Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Neofolk - Rekrutierungsfeld für rechte Kulturstrategen?  (Gelesen 67513 mal)

olli

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Neofolk - Rekrutierungsfeld für rechte Kulturstrategen?
« Antwort #15 am: 04 August 2004, 17:59:33 »

jawoll, das kann colorline selbst entscheiden.

auch wenn ich deine angst/sorge verstehe, mein farbiger freund, muss man aber auch realistisch sein. kann die schwarze szene geschlossen gegen rechtsradikale tendenzen in einer ihrer sub-szenen auftreten? oder können das nicht eher nur die neofolkianer selbst schaffen? sollen djs aufhören, neofolk zu spielen (fände ich persönlich super)? diskussion!
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colourize

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Neofolk - Rekrutierungsfeld für rechte Kulturstrategen?
« Antwort #16 am: 04 August 2004, 18:33:14 »

Wie realistisch umsetzbar eine Abgrenzung der Schwarzen Szene von Neofolk (bzw. den rechten Tendenzen in dieser Szene) wirklich in der Praxis ist, steht nochmal auf einem anderen Blatt. Ein entscheidender Schritt wäre zum Beispiel, den Organisatoren des WGT's das größte Schwarze Festival streitig zu machen. Die derzeitige Organisation des WGT's positioniert sich nämlich nicht eindeutig gegen rechte Tendenzen, sondern integriert sie.

Die Frage ist aber vielmehr, ob diese Abgrenzung gewollt ist. So wie ich z.B. Thomas verstehe (und ich schätze mal, dass Viele in dieser Szene so denken wie er), spielt die ideologische Frage keine Rolle, solange die Ästhetik stimmt und man selbst nicht von der menschenverachtenden Ideologie der ebenfalls auf dem Konzert anwesenden Faschisten betroffen ist. Dies ist um so problematischer, als dass die dort zur Schau gestellte Ästhetik eben nicht nur eine Äußerlichkeit darstellt, sondern recht eindeutig ideologisch untermauert ist. Zumindest ist dies der Fall, wenn auf einschlägig rechtsradikalen Internetseiten für die entsprechende Veranstaltung geworben wird, der Veranstalter rechtsradikal ist und auf dem Konzert an entsprechenden Ständen Propagandamaterial rechter Verlage feilgeboten wird.

Sprich: Ein guter Teil dieser "unserer" Szene geht auf ein von Rechtsradikalen organisiertes Festival, schaut sich zusammen mit rechtsradikal denkendem Publikum in Faschistentracht rechtsradikale Bands an, erfreut sich an dem anschließenden Fackelzug und findet dabei ja so gar nichts schlimmes, da man selbst natürlich nicht dieser Ideologie anhängt und gut differenzieren kann.

Durch diese aus meiner Sicht naiven Geisteshaltung wird es aber den Rechtsradiakalen überhaupt erst möglich, in unserer Szene Fuß zu fassen. Denn - wie das Beispiel von Thomas zeigt - nicht alle der dort anwesenden Gäste sind ja tatsächlich Rechtsradikale! Wenn alle Gäste eindeutig rechtsradikal wären, wäre es viel einfacher, gegen diese Veranstaltungen einzuschreiten oder zumindest den rechten Rand der Szene eindeutig zum umreissen und sich von diesen abzugrenzen.

Nur durch diese "ideologiefreien Mitläufer" wie Thomas(*) wird eine Szeneintegration der Rechtsradikalen überhaupt erst möglich.

Aus Sicht der rechtsradikalen Kulturstrategen von heute ist diese "Toleranz" der "ideologiefreien Mitläufer" natürlich ideal - genauso ideal, wie das duckmäuserische Wesen der Mehrheit der Deutschen zwischen 1933 und 1945 für die Ziele der Nationalsozialisten ideal war.

Die "ideologiefreien Mitläufer" der Neofolk-Szene sind ein Teil des Problems, und nicht ein Teil seiner Lösung.


(*) Sorry, einzigstes Beispiel in diesem Thread hier. Es sind aber noch mehr, keine Sorge.
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Thomas

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Neofolk - Rekrutierungsfeld für rechte Kulturstrategen?
« Antwort #17 am: 04 August 2004, 19:09:20 »

Zitat
Die "ideologiefreien Mitläufer" der Neofolk-Szene sind ein Teil des Problems, und nicht ein Teil seiner Lösung.


Das ist ein Problem, das du und einige andere, aber längst nicht alle haben.Ich toleriere rechte tendenzen genauso wie linke (bis zu einem gewissen grad).

Für meine Auffassung hast du (wie so viel linke) eine viel zu einseitige Sicht auf die Dinge.Links gut, Rechts böse.Meinungsfreiheit ja, aber natürlich nur, wenn die Meinung der eigenen entspricht.Wenn man so weit links steht wie du, bleibt für die Mitte natürlich nicht viel übrig, dementsprechend sieht man das Böse mit seinen Versuchungen auch überall lauern.Neofolk, heidnischer Glaube, Böse onkelz - heute die, morgen die nationalsozialistisch-imperialistische Weltherrschaft.

