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Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern

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colourize:
Wie wäre es mit Scientologen? Oder den Zeugenden Jehovas? Wenn schon jeder seinen Quatsch im Klassenzimmer verzapfen darf, wieso nicht auch die? ::)

Das Problem beim Religionsunterricht in der Schule ist doch folgendes: egal wie weit man den Vertretern einer Beibehaltung des Religionsunterrichts in Schulen entgegenkommt - niemand garantiert einem, dass nicht morgen oder übermorgen noch eine dümmere Religionsgemeinschaft das gleiche Recht des konfessionellen Unterrichts beansprucht, um die ihr eigene krude Weltsicht auf die Menschheit loszulassen. Wenn es gerecht zugehen soll, dann kann nur "alle oder keiner" gelten. Solange man Katholiken und Protestanten das Recht einräumt, in die Schulen und Lehrpläne hineinzuregieren, solange sollte man m.E. auch anderen Religionsgruppen diese Missionierungs- bzw. Propagandamöglichkeit einräumen.

Der Verweis darauf, dass "Religion ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft ist" halte ich für keinen guten Grund an einer Beibehaltung des Religionsunterrichts festzuhalten, da meiner Überzeugung nach auch dieser status quo (das nämlich so viele Krankenhäuser, Sozialdienstleistungen, Kindergärten etc. in kirchlicher Trägerschaft sind) dringend geändert werden müsste. Wichtige Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens sollte man nicht den Pfaffen in die Hände geben, sonst muss man sich nicht wundern wenn die nach ihrem eigenen Gutdünken handeln (Kindergartenplatz nur für Kinder von regelmäßigen Kirchgängern, Altenheimplatz nur für lebenslange Kirchensteuerzahler, Spenderniere nur gegen Spende für die nächste Ablassbrief-Aktion etc.).

RaoulDuke:

--- Zitat von: messie am 18 September 2012, 13:09:01 ---Religionsunterricht ist insofern in Ordnung, die Werte rund um diese Religion den Kindern, bzw. Jugendlichen zu vermitteln. Da Religion ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft ist (man denke nur an die ganzen kirchlichen Einrichtungen, im Sozialbereich kommt man an denen ja kaum vorbei ...) ist es nur konsequent, die Schüler auf das, was dort erwartet wird, vorzubereiten.

Wogegen ich aber schon immer war und auch heute bin ist der Unsinn, dass nur jene diesen Unterricht haben, die dieser Religion angehören. Da sitzen genau die Falschen drin! Es sollten alle den Unterricht erfahren, um genau jene vielgepriesene Toleranz zu fördern, die immer gepredigt wird. Wenn jene, die dieser Religion nicht angehören, an dem Unterricht gar nicht teilnehmen dürfen und/oder brauchen, dann fördert das doch die Intoleranz zusätzlich.

Genauso sehe ich es bei einem Islamunterricht: Wenn, dann bitte für alle offen.
Ideal wäre ein kombinierter Unterricht, dass er "Religionsunterricht" heißt, ein halbes Schulhalbjahr die christliche, das andere die islamische Religion den Schülern näherbringt. Logischerweise dann auch ein Unterricht für alle.

--- Ende Zitat ---

Meinem zuvor geposteten bissig-humoristischen Beitrag zum Trotz halte ich das auch für einen interessanten Ansatz.

Es scheint an der Frage zu hängen, was Religionsunterricht leisten soll: Einen Beitrag zur Allgemeinbildung und zur Erziehung zur Toleranz leisten? Dann scheint Dein Ansatz der Richtige zu sein.

Über das richtige Praktizieren und Ausüben einer Religion informieren? Dann ist es ja nur für diejenigen interessant, die das auch tun wollen, für den Rest kann es missionarischen Charakter annehmen.

In meiner Schule (ja, lange her und damit eigentlich nicht mehr als Referenz zu verwenden) gab es Religionsunterricht in der zweitgenannten Fassung, oder wahlweise Philosophie, die auch eine eher wissenschaftliche orientierte Beschäftigung mit dem Phänomen Religion und seinen vielfältigen Ausprägungen enthielt. Ein weiterer Schwerpunkt lag in der Geschichte der nicht religiös geprägten Philosophie (wobei natürlich beides so strikt nicht voneinander zu trennen war).

Trotz oder vielleicht gerade wegen Interesses an Kenntnis der Geschichte der europäischen Religionen zögerte ich keine Sekunde, Philosophie zu wählen.

Vielleicht bestünde eine Lösung darin, einen allgemeinen säkular geprägten Unterricht über die verschiedenen Religionen anzubieten, der für keine Ausprägung Partei ergreift und nur die Geschichte und die Ideenwelt erläutert. Ich fürchte aber, dies könnte aufgrund der Kompromißlosigkeit vieler religiösen Menschen zu einem schwierigen Unterfangen werden. Viele überzeugte Anhänger von Religionen, und damit meine gar keine bestimme, halten die alternative Ideen für so falsch, daß sie unbedingt dagegen Partei ergreifen müssen. Dies ist ganz zu gut erkennen an manchen Christen, die die Lehren der Evolution ablehnen und aus dem Schulstoff entfernt haben wollen...

