Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Emotional tote Großstädter?  (Gelesen 9876 mal)

SoylentHolger

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Emotional tote Großstädter?
« Antwort #45 am: 29 September 2005, 10:31:52 »

Ich bin auf dem Land aufgewachsen und als Junggrufti :D hat man es beileibe nicht leicht - man bekommt Anrufe vom Pfaffen "ob man als verlorenes Schaf nicht zur Herde zurückkehren möchte. Man kann ja über alles sprechen" ist mir original passiert...
zum Glück gabs schnell den Schulterschluss Goth + Metaller und da konnte man sogar auf Landjugendfeste ohne eine aufs Maul zu bekommen (und wenn man dann noch im Eishockey war war das eh kein Problem)

Leben auf dem Land ist sicher für Kinder toll aber für Babygoths und Querdenker beileibe nicht leicht

Obwohl die 10 km zur holländischen Grenze waren auch nicht schlecht

(http://www.mainzelahr.de/smile/party/canabis.gif)
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Limbonic

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Emotional tote Großstädter?
« Antwort #46 am: 29 September 2005, 11:01:38 »

Wie wahr.
Kenne das ja nun auch aus eigener Erfahrung und bin ziemlich froh, das erst mal hinter mir gelassen zu haben. Für Kinder und Rentner mag das angenehm sein. Ich vermisse aber das von SoylentHolger angesprochene Kleinbürgertum und die damit verbundene Engstirnigkeit keineswegs.
Sicher, weder kenne ich meine Nachbarn, noch kennen die mich. Vielleicht verrottet unter mir grad wer und ich merk es nicht. Aber solang er dabei nicht stinkt, ist mir das auch egal.
Was ich jedoch auf dem Land vermissen würde ist das Gefühl, jederzeit Zugriff auf Kulturgüter zu haben, um nur mal eines von vielen Beispielen zu nennen. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich vor Jahren mal auf dem Lande versuchte, Thomas Morus`Utopia in der Bücherei auszuleihen. Erst schaute mich die Dame am Computer an, als hätte ich in der Bibliothek so eben ne Currywurst mit extra viel Ketchup geordert, und anschließend, als hätte ich was vom Index verlangt. Hier aber geh ich einfach ans Regal, nehms mir raus und geh wieder. Und das ist wie gesagt nur eins von vielen Beispielen.
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Thomas

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Emotional tote Großstädter?
« Antwort #47 am: 29 September 2005, 11:13:06 »

Zitat
Was ich jedoch auf dem Land vermissen würde ist das Gefühl, jederzeit Zugriff auf Kulturgüter zu haben, um nur mal eines von vielen Beispielen zu nennen. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich vor Jahren mal auf dem Lande versuchte, Thomas Morus`Utopia in der Bücherei auszuleihen.

Alles Ansichtssache.Fakt ist aber, das es auch auf dem Lande die Tagesschau sowie Rechner mit Internetanschluß gibt.Dieses völlig-von-der-Welt-abgeschnitten-sein zählt also seit einigen Jahren nicht mehr.
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Limbonic

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Emotional tote Großstädter?
« Antwort #48 am: 29 September 2005, 12:12:26 »

Nun wenn einem das reicht hast du sicher Recht, keine Frage.
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Eisbär

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Emotional tote Großstädter?
« Antwort #49 am: 29 September 2005, 12:41:54 »

Zitat von: "Limbonic"
Vielleicht verrottet unter mir grad wer und ich merk es nicht. Aber solang er dabei nicht stinkt, ist mir das auch egal.
Ja, genau das ist das Problem, was hier besprochen wird.
Großstädter sind so gleichgültig gegenüber ihren Mitmenschen!