Was mir persönlich eher zu denken gibt als Neofolker auf schwarzen Partys : Das Leute wie du z.B. völlig zwanglos auf solche, als linke Propagandamedien bekannten Webseiten wie Indymedia.org verlinken.Wie war das da noch:
Jedes zweite wort in diesem "neutralen" Bericht war "antifaschistisch", das ganze in bester Ex-DDR Amtssprache formuliert, zwischen jeder zeile war das "seid bereit - immer bereit" herauszulesen.
Vor solcher Propagande hab' ich ehrlich gesagt mehr Angst und dementsprechend mehr elan gegen solche Einflüsse anzukämpfen, sollte es denn nötig sein.
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Jinx

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« Antwort #18 am: 04 August 2004, 22:08:39 »

Eigentlich wollte ich nichts mehr hierzu schreiben, da ich dieses Thema an anderer Stelle schon endlos diskutiert habe, mehrmals und teilweise mit diesen HJ-Verschnitten mit ihrem widerlichen Gehabe *kotz*.

Ich bin nicht so tolerant. Auch weil diese Leute Menschen wie mich oder meine Freunde nicht tolerieren. Auf meine körperliche Unversehrtheit lege ich sehr viel Wert und das finde ich voll legitim.

Ich bin gegen Gewalt, auch wenn sie von Links kommt. Ich bin auf diesem Auge nicht blind und als auf dem WGT 2002 (glaube ich) zwei (wohl rechte) Neofolk-Anhänger von Punks verprügelt wurden, fand ich das daneben und unentschuldbar. Ich finde, dass Rechte (also Neofaschisten, Neonazis, Rassisten) einfach Arschlöcher sind, sorry, aber diese beiden waren erwiesenermaßen friedlich unterwegs und daher darf man ihnen keine reinhauen, auch wenn man es vielleicht gerne möchte.
Das ist meine feste Überzeugung.

Aber: die Typen sind zumindest geistige Brandstifter, und dass sie auf derartigen Veranstaltungen friedlich sind, ist sehr klug von ihnen, aber das heisst nicht, dass es sich nicht um potentiell gefährliche Leute handelt, die sich anderswo ganz anders aufführen.

Ich habe Solingen erlebt, Hoyerswerda, Rostock, dann dieser Algerier, der vor irgendeinem kahlrasierten Volk, das meint, sie wären was besseres, geflohen ist, durch eine Glasscheibe sprang, weil alle Türen verschlossen waren und verblutete. Tja, die Ideologie macht's möglich. Da braucht man nicht mal die Zeit des Nationalsozialismus zu bemühen, denn in einer Sache bin ich mir sicher: das hätten Linke nie getan. Egal welche (bitte jetzt nicht mit irgendwelchen Diktaturen am Ende der welt kommen, die behaupten, sie wären links). Bei den Linken gibt es Spinner, Gewaltbereite, aber es ist nicht möglich, eine Gruppe Linker zu finden, die bereit sind, Kinder in ihren eigenen Betten zu verbrennen oder auf harmlose Leute loszugehen, weil sie nach wissenschaftlich unhaltbaren Theorien "Rassen" angehören, die irgendwie minderwertig sind. Das kommt, btw, weder im Kommunismus sowjetischer Prägung vor (nicht mal Stalin hat das geschafft) noch im Maoismus, und schon gar nicht in Kuba. Sicher gab es in diesen Ländern ebenso Vorurteile, aber die Politik und die offizielle Doktrin war eine antirassistische. Daher finde ich den Vergleich zwischen dem nationalsozialistischen Regime und dem der DDR völlig unangebracht. Und ehrlich, es ist scheißegal, ob in China oder unter Stalin mehr Leute umgebracht wurden als von den Nationalsozialisten in KZs und in den besetzten Ländern. Denn Leute umzubringen, weil man ihre Nationalität, ihre Herkunft oder ihre Lebensart für minderwertig hält, für nicht lebenswert per se, also nur durch die bloße Existenz, ist einmalig in dieser Masse und Konsequenz. Und das nicht nur im Vergleich mit Kommunistischen Regimen, nein, selbst der europäische Faschismus (Italien, Spanien) hat sich nicht derartig hervorgetan, die "Rassefrage" spielte in Spanien überhaupt keine und in Italien eine sehr untergeordnete Rolle. Und die Länder, die mit Satellitenregimen ausgestattet waren, schickten ihre Juden, Sinti, Roma etc. eh nach Deutschland, wo die Profis auf diesem Gebiet waren.


