Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Folterandrohung legitim?  (Gelesen 10061 mal)

schwarze Katze

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Folterandrohung legitim?
« am: 24 November 2004, 12:12:31 »

Einigen von euch wird die Geschichte des kleinen Jungen Jakob von Metzler noch im Gedächtnis sein. Ein tragischer Mord an einem Kind, der zwar an sich leider nicht ungewöhnlich war, durch das Verhalten der  Polizei jedoch in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt ist.

Was meint ihr, war es gerechtfertigt den Entführer(und auch Mörder) des Jungen einer Folterandrohung auszusetzen, um das Leben des Jungen möglicherweise retten zu können, oder nicht?
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Jinx

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #1 am: 24 November 2004, 12:24:51 »

Moin,

ich finde es menschlich verständlich, aber legitim ist es nicht. Es hätte unabsehbare Folgen, so etwas zuzulassen, da die Grenzen immer schwierig zu ziehen sind.
Siehe Todesstrafe USA: ursprünglich wurde die mal wieder eingeführt für Härtefälle...
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Das Leben sollte keine Reise mit dem Ziel sein, attraktiv und mit einem guterhaltenen Körper unter die Erde zu kommen. Wir sollten lieber seitlich hineinrutschen, Schokolade in einer Hand, Absinth in der anderen, unser Körper total verbraucht und dabei schreiend "Wow, was für eine Fahrt!"
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Der Bullshit ist's, dem ich aus dem Wege gehe.

schwarze Katze

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #2 am: 24 November 2004, 12:34:20 »

Yinx:
Zitat
Es hätte unabsehbare Folgen, so etwas zuzulassen, da die Grenzen immer schwierig zu ziehen sind.

das ist auch das Grund für meine Zweifel

Aber andersseits wollten die Polizisten das Leben des Kindes retten und bei einer Entführung spielt Zeit eine enorm wichtige Rolle. Und obwohl die Ermittler jetzt von Gericht stehen, haben sie für meinen Empfinden nicht schlimmes getan.
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colourize

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Re: Folterandrohung legitim?
« Antwort #3 am: 24 November 2004, 12:35:46 »

Zitat von: "Black Russian"

Was meint ihr, war es gerechtfertigt den Entführer(und auch Mörder) des Jungen einer Folterandrohung auszusetzen, um das Leben des Jungen möglicherweise retten zu können, oder nicht?

Ich denke, die Frage kann man nicht pauschal beantworten, sondern nur unter Berücksichtigung der beteiligten Personen bzw. Institutionen.

Ganz einfach ausgedrückt:
Generell würde ich sagen, dass das Leben eines Menschen einen höheren Wert hat, als das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Ich finde es also unter Privatpersonen legitim, in so einem Fall Gewalt anzudrohen.

Für Institutionen der staatlichen Gewalt gilt das meines Erachtens aber nicht. Der Staat darf nicht mit Folter drohen, da er als Institution gleichzeitig für die Einhaltung seiner eigenen Prinzipien verantwortlich ist. Wenn der Staat also Folter androht, mag das im Einzelfall zielführend sein, ist aber hochgefährlich, weil damit das gesellschaftliche Prinzip der körperlichen Unversehrtheit in Frage gestellt und tendenziell entwertet wird. (Ob es tatsächlich zur Folter kommt, ist dabei vollkommen unwichtig.) Für staatliche Institutionen gelten also meiner Meinung nach andere Spielregeln als für Privatpersonen.

Folglich würde ich für den konkreten Fall (Jakob von Metzler) sagen: Der Staat hat hier eindeutig seine Kompetenzen überschritten. Wenn dieses Vorgehen ohne Konsequenzen bleibt, so fällt damit wieder einmal ein bedeutender Teil unserer freiheitlich-demokratischen Wertordnung.
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Anonymous

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Re: Folterandrohung legitim?
« Antwort #4 am: 24 November 2004, 13:04:21 »

Zitat von: "colourize"
Ganz einfach ausgedrückt:
Generell würde ich sagen, dass das Leben eines Menschen einen höheren Wert hat, als das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Ich finde es also unter Privatpersonen legitim, in so einem Fall Gewalt anzudrohen.


