Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?  (Gelesen 32858 mal)

messie

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #45 am: 30 April 2012, 11:01:58 »

Zitat
Und vergessen darf man auch nicht, dass es wie gesagt nicht nur deshalb eine "unbequeme" Diagnose (für Ärzte) ist, weil: nicht heilbar, sondern auch, weil Alkohol immer noch verharmlost wird, immer noch als "normales Genussmittel" gilt ... !

Daran mag ich nicht so recht glauben - weder an das eine, noch an das andere.

Nicht heilbare Diagnosen überbringt jeder nicht gern. Aber wie Spambot es immer so schön auf den Punkt bringt, wer dann lieber ne andere Diagnose stellt als diese weil er sich drum drückt dem Menschen das Wort "unheilbar" sagen zu müssen, der soll lieber Burger braten als sich als Arzt weiter versuchen.

Genauso, was die Verharmlosung von Alkohol angeht: In den 70ern mag es noch angehen, in den 80ern grade noch so, aber heute? Hoffentlich nicht! Alkohol und Schwangerschaft gehört nun einmal nicht zusammen.
Mir ist allerdings auch aufgefallen, dass neben der Standardfrage "Rauchen Sie?" nicht noch die Frage "Trinken Sie?" hinterhergeschoben wird, obwohl sie meines Erachtens ebenfalls zum Standard gehören sollte. Alkohol beeinflusst nun einmal den Organismus ebenfalls sehr stark, so etwas sollte m.E. ein Arzt auch wissen, bevor er jemanden behandelt.
Ob die Frage aber nur deswegen nicht standardmäßig gestellt wird weil man eh davon ausgeht dass hier gelogen wird und sie deswegen nichts bringt, das entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls fände ich sie vernünftig.

Lernprobleme und Legasthenie? Hab ich auch noch nix von mitgekriegt aus meinem Umfeld. Klingt für mich auch unlogisch, weil sich Legasthenie hauptsächlich auf den Deutschunterricht auswirkt, weniger aber auf die restlichen Fächer. Wer nur in einem Fach "versagt", dem dann gleich Lernprobleme zu unterstellen ... naja ...
Was hier häufiger vorkommt ist, dass eine Legasthenie unterstellt wird, obwohl das Kind Hörprobleme hat. Sprich: Es hört im Dikat nicht alles und schreibt deswegen Sechsen am Fließband. Darüber hinaus reagiert das Kind langsamer auf Ansprache, weil es im Hirn erst einmal die Teilinformationen die es erhält zusammenbauen muss, weil es noch nicht alles komplet gehört hat, was dann zu dieser kleinen Zeitverzögerung führt. Das ist gar nicht mal selten, dass da Eltern und Ärzte erst recht spät auf den Trichter kommen dass es gar keine Lernschwäche, sondern lediglich eine Hörschwäche ist, die die Probleme verursachen.

Allgemein gesehen beneide ich die Ärzte aber nicht um ihren Job. Es gibt so vieles worauf man achten muss, so viele Krankheitsmuster die sich sehr ähneln ... da dann immer die exakt korrekte Diagnose zu stellen, ist garantiert beileibe keine einfache Angelegenheit.
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nightnurse

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #46 am: 30 April 2012, 11:09:38 »

Ich kenne Ärzte, die tatsächlich routinemäßig nach dem Alkoholkonsum fragen, wenn auch etwas um´s Eck, eben: Damit der Patient nicht die sozial erwünschte Antwort gibt. Man fragt dann so Dinge wie "trinken Sie lieber Bier oder Wein?" (in manchen Gegenden gilt ja beides nicht als "Alkohol"  ;D ) oder...ähm, ja, ich bin da nicht so erfindungsreich...
Ich könnt mir aber auch vorstellen, daß mancher Arzt gar nicht fragt und sich so denkt "an ihren Leberwerten sollt Ihr sie erkennen".
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Kallisti

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #47 am: 30 April 2012, 11:17:03 »

Zitat
Quote

    Und vergessen darf man auch nicht, dass es wie gesagt nicht nur deshalb eine "unbequeme" Diagnose (für Ärzte) ist, weil: nicht heilbar, sondern auch, weil Alkohol immer noch verharmlost wird, immer noch als "normales Genussmittel" gilt ... !