Früher haben Neonazis behauptet, Hitler wäre nicht schlecht gewesen, aber die Leute um ihn herum hätten Mist gebaut und ihm KZ's etc. verschwiegen. Heute ist es genau andersrum: Hitler ist ein Idiot, aber die Sache ist eigentlich ganz prima, man müßte es nur anders aufziehen. Wißt Ihr was? Das ist alles Scheiße, Hitler, die Sache und der ganze Rest.
Und Leute, die der Idee anhängen und versuchen, diesen ganzen Dreck irgendwie schönzureden, zu rechtfertigen, unters Volk zu bringen,  toleriere ich eben nicht.
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messie

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« Antwort #19 am: 04 August 2004, 22:19:00 »

Jinx - ausgezeichnet geschrieben! Dem kann ich mich 100% anschließen, was Du da sagst - und zwar Allem!  :)
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« Antwort #20 am: 05 August 2004, 09:34:55 »

hmm hmm. ich denke, neonazis findet hier keiner toll. was mich interessiert: wird das wgt wirklich von faschos organsiert? welches waren denn faschistische bands dieses jahr? habe davon nichts mitbekommen, was aber nichts heißen will, darum würde ich mich über eine kleine belehrung freuen. und wenn das dann zutrifft, sollte man sich wirklich mal gedanken machen. denn auf ein fascho-festival will ich mit sicherheit nicht gehen.
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« Antwort #21 am: 05 August 2004, 12:10:29 »

olli: Provofrage oder fragst Du Dich das wirklich?  :?:
"Von Faschos organisiert" ist das WGT auf keinen Fall. Weder die heutige Organisation, noch die bis 2000 war in irgendeiner Form rechts orientiert.
Der einzige Verdacht, der immer wieder aufkam war, dass das Security-Personal dort evt. ein wenig mehr rechts orientiert (gewesen?) sein könnte.

Allerdings werden dort immer wieder eine Reihe von Neofolk-Bands eingeladen, und daran scheiden sich hier ja auch kräftig die Gemüter, wie stark diese Neofolk-Szene von "Rechten" durchsetzt sein könnte. Auch Feindflug haben sie zum 2. Mal eingeladen, denen ja auch immer wieder rechte Anspielungen unterstellt werden (was ich persönlich für falsch halte).

Insofern ist das WGT definitiv kein Fascho-Festival. Aber hier und da tun sich dort Grauzonen auf (z.B. auch dadurch, dass immer wieder ein Stand zugelassen ist, der Einschlägiges Material anbietet), die dafür sorgen dass sich das Orga-Team vorwerfen lassen muss, dass sie mit dem Thema zuweilen etwas sorglos, um nicht zu sagen: Naiv umgehen.
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« Antwort #22 am: 05 August 2004, 12:32:34 »

neinnein, ist schon ernst gemeint. woher soll ich denn wissen, ob oder ob nicht das wgt von faschos organisiert wird? kann ja sein, tiefer osten, da kann weiß man nie. und colourize hat das ja ziemlich eindeutig geschrieben, deswegen fände ich ein bissel aufklärung schon gut.
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Kenaz

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Neofolk - Rekrutierungsfeld für rechte Kulturstrategen?
« Antwort #23 am: 05 August 2004, 21:38:43 »

Mit der Frage
Zitat
wird das wgt wirklich von faschos organsiert? welches waren denn faschistische bands dieses jahr?
sind wir ja mittendrin im zentralen Problem der ganzen Angelegenheit. Denn: Was genau wollen wir denn eigentlich unter "Faschos" verstehen? Es ist nun mal so, daß die Begriffe "Fascho", "Faschismus" und/oder "faschistisch" um so inflationärer gebraucht werden, je weiter links im politischen Spektrum sich der jeweilige Sprecher positioniert. Eine Differenzierung zwischen den Begriffen "Nationalsozialismus" und "Faschismus" erscheint diesen Kreisen ohnehin obsolet und wird in einer einzigen, großen graubraunen Kuddelsuppe lustig zusammengerührt und bis zur Unkenntlichkeit verkocht.

Die Frage lautet also: Wann und aus welchen Gründen sind Künstler als "faschistisch" oder "nazistisch" einzustufen? Waren Current 93, die ja zweifelsohne die ganze Neo- bzw. Apocalyptic-Folk-Kiste Mitte der 80er losgetreten haben, "faschistisch", weil sie begonnen haben, sich auf ihren Platten mit nordischer Mythologie und Runenmystik zu befassen? Sind Death In June "Faschos", weil sie der Philosophie eines Friedrich Nietzsche bzw. Julius Evola huldigen? Und spielt es dann keine Rolle mehr, daß unter ihren kulturellen Einflüssen auch dezidiert nicht-faschistische Köpfe wie Jean Genet oder R. W. Faßbinder zu finden sind? Sind Blood Axis Faschisten bzw. ist Michael Moynihan Faschist, weil er sich auf einen neuen Traditionalismus beruft angesichts einer Welt und einer Gesellschaft, die ihre allerletzten Werte in den Orkus der Beliebigkeit kickt und sich auf diesem Wege langsam aber sicher in ihre Bestandteile auflöst? Sind Neuheiden Faschisten? Über die "Anschlußpunkte" zwischen Faschismus und Neuheidentum, die Colourize angedeutet hat, kann ich ja nur spekulieren, ich denke aber, daß es mit dem Ir- bzw. Antirationalismus zu tun hat, der dort im Schwange ist, und der, gekoppelt mit einer nordischen Force+Fire-"Philosophie", für unreflektiertere Gemüter tatsächlich eine gewisse Verführung darstellen kann. Nichtsdestotrotz: Reicht das aus, um hier mit dem Rasenmäher 'rüberzugehen und Neuheidentum per se in die Grauzone des Faschismus zu stellen? Ich denke nicht. Hier wie überall gilt es zu differenzieren.

