Schwarzes Hamburg > Politik und Gesellschaft

Leben, Tod und das, was dazwischenliegt

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DunkelBunt:

--- Zitat von: Julya am 06 November 2012, 19:13:39 ---
Ich bin fest davon überzeugt, daß das deutsche System der Organvergabe eines der besten der Welt ist.

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--- Zitat von: Julya am 06 November 2012, 19:13:39 ---Es gibt ein Punktesystem, das die Dringlichkeit regelt. Da kann man selbst nach Jahren an der Dialyse immer noch im Bereich von 13, 14, oder 15 sein und erst ab 30 hat man überhaupt die Chance auf der Liste weiter nach vorne zu rutschen. Ab 32 besteht allerdings schon akute Lebensgefahr.....


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Meiner Meinung nach ist hier schon ein Fehler im System.

Theoretisch finde ich die Idee mit der Organspende eine prima Sache und würde mir auch einen Organspendeausweis zulegen.
Allerdings vertraue ich weder der Ärzteschaft, noch der Pharmaindustrie, und unser Rechtssystem finde ich auch an vielen Stellen mehr als fragwürdig.
Soll heißen; Ich hätte schlicht und ergreifend Angst, dass man mich sterben lässt, um einer anderen Person das Leben zu retten!
Ich weiß, dass dies sehr einfach gedacht ist, und sicherlich auch auf gewisse Art und Weise realitätsfremd ist, aber die Unsicherheit bleibt. Und warum sollte ich etwas tun, bei dem ich mich nicht wohlfühle?

Julya:

--- Zitat von: DunkelBunt am 10 November 2012, 10:48:48 ---
--- Zitat von: Julya am 06 November 2012, 19:13:39 ---Ich bin fest davon überzeugt, daß das deutsche System der Organvergabe eines der besten der Welt ist.

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--- Zitat von: Julya am 06 November 2012, 19:13:39 ---Es gibt ein Punktesystem, das die Dringlichkeit regelt. Da kann man selbst nach Jahren an der Dialyse immer noch im Bereich von 13, 14, oder 15 sein und erst ab 30 hat man überhaupt die Chance auf der Liste weiter nach vorne zu rutschen. Ab 32 besteht allerdings schon akute Lebensgefahr.....


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Meiner Meinung nach ist hier schon ein Fehler im System.
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Das Punktesystem an sich finde ich nicht schlecht. Daß es allerdings so knapp ist und daß man erst "fast tot" sein muss, um ein Organ zu bekommen, liegt einzig und allein an der Tatsache, daß es zu wenig Spender gibt.

colourize:

--- Zitat von: Kenaz am 07 November 2012, 21:38:50 ---
--- Zitat von: colourize am 07 November 2012, 21:17:43 ---Eine Gesetzesänderung muss her, die dem toten Menschen (bzw. seinen Angehörigen) sämtliche Verfügungsrechte über (dann eben nicht mehr) "seine" Organe abspricht und ihn im Falle eines Hirntods automatisch zum Lieferanten der dringend benötigten Ersatzteile umdeklariert. Und zwar ohne das Recht auf Widerspruch von irgendwem.

--- Ende Zitat ---

- Aaaalder, ich kotz' ja alles voll!  :o  Das ist nun wirklich genau die Extremform biologistisch-materialistischer Technokratenterrordiktatur, gegen die ich mit Zähnen und Klauen zu Felde ziehen würde.

Ermsthaft: wenn's so weit kommt, bin ich der erste, der in den Untergrund geht und einen Sprengstoffgürtel anlegt. Gesetzt den Fall, es handelt sich jetzt nicht gerade um eine besonders perfide Form der Ironie oder Du bist gerade sturzbesoffen oder sonstwie nicht Herr Deiner fünf Sinne (eine Annahme zu der ich insofern tendiere, als dieses Geschreibsel nun wirklich so gar nicht zu dem passt, was Du bislang so abgelassen hast), dann stelle ich fest, dass die Welt, die Du da forderst, keine ist, in der ich auch nur 24 Stunden leben will. Da möchte ich lieber tot sein. Und ich denke, der Sprengstoffgürtel wäre da wirklich das Mittel der Wahl, damit auch gewährleistet ist, dass Leute Deines Kalibers nicht auch noch ihren Nutzen daraus ziehen.

Selten etwas derart ausgesucht Ekelhaftes gelesen. Mich schüttelt's.

--- Ende Zitat ---
Nachdem ich meine Aussage ja relativiert habe (Widerspruchsrecht würde ich dann doch einräumen wollen ;) ) würde mich am Ende des Tages dann doch Dein Argument interessieren. Das hast Du nämlich bislang noch verschwiegen.

Kenaz:

--- Zitat von: colourize am 10 November 2012, 22:31:00 ---Nachdem ich meine Aussage ja relativiert habe (Widerspruchsrecht würde ich dann doch einräumen wollen ;) ) würde mich am Ende des Tages dann doch Dein Argument interessieren. Das hast Du nämlich bislang noch verschwiegen.