Daran mag ich nicht so recht glauben - weder an das eine, noch an das andere.

Nicht heilbare Diagnosen überbringt jeder nicht gern. Aber wie Spambot es immer so schön auf den Punkt bringt, wer dann lieber ne andere Diagnose stellt als diese weil er sich drum drückt dem Menschen das Wort "unheilbar" sagen zu müssen, der soll lieber Burger braten als sich als Arzt weiter versuchen.

messie - siehe dazu den Link oben (aus dem "Ärzteblatt") - hier nochmal:


Zitat
Die Diagnose FASD bei Kindern und bei Adoleszenten
zu stellen, ist für viele Ärzte in der Praxis offensichtlich
noch schwierig, sodass zahlreiche Betroffene unentdeckt
bleiben. Die Schwierigkeit der Diagnosestellung
liegt unter anderem daran, dass dem Syndrom ein richtungsweisendes,
pathognomonisches Symptom wie zum
Beispiel eine Dysmelie oder Phokomelie bei der Thalidomid-
Embryopathie fehlt und weder die Mütter noch
die Umgebung in den Familien den chronischen Alkoholmissbrauch
und seine Gefährdung für den Fetus erkennen
(11). Darüber hinaus ist Alkoholgenuss in der
Öffentlichkeit und auch bei Ärzten oft noch zu stark tabuisiert,
sodass die entsprechenden Verdachtsmomente
auf eine Störung durch Alkohol ausbleiben. In der Regel
werden nur ausgeprägte Formen des FAS erkannt, unter
anderem weil die Mütter häufig schon in der Geburtsklinik
als chronische Alkoholikerinnen diagnostiziert werden.
Sehr viel größere Schwierigkeiten stellt die Diagnose
der häufiger vorkommenden betroffenen Kinder mit
geringeren phänotypischen Merkmalen dar, bei denen
ein partiales FAS oder sogenannte Fetale Alkohol-Effekte
(FAE, „fetal alcohol-effects“) vorliegen. Leitsymptome
sind Kleinwuchs, verschiedene Fehlbildungssymptome
im Bereich von Kopf und Gesicht (sogenannte kraniofaziale
Dysmorphie), unterschiedlich stark ausgeprägte
Zeichen einer Entwicklungsbeeinträchtigung mit
psychopathologischen Symptomen sowie eine positive
Anamnese für einen Alkoholmissbrauch durch die Mutter
während der Schwangerschaft.
[...]


Zitat
Lernprobleme und Legasthenie? Hab ich auch noch nix von mitgekriegt aus meinem Umfeld. Klingt für mich auch unlogisch, weil sich Legasthenie hauptsächlich auf den Deutschunterricht auswirkt, weniger aber auf die restlichen Fächer. Wer nur in einem Fach "versagt", dem dann gleich Lernprobleme zu unterstellen ... naja ...
messie

guckst du

http://de.wikipedia.org/wiki/Lernst%C3%B6rung


Black Russian

es geht ja nicht um die Legasthenie alleine - aber wie bereits mehrfach gesagt - das:

Zitat
Quote

    Kognitive Störungen

    Zu den Merkmalen von FAS und partiellem FAS gehören die teils erheblichen kognitiven Defizite der betroffenen Kinder. Die Intelligenz ist vermindert. Festzustellen ist dabei in gängigen Testverfahren eine sehr homogene Senkung von Handlungs- und Verbal-IQ. Insgesamt liegt der IQ unserer Münsteraner Stichprobe bei 75 (Normwert 100 ± 15), was bereits den ersten Beobachtungen von Lemoine entspricht. Die intellektuellen Leistungseinbußen zeigen sich vor allem im logischen Denken und beim Lösen komplexer Aufgaben, beim Rechnen und kombinatorischen Denken. Abstraktionen, das Erlernen von Regeln und Erfassen von Sinnzusammenhängen sind erschwert oder sogar ganz unmöglich. Eigene Spielideen entwickeln die Kinder meist nicht, sondern ahmen die Spiele anderer Kinder nach. Wenn Kinder oder Jugendliche mit FAS erzählen sollen, was sie erlebt haben, was andere Personen gemacht haben oder auch, wie es zu diesem Unfall oder jenem Konflikt kam, weichen sie oft aus, erzählen widersprechende oder der Fantasie entsprungene Versionen. Sie tun das nicht, um etwas zu verbergen, sondern, weil sie tatsächlich nicht verstanden haben, was geschehen ist und auch der Ablauf des Geschehens ihnen unklar blieb.