Das sehe ich ein weniglich anders.
Ich stimme dir zu, dass das Recht auf Leben höher angesiedelt ist als das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Aber es sollten in einem Staat mit existentem Rechtssystem doch bitte derartige Fälle über dieses staatliche Rechtssystem geregelt werden. Ich anstelle der Eltern des Jungen hätte dem Herrn Entführer erst einmal pauschal die Kniegelenke und das Becken zertümmert bevor ich Folter oder Ähnliches angedroht hätte. Allein den seelischen Schmerzen wegen, die er mir mit der Entführung angetan hätte. Doch Selbstjustiz ist in keinster Weise als Lösung anzusehen.
Der Staat und auch die angeklagten Ermittler haben sich an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu halten.

Privatbürger nicht.

Schieße ich als Privatperson mit einer mir legitim gehörenden Waffe einem unbewaffneten Einbrecher in's Knie war's Notwehr und gut ist.
Passiert mir das als {Landes|Bundes}Polizist droht ein nicht unerhebliches Disziplinarverfahren wegen Mißachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Ich hätte, um ihn aufzuhalten, mich auch einfach auf ihn werfen können ...

Sicherlich ist es nicht die feine englische Art, Folter anzudrohen. Allem voran nicht wenn man bedenkt, dass Androhungen nur geäußert werden dürfen so man bereit ist, diese tatsächlich wahr zu machen.

Andererseits würde ich es im Nachhinein als legitim ansehen, hätten sie ihn in diesem besonderen Fall einfach mal ein bisschen gequält. Frei nach dem Motto: wer gegen das Grundgesetz verstößt braucht sich im Nachhinein nicht hinter ihm zu verstecken.

Dass das ganze nicht einfach zu händeln ist, sowie die bestehenden Gefahren sind mir schon klar. Schließlich ist es nicht erst einmal passiert, dass eindeutige Beweise dafür sorgten, dass der Falsche im Knast landete ...

Schwierige Sache, dass.
Der Ermittler war sich von Vorn herein darüber im Klaren was passieren wird. Dennoch war ihm die Hoffnung, den Jungen lebend zu finden Anlass genug dafür, seine Karriere auf's Spiel zu setzen.
In seiner Haut will ich nicht stecken.

Ist es nun legitim?
Rechtlich gesehen in keinster Weise.
Menschlich gesehen auf jeden Fall.
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phaylon

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #5 am: 24 November 2004, 16:26:09 »

Zitat
Frei nach dem Motto:
wer gegen das Grundgesetz verstößt braucht sich im Nachhinein nicht hinter ihm
zu verstecken.

Da gefällt mir die »unantastbar«-Variante aber doch eher besser...


p
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Improvisation ist ein wichtiger Faktor in jeder funktionalen Ideologie.

osmin

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #6 am: 24 November 2004, 17:09:53 »

Wie colourize bin ich der Meinung, dass diese Frage nicht pauschal zu beantworten ist.

Allerdings sehe ich zwar einerseits den Staat in der unbedingten Verpflichtung, sich an die eigenen Prinzipien zu halten. Aber andererseits gilt es, selbst Grundprinzipien wie das des Rechts der körperlichen Unversehrtheit in einem wohldefinierten Wertesystem sinnvoll zu gewichten:
In diesem Fall hat sich der Entführer bewusst geweigert, ihm offensichtlich bekannte und möglicherweise lebensrettende Informationen für sich zu behalten. Die Rettung des Lebens des Kindes wiegt meiner Ansicht nach schwerer als die körperliche Unversehrtheit des Verantwortlichen (der sich außerdem durch einfache Freigabe der relevanten Informationen hätte schützen können), und daraus ergibt sich für mich: In DIESER SPEZIELLEN Situation IST die Androhung von Folter zwar nicht legitim, aber sie SOLLTE es sein.
Das Problem besteht allerdings wieder einmal in der Definition der Faktoren, die über die Legitimität besonderer Maßnahmen in Grenzfällen entscheiden. Und genau hier liegt wohl der Hase im Pfeffer, weil die Gefahr, der die Grundrechte bei nicht ausreichend durchdachter Konzeption enes solchen Wertesystems ausgesetzt wäre, verheerende Folgen mit sich bringen könnte.

@ Jinx: Den Vergleich mit der Todesstrafe in den USA finde ich nur bedingt passend: Dort geht es nämlich um bereits vollzogenen Mord - ob der für schuldig Befundene nun hingerichtet wird oder nicht, hat keinen Einfluss mehr auf den (bereits entstandenen) Schaden Dritter. In diesem Fall geht es dagegen um extreme Maßnahmen mit dem Ziel, noch größeren Schaden abwenden zu können.
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..ich weiß ja nicht mal, dass ich keine Ahnung habe!

