Gefängnisse sind Staatsbetriebe, seit wann wird da Wert auf Rentabilität gelegt ?
ZitatWas spricht dagegen, mit *ausländischen* Gewalttätern genauso zu verfahren wie mit inländischen?z.b. überfüllte Gefängnisse. Wieso sollen wir hier jemanden verwahren, der kein staatsbürger ist, oder wie eine türkische bekannte vor kurzen meinte: "Vieler derer sind numal hier, weil sie zuhause keiner will."
Was spricht dagegen, mit *ausländischen* Gewalttätern genauso zu verfahren wie mit inländischen?
Fakt ist aber, dass auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst alle ein Interesse daran haben, dass ihre Abteilung nicht wegen Überflüssigkeit dem Sparzwang geopfert wird.
ungefähr desselbe sagte unserer netter Reiseführer in Türkei-Urlaub. Er meinte ganz trocken: "wir haben hier keine Verbrecher, alle unsere Verbrecher sind nach Deutschland ausgewandert"
Thomas, über das Haft-Ding sollten wir nochmal reden, wenn der erste im Gefängnis landet, weil er eine CD kopiert hat
Zitat von: "colourize"Fakt ist aber, dass auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst alle ein Interesse daran haben, dass ihre Abteilung nicht wegen Überflüssigkeit dem Sparzwang geopfert wird. Das stimmt wohl vom Prinzip her.Aber (um mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen) du möchtest doch wohl nicht ernsthaft behaupten, das der Staat ein Interesse an gut gefüllten Haftanstalten hat (und dieses Interesse auch aktiv fördert), damit Schließer&Co. beschäftigt sind ?
Vielleicht nicht "damit Schließer&Co beschäftigt sind". Aber ich glaube schon, dass die Belegung der Haftanstalten einer systemischen Logik folgt, und nicht an absolute Kriterien gebunden ist. Oder anders: Wenn sich Alle "regelkonform" verhalten und es an sich keinen Grund gäbe, Jemanden einzuknasten, dann werden eben die Regeln so angepasst, dass es wieder Menschen zum einknasten gibt. Früher waren es mal die Schwulen, morgen vielleicht die von phaylon genannten Raubkopierer.
Gesetze funktionieren nur, wenn der Gesellschaft, die diese Regeln befolgen sollen, deutlich wird was mit denen passiert, die den Gesetzen *nicht* folgen. Daher muss es immer Menschen geben, die in den Knast wandern. Ein gut gefüllter Knast gehört zu einem "zivilisierten" Staat einfach dazu.
Das glaube ich nicht.Erstens gibt es in jeder menschlichen Gesellschaft immer Regeln (anders wird das ganze wohl nicht laufen), die von irgendjemandem gebrochen werden.Diese Regeln werden aber sicherlich nicht deswegen aufgestellt, damit jemand sie bricht, und man somit jemanden zum Einknasten hat.Ich bin absolut sicher, das jeder Staat sinnvolleres mit seinem Geld anfangen könnte.
Des weiteren wird es immer grundlegende Regeln geben, auch wenn es "modebedingt" im Laufe der Zeit Abwandlungen gibt.Mord, Raub, Vergewaltigung, Steuerhinterzeihung, etc. wird vermutlich immer (zu Recht) verboten sein.Daraus ergibt sich übrigens auch, das der Staat es gar nicht nötig hat, selbst irgendwie aktiv mitzumischen und Gesetzte dahingehend "anzupassen", das wieder mehr deliquenten geschaffen werden.Die logischen Straftatbestände alleine reichen da völlig aus.
(Ich rede dabei übrigend von einem demokratischen Staat nach westlichen Normen, nicht von irgendeiner Willkürdiktatur in der Walachei)
Vom Prinzip her richtig.Aber (gutgefüllte) Knäste gibt es nicht, weil man die halt für sich gesehen braucht, sondern weil es immer Regelbrecher geben wird, und diese Regelverstöße eben entsprechend verfolgt werden müssen.
Oder hast du bessere Alternativen (nicht auf einzelne Delikte, sondern auf das Gesamtprinzip bezogen) ?
Gesetze fallen nicht vom Himmel und Straftatbestände sind nicht "logisch". Fakt ist, dass im modernen Staat die Rechtsprechung im ganz wesentlichen Maße individuelle Eigentumsrechte und das Recht auf körperliche Unversehrheit schützt. Es geht uns in unseren Gesetzen um den Schutz von Körper und Eigentum des Individuums. Dieses Schwergewicht folgt einem bestimmten Menschenbild bei uns im Westen. In Gesellschaften in denen das Individuum weniger bedeutsam ist als bei uns, ist die Rechtsprechung auch weniger auf individuelle Freiheiten ausgerichtet.
In vorindustrieller Zeit war das auch bei uns anders. Klar, Mord war auch verboten, aber andere Straftatbestände (wie etwa Gotteslästerung) wurden z.T. ähnlich drastisch bestraft... und heute interessiert sich unsere Rechtsprechung überhaupt nicht mehr dafür.
Was erlaubt ist und was nicht wird vom Staat also durchaus "angepasst".
Der Staat achtet sehr wohl darauf, dass Knastplätze und Straftatbestände in einem Gleichgewichtszustand sind - auch wenn ich unterstelle, dass der Staat dies nicht intentional tut.