Und würde man nicht wollen, daß die Kinder, die man in diesen Unterricht schickt, auch seelisch und physisch heil wieder rauskommen?

Schattenwurf:
Man muss aber einräumen das in Deutschland niemand zum Religionsunterricht gezwungen wird.
Art. 7 GG (2) ...
das Recht nutzen nur Wenige ... ich persönlich würde mein Kind niemals so etwas aussetzen.

Wenn es um das Vermitteln von Werten geht sind Religionsgemeinschaften, egal welche,
der so ziemlich letzte Anlaufpunkt.
Ein vermittelter Wert, hat ja nur dann einen wert, wenn man ihn auch lebt.

"Papa, Mama, warum lügen Politiker so viel? Die haben doch christliche Werte."
"Papa, Mama, was ist sexueller Missbrauch? Und warum machen manche Priester das?"
"Papa, Mama, warum bringt der Onkel aus der Kirche sein Geld in die Schweiz?"
usw. usw.

Da vermittelt ich doch lieber Menschenrechte ... da hat die Welt mehr Nutzen von.

RaoulDuke:

--- Zitat von: Schattenwurf am 18 September 2012, 13:52:54 ---Man muss aber einräumen das in Deutschland niemand zum Religionsunterricht gezwungen wird.
Art. 7 GG (2) ...
das Recht nutzen nur Wenige ... ich persönlich würde mein Kind niemals so etwas aussetzen.

Wenn es um das Vermitteln von Werten geht sind Religionsgemeinschaften, egal welche,
der so ziemlich letzte Anlaufpunkt.
Ein vermittelter Wert, hat ja nur dann einen wert, wenn man ihn auch lebt.

--- Ende Zitat ---

Hut ab - und vielen Dank für den Link. Schade, daß das erst ab der Schulzeit gilt.

Ich habe ein Kind in einem christlichen Kindergarten, und wenn man sich aus voller Überlegung und Überzeugung heraus nicht als Christ bezeichnet, kann das schwierig werden. Sie erzählen ihm dort viel von Gott, beispielsweise, daß man Gott zu danken habe vor dem Essen. Auf meine Antwort, das wir das Zuhause nicht tun, weil wir niemandem für das Essen danken müssen, das wir uns selbst erarbeitet haben, reagiert er zunehmend mit Fragen, weil er nicht versteht, warum ich das so anders handhabe als es seine Erzieher tun...

Finde ich ehrlich gesagt schlimm, daß die Seelenfänger da draußen schon so hinter den Kleinen her sind. Aber in der Schulzeit ist dann Schluß damit...

colourize:

--- Zitat von: RaoulDuke am 18 September 2012, 14:27:56 ---Ich habe ein Kind in einem christlichen Kindergarten, und wenn man sich aus voller Überlegung und Überzeugung heraus nicht als Christ bezeichnet, kann das schwierig werden. Sie erzählen ihm dort viel von Gott, beispielsweise, daß man Gott zu danken habe vor dem Essen. Auf meine Antwort, das wir das Zuhause nicht tun, weil wir niemandem für das Essen danken müssen, das wir uns selbst erarbeitet haben, reagiert er zunehmend mit Fragen, weil er nicht versteht, warum ich das so anders handhabe als es seine Erzieher tun...

--- Ende Zitat ---
Hm, naja. Deine Aussage ist dabei nicht wahrer als die des Erziehers. Denn auch wenn Du für Dein Essen arbeitest, kann man schon sagen dass Du auch ziemlich Glück hast dabei. Du bist in einem Land geboren in dem es im Grunde alle Überlebenswichtige für alle gibt und niemand verhungern muss (hast Du Dir nicht selbst erarbeitet), Du hast eine Ausbildung erhalten (weil es hier anders als anderswo ein Bildungssystem gibt, auch das ohne Dein Zutun), bist gesund und arbeitsfähig (glücklicher Zufall, ist auch nicht jeder) und hast nen Job gefunden (geht auch nicht jedem so). Insofern kann man da schon - so man derart veranlagt ist - einer "höheren Macht" oder dem Schicksal oder wasweißich dankbar sein. Muss man natürlich nicht.

Aber die Logik "nur ich alleine bin Herr meines Schicksals" ist m.E. auch sehr verkürzend und für meinen Geschmack ähnlich ideologisch beeinflussend wie der Glaube an eine Gottheit. Zudem schwingt in Deiner "ich habe es mir selbst erarbeitet"-Erzählung auch noch eine irgendwie sozialdarwinistische Note mit, die Du sicher nicht so meinst, aber bei mir ein wenig die Alarmglocken klingeln lassen. Daher musste ich hier gerade mal was zu sagen. ;)

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