ist nicht bei allen Betroffenen so offensichtlich wie es hier beschrieben wird - vor allem werden die Kinder nicht gleich einem Intelligenztest unterzogen! Wenn Eltern und Ärzte wenig Kenntnis von FAS haben (was mehrheitlich der Fall ist, vor allem bei Eltern, also: in der Gesellschaft überhaupt: FAS weitgehend unbekannt!), wird man die Symptome also anderweitig erklären (mit also: anderen "Störungen" - wie eben Lernstörung, ADHS, Kind gilt als "lebhaft" oder "verträumt" ... ... ...).


Dann kommt hinzu, dass man es auch nicht wahrhaben will: dass das Kind eine geistige Behinderung hat und die Mutter daran selbst verursachend also schuld ist! Das wird man in vielen (wenn nicht den meisten) Fällen von sich weisen, abwehren, verdrängen, unterschlagen - also: wenn das Kind dann überhaupt so gründlich von einem Arzt (nicht bloß einem niedergelassenen Kinderarzt!) untersucht wird (!), wenn es dann also überhaupt so offensichtliche "Symptome" zeigt und wenn dann der Arzt richtig diagnostiziert, heißt das alleine noch nicht, dass die Eltern das auch wahrhaben wollen und es dem Kind so mitgeteilt/erklärt wird (wenn es alt/verständig genug ist)!

Wie aber auch auf fas-world zu lesen, gibt es offensichtlich in Deutschland nur sehr sehr wenige Ärzte, die FAS richtig und "gut" bzw.: überhaupt (!) diagnostizieren - siehe die Liste der empfohlenen Ärzte (habe ich vorne den Link eingestellt, siehe dort). Ich meine: das sind unter 10 Ärzte, die da aufgeführt sind!
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Kallisti

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #48 am: 30 April 2012, 11:23:15 »

Zitat
Allgemein gesehen beneide ich die Ärzte aber nicht um ihren Job. Es gibt so vieles worauf man achten muss, so viele Krankheitsmuster die sich sehr ähneln ... da dann immer die exakt korrekte Diagnose zu stellen, ist garantiert beileibe keine einfache Angelegenheit.
messie

Darum geht es nicht - das werfe ich Ärzten nicht vor: dass sie nicht alles wissen (können) - wohl aber, dass sie so immun sind gegen Patientenfragen bzw. Patientenhinweise, Patientenmeinung/-einmischung!

Wenn ein Arzt (wie mein aktueller Hausarzt) auf etwas angesprochen wird und das immerhin in Betracht zieht (!), nicht gleich abwiegelt, einen abwimmelt, es abtut und wenn er bei Unkenntnis, diese offen eingesteht, ausspricht und sich dann aber auch kundig macht - dann: ist das wunderbar und so sollte es immer sein! :)  (Aber bis ich den gefunden hatte, musst ich auch lange suchen ... - in Hamburg schon ... ! =(  )

Aber mehrheitlich ist das nach wie vor nicht der Fall - auch in Krankenhäusern vor allem nicht! Und da liegt es, meiner Beobachtung und Erfahrung ;) nach, nicht nur an der jeweiligen "Arztgeneration", sondern wirklich am jeweiligen Menschen -> was der Arzt/die Ärztin für ein Mensch ist bzw. also: am (vorhandenen oder nicht vorhandenen) CHARAKTERstärke!

