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Autor Thema: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?  (Gelesen 32847 mal)

Spambot

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #15 am: 25 April 2012, 18:28:51 »

Kallisti, du wirfst Ursache und Auslöser in einen Topf. Der Auslöser einer psychischen Störung kann in der Umgebung eines Menschen liegen. Die Ursache nicht. Mit dem Wegfall des Auslösers muß die psychische Störung nicht unbedingt verschwinden, da die Ursache im Menschen zu finden ist. Außerdem kann man manchmal eine psychische Störung auflösen oder zumindest mindern, auch wenn der Auslöser noch existiert.

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messie

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #16 am: 25 April 2012, 18:56:10 »

Zitat
Was ich sagen will: Ich meine, bestimmte Umstände haben ja zu einer bzw. in eine Störung geführt - ist es dann nicht angeraten, an den Umständen etwas zu verändern, weil somit auch der Leidensdruck nachließe?

Oh, me false, ich hätte die Hälfte meines Zitats weglassen sollen, das ich von dir zitierte, dann wäre es klarer gewesen. :)
Ich bezog mich lediglich auf

Zitat
(...) und den Mensch wieder "funktionstüchtig" zu machen (mittels Therapie).

in meinem letzten Beitrag.

---

Deine Frage beantworte ich aber trotzdem gerne, weil ich sie zu 100% mit JA beantworten kann.  ;D

Allerdings ergänzt um einen enorm wichtigen Halbsatz: ... wenn es geht.

Da unterscheiden sich unsere Sichtweisen, Kallisti, bzw. überhaupt deine Vorstellung davon, was eine Therapie leisten können sollte.
Ich verstehe dich so, dass eine Therapie am besten leisten können sollte, dass derjenige jedes Trauma so gut loswird, dass alle Wunden der Vergangenheit rundum versorgt wurden und nicht einmal mehr eine Narbe zu sehen ist.
Dass du dann gegen Therapien bist, leuchtet ein, denn genau das wird so halt nicht funktionieren. Kann nicht funktionieren.

Der Ansatz einer Therapie ist da sehr viel pragmatischer.

Eine Therapie ist lediglich dazu da, den Narben nicht mehr so viel Macht zu geben. Mehr nicht.
Eine Therapie hat nicht den Anspruch, sie verschwinden zu lassen!
Man kann es ungefähr so beschreiben: Die Wunde ist da, sie ist offen. Eine Therapie behandelt die Wunde vielleicht mit ein wenig Wundsale, damit die Schmerzen erträglicher sind. Die Wunde selbst aber lässt sich durch sie nicht schließen! Das muss der Mensch, der die Wunde hat, nach wie vor selbst erledigen. Und: Eine Narbe wird dennoch immer übrig bleiben.
Eine Therapie sorgt in diesem Bild dafür, dass man sich nicht mehr an/in dieser Wunde kratzt. ;)
Das funktioniert, indem man diese Wunde anerkennt und nicht mehr als Gegner ansieht, sondern als Teil von einem selbst.

Exakt das geschieht dann "in Echt": Man sorgt nicht dafür dass die Störung weggeht (das funktioniert nämlich meistens gar nicht), sondern dass man sie als Teil von sich selbst annimmt und lernt, sie in das eigene Leben so zu integrieren, dass die Umgebung mit einem selbst besser zurechtkommt - und man selbst auch besser mit seiner Umgebung.

Sicher ist es am besten, wenn die Ursachen gefunden werden und der gordische Knoten dessen durchschlagen wird.
Nach den Ursachen wird ja auch geforscht. Ich glaube auch, dass sie fast immer in einer Therapie gefunden werden, wenn der Therapeut gut ist. :)

Nur sind sie halt nur Teil der Lösung: Da man die Uhr eh nicht zurückdrehen kann, hilft hier wieder die Pragmatik weiter: Was kann ich jetzt verändern, damit ich jetzt mit den Narben, die ich mit mir rumtrage, umgehen kann?
Das beinhaltet dann ggf. auch die Änderung der eigenen Lebensumstände: Je nach Ursache kann am Ende einer Therapie ja auch mal stehen dass der Kontakt zu den eigenen Eltern abgebrochen wird (weil diese einem nicht gut tun und hauptverantwortlich sind für die erhaltenen Narben), man den Wohnort wechselt (jetzt mal ausgedacht: Stress durch zu viele Menschen auf engem Raum, also von der Stadt aufs Land ziehen), sich vom Partner trennt oder für ihn entscheidet etc. pp.

Das hat dann nichts mit "muss funktionieren" zu tun, sondern mit "ich wertschätze mich". Damit, dass einem die eigene psychische Gesundheit wichtig ist und man den eigenen Wunden Zeit gibt, zu verheilen, sodass an selber Stelle nur noch Narben zu sehen sind.
Dieser Anspruch ist ja ohnehin schon hoch genug. :)
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Kallisti

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #17 am: 26 April 2012, 18:39:09 »

Kallisti, du wirfst Ursache und Auslöser in einen Topf. Der Auslöser einer psychischen Störung kann in der Umgebung eines Menschen liegen. Die Ursache nicht. Mit dem Wegfall des Auslösers muß die psychische Störung nicht unbedingt verschwinden, da die Ursache im Menschen zu finden ist. Außerdem kann man manchmal eine psychische Störung auflösen oder zumindest mindern, auch wenn der Auslöser noch existiert.

Inwiefern liegt die Ursache immer im Menschen? Also hat