Vor ca. 5 Tagen sah ich auf dem Heimweg, wie eine ältere Frau auf der Straße ohnmächtig zusammenbrach. Die Leute um sie herum gingen einfach weiter, ignorierten das nicht, sondern schauten kurz runter und gingen dann weiter. Keiner half.
Ich bin dann bei der nächsten Bushaltestelle raus und zurückgelaufen, um zu gucken, ob ich helfen kann oder zumindest den Notarzt zu rufen.
Als ich ankam, hatte aber bereits ein Auto gehalten, 2 Leute kümmerten sich um die Frau, ein weiterer rief im Auto nach dem Notarzt. Das Auto hatte ein Diepholzer Kennzeichen (DH), eindeutig ländlicher Herkunft.

Ich will nicht so werden, wie diese Großstädter, die kurz gafften und dann weitergingen.


Zitat
Was ich jedoch auf dem Land vermissen würde ist das Gefühl, jederzeit Zugriff auf Kulturgüter zu haben, um nur mal eines von vielen Beispielen zu nennen. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich vor Jahren mal auf dem Lande versuchte, Thomas Morus`Utopia in der Bücherei auszuleihen. Erst schaute mich die Dame am Computer an, als hätte ich in der Bibliothek so eben ne Currywurst mit extra viel Ketchup geordert, und anschließend, als hätte ich was vom Index verlangt. Hier aber geh ich einfach ans Regal, nehms mir raus und geh wieder. Und das ist wie gesagt nur eins von vielen Beispielen.
Schlecht sortierte Bibliotheken hast Du überall. Auch in Städten.
Und ich habe auf dem Dorf bisher noch immer alles gefunden. Notfalls fährt man 10km in die nächste Kleinstadt. Oder 50 in die nächste größere. Das geht ja nun wirklich überall hierzulande.
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SoylentHolger

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Emotional tote Großstädter?
« Antwort #50 am: 29 September 2005, 12:55:44 »

Zitat von: "Thomas"
Zitat
Was ich jedoch auf dem Land vermissen würde ist das Gefühl, jederzeit Zugriff auf Kulturgüter zu haben, um nur mal eines von vielen Beispielen zu nennen. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich vor Jahren mal auf dem Lande versuchte, Thomas Morus`Utopia in der Bücherei auszuleihen.

Alles Ansichtssache.Fakt ist aber, das es auch auf dem Lande die Tagesschau sowie Rechner mit Internetanschluß gibt.Dieses völlig-von-der-Welt-abgeschnitten-sein zählt also seit einigen Jahren nicht mehr.



Ich wohn ja auch schon seit Jahren nicht mehr auf dem Land :D
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Thomas

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Emotional tote Großstädter?
« Antwort #51 am: 29 September 2005, 13:05:42 »

Zitat von: "SoylentHolger"

Ich wohn ja auch schon seit Jahren nicht mehr auf dem Land :D

Du nicht, aber das Zitat, auf das sich mein Eintrag bezog war ja auch nicht von dir  :wink:

BTW lebe auch ich nicht wirklich auf dem Lande, sondern in einer ruhigen, grünen Vorstadtgegend mit Einzel- und Doppelhäusern und Gärten rund um's Haus.
Vieleicht ist das noch nicht die volle Land-Dröhnung, keine Ahnung =)
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Emotional tote Großstädter?
« Antwort #52 am: 29 September 2005, 13:34:47 »

Auch ich bin ein "zugezogenes Landei", auch wenn meine Herkunft mittlerweile angeblich eine Großstadt ist. Ich komme aus dem "schönen" Bremerhaven, welches mit über 100.000 Einwohnern angeblich als Großstadt zählt. Ich finde diese Einteilung absolut albern da ich innerhalb von 15min von jedem Punkt in brhv an jeden anderen gelangen kann.
Zurück zum Thema: Ich bin in Surheide aufgewachsen, einem sehr "ländlichem" Stadtteil von Bremerhaven. Hier hatte ich ein Naturschutzgebiet gleich hinter unserem Grundstück und bin daher schon recht ländlich aufgewachsen. Ich kannte jeden Nachbarn und die gesamte "Gemeinde" kannte einander. Natürlich auch nur oberflächlich, aber man hatte immer jemanden zu dem man gehen konnte und die Türen waren meist Tagsüber nichtmal abgeschlossen. Dann kam die Zeit wo ich auszog und in Hamburg mein Glück suchte und zeitweilig sogar fand.
Ich bin ins beschauliche Hamm gezogen und habe dort eine, zwar nicht billige aber, schöne Wohnung gefunden. In unserer Straße gibt es nicht nur einen Kinderspielplatz, sondern gar einen richtigen Park, einige Meter weiter liegt der Hammer Park und alles ist friedlich. Hier kann man sich tatsächlich nichtx 5minuten von seiner Wohnung entfernt hinsetzen und sich dem "Großstadtleben" entrückt fühlen. Ja und auch ich habe das schon getan :)