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #49 am: 30 April 2012, 11:26:06 »

Kallisti, ich komme aus Russland und habe demenstprechend gerade in russischen Dörfer reichlich FAS - Kinder gesehen.
Glaub mir, du kannst sie sehr gut von einem ADHS-ler unterscheiden(habe einige gesehen), von ADS ganz zu schweigen

Wobei bei ADS ganz andere Differnezierungen in Frage kommen, z. B. eine traumatisierter Kind ist auch oft unkonzentriert und geistesabwesens, also wenn ein Kind die erste Schuljahr keine Probleme mit Aufmerksamkeit hatte und nach den Ferien wie ausgewechselt ist, unkonzentriert, die Leistungen fallen ab, das Kind ist ständig geistesabwesens, dann soll ein Arzt doch abklären, ob eine Trauma vorliegt


P.S.
soweit ich weiss, ist IQ-Test bei Kinderpsychiater ein Standart (war sogar in Russland schon so).

Wenn du aber zu einem Wald-und Wiesen-Doc gehst, kann es natürlich sein, dass er anstatt einer Sozialer Phobie Autismus diagnostiziert
« Letzte Änderung: 30 April 2012, 11:30:34 von Black Russian »
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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #50 am: 30 April 2012, 11:57:07 »

Zitat
messie

guckst du

http://de.wikipedia.org/wiki/Lernst%C3%B6rung

Und was soll mir das jetzt sagen? *lach*
Oder habe ich dich da falsch verstanden? Ich dachte du meintest, dass bei Legasthenikern fälschlicherweise eine allgemeine Lernschwäche diagnostiziert wird. Just das kann ich mir halt nicht vorstellen dass dies der Fall ist, wenn das Kind in den weiteren Fächern außer Deutsch nur schwach oder überhaupt nicht abfällt.
Dass Legasthenie unter "Lernstörung" eingestuft wird, ist doch logisch. Ist ja auch eine. Nur halt eine sehr spezielle.
Glücklicherweise eine, die sich dank technischen Hilfsmitteln und Training so weit eindämmen lässt, dass Außenstehende nicht mal mehr bemerken, dass jemand diese hat. :)

Zitat
messie - siehe dazu den Link oben (aus dem "Ärzteblatt") - hier nochmal:

... der betont, dass das Hauptproblem die schwierige Diagnostik bei nicht eindeutigen Fällen ist. Es gibt nur einen einzigen Satz in deinem Zitat das deine Aussage begründet, der Rest kümmert sich um die schwierige Diagnostik. Deins ist lediglich ein "darüber hinaus", ein zusätzliches, aber nicht das Hauptproblem.

Das ergibt für mich auch absolut einen Sinn: Weil einige Symptome auf vieles hinweisen, sucht man nach eindeutigen Symptomen, die sie zu anderen Krankheiten und Störungen abgrenzen. Wenn diese aber nicht da sind, dann wird's kompliziert. Auch das steht in deiner Quelle, dass hier nach "Leitsymptomen" gesucht wird, die das Abgrenzen erleichtern.

Man findet eben leider nicht so leicht wie bei Dehydrierung raus, dass dies die Ursache sein könnte. Tests auf AD(H)S sind dann doch was aufwendiger als jener Richtung Exsikkose - und selbst dann sind diese nur Anhaltspunkte.
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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #51 am: 30 April 2012, 12:08:33 »


 
Dass Legasthenie unter "Lernstörung" eingestuft wird, ist doch logisch. Ist ja auch eine. Nur halt eine sehr spezielle.
Glücklicherweise eine, die sich dank technischen Hilfsmitteln und Training so weit eindämmen lässt, dass Außenstehende nicht mal mehr bemerken, dass jemand diese hat. :)


Kann ich nur bestätigen, mein Bruder hat ein Problem mit russischer Rechtsschreibung, er unterscheidet bestimmte russische Buchstaben nicht (z, ch, tsch, sch). In deutschen aber hat er einfach die Wörter gepaukt (wie man die Fremdsprache eben lernt) und damit die Schreibweise eingeprägt, so das sein geschriebenes Deutsch um einiges besser als geschriebenes Russisch
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Kallisti

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #52 am: 30 April 2012, 13:10:26 »

Kinder - ich versteh jez gar nix mehr.  ;D

Worüber reden wir jez eigentlich?

Also nochma langsam - was ich sage, is Folgendes:

FAS wird in vielen Fällen nicht diagnostiziert, sondern stattdessen was anderes (bpsw. Angststörung, Depression, Persönlichkeitsstörung, ADHS, Lernstörung ...)