Ich persönlich kann dazu mal die folgenden Gedanken beisteuern: Wiewohl ich sämtliche o. g. Musikanten sehr schätze - inklusive noch unkorrekterer wie Turbund Sturmwerk, Blutharsch und Boyd Rice - und mich ebensowenig schäme, meine Faszination für Denker vom Schlage eines Nietzsche, Jünger oder Evola zu bekennen, so muß ich doch ebenfalls sagen, daß mir stante pede die Galle hochkommt, wenn "hauptberufliche" Neonazis zu Werke gehen. Ich benutze meinen Kopf nämlich nicht nur als praktisches Plätzlein für eine hübsche Frisur. - Die Unterschiede zwischen einem Jürgen Rieger (in seiner Eigenschaft als Fähnleinführer der "Artgemeinschaft") bspw. und einem Julius Evola sind für mein Dafürhalten recht offenkundig: Auf der einen Seite steht ein politischer Agitator, der sich zum Transport primär politischer Ziele einer kruden pseudoreligiösen Struktur bedient und für einen Menschen, der das Licht in seinem geistigen Dachstüblein noch nicht bis nahe Null abgedimmt hat, argumentativ in etwa so überzeugend ist wie Bush, wenn's um Massenvernichtungswaffen im Irak geht. Auf der anderen Seite steht ein hochreflektierter Intellektueller, der vielleicht höchst unmoderne und dem "aufgeklärten" Geist extrem provokant in den Ohren tönende Thesen zu Papier bringt, nichtsdestoweniger jedoch über eine argumentative Basis verfügt, die sich nicht ohne weiteres mal eben so zwischen Hauptgericht und Nachspeise vom Tablett fegen läßt. Genauso offenkundig gestaltet sich der Unterschied zwischen Nazibarden vom Schlage eines Frank Rennicke auf der einen und einer Band wie Orplid oder Forseti - um Death In June erst gar nicht zu nennen - auf der anderen Seite. Im ersten Fall ist Musik lediglich Mittel zum Transport der politischen Botschaft - was auch immer ein klares Indiz für "schlechte" Kunst ist, doch das nur am Rande -, im zweiten Fall steht der musikalisch-künstlerische Ausdruck im Vordergrund: eine semipolitische Botschaft KANN man dann hören, wenn man will, es eröffnet sich darüber hinaus jedoch ein weites Feld an tiefergehenden Interpretationsmöglichkeiten.

Daß sich auf entsprechende Konzerte und Veranstaltungen freilich immer wieder auch recht fragwürdiges Volk verirrt, mag bedauerlich sein, das ist jedoch der Preis, den man für das Leben in einer Gesellschaft zahlt, die sich eines - wenigstens relativen - Freiheitsanspruches befleißigt; - ich selbst habe Mitte 96 oder 97 Blood Axis in Hannover in trauter Gemeinsamkeit u. a. mit einem Trupp "White Power"-Glatzen erleben dürfen - und das hat sich für jemanden wie mich, der sich in den 80ern zur Punkszene gezählt hat, schon ein klein wenig seltsam angefühlt. Doch wer will diesen Leuten - so lange sie sich friedlich verhalten - mit welchem Recht verbieten, sich auf einem solchen Konzert einzufinden? Und wer will Herrn Moynihan verbieten, mit seiner Musik Inhalte zu artikulieren, von denen sich auch solche, intellektuell leidlich bescheiden ausgestattete Elemente angezogen fühlen? - Davon ganz abgesehen, habe ich im übrigen vollstes Verständnis für jeden Künstler, der einfach keinen Bock hat, vor jedem öffentlichen Auftritt erstmal mit einem politischen Bekenntnis seine Positionen offenzulegen und einen heiligen Eid auf die Verfassung abzulegen (- was ja in groben Zügen bisweilen immer wieder mal vom einen oder anderen gefordert wird). Dazu hätte ich für meinen Teil jedenfalls auch keinen Bock. Kunst will zweideutig sein und soll das auch sein.

Im übrigen muß ich sagen, daß ich, was die Frage der Meinungsfreiheit betrifft, ein Ami bin. ich finde, jeder sollte das Recht in Anspruch nehmen können, seine krausen Gedanken offen zu artikulieren, ohne Repressalien von irgendwelchen Tugendbolden befürchten zu müssen. AUCH Nazis. Der offene Diskurs ist das beste Mittel, um ideologischen Chimären zu begegnen. Die Linke hat das freilich nicht so gerne, weil sie sehr genau wittert, daß auf der "anderen Seite" auch nicht  n u r  Dummköpfe sitzen und sie auf dem Wege eines offenen Diskurses eventuell gezwungen wäre, die eine oder andere weltanschauliche heilige Kuh zu schlachten. Denn ein wahrhaft offener Diskurs verbietet "Argumente" wie: "Das ist doch Faschokram!" DAS sind nämlich KEINE Argumente. (Sehr bezeichnend für das diesbezügliche Klima in der Linken ist für mein Empfinden auch der Slogan: "Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen!" - RRRRRRRRRRRRRUMMMMS!!! Da donnert sie nieder, die Keule!)

