkrankheit sich in nichts von einer physischen Schwerstkrankheit unterscheidet: In beiden Fällen ist rein gar kein Licht mehr am Ende des Tunnels zu sehen.

Wogegen ich mich hier wehre ist der Umstand dass es etwas Schlimmes sein soll, den psychisch Kranken auch als krank bezeichnen zu dürfen. Wenn jemand so sehr unter dem Leben hier leidet (sprich Leidensdruck), warum kann man nicht sagen dass dieses Leben ihn krank gemacht hat und er just dieses Kranksein nicht mehr ertragen kann und möchte?
Für mich ist das nichts widernatürliches. Sowohl der Todeswunsch in diesem Fall als auch die Erkenntnis, dass er aus einer Krankheit heraus entsteht, die der Mensch selbst nicht mehr als heilbar ansieht.

Der Punkt ist aber auch, dass es außerordentlich schwer, erst recht von außen, zu beurteilen ist, wann nichts mehr zu retten ist. Wenn man da nun sagt "eine psychische Erkrankung ist aber viiiiel schlimmer", wie hört sich das denn bitte für den Erkrankten an? "Hilfe, das klappt nicht mehr mit mir" oder was? Just dagegen sprechen die Erfolge in Davos, wo neben physischen Heilbehandlungen auch großer Wert auf die psychische Gesundung gelegt wird.

Das Thema ist ja "wann sterben?".
Ich sage dazu: Dann, wenn man leidet und man bereits sehr zuverlässig weiß, dass sich das Leid nicht mehr nehmen lässt.
Dann ist für mich der Todeswunsch jedes einzelnen Menschen der diese Perspektive (bzw. Nichtperspektive) hat völlig natürlich und normal.

Ich hattte zweimal einen Todeswunsch im Leben. Beide Male mehr affektiv, ganz akut, weil ich mir ein Weiterleben ohne Abi / ohne Freundin in jenem Fall nicht mehr vorstellen konnte.
Wie man sieht tat ich es nicht ;) - weil es dann ja doch noch eine Nacht zum "Drüber schlafen" kam und am nächsten Morgen nicht mehr alles gar so finster aussah.
Ich denke, wenn ich künftig irgendwann mal einen akuteren Todeswunsch haben würde, würde ich erst einmal versuchen das, was ihn auslöst, zu beseitigen.
Wenn es mir nicht mehr gelingen würde -ok.
Aber dann hätte der Todeswunsch auch Substanz und wäre nicht nur ein "kurzes Loch".
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Kallisti

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Re: wann sterben?
« Antwort #224 am: 01 September 2011, 01:14:20 »

Achja, Käse?

Nehmen wir doch mal Neurodermitis.
Es ist eine Hautkrankheit, die du physisch siehst. Dennoch geht man heute allgemein davon aus, dass es nur Symptom einer psychischen Erkrankung ist. Wenn ich mich recht entsinne, hieß eine Doku die ich zu dem Thema mal sah dann auch passenderweise "die Seele weint".

Du sagst, dass psychische Erkrankungen häufig nie ganz heilen. Nun, bei Neurodermitis ist das der Fall, wer es einmal hatte, der muss sein Leben lang damit rechnen dass sie wiederkommt.
Wenn aber hier irgendwer angekommen wäre und gesagt hätte "es ist dein gutes Recht dich umzubringen, kann man eh nicht ein Leben lang heilen, hab vollstes Verständnis für", dann wären sicher viele, viele Menschen die nach Davos kamen, vorher aussahen wie ein einziges Schlachtfeld und danach bis auf ein paar Narben rein gar nichts mehr zu sehen war, nicht mehr unter uns, die heute glücklich sind, Familie haben und sich noch ein laaanges Leben wünschen.

Ich halte einfach nix von diesen Schwarzmalereien, dass psychische Erkrankungen die Persönlichkeit verändern können, etc. und dass das dann schlimmer und was gaaaanz anderes wäre. Wieso auch? Wer durch einen Autounfall 6 Monate im Krankenhaus gelandet ist und vielleicht das erste Mal im Leben Zeit hat nachzudenken was er vom Leben will, dessen Persönlichkeit kann sich auch, und das nicht wenig, verändern. Wer starke physische Leiden hat, der wird aufgrund diverser Nebenwirkungen der Medikamente auch vom Typ her anders sein (z.B. etwas schläfriger) als vorher.