FAS wird deshalb oft nicht diagnostiziert, weil Ärzte sich mit der Diagnose schwertun - zum Einen, weil FAS nicht heilbar ist, sondern man nur an den Symptomen doktern kann (wenn! ...), zum Anderen, weil es eine heikle Sache ist aufgrund der "Schuld", also der: URSACHE (die besteht in einem durch Alkohol geschädigten Gehirn des bereits ungeborenen Kindes/Fötus/Embryos - die Ursache dafür ist: der Alkoholkonsum der schwangeren Mutter) - und schließlich, weil Alkohol nach wie vor als halt vor allem erst mal Genussmittel, nicht als Suchtstoff gesehen wird und ein moderater "Genuss"/Konsum erst mal vorausgesetzt wird - und dann wohl also auch, weil Ärzte offenbar zu wenig Kenntnis von FAS haben.


messie - was is jetzt "meins is darüber hinaus" und "nicht das Hauptproblem"? ? Versteh ich nicht.


Black Russian

es mag ja sein, dass da, wo du aufgewachsen bist, die Kinder so stark alkoholgeschädigt sind oder waren, dass FAS ihnen förmlich aus dem Gesicht sprang (weil du schriebst: du habest es gesehen, man habe es ihnen angesehen!). Ich weiß nun  nicht wie oft ich noch wiederholen soll, dass ich von den weniger offensichtlichen (meiner Ansicht nach aber zahlreichen) Fällen spreche, mich auf diese beziehe. ?


Und genau aus diesem Grund, werden diese Kinder oft einem Psychiater (!) gar nicht erst vorgestellt!

Selbst wenn ihnen ein Kinderarzt (!) ADHS bescheinigt, folgt daraus noch längst nicht, dass diese Kinder DANN angemessen untersucht und/oder behandelt werden, was zum Einen am Umgang mit ADHS liegt (welche Ärzte das aufgrund welcher "Symptome" wie "diagnostizieren" und dann "behandeln" ... - siehe: Ritalin-thread ("Therapierungswahn, Pathologisierungswut ..."). Zum Anderen ist das Problem, dass die Eltern ihren Kindern keine angemessene Untersuchung (und ggf. Behandlung) angedeihen lassen - genau dann nämlich, wenn sie sich der eigenen Schuld/Verursachung der Schädigung ihres Kindes bewusst sind - nämlich: die eigene Alkoholabhängigkeit - und diese also auch bereits: während der Schwangerschaft - zumindest aber also eindeutiger Alkoholkonsum während der Schwangerschaft, der das Kind auf die typische (!) Weise also schädigte.





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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #53 am: 30 April 2012, 13:36:12 »

Zitat
(...) und dann wohl also auch, weil Ärzte offenbar zu wenig Kenntnis von FAS haben.

Das vermute ich als Hauptgrund. Du ja ganz offensichtlich nicht ;)

Zitat
messie - was is jetzt "meins is darüber hinaus" und "nicht das Hauptproblem"? ? Versteh ich nicht.

Du hast mir ja ein Zitat vorgesetzt. In dem ist dein "darüber hinaus" folgendes:

Zitat von: Ärzteblatt
Darüber hinaus ist Alkoholgenuss in der
Öffentlichkeit und auch bei Ärzten oft noch zu stark tabuisiert,
sodass die entsprechenden Verdachtsmomente
auf eine Störung durch Alkohol ausbleiben.

Dieser eine Satz aus deinem Zitat ist für dich der Hauptgrund. Meiner ist der ganze Rest, der in deinem Zitat thematisiert wird:

Zitat von: Ärzteblatt
Die Schwierigkeit der Diagnosestellung
liegt unter anderem daran, dass dem Syndrom ein richtungsweisendes,
pathognomonisches Symptom wie zum
Beispiel eine Dysmelie oder Phokomelie bei der Thalidomid-
Embryopathie fehlt und weder die Mütter noch
die Umgebung in den Familien den chronischen Alkoholmissbrauch
und seine Gefährdung für den Fetus erkennen (...)
(...)
Sehr viel größere Schwierigkeiten stellt die Diagnose
der häufiger vorkommenden betroffenen Kinder mit
geringeren phänotypischen Merkmalen dar, bei denen
ein partiales FAS oder sogenannte Fetale Alkohol-Effekte
(FAE, „fetal alcohol-effects“) vorliegen.