In diesem Sinne: Meinungsfreiheit rules! Freiheit der Kunst rules ebenso! Und offene, unvoreingenommene Auseinandersetzung mit der "Wahrheit" des anderen rules schon mal erst recht! - Abgrenzungen, Diffamierungen und selbstgerechtes Getöse gehen jedoch in die genau entgegengesetzte Richtung. Um mit Rosa Luxemburgs schönen Worten zu schließen: "Freiheit ist immer die Freiheit des anderen."

Ich habe fertig.


K.
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Drachenkind

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Neofolk - Rekrutierungsfeld für rechte Kulturstrategen?
« Antwort #24 am: 05 August 2004, 22:01:28 »

Ganz einfach:

Faschimus als politische Idee läßt sich nachschlagen.
Bei Bands, Künstlern und ähnlichem erkennt man es am Publikum.
Den die Ratten kommen ja nur wenn der Köder stimmt.


Führt Neofolk zu mehr Rechtsdumpfvolk
führt das zu unentspannten Konzerten
und weiterem Zulauf von Dumpf.
Führt zur Gegenbewegung derer die sich nicht einschüchtern lassen.
Ergebnis, große Schlägerei oder Spaltungen.

Überspitzt und sehr verkürzt.



P.s.
Meinungsfreiheit und Faschismus haben leider den Konflikt das ein ganz Teil dessen was die von sich lassen nunmal nicht Meinung, sondern Rechtsbruch ist. Da fällt nämlich so einiges was den Menschenrechten, Grundgesetz und jeglicher Ethik widerspricht.

Meine liebster Satz den ich beim Faschismus höre ist "Im Namen des Volkes, Fascho-A... geht 10+ Jahre in den Bau".

P.s.s.
In Amerika ist keine volle Meinungsfreiheit gewährleistet, den Leute die ihre Meinung kundtun werden von der Republikanischen Meinungsmaschine weggemähmt, gedisst, ausgegrenzt und schickaniert. Sie proklamieren nur diese Freiheit. Aber das ist Off-Topic.
Aber so stehen lassen kann man das auch nicht.
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egliche Rechtschreibfehler sind Ausdruck meiner Rebellion gegen die Regeln des Esteblishment.

Jinx

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« Antwort #25 am: 05 August 2004, 22:11:09 »

Zitat
Die Unterschiede zwischen einem Jürgen Rieger (in seiner Eigenschaft als Fähnleinführer der "Artgemeinschaft") bspw. und einem Julius Evola sind für mein Dafürhalten recht offenkundig: Auf der einen Seite steht ein politischer Agitator, der sich zum Transport primär politischer Ziele einer kruden pseudoreligiösen Struktur bedient und für einen Menschen, der das Licht in seinem geistigen Dachstüblein noch nicht bis nahe Null abgedimmt hat, argumentativ in etwa so überzeugend ist wie Bush, wenn's um Massenvernichtungswaffen im Irak geht. Auf der anderen Seite steht ein hochreflektierter Intellektueller, der vielleicht höchst unmoderne und dem "aufgeklärten" Geist extrem provokant in den Ohren tönende Thesen zu Papier bringt, nichtsdestoweniger jedoch über eine argumentative Basis verfügt, die sich nicht ohne weiteres mal eben so zwischen Hauptgericht und Nachspeise vom Tablett fegen läßt.


Doch, läßt sie sich wohl. Und zwar aus einem wesentlichen Grund: ob platt, ob mit allen argumentativen Finessen (was bei einigen dieser Leute zu einem sehr verquasten Stil führt): wenn man sich mal durch das ganze Geschwalle, ob platt oder mit Anspruch, gewühlt hat, bleibt eine These stehen: die Annahme einer Überlegenheit einer Menschengruppe über andere Menschengruppen. Das ist bei Evola auch so, man muss nur etwas genauer hinsehen. Und Nietzsche ist da ohnehin ganz vorne (naja, das war der mit der Peitsche und dem Weibe, aber man sollte ihm mit milder Toleranz begegnen, er war unheilbar an Syphilis erkrankt und die greift bekanntlich das Gehirn an. Welche Entschuldigung hat Evola?). Diese These wird natürlich immer als absolute Wahrheit verkauft, und die jeweiligen Autoren gehören selbstverständlich zur Elite von eigenen Gnaden.
Wenn man jedoch diese Prämisse der natürlichen Überlegenheit ablehnt (immer unschlagbar: die wissenschaftliche Unhaltbarkeit), der hebelt die Leute ganz prima aus.