So gesehen habe ich einige Ruhe aus meiner Heimat mitgebracht, oder eher die Möglichkeit, diese Ruhe auch in HH zu genießen. Dies aber tue ich selten. Meist bin ich unterwegs und hetze von A nach B. Nachbarn kenne ich vielleicht vom sehen, aber ich habe 0 Ahnung, was diese arbeiten, wie sie heissen oder sonst etwas. Offenbar interessiert das aber auch überhaupt niemanden. Man lebt still vor sich her (manchmal) und wenn es Konflikte gibt, sucht man jemanden der die klären muss (meist dei Hausverwaltung). Die anderen Mietparteien kämen nie auf die Idee mich bei einer Ruhestörung direkt anzusprechen... Gerüchte kusieren im Hause und man erzählt sich gegenseitig böse Dinge (meist über mich..)
Das ist zwar Zusammenleben auf weit engerem Raum als in meiner Heimat, aber doch ist man deutlich isolierter.

Neulich war ich auf dem Weg zur Arbeit als ich bemerkte wie sich 3-4 Türken um einen Mann versammelt hatten, der auf dem Boden lag. In meiner Heimat wäre das für mich ein klarer Fall gewesen: Raub, Mord, Totschlag, etwas von allem. Doch ich muss ehrlich gestehen das ich in Hamburg noch nie damit konfrontiert war und hier völlig daneben lag.
Der alte Herr (seine Frau war mit leichtem Schock im Auto) hatte einen Kreislaufzusammenbruch / Herzinfakt und die Türken hatten zufällig mitbekommen wie er zusammenbrach und sind ausgestiegen um zu helfen.
Ich habe in Hamburg noch nicht einmal ernsthaften Ärger mit irgendjemandem bekommen (vielleicht meide ich die schlimmen Gegenden?), was in Brhv dauernd passiert ist. Ich habe gefragt ob ich helfen könne.. aber der Mann stand schon wieder auf und wartete mit den anderen auf den Notarzt.

Meine Eindrücke..
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Trakl

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Emotional tote Großstädter?
« Antwort #53 am: 30 September 2005, 14:30:14 »

Zitat von: "Eisbär"
Öhm... nö!

Wenn Großstädter ihren Verstand mehr nutzen würden, wären die Absatzzahlen der BILD, von Horoskopen und anderen esoterischen Gewäschen nicht größer als auf dem Lande (relativ zur Bevölkerung gesehen), sondern kleiner.

Die Emotionen werden meinetwegen in der Großstadt eingestampft. Sind ja auch viel zu viele Menschen um einen herum, als das man da zu jedem eine soziale und emotionale Bindung aufbauen könne. Dummerweise bleibt der Verstand einfach klein (oder eben so groß, wie er vorher schon war...)


Wieso sollte sich das widersprechen? Im Gegenteil dient ja die emotionale Berichterstattung der Bild-Zeitung dazu, die durch Ratio verschütteten Emotionen mit dem Holzhammer anzusprechen.
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Emotional tote Großstädter?
« Antwort #54 am: 30 September 2005, 14:38:08 »

Zitat von: "Akira"

Ich glaube nicht das irgendein Massenmörder oder ein Kinderschänder(extrema immer extrema) auf dem Land entstehen konnte...


Seltsam dass die Kinderschänder/-mörder immer aus kleinen Gemeinden kommen, wenn Du Dir die Fälle der letzten Jahre mal ansiehst.
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