... worin deutlich gesagt wird dass bei uneindeutigen Symptomen es sehr schwierig sei, FAS zu erkennen.

Ich glaube deswegen dass sich Ärzte nicht etwa damit schwertun es zu diagnostizieren und es deswegen nicht tun, sondern weil sie es schlicht nicht erkennen!
Man müsste mal nachforschen wie viele Ärzte sich trotzdem dagegen sperren, wenn ein Elternteil es selbst anspricht, ob es nicht FAS sein könnte - vorausgesetzt, der Elternteil stellt nicht gleich die Kompetenz des Arztes in Frage, sondern fragt ganz unschuldig nach ("ich habe gelesen dass FAS solche Symptome hat wie Sie mir bei meinem Kind beschrieben haben, könnte das vielleicht auch möglich sein ...?"). Denn wenn die Ärzte sich dann dagegen kategorisch sperren, würde ich in dem Fall dann auch eher das vermuten, das du vermutest.

Insgesamt glaube ich aber eher, dass die Ärzte zu wenig drüber wissen, bzw. es für sie bei leichten Fällen nicht so einfach ist es zu erkennen, weil viele Symptome eben auch viele andere Ursachen haben können, die dieselben Symptome zeitigen.
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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #54 am: 30 April 2012, 13:40:04 »


Also nochma langsam - was ich sage, is Folgendes:

FAS wird in vielen Fällen nicht diagnostiziert, sondern stattdessen was anderes (bpsw. Angststörung, Depression, Persönlichkeitsstörung, ADHS, Lernstörung ...)


Sorry, aber ein Arzt, der zwischen FAS und einer Angststörung oder einer Depression nicht unterscheiden kann, hat selbst FAS
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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #55 am: 30 April 2012, 16:47:15 »

Ach, und:

Zitat
Man müsste mal nachforschen wie viele Ärzte sich trotzdem dagegen sperren, wenn ein Elternteil es selbst anspricht, ob es nicht FAS sein könnte - vorausgesetzt, der Elternteil stellt nicht gleich die Kompetenz des Arztes in Frage, sondern fragt ganz unschuldig nach ("ich habe gelesen dass FAS solche Symptome hat wie Sie mir bei meinem Kind beschrieben haben, könnte das vielleicht auch möglich sein ...?"). Denn wenn die Ärzte sich dann dagegen kategorisch sperren, würde ich in dem Fall dann auch eher das vermuten, das du vermutest.

Ergänzend möchte ich noch sagen, dass die Mütter dann ja selbst mit der Wahrheit herausrücken müssten, dass sie während der Schwangerschaft Alkohol getrunken haben. Wie viele tun das? Sehr plausibel halte ich nämlich auch dass der Arzt doch mal nachfragt und dann ein "ich, Alkohol während der Schwangerschaft? Neiiiin, Sie spinnen doch!!" kommt und dann eher der Arzt gewechselt wird der dann die "richtige" Diagnose gibt als "so einen Unsinn" zu behaupten.

Ärzte können nur das diagnostizieren, von dem sie wissen: Also, was sie sehen (mit ihren Augen oder anhand diverser Werte) oder von dem sie erfahren (von den Patienten selbst oder Angehörigen).
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Kallisti

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #56 am: 30 April 2012, 22:45:44 »

Zitat
... worin deutlich gesagt wird dass bei uneindeutigen Symptomen es sehr schwierig sei, FAS zu erkennen.
messie

Das sagte ich bereits, genau. ;) :)


Zitat
Insgesamt glaube ich aber eher, dass die Ärzte zu wenig drüber wissen, bzw. es für sie bei leichten Fällen nicht so einfach ist es zu erkennen, weil viele Symptome eben auch viele andere Ursachen haben können, die dieselben Symptome zeitigen.
messie