Für mich ist Freiheit übrigens auch immer die Freiheit des Andersdenkenden. Aber ich suche mir meinen Umgang selbst aus. Und wo ist denn bitte die Toleranz der Neofaschisten gegenüber Leuten, die nicht in ihr Weltbild passen? Toleranz um jeden Preis? Nö. Nicht im Fall von Verfassungsfeindlichkeit, Menschenverachtung und Gewalt. Das schließt die Vordenker durchaus ein, denn in letzter Konsequenz, wenn man diese Dinge zuende denkt, bedeutet das mindestens Ausgrenzung der als "minderwertig" erachteten Grupen aus der Gesellschaft. Und schon das ist für mich völlig indiskutabel. Denn die ziehen sich dann, wenn irgendwo Ausbrüche von Gewalt vorkommen, sich gerne darauf zurück, dass sie das ja mehr theoretisch gemeint hätten, als Denkmodell, aber keinesfalls praktisch in dieser Umsetzung... jaja, ist klar. Nur wurden die von ihren dumpfhirnigen Zeitgenossen gefeiert und haben sich das gerne gefallen lassen.

Ich bin nicht intolerant, wenn ich sage, dass ich mit diesen Leuten auf überhaupt keiner Ebene irgendwie verkehre, außer ich gerate in Diskussionen über ihr Lieblingsthema mit ihnen aneinander (wenn es sich gar nicht vermeiden läßt, z.B. WGT), da bin ich immer gerne dabei, da die meisten von ihnen ihre eigenen Argumente zwar brav auswendiggelernen und sehr schön zusammenfassen, aber leider nicht geistig durchdrungen haben. [/quote]
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« Antwort #26 am: 05 August 2004, 23:12:50 »

@ jinx

Zitat
die Annahme einer Überlegenheit einer Menschengruppe über andere Menschengruppen. Das ist bei Evola auch so, man muss nur etwas genauer hinsehen. Und Nietzsche ist da ohnehin ganz vorne

Entschuldige, wenn ich Dich hier korrigiere, aber da schmeißt Du was ganz Grundlegendes ziemlich kreuz und quer durcheinander: Nietzsche vertritt an keiner Stelle eine Überlegenheit der einen über die anderen qua Geburtsrecht oder qua biologischer Disposition. Nietzsche betont schlicht und einfach die Tatsache, daß Menschen nicht gleich SIND - wer dann über wen und warum überlegen ist bzw. was daraus für Konsequenzen zu ziehen sind, ist eine ganz andere Frage. Der "Herrenmensch" in Nietzsches Sinne fällt keineswegs fix-und-fertiggebacken vom Himmel, sondern ist quasi Ergebnis seiner eigenen Handlungsweise. Er ist zuerst einmal der Mensch der Tat, der den Mut und die Kraft findet, sich aus der "Herdenmoral", der "Herrschaft der größeren Zahl" zu lösen, sich sein Gesetz selbst zu geben und danach zu handeln. In diesem Punkt trifft er sich übrigens - ohne es selbst so recht zu ahnen - auf der Mitte des Weges mit dem kantischen Verständnis wahrhaft moralischen Handelns: Das geschieht aus der Einsicht in das Sittengesetz und das ist Kant zufolge als letztlich selbstgegeben aufzufassen: weshalb es sich ja "Autonomieprinzip" nennt. Und wenigstens vor Kant sollte der Faschismuswahn ja wohl Halt machen, oder?

Im übrigen ist das "Argument"
Zitat
das war der mit der Peitsche und dem Weibe, aber man sollte ihm mit milder Toleranz begegnen, er war unheilbar an Syphilis erkrankt und die greift bekanntlich das Gehirn an
von genau der Strickart, die ich oben bereits kritisiert habe: Unterste Schublade - das ist eine diskreditierende Feststellung, die mit dem argumentativen Sachgehalt dessen, wogegen es gerichtet ist, nicht das geringste zu tun hat. Ein Agitationstriller nach der Strickart des amerikanischen Strafprozeßwesen, wo er nur zu gerne verwendet wird, um die Gegenseite in ihrer Glaubwürdigkeit zu erschüttern ("Pflegt der Angeklagte nicht ohnehin einen unmoralischen Lebenswandel?! Geht nicht in der Nachbarschaft gar das Gerücht, er sei  s c h w u l ?! - Na, da wissen wir ja, was wir von so einem zu halten haben!"). Sorry, aber Du illustrierst genau  d i e  strategischen Hakenschläge, von denen ich weiter oben gesprochen habe. Ganz offenkundig ist Deine Kenntnis von Nietzsches Philosophie leidlich rudimentär, nichtsdestotrotz bist Du ratzfatz bei der Hand, ihn als armen Irren abzustempeln: und dazu reichen Dir die alten Plattitüden von der Frauen-Peitschen-Geschichte und der Syphilliserkrankung. Na bravo! DAS ist genau das argumentative Niveau, das die Gegenseite pflegt, von der Du Dich so gerne distanzieren möchtest - und ich rede hier  n i c h t  von deren reflektierten Exponenten ...

Auch Evola vertritt übrigens nicht so ohne weiteres eine Geburtsaristokratie, auch hier ist der Begriff der Hierarchie an die jeweilige Leistung des einzelnen geknüpft; von einer "Prämisse der natürlichen Überlegenheit", wie Du hier behauptest, kann also erst einmal gar nicht die Rede sein.