Jede schwere Krankheit verändert einen Menschen!
Und physischer- wie psychischerseits ist für mich der Todeswunsch dann eine natürliche Sache, wenn eine Heilung der Krankheit nicht mehr abzusehen oder nicht mehr möglich ist.


messie

du bringst da Sachen durcheinander. - Eine körperliche Erkrankung ist erst mal eine körperliche. Je nach Art, Dauer und Intensität kann sie dann auch die Psyche mehr oder weniger starkt beeinträchtigen. Dann aber haben wir es ja wieder mit einer psychischen "angeschlagenen Verfasstheit" oder sogar "Erkrankung" zu tun: dies aber dann also FOLGE der physischen Krankheit - also bspw. kann (u.U.) einer unheilbaren körperlichen Erkrankung z.B. eine Depression folgen.

Das muss man aber schon trennen - einerseits: denn nicht alle körperlichen Krankheiten/Verletzungen/Beeinträchtigungen wirken sich (stark) auf die Psyche aus oder haben eine dann auch psychische Erkrankung ODER: psychisches LEIDEN zur Folge (und nein: meiner Ansicht nach ist Krankheit nicht mit Leiden gleichsetzbar - das aber ist, was du ja machst - ich trenne da - es ist nach meiner Auffassung eben nicht dasselbe).

Andererseits sind mehr oder weniger alle körperlichen Erkrankungen auf gewisse Weise "psychosomatisch" - in dem Sinne, dass sobald der Körper "angegriffen" ist, auch "die Psyche" mit beeinträchtigt ist - allerdings gibt es da viele Abstufungen bzw. Grade und es ist nicht immer gleich wirkliches psychisches Leiden.


Der Unterschied ist, dass viele körperliche Krankheiten ja wieder "vergehen", abklingen, ab-/ausheilen. Oder besser werden.


Wenn jemand aber psychisch leidet - lange Zeit, mehr oder weniger kontinuierlich - ist da wenig Licht am Horizont zu entdecken: langfristig, auf Dauer - rückblickend und auf die Zukunft bezogen (die man zwar nicht kennt, von der man aber aufgrund bestimmter vergangener und gegenwärtiger Gegebenheiten, Umstände und Bedingtheiten kaum "Licht" zu erwarten hat).

Da kann man sich dann wieder nach den Ursachen fragen und versuchen, diese ggf. zu beheben, was aber nicht immer möglich ist (siehe meine Beispiele oben - wenn man die Vergangenheit nicht mehr (er-)tragen kann ... z.B.) oder auch: wozu man nicht immer die Kraft hat oder sie auch gar nicht mehr aufbringen will (Sapor sprach das mit dem Kämpfen schon an ...).


Klar, da kann man dann natürlich wieder sagen: das is Depression oder Burnout oder sonstwas und da läuft was in der Hirnchemie falsch, also Pillen einwerfen und therapieren. Nur dass eine PERSON, eine PERSÖNLICHKEIT nicht auf ihre "Hirnchemie" reduzierbar ist (sein sollte) und dass eine PERSÖNLICHKEIT eben diese (geworden) ist: AUFGRUND ihrer Anlagen und ihrer (bisher) gemachten Erfahrungen, Erlebnisse (und damit einhergehenden oder auch daraus resultierenden Sichtweisen, Einstellungen, Verhaltensweisen usw.)!


"Das Psychische" umfasst also mehr als "das Physische" - beim "Psychischen" sind wir immer als gesamte Person angesprochen bzw. betroffen - nicht nur ein Teil von uns (-> ein Teil unseres Körpers, der zwar auch (zu) uns gehört, uns aber weniger "ausmacht" als unsere Gedanken, Gefühle, Einstellungen ... !).


Wenn also - wie du sagst - jede schwere Krankheit einen Menschen verändert, dann ist es doch gerade - auch! - wieder genau das: nicht also das Physische, das da passiert (und: physisches Leiden mit sich bringt), sondern das Psychische, also in Folge! "Das Psychische" wird involviert, ist "betroffen", reagiert ... ! Und somit ist es also dann wieder ein psychisches Leiden, um das es letztendlich (wieder) geht - auch wenn die Ursache (diesmal) eine physische Erkrankung war bzw. ist.



