Ziemlich kurzentschlossene Radtour: Von Lauenburg nach Travemünde entlang der ehemaligen Zonengrenze.
Material: Kompass Radwanderkarte "Mecklenburgische Seenplatte", Radwanderführer
"Radtouren am Grünen Band", Gudereit RC-60 mit Schwalbe Marathon Plus ^^
Übernachtung: Campingplatz Großzecher (kein Klopapier
zum Glück hab ich immer paar Blatt dabei), Wakenitz Camp am Kanu-Center (nett, aber wenn´s voll sein sollte, sind die sanitären Anlagen etwas spärlich, außerdem gibt zu denken, daß jeder (!) Gast die Platzordnung unterschreiben muss, "wir haben da so unsere Erfahrungen gemacht" o.o).
Der Radwanderführer lotst einen über deutlich grenznähere Wege als der auf der Karte verzeichnete offizielle Iron Curtain Trail; dabei wird unterschieden nach Wegen für Trekkingrad und solchen für Mountainbike. Die Unterscheidungskriterien waren auf meiner Strecke nicht immer offensichtlich, denn einige der Trekkingradstrecken sowie einige sonstige Radwege waren durchaus holperiger als die paar von mir genutzten Mountainbikeabschnitte. Der Trampelpfad, auf dem man Zarrentin verlässt, war wirklich <.< ein Trampelpfad. Ein auch nach mehreren trockenen Tagen sumpfiger Trampelpfad.
Grenznahe Wegführung bedeutet, daß man ziemlich viel durch rezente Gehölze fährt, sowas muss man mögen - ich find´s eher doof, ohne Ausblick zwischen Wänden aus Grün zu fahren. Auch die Begeisterung der Buchautoren für Bruchwälder teile ich nicht, sumpfiger junger Erlenwald wird mir schnell langweilig (so nach 50m).
Ansonsten hat der Reiseführer einige rechts-links-Probleme, da muss man schon aufpassen, wohin man
wirklich abbiegen sollte (begleitende Karte unerlässlich). Die Wegbeschreibung ist an einigen Stellen von der forstwirtschaftlichen Realität überholt (ich musste mehr durch´s Gestrüpp als gedacht), an anderen Stellen gibt es Radwege, die es bei Drucklegung noch nicht gab.
Die Karte...ich hab mich in der Vergangenheit schon geärgert, daß Kompass nicht sauber zwischen "Straße" und "oller Feldweg" unterscheidet, aber da das immer nur im französischen war, dachte ich, es läge vielleicht an internationalen Missverständnissen. Nein. Auch mitten in Deutschland kann man einer Kartenstraße folgen, die in der Realität ein
sehr oller Feldweg ist. Knüller: "ha, ich mach hier mal den Schlenker über Hakendorf!" (PLZ 19246, Google kennt das nicht ^^) - leider ist die "Straße" von Hakendorf zurück zur Landstraße ein Feldweg, der die ersten paar Hundert m von schwerem Feldgerät zerfahren und danach komplett zugewuchert ist. Da ich nicht 2km zurück wollte, rüttelte ich 2km auf der Mountainbikestrecke durch den Wald
Sehenswürdigkeiten: Marienkirche in Büchen Dorf, da hatte ich Glück, daß eine rasenmähende Dame mir aufschloss und eine kleine Führung machte (die wusste ALLES, das war nicht die Gärtnerin, ich hab nur nicht gefragt, WER sie ist
); Kirche in Zarrentin (morgens um 10 geschlossen), Grenzhus in Schlagsdorf, Grenzdokumentationsstelle Schlutup (morgens um 11 geschlossen
),
Wasserschloss Johannstorf (Haupthaus sieht inzwischen
so aus).
Schloss Pötenitz ist mittlerweile so zugewuchert, daß man außer dem Haupttor und der Gärtnerei nix mehr von außerhalb des Zaunes sehen kann (wobei es ja albern ist, Tore zu bauen, die gepanzerten Fahrzeugen widerstehen können und diese dann mit simplem Bauzaun zu verbinden. Ich sag nicht, daß da schon Lücken drin sind, am Ende ginge noch jemand den Trampelpfaden nach)(ich hab das nicht getan weil schissig).
Die Passat hab ich kurz von außen angesehen, in memoriam unser Segelschiffquartet als ich noch ganz klein war.
Was fand ich sonst interessant...gar nicht mal so viel. Die ländliche Architektur in der Gegend unterscheidet sich nur wenig durch Gutsanlagen und gelegentliche DDR-Ausfälle von der in Ostholstein (wo ich aufgewachsen bin), Reetdachhäuser hab ich auch schon genug gesehen.
Wer mehr Energie und Chuzpe hat als ich, könnte hie und da LPG-Ruinen erforschen.
Die ehemalige Sowjetkaserne in Schattin ist jetzt ein totes Hotel sowie "Wohnungen ab 200€ warm". In Schlutup ging es durch den Wald auf einem Weg, von dem ich mutmaße, es müsse eine Kleinbahntrasse gewesen sein; danach fährt man am Palinger Weg durch ein Stadtgebiet, das kasernig anmutet, aber es gibt so viele Gebäude, die nach Maschinenhalle aussehen (vielleicht weiss Ronin das?). In Pötenitz hat gefühlt jeder Streckzaunstücke und alte Grenzbeschilderung im Garten. Auf dem Priwall steht eine weitere olle Grenzkaserne und der Hafenbahnhof in Travemünde sieht auch auf den 3. Blick nicht so aus, als würde er noch benutzt (dann entdeckt man irgendwann den Fahrkartenautomaten).
Erlebnisse: Am Elbe-Lübeck-Kanal in den Stau geraten, als eine Schafherde den Deich und danebenliegenden Weg entlanggetrieben wurde. Bad im Schalsee \o/. In Selmsdorf ein Gewitter im Bushäuschen ausgesessen mit einem Tschechen, der sagte "ich habe geschrieben meinem friend, er hat mir geschrieben, heute
bisschen Regen *bezeichnende Geste nach draußen*". Bad in der Ostsee \o/. Auf dem Priwall versucht, Kleingeld für die Fähre zu erwechseln und festgestellt, da gibt es
nichts bis auf den Imbiß und den zugehörigen Tante-Emma-Laden (der heisst so) - und etwas, das aussieht wie das größte Altenheim der Welt (und ta-dah, es
ist ein Altenheim Oo).
Die Grenzanlagen sind in der Gegend absolut gründlich demontiert, es ist nichts (nichts) mehr übrig bis auf 2 vermutlich originale Grenztürme am Ostseeufer; es bleibt einem nur der Versuch, sich bewusst zu machen, wo man sich befindet (hat bei mir kaum geklappt, so mitten im Busch). Als ich dann im Grenzhus die Fotos betrachtete, fragte ich mich, ob es wohl bald die erste Verschwörungstheorie geben wird, daß es den Eisernen Vorhang gar nicht gegeben hat. Wenn man den nicht noch mit eigenen Augen gesehen hat, wirken diese Bilder angesichts des heutigen Zustandes sicher noch irrealer.
*abhak*