--- Ende Zitat ---

- Mein Argument wofür oder wogegen? Gegen Pflichtausschlachtung mit Widerspruchsrecht? Nun, da würde ich mich im großen & ganzen seinschi anschließen:


--- Zitat von: seinschi am 09 November 2012, 18:25:51 ---Meinen Koerper betrachte ich als mein Hab und Gut, insofern mach ich auch damit, was ich moechte. Daher moechte ich auch gern ueber die "Verwertung" meiner Huelle entscheiden, sobald ich selber das Zeitige gesegnet habe. Somit finde ich es auch verkehrt, wenn jemand anders darueber bestimmen soll.
--- Ende Zitat ---

Ich finde es in Ordnung, wenn man die Pistole ein bisschen nachdrücklicher auf die Brust gesetzt bekommt und dermaßen genötigt wird, sich zu dem Thema verbindlich zu äußern. Eine Gesetzesänderung, wie sie Dir vorzuschweben scheint, nämlich eine nicht gegebene Antwort automatisch als "Ja" zu werten, lehne ich allerdings ganz entschieden ab.

Dass ich als reaktionäre Socke die galoppierende Funktionalisierung und - damit nahezu zwangsläufig verbundene - Ökonomisierung von allem mit Verve bekämpfe, dürfte Dir klar sein. Und nichts anderes ist es, wenn der leblose menschliche Körper nach einer Zeitspanne x - die, wie wir Multivacs Artikelchen entnehmen können, auch von "Wissenschaftlern" nur ungenau bestimmt werden kann und insofern höchst umstritten ist - automatisch vom Modus "Träger und Gefäß der menschlichen Persönlichkeit/Seele/whatsoever" in den Modus "Ersatzteillager" wechselt. Und es spricht mal wieder für die grenzenlose Arroganz des naturwissenschaftlich geprägten Denkens, alle Positionen hierzu, die nicht auf einer naturwissenschaftlichen, rein rationalen Argumentation basieren, eo ipso als quasi-esoterischen Mumpitz vom Tisch zu fegen.

Insbesondere mit der Frage nach der Grenze zwischen Leben und Tod bewegen wir uns ja in einem Grenzbereich, wo die Unschärfe zwischen der Ebene des Materiellen und des Geistigen überdeutlich spürbar wird. Da ist man, wie ja schon gesagt wurde, ganz fix bei der Frage nach dem "Wesen" des Menschen (um den religiös überfrachteten Terminus "Seele" mal zu umschiffen) - und wer allen Ernstes denkt, die sei nach mehreren Jahrtausenden menschlicher Grübel- und Forscherei nun erschöpfend beantwortet, der irrt gewaltig. Es gibt in dieser Hinsicht zwar immer wieder hübsche Thesen, Ansätze und Vorschläge, die den Moden der jeweiligen Zeit unterliegen - das ist in der Wissenschaft bekanntlich nicht anders als in der Musik- oder Textilindustrie -, doch eine hieb- & stichfeste Antwort/Lösung steht nach wie vor aus (und das wird, so meine Überzeugung, gottlob auch so bleiben).

Da dem so ist, bedeutete eine "Zwangsentnahme" bei denen, die sich nicht geäußert haben, dass sie aufgrund einer letztlich willkürlichen Mehrheitsentscheidung, die durch nichts als Thesen, Mutmaßungen und Annahmen gestützt wird, ausgeschlachtet würden. Das kann ich unmöglich gutheißen. Denn ich bin sehr wohl der Meinung, dass es gewisse Restbereiche des Lebens geben sollte, die uns "heilig" - im Sinne einer prinzipiellen Unantastbarkeit - sein & bleiben sollten; viele sind eh nicht mehr übrig. Der des menschlichen Körpers als unbedingtes Hoheitsgebiet seines "Trägers" gehört für mich ebenso dazu wie der der menschlichen Person als Gegenstand unbedingter Achtung, respektive: "Würde". Denn dass auch die auf rationaler Ebene prinzipiell verhandelbar ist, muss ich Dir wohl kaum erklären. Und warum man diese Verhandlung trotzdem entschieden von sich weist, sicherlich ebensowenig. Ich will nicht in einer Welt leben, in der der Zweck jedes Mittel heiligt - und das will keiner von uns, wenn er mal etwas tiefer darüber nachdenkt. Dummerweise steht tiefes Nachdenken nicht allzu hoch im Kurs, was den Meinungsmachern und Parolenherumtrötern dieser Welt ihr unappetitliches Handwerk so betrüblich leicht macht ...

Fazit: Flächendeckende Befragung und ein Anziehen der Daumenschrauben, sich hinsichtlich einer möglichen Organentnahme zu äußern: Ja. Zwangsausschlachtung bei Nichtvorliegen einer Antwort: Nein.

edit: morgendliche Flüchtigkeitsfehler ausgebügelt ...

Eisbär:
Es heißt schließlich Organspende, nicht Organsteuer oder -abgabe.

Spenden sind freiwillig. Davon ab hab ich bei jeder anderen Form von Spende das Recht, zu entscheiden, wofür diese Spende genutzt werden darf. Dabei geht es bei den anderen Spenden nur um schnödes Geld, nicht um so etwas persönliches, privates und intimes wie einen Teil seiner selbst, wie es bei der Organspende der Fall ist.

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