Was desweiteren die "wissenschaftliche Unhaltbarkeit" der "Prämisse der natürlichen Überlegenheit" betrifft (die, wie gesagt, ja gar nicht in Anspruch nimmt, "natürlich" in einem positiven Sinne zu sein, aber sei's drum ...), die Du hier in den Raum stellst: Ich bitt' Dich - die "Wissenschaft"! Was hat  d i e  - sofern hier, wovon ich mal ausgehe, von den "exakten", nämlich den Naturwissenschaften die Rede sein sollte ... - denn bitteschön in solchen Bereichen zu suchen?! Du tust gerade so, als seien "demokratische" Verfassung, Menschenrechte, die Idee von der Selbstzweckhaftigkeit des Vernunftwesens (auf der die der "Würde" des Menschen aufbaut) oder egalitäre Prinzipien in irgendeiner Form wissenschaftlich nachzuweisen, weil sie sich etwa aus der Verfaßtheit der Natur ergäben. - Irrtum! Dem ist keineswegs so, und diesem Gedanken sollte man sich in all seiner Brachialität auch einmal stellen - ganz egal, wie man sich dann zu ihm verhalten will! Das sind Konstrukte, die letzten Endes alle miteinander auf Prämissen aufbauen, welchselbige "lediglich" den Status metaphysischer Postulate beanspruchen können. Nicht mehr und nicht weniger. Und metaphysische Sätze sind per se NICHT beweisbar. - Dieser Umstand ist es ja gerade, der die Moralphilosophie zu einem so brandheißen Minenfeld macht ..

Langer Rede kurzer Sinn: Pardonnez-moi, aber "ausgehebelt" hast Du hier gar nichts.


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« Antwort #27 am: 05 August 2004, 23:20:08 »

*g* ich brauchte auch nichts auszuhebeln in diesem Fall. Und wo, bitte, ist der Unterschied, ob sich Leute als Herren (im Sinne von "überlegen") über andere aufschwingen, ob sie nun qua Geburt oder qua selbst definierter Leistung "oben" stehen? Es läuft alles auf denselben Käse hinaus: Gruppe A ist besser als Gruppe B (wobei Gruppe A festgelegt hat, was sie zu besseren Menschen macht).

Was Nietzsche angeht: das ist nicht unterste Schublade, sondern leider wahr: sein Gehirn war angegriffen, das bleibt bei dieser Erkrankung nicht aus, wenn nicht behandelt wird.
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« Antwort #28 am: 05 August 2004, 23:52:38 »

Sorry, aber du scheinst nicht ganz verstanden zu haben, was ich sage: Nietzsches Ende in geistiger Umnachtung ist kein notwendiges, geschweige denn hinreichendes Kriterium für die Aburteilung der Philosophie, die er vor 1889 verfaßt hat. Du kannst nicht ein hochkomplexes denkerisches Werk in seiner Gesamtheit  in die Tonne treten, bloß weil der, auf dessen Mist es gewachsen ist, irgendwann übergeschnappt ist. Freilich: Wenn Du Nietzsches Werk nicht kennst - und den Eindruck machst Du mir - und einfach trotzig auf Deinen Plattitüden beharren willst, dann bleibt Dir jetzt sowieso nichts anderes übrig, als bis zum St. Nimmerleinstag darauf hinzuweisen, daß Nietzsche geisteskrank wurde. Ist ja auch richtig. Nur: Nietzsches literarische Produktion hat - wenn man von den "unbedeutenderen" philologischen Schriften einmal absieht - im Jahre 1872 begonnen. Der Zusammenbruch kam 1889. Dazwischen liegen 17 Jahre; aber das ist Dir wahrscheinlich egal, was? - Irre ist irre. - Recht einfach gestrickte  Art und Weise, mit komplexeren Problemen umzugehen, und - wie schon erwähnt - der Strategie der von Dir angefeindeten "politisch unkorrekten" Gegenseite zum Verwechseln ähnlich.

Der Unterschied zwischen "Herrenrecht" qua Geburt und qua Verdienst ist ganz einfach: Zweiteres Modell eröffnet jedem popeligen Penner die Möglichkeit, es für sich in Anspruch zu nehmen. Er muß bloß seinen faulen, selbstmitleidigen Arsch hochwuchten, aufhören zu jammern bzw. die Ursache für sein popeliges Pennerdasein  bei "den anderen" zu suchen und HANDELN. Lies Dir mal in Ruhe die Parabel von den "Drei Verwandlungen" im "Zarathustra" bzw. die Vorrede von 1886 vom Ersten Band zu "Menschliches, Allzumenschliches" durch; dann ahnst Du vielleicht, was gemeint ist. - Im übrigen redet Nietzsche im Falle des "höheren Menschen" bzw. des "Vornehmen" niemals von irgendwelchen "Gruppen", wie Du das hier nahe legst. Die Metamorphose vom Menschen der "Sklavenmoral" in einen der "Herrenmoral" ist keine Gemeinschaftsveranstaltung. Hier ist der Einzelne und NUR er gefragt. Aber freilich, in einem Punkt läßt Nietzsche keinen Zweifel und sieht die Dinge ähnlich wie Heraklit 3000 Jahre vor ihm: "Einer ist mir mehr wert als zehntausend, wenn es der Beste ist." (Heraklit) - Pardauz! - Daraus folgern jedoch nur kleinliche Geister, daß ein solcher dann nichts besseres zu tun hat, als den Rest der Menschheit zu unterjochen. - Aber wie gesagt: Vielleicht liest Du erst mal ein Buch von Nietzsche, bevor wir das hier weiter vertiefen.