Kenaz

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #7 am: 24 November 2004, 17:27:34 »

Ganz klar: In einer, nach demokratischen und aufgeklärten Prinzipien strukturierten Gesellschaft ist die Folterandrohung illegitim, da gibt es keine zwei Meinungen. Im übrigen ist die Formulierung "Folterandrohung" ein wenig irreführend, legt sie doch nahe, man müsse noch einmal unterscheiden zwischen der Androhung und der Ausführung von Folter. Man kann sich an dieser Stelle jedoch auch gleich über das Für und Wider von Folter an sich unterhalten, denn eine Androhung, die nicht die potentielle Ausführung des Angedrohten impliziert, ist keine Drohung sondern leeres Geschwätz. - Man kann die Frage also auf die folgende Formel verallgemeinern: Kann und darf Folter in Ausnahmefällen ein akzeptables Mittel der Gefahrenabwendung sein?

Die Frage ist unlängst ja bereits im Zusammenhang mit dem Folterskandal in Abu Ghureib recht intensiv diskutiert worden. Und um das hier zur Verwendung gekommene Beispiel noch etwas zuzuspitzen, verweise ich auf ein Szenario, das der amerikanische Strafrechtler Alan Dershowitz entwirft: Die Staatsmacht hat einen Terroristen in ihrer Hand, von dem man weiß, daß dieser über die genaue Position mehrerer Sprengsätze informiert ist, die in den nächsten Stunden in urbanen Ballungszentren hochgehen sollen, er weigert sich aber standhaft, diese Informationen preiszugeben. - Frage: Soll bzw. kann es verboten sein, mittels Folter an Informationen zu kommen, die womöglich Tausenden von Menschen das Leben retten können?

Klar: Bauch und "gesunder Menschenverstand" zögern keine Sekunde, diese Frage emphatisch zu verneinen - hier scheint der Zweck im wahrsten Sinne des Wortes die Mittel zu heiligen. Doch klar ist auch: Mit einer Tolerierung von Folter - und das gilt auch für "Ausnahmen" - versündigt sich die demokratische, aufgeklärte Gesellschaft an ihrem fundamentalsten Grundwert: dem der Menschenwürde. - Das kniffligste Problem bei der ganzen Angelegenheit ist ja nicht zuletzt dieses: Wenn man erst einmal die magische Grenze überschritten und sich für Folter in Ausnahmefällen ausgesprochen hat, stellt sich ganz flugs die Frage: WAS SIND Ausnahmefälle? Ab wann kann ein Fall einen solchen Ausnahmestatus beanspruchen, daß dieser es rechtfertigt, daß eine Gesellschaft ihren eigenen Grundwerten und -prinzipien zuwiderhandelt? Darf eine Gesellschaft um der Verteidigung ihrer Grundwerte willen, deren Herzstück die Würde des Menschen darstellt, diese Würde gerade mißachten? - Und vor allem: Wer legt fest, ab wann eine Ausnahme vorliegt, die den Einsatz dieser Mittel rechtfertigt?

Einer der Hauptgründe, warum man sich gegen Folter selbst als Mittel in Ausnahmefällen sträubt, ist eben genau der Umstand, daß man Wucherungen befürchtet, die - hat man die Büchse der Pandora erst mal geöffnet - nicht mehr unter Kontrolle zu bekommen sind.

Der bislang gängige, ethische Mainstream der westlichen Kultur läßt keine Frage offen, daß Folter durch nichts zu legitimeren ist; es stellt sich aber die Frage, ob eine Gesellschaft unter allen Umständen ethisch agieren kann, ohne nicht fundamental ihre eigene Existenz aufs Spiel zu setzen; m. a. W.: inwieweit ist einem Friedrich Nietzsche zuzustimmen, der in "Jenseits von Gut und Böse" feststellt: "Es giebt einen Punkt von krankhafter Vermürbung und Verzärtlichung in der Geschichte der Gesellschaft, wo sie selbst für ihren Schädiger, den Verbrecher Partei nimmt, und zwar ernsthaft und ehrlich. Strafen: das scheint ihr irgendworin unbillig [...]" - Nach Nietzsche ist dieser Zustand bereits deutlichstes Symptom eines fortgeschrittenen Dekadenzprozesses, an dessen Ende der Untergang dieser Gesellschaft selbst steht, weil sie ihren Schädigern nicht mehr gewachsen ist.