Das mag ja sein, ist aber meiner Ansicht nach trotzdem fahrlässig, wenn ein Arzt da nicht genau untersucht - was ich also ja grundsätzlich "einfordere":

Dass Ärzte sich dann bitte doch kundig machen, wenn sie sich mit etwas nicht sicher sind, dass sie bitte außerdem ihre Patienten involvieren, statt "draußen vor der Tür" stehenzulassen - dass Ärzte also auch auf das hören, das ihre Patienten berichten, statt darüber hinwegzugehen, es zu ignorieren - es also bitte doch ernst nehmen und den Patient als "Partner", nicht als "Gegner" betrachten und behandeln. Und dazu (vor allem zum vorgenannten Punkt) gehört, dass Ärzte so charakterfest sind, Fehler einzugestehen, Unkenntnis einzugestehen und daraus angemessene Konsequenzen zu ziehen.


Allerdings finde ich es gerade bei "Alkoholschädigungen" (und insbesondere, wenn es dabei um Kinder geht: weil "wehrlos" ...) dann eigentlich doch ein Armutszeugnis, wenn Ärzte sich da nicht auskennen, schon einfach deshalb, weil Alkohol so "verbreitet ist", in so hohem Maß konsumiert wird und das als "normal" gilt und weil man mit Alkohol nicht erst seit gestern Erfahrungen hat ... also FAS gibt es auch nicht erst seit gestern ... ! Ich meine, da könnte/sollte/müsste man sich als Arzt doch wohl gerade damit dann also bestens auskennen - "mittlerweile" ... !

Zitat
Ergänzend möchte ich noch sagen, dass die Mütter dann ja selbst mit der Wahrheit herausrücken müssten, dass sie während der Schwangerschaft Alkohol getrunken haben. Wie viele tun das? Sehr plausibel halte ich nämlich auch dass der Arzt doch mal nachfragt und dann ein "ich, Alkohol während der Schwangerschaft? Neiiiin, Sie spinnen doch!!" kommt und dann eher der Arzt gewechselt wird der dann die "richtige" Diagnose gibt als "so einen Unsinn" zu behaupten.

Ärzte können nur das diagnostizieren, von dem sie wissen: Also, was sie sehen (mit ihren Augen oder anhand diverser Werte) oder von dem sie erfahren (von den Patienten selbst oder Angehörigen).
messie


Nichts anderes sagte ich bereits auch:

Zum Anderen ist das Problem, dass die Eltern ihren Kindern keine angemessene Untersuchung (und ggf. Behandlung) angedeihen lassen - genau dann nämlich, wenn sie sich der eigenen Schuld/Verursachung der Schädigung ihres Kindes bewusst sind - nämlich: die eigene Alkoholabhängigkeit - und diese also auch bereits: während der Schwangerschaft - zumindest aber also eindeutiger Alkoholkonsum während der Schwangerschaft, der das Kind auf die typische (!) Weise also schädigte.


und


Dann kommt hinzu, dass man es auch nicht wahrhaben will: dass das Kind eine geistige Behinderung hat und die Mutter daran selbst verursachend also schuld ist! Das wird man in vielen (wenn nicht den meisten) Fällen von sich weisen, abwehren, verdrängen, unterschlagen - also: wenn das Kind dann überhaupt so gründlich von einem Arzt (nicht bloß einem niedergelassenen Kinderarzt!) untersucht wird (!), wenn es dann also überhaupt so offensichtliche "Symptome" zeigt und wenn dann der Arzt richtig diagnostiziert, heißt das alleine noch nicht, dass die Eltern das auch wahrhaben wollen und es dem Kind so mitgeteilt/erklärt wird (wenn es alt/verständig genug ist)!



 ;)
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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #57 am: 30 April 2012, 22:59:29 »

Zitat
dass Ärzte also auch auf das hören, das ihre Patienten berichten, statt darüber hinwegzugehen, es zu ignorieren

Na, dazu hast du ja dich selbst jetzt noch einmal glänzend zitiert: Was, wenn die Verwandten alles abstreiten, hmm? Was soll der Arzt dann tun? Drüber hinweggehen und sagen "ok, die Symptome könnten auf ADHS, aber auch auf FAS zutreffen, Sie sagen aber dass kein Tropfen Alkohol getrunken wurde während der Schwangerschaft. Ok, ich nehme trotzdem FAS." ?