Einen von ihm geb' ich Dir aber noch mit auf den Weg:

"Wer das Hohe an einem Menschen nicht sehen  w i l l ,  blickt um so schärfer nach dem, was niedrig und Vordergund an ihm ist - und verrät sich selbst damit."


Dir noch einen schönen Abend!

K.
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« Antwort #29 am: 06 August 2004, 00:04:08 »

Zitat
Sorry, aber du scheinst nicht ganz verstanden zu haben, was ich sage: Nietzsches Ende in geistiger Umnachtung ist kein notwendiges, geschweige denn hinreichendes Kriterium für die Aburteilung der Philosophie, die er vor 1889 verfaßt hat. Du kannst nicht ein hochkomplexes denkerisches Werk in seiner Gesamtheit in die Tonne treten, bloß weil der, auf dessen Mist es gewachsen ist, irgendwann übergeschnappt ist.


Wenn Du ganz verstanden hättest, was ich geschrieben habe, dann wäre Dir sicherlich nicht verborgen geblieben, dass ich nicht sein Werk, sondern den Überlegenheitsmüll in die Tonne trete. Es ist letzendlich nicht mehr feststellbar, wann der geistige Verfall einsetzte. Angesichts o.g. Passagen (NICHT des Gesamtwerks) wäre ein früheres Einsetzen jedoch von Vorteil (extra für Dich: IRONIE OFF)

Die Verehrung, die Nietzsche aus chaosmagischen Kreisen entgegengebracht wird, ist mir übrigens bekannt.



Zitat
Freilich: Wenn Du Nietzsches Werk nicht kennst - und den Eindruck machst Du mir - und einfach trotzig auf Deinen Plattitüden beharren willst, dann bleibt Dir jetzt sowieso nichts anderes übrig, als bis zum St. Nimmerleinstag darauf hinzuweisen, daß Nietzsche geisteskrank wurde. Ist ja auch richtig. Nur: Nietzsches literarische Produktion hat - wenn man von den "unbedeutenderen" philologischen Schriften einmal absieht - im Jahre 1872 begonnen. Der Zusammenbruch kam 1889. Dazwischen liegen 17 Jahre; aber das ist Dir wahrscheinlich egal, was? - Irre ist irre. - Recht einfach gestrickte Art und Weise, mit komplexeren Problemen umzugehen, und - wie schon erwähnt - der Strategie der von Dir angefeindeten "politisch unkorrekten" Gegenseite zum Verwechseln ähnlich


Danke Deiner NAchfrage, ich habe Teile seines Werks im Rahmen meines Studiums gelesen, es ist aber schon länger her.
Auf den Rest antworte ich nicht, da dies unter meiner Würde ist.  :mrgreen:

Zitat
Aber wie gesagt: Vielleicht liest Du erst mal ein Buch von Nietzsche, bevor wir das hier weiter vertiefen.


Ich bin entzückt, wie sehr Du über mein Bildungsniveau besorgt bist, aber Danke, ich benötige keine Fürsorge.

Und Nietzsche habe ich in Auszügen gelesen: für mich gibt es lohnendere Philosophien.

 
Zitat
Aber freilich, in einem Punkt läßt Nietzsche keinen Zweifel und sieht die Dinge ähnlich wie Heraklit 3000 Jahre vor ihm: "Einer ist mir mehr wert als zehntausend, wenn es der Beste ist." (Heraklit) - Pardauz! - Daraus folgern jedoch nur kleinliche Geister, daß ein solcher dann nichts besseres zu tun hat, als den Rest der Menschheit zu unterjochen.


Den Ausspruch kenne ich auch *schnarch*. Das Problem ist aber nicht, dass die das jetzt nicht so gemeint haben, wie die Dumpfhirne es letztendlich umsetzten oder gedanklich weiterführten. Das Problem ist, dass sich solch Geistes Kinder haben feiern lassen von den Dumpfbacken, die ihre Gedanken in die sattsam bekannte Richtung fortführten. Jetzt noch extra für Dich: Nein, ich meine nicht, dass Nietzsche sich von den Nazis hat feiern lassen. Ja, ich weiß, dass er da schon tot war. Ich meine jedoch die jeweiligen Zeitgenossen.
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Das Leben sollte keine Reise mit dem Ziel sein, attraktiv und mit einem guterhaltenen Körper unter die Erde zu kommen. Wir sollten lieber seitlich hineinrutschen, Schokolade in einer Hand, Absinth in der anderen, unser Körper total verbraucht und dabei schreiend "Wow, was für eine Fahrt!"
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