Zitat
Wogegen ich mich hier wehre ist der Umstand dass es etwas Schlimmes sein soll, den psychisch Kranken auch als krank bezeichnen zu dürfen. Wenn jemand so sehr unter dem Leben hier leidet (sprich Leidensdruck), warum kann man nicht sagen dass dieses Leben ihn krank gemacht hat und er just dieses Kranksein nicht mehr ertragen kann und möchte?
Für mich ist das nichts widernatürliches. Sowohl der Todeswunsch in diesem Fall als auch die Erkenntnis, dass er aus einer Krankheit heraus entsteht, die der Mensch selbst nicht mehr als heilbar ansieht.
(messie)


Aber warum muss man das immer "Krankheit" nennen, warum muss man Menschen durch diese "Beklebung" mit einem Etikett degradieren, warum muss man ihnen diesen "krank"-Stempel aufdrücken? Wozu??
Warum kann man nicht einfach sagen: diese Menschen leiden, aber deshalb sind sie nicht krank - weder physisch noch psychisch. Klar, aus seelisch-geistigem Leid kann dann natürlich auch eine körperliche Krankheit werden. Auch das.

Aber warum muss man gleich von Anfang an von "Krankheit" reden?

Ich finde, man ist nicht immer "krank", wenn/weil man leidet.

Der Begriff "krank" beinhaltet ja immer auch "defekt", "in der Funktion gestört", von der Norm abweichend. - Das schwingt da mit.

Und man kann auch so herangehen, dass man sagt, das Wohlbefinden sein eingeschränkt oder es gebe einen "Leidensdruck" - wie du schriebst. Andererseits gibt es aber auch (körperliche) Krankheiten, die nicht zwangsläufig mit einem Leidensdruck einhergehen! (Kommt auf die Erkrankung an: auf ihre Dauer, Intensität, Art, Folgen, Behandelbarkeit, Gefährlichkeit ...)

Also kann man das nicht gleichsetzen - Kranksein und Leiden. Das kann zusammen (gleichzeitig) vorkommen, auftreten - muss aber nicht. Also ist es nicht dasselbe.



Zitat
Der Punkt ist aber auch, dass es außerordentlich schwer, erst recht von außen, zu beurteilen ist, wann nichts mehr zu retten ist.
(messie)

So ist es - deshalb:


Zitat
Das Thema ist ja "wann sterben?".
Ich sage dazu: Dann, wenn man leidet und man bereits sehr zuverlässig weiß, dass sich das Leid nicht mehr nehmen lässt.
Dann ist für mich der Todeswunsch jedes einzelnen Menschen der diese Perspektive (bzw. Nichtperspektive) hat völlig natürlich und normal.
(messie)


Genau! Also: es kann letztlich nur jeder für sich selbst entscheiden - und niemand "von außen" ! Denn keiner kennt "von außen" des Anderen Innenperspektive, vor allem nicht: des Anderen Leid - nicht die Art des Leids, nicht die Intensität, Schwere - wo die einen gar kein Leid erkennen könn(t)en, leiden andere aber ("schon").

Deshalb finde ich es ja so anmaßend, wenn sich welche hinstellen und behaupten: wir kriegen das mit ein paar "Medikamenten" und Therapie wieder hin. - Mit anderen Worten: wir werden dir deinen Lebenswillen schon wieder aufdrücken, reindrücken, aus dir rausholen, in dich reintherapieren ... - auch, wenn du das gar nicht willst - denn: eigentlich weißt du ja gar nicht (gerade) was du wirklich willst und was wirklich gut für dich ist - denn du bist ja "krank"!  --->  ! ! !  --> Deshalb müssen wir/Andere für dich agieren, entscheiden ...

Ja, das ist körperlichen Schmerzen vergleichbar: die sind auch von Mensch zu Mensch "subjektiv", individuell verschieden, nicht "übertragbar", nicht "genauso fühlbar" (für einen Anderen).

(Körperlicher und "seelsicher" Schmerz wird ja im Gehirn auch in den selben Regionen verarbeitet.)



Zitat
Ich hattte zweimal einen Todeswunsch im Leben. Beide Male mehr affektiv, ganz akut, weil ich mir ein Weiterleben ohne Abi / ohne Freundin in jenem Fall nicht mehr vorstellen konnte.
Wie man sieht tat ich es nicht ;) - weil es dann ja doch noch eine Nacht zum "Drüber schlafen" kam und am nächsten Morgen nicht mehr alles gar so finster aussah.
Ich denke, wenn ich künftig irgendwann mal einen akuteren Todeswunsch haben würde, würde ich erst einmal versuchen das, was ihn auslöst, zu beseitigen.
Wenn es mir nicht mehr gelingen würde -ok.
Aber dann hätte der Todeswunsch auch Substanz und wäre nicht nur ein "kurzes Loch".


messie - ich hatte schon weiter vorne nicht von solchen "kurzen Löchern" oder "akuten Anwandlungen" gesprochen ...  ;)
« Letzte Änderung: 01 September 2011, 01:18:37 von Kallisti »
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