Ich lasse an dieser Stelle mal einen Anderen für mich sprechen, der es besser ausdrücken kann:"Gehen wir davon aus, daß die Strafjustiz die vom Gesetz definierten Vergehen reduzieren soll und das Gefängnis das Instrument dazu ist, so ist der Mißerfolg nicht zu übersehen. Anstatt nun aber die Auswirkungen der Strafthaft auf das Gesamtniveau der Kriminalität zu ermessen, sollten wir uns die Frage stellen, wie es möglich ist, daß seit 150 Jahren die Erfolglosigkeit des Gefängnisses proklamiert wird und an diesem Gefängnis gleichwohl durchaus festgehalten wird. (...)Vielleicht aber sollte man das Problem umkehren und sich fragen, wozu der Mißerfolg des Gefängnisses gut ist. (...) Man könnte dann annehmen, daß das Gefängnis und überhaupt die Strafmittel nicht dazu bestimmt sind, Straftaten zu unterdrücken, sondern sie zu differenzieren, sie zu ordnen, sie nutzbar zu machen; daß sie weniger diejenigen gefügig machen sollen, die Gesetze überschreiten, sondern daß sie die Überschreitung der Gesetze in einer allgemeinen Taktik der Unterwerfungen zweckmäßig organisieren sollen. Die Strafjustiz wäre dann so etwas wie die "Verwaltung" der Gesetzwidrigkeiten: sie zieht die Toleranzgrenzen, gibt den einen Verstößen freien Raum, unterdrückt die anderen, schließt einen Teil davon aus, macht einen anderen nutzbar, neutralisiert die einen, zieht aus den anderen Gewinn. Die Strafjustiz würde also die Gesetzeswidrigkeiten nicht einfach "unterdrücken", sondern sie differenzieren und ihre allgemeine "Ökonomie" sicherstellen. (...)Die gesetzlichen Strafen sind Bestandteil einer globalen Strategie der Gesetzeswidrigkeiten."(Michel Foucault: Überwachen Und Strafen - Die Geburt des Gefängnisses. S. 350f)
Ich denke ja, dass Gefängnisse zum System der "Zivilisation" dazugehören müssen und dass es keine Alternative gibt. Gefängnisse sind äußerst sinnvoll - allerdings nicht in Bezug auf das "abweichende Individuum", dass es im Gefängnis zu bessern bzw. zu "re-sozialisieren" gilt, sondern in Bezug auf ihre gesamtgesellschaftliche Funktion. Damit der Staat die bestehende Gesellschaftsordnung aufrecht erhalten kann, muss man eben die "Regelbrecher" einknasten.
Zitat von: "phaylon"Thomas, über das Haft-Ding sollten wir nochmal reden, wenn der erste im Gefängnis landet, weil er eine CD kopiert hat ;)Wie jetzt ?
Thomas, über das Haft-Ding sollten wir nochmal reden, wenn der erste im Gefängnis landet, weil er eine CD kopiert hat ;)
Ich habe auch nie behauptet, das (in meinen Augen) vernünftigeStrafgesetzgebung vom anbeginn der Zeit an für die westliche Hemisphäremaßgeblich war.Auch das mußte sich erst entwickeln.
Was kriminalisiert wird, bestimmt die Politik. Und diese wird von den Lobbies beeinflußt.
Ich muss mutmaßen, aber ich würde schätzen, dass ein neues Gefängnis auch günstiger kommt, als beispielsweise in ghetto'sche Gegenden die Lebensqualität zu erhöhen.
Zitat von: "Thomas"Ich habe auch nie behauptet, das (in meinen Augen) vernünftigeStrafgesetzgebung vom anbeginn der Zeit an für die westliche Hemisphäremaßgeblich war.Auch das mußte sich erst entwickeln.Das haben sich die Leute damals wahrscheinlich genauso gedacht. Warum sollte sich das nicht *noch* weiter entwickeln?
Theoretisch haben Gefängnisse natürlich den Zweck, die Gesellschaft sauber zu halten. Praktisch gesehen ist aber auch der Effekt vorhanden, dass die Gesellschaft mit diesen Mitteln (meist) innerhalb ihrer Normen an dem Verurteilten "Rache" üben kann.
Zitat von: "phaylon" Was kriminalisiert wird, bestimmt die Politik. Und diese wird von den Lobbies beeinflußt. Wie ich schon schrieb, sehe ich nur bedingt so.Die Politik wird immer von irgendwem beeinflußt, im Idealfall von der Gesellschaft.Daher können auch positive Gesellschafts-Lobbys darauf Einfluß nehmen.
Rechnerisch könnte das wohl hinkommen, aber ich unterstelle der Politik insgesamt mal, das diese Vorgehensweise nicht ihr Ziel ist.
Das will ich nicht bestreiten, und begrüße es in einem gewissen Rahmen sogar.
"Positiv" finde ich etwas unpassend in der Frage. Es kommt ja persönlich darauf an, was man als positiv empfindet. Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass bestimmte Lobbies an der Kriminalisierung bestimmter Dinge ein Interesse haben. Siehe "Privatkopie" oder "Baumwolle" vs. "Hanffaser."
Zum anderen haben diese bestimmten Lobbygruppen, die du meinst (z.B. Thema Privatkopie) als Grund für die "gewünschte" Kriminalisierung ja nicht den Wunsch, das sich die Knäste füllen, sondern die Sicherung ihrer (tlw. berechtigten) Interessen.
*Jeder* hat wohl die Sicherung seiner Interessen als Grund. Allerdings mit welchen Mitteln?
Insofern sind Zweck, Methodik und die Richtung in die es geht nicht sonderlich different.