Zitat
Ich meine, da könnte/sollte/müsste man sich als Arzt doch wohl gerade damit dann also bestens auskennen - "mittlerweile" ... !

Und ich meine, dass man bei Ärzten nicht von allwissenden Alleskönnern ausgehen sollte, sondern dass sie sehr wohl Wissenslücken haben können.
Ihr Wert zeigt sich eigentlich erst dann wenn man sie auf das Phänomen hinweist. Dann sieht man ob sie es dann in Erwägung ziehen oder abbügeln.

Wie war's denn in deinem bekannten Fall? Wurde da der Arzt drauf hingewiesen und er hat's abgebügelt? Oder wussten beide, Arzt wie Verwandtschaft, lange nichts davon und es ging erst dann darum als man dieses Phänomens bewusst wurde, dass es das sein könnte?
Der Unterschied ist groß, finde ich: Zwischen einem unwissenden (was passieren kann, nicht passieren sollte aber nun einmal kann) und einem ignoranten, also schlechten, Arzt.
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Kallisti

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #58 am: 30 April 2012, 23:27:35 »

Zitat
Was, wenn die Verwandten alles abstreiten, hmm? Was soll der Arzt dann tun? Drüber hinweggehen und sagen "ok, die Symptome könnten auf ADHS, aber auch auf FAS zutreffen, Sie sagen aber dass kein Tropfen Alkohol getrunken wurde während der Schwangerschaft. Ok, ich nehme trotzdem FAS." ?
messie

logn - is doch Arzt und kein Wahrsager. Wenn er sicher ist, steht die Diagnose, egal, ob sie Patient (und dessen Fam.) genehm is oder nich. ^^


Zitat
Wie war's denn in deinem bekannten Fall? Wurde da der Arzt drauf hingewiesen und er hat's abgebügelt? Oder wussten beide, Arzt wie Verwandtschaft, lange nichts davon und es ging erst dann darum als man dieses Phänomens bewusst wurde, dass es das sein könnte?
messie

Weiß ich nich so genau. Soweit ich es aber weiß: War bekannt (den Eltern, nich so dem Kind), aber wurde unter den Teppich gekehrt - war also "unangenehm", und wurde dann so getan, als wär nix - bzw. als wär´s das nicht ...
Vor allem halt, weil das Kind adoptiert war, man aber um die Alkoholsucht der leiblichen Mutter sehr wohl wusste ...

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #59 am: 30 April 2012, 23:45:32 »

Zitat
Wenn er sicher ist, steht die Diagnose

Was aber, wenn er sich nicht sicher ist? Weil es eine schwache FAS ist und die Symptome deswegen auch auf ADHS hinweisen könnten? Er würde damit behaupten, dass die direkten Verwandten lügen - ohne, dass er es direkt beweisen könnte, zumindest nicht anhand der Symptome.

Ich glaube jedenfalls dass es nicht immer total eindeutig ist, was diverse Diagnosen angeht. Ein Arzt muss sich eben doch oft auf die Aussagen der Patienten / Verwandten verlassen. Und wenn diese schlicht falsch sind, dann kann man in meinen Augen nicht dem Arzt die Schuld zuschieben. Er kann lediglich die Testergebnisse und die Symptome auswerten. Wenn diese nicht eindeutig sind muss er sich auf die Aussagen des Patienten verlassen - und wenn diese mit Absicht gelogen sind, hat er, das ist meine Meinung, schlicht keine Chance.

Ich will hier jetzt nicht alle Ärzte pauschal in Schutz nehmen. Das nicht! Aber doch ein wenig auch dafür sorgen dass die Perspektive des Arztes auch mal eingenommen wird.
Ein Arzt ist nur so gut, wie sein Patient mithilft. Tut er es nicht, braucht er eine Portion Glück, dass seine Testergebnisse eine eindeutige Diagnose, auch gegen die Aussagen des Patienten oder seiner Verwandten, zweifelsfrei zulassen.
Das wird vermutlich oft der Fall sein, aber halt leider nicht immer.
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