Stellt man sich jedoch diesem Gedanken, so muß man sich hinwiederum auch den oben formulierten, reichlich unappetitlichen Fragen stellen. - Es handelt sich so ziemlich um eins der kniffeligsten Probleme, der sich - auch und gerade im Zeichen der Bedrohung durch fundamentalistischen Terror unterschiedlichster Couleur - die moderne Gesellschaft heute zu stellen hat.

... ... ...

Da ich gerade aber auch keine Patentantwort parat habe und demnächst los muß, breche ich hier erst mal ab und lasse das bis hier Gesagte einfach mal als nach allen Seiten hin offenen Diskussionsbeitrag stehen ...
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osmin

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #8 am: 24 November 2004, 17:34:06 »

Äh... hatte ich das nicht gesagt? Nur... kürzer?
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..ich weiß ja nicht mal, dass ich keine Ahnung habe!

Kenaz

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #9 am: 24 November 2004, 18:40:56 »

Zitat von: "osmin"
Äh... hatte ich das nicht gesagt? Nur... kürzer?

Nö, nicht wirklich, auch wenn es in 'ne ähnliche Richtung geht ... :wink: - Das hier z. B: hätte ich so nicht gesagt:  
Zitat von: "osmin"
In DIESER SPEZIELLEN Situation IST die Androhung von Folter zwar nicht legitim, aber sie SOLLTE es sein.
- Das ist ja gerade der Punkt, den es zu klären gilt: Sollte Folter in gewissen Fällen ein probates MIttel sein oder nicht?

... Am End liegt's freilich schlicht und einfach daran, daß ich den ganzen Kram zu schreiben angefangen habe, bevor ich Dein Posting zur Kenntnis nehmen konnte ... - Und soll ich dann etwa den ganzen mühsam fabrizierten Sermon in die Tonne treten, nur weil da schon was steht, was in dieselbe oder 'ne ähnliche Kerbe haut? - NIX DA! :wink:
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Eisbär

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #10 am: 24 November 2004, 19:06:46 »

Zitat von: "osmin"
Äh... hatte ich das nicht gesagt? Nur... kürzer?
Ja. Aber keine Sorge. Er macht das immer so :biglaugh:

Ich frage mich ja, wie die ethische Situation und das Gerede über "dürfen und nicht dürfen" von Folter aussehen würde, wenn eben diese Androhung zu dem entsprechendem Erfolg geführt hätte, sprich wenn das Kind damit gerettet worden wäre.

Ich weiß nicht, was ich dazu denken soll, gerade in anbetracht der eben genannten Möglichkeit.
Ich bin ja eigentlich ein Riesenfreund von unseren Grundrechten (und hoffe, davon bei Gelegenheit ein paar zurück zu bekommen) und denke auch, daß man sie vertreten sollte. Jedem gegenüber. Auch dem Kriminellen.

Aber wie haben leider (oder eher Gott sei Dank) noch nicht die Möglichkeit, von solchen Tätern die Gedanken herauszulösen.
Ich habe auch keine Ahnung, wie weit die Wahrheitsdrogen heute funktionieren und wie legal deren Anwendung wäre. Fällt wahrscheinlich auch unter Folter...

Aber es gibt ja immer moralische Zwiespälte...
Wenn ich mal wieder in der Bahn von besoffenen blöde angemacht werde, wünsche ich mir auch manchmal, daß Euthanasie in solchen Fällen wieder eingeführt wird.
Und ärger mich 15 min später über mich selbst, daß ich so menschenverachtend gedacht habe...

Es gibt einfach keine perfekten Lösungen für jedes ethische Problem.
Leider.

Lars
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Thomas

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #11 am: 24 November 2004, 19:58:24 »

Es ist wirklich wie das sitzen zwischen zwei Stühlen, kann mich den ersten Ausführungen von Osmin und Kenaz nur anschließen.Bis auf folgendes :

Zitat
Im übrigen ist die Formulierung "Folterandrohung" ein wenig irreführend, legt sie doch nahe, man müsse noch einmal unterscheiden zwischen der Androhung und der Ausführung von Folter. Man kann sich an dieser Stelle jedoch auch gleich über das Für und Wider von Folter an sich unterhalten, denn eine Androhung, die nicht die potentielle Ausführung des Angedrohten impliziert, ist keine Drohung sondern leeres Geschwätz.

Nicht unbedingt, da ja der Bedrohte nicht weiß, ob es sich um eine Drohung handelt, die am Ende auch wirklich in die Ausführung des Angedrohten mündet oder nicht.
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Mandragor

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #12 am: 24 November 2004, 21:21:12 »

Folter (Drohungen sind nur Worte...) ist für nen Rechtsstaat undenkbar. Egal unter welchen Umständen. Denn dann öffnet man Willkür Tür und Tor. Was ist Folter? Was ist ein bisschen Folter? Der eine siehts so, der andere so...
Ich glaub, daß Folter verboten ist, steht auch irgendwo im Grundgesetz und darf auch gar nicht geändert werden.

In speziell diesem Fall könnte jedoch der Richter angesichts der Umstände seinen Einfluß geltend machen. Er könnte sagen: jop, war unrecht, aaber in dieser Situation moralisch verständlich.

Moral funzt halt etwas anders. Wenn z.B. ein Attentat gegen Hitler Erfolg gehabt hätte, wäre der Täter ein Held gewesen und in unseren Augen auf keinen Fall zu verurteilen, obwohl er einen Mord (Unrecht) begangen hätte.
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Drachenkind

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #13 am: 25 November 2004, 01:17:10 »

Für mich ist die Sache so schlicht wie was.
Wir haben die UN Konvention gegen Folter unterschrieben.
Vom Grundgesetz mal nicht zu reden.
Also gibts da für mich nix zu diskutieren, außer der Deutschen Angewohnheit Dinge zu klären, die Klar sind.

Geschweige desse, was macht man wenn man am Ende feststellt, man hat einen Unschuldigen gefoltert? Weil mal wieder ein Schlapphut einen Namen nicht lesen konnte...
Das kann alles nur zur Selbstexekution des Rechtsstaats führen.


@Mandragor
In dem Zusammenhang wird damit meist zitiert, das dies mit der Unantastbarkeit der Würde des Menschen nicht zu vereinbaren wäre.
(ist übrigens die einzige Zeile die es 1:1 in die EU-Verfassung geschafft hat und die meisten Ländern nicht in ihrer Verfassung haben, aber wohl dann demnächst  :D  )
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egliche Rechtschreibfehler sind Ausdruck meiner Rebellion gegen die Regeln des Esteblishment.

Kenaz

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Folterandrohung legitim?
« Antwort #14 am: 25 November 2004, 07:58:35 »

Zitat von: "Thomas"
Nicht unbedingt, da ja der Bedrohte nicht weiß, ob es sich um eine Drohung handelt, die am Ende auch wirklich in die Ausführung des Angedrohten mündet oder nicht.
- Aber unbedingt, denn schließlich geht es hier um die  Frage von Folter im Kontext gesetzlicher Reglementierung. Und wenn ein Gesetz verabschiedet würde, in dem sinngemäß stünde: "Es ist dem Ermittler erlaubt, Folter anzudrohen, aber strikt untersagt, sie auch anzuwenden", dann lacht sich Dein "Bedrohter" ins Fäustchen und furzt auf Deine Folter"androhung" ... :wink: - Hier zieht ganz klar das "Wer 'a' sagt, muß auch 'b' sagen"-Prinzip: Wer die Androhung von Folter in Ausnahmefällen legitimieren will, muß auch ihre Anwendung legitimieren - andernfalls handelte es sich nicht um eine Androhung.

Zitat von: "Drachenkind"
Für mich ist die Sache so schlicht wie was.
- Im Prinzip ... sowieso. - Aber des Pudels problematischer Kern steckt hier wie zumeist im Detail, denn hier geht's um Grenzfälle, in denen die kategorische Verteidigung eherner Grundsätze einen fragwürdigen oder wenigstens hinterfragenswerten Beigeschmack bekommt, führt man sich vor Augen, was alles auf dem Spiel stehen könnte (siehe die o. a. Beispiele). - Das Problem besteht nicht in der Frage nach der Regel, sondern ob und unter welchen Bedingungen Ausnahmen von dieser Regel gemacht werden sollen/dürfen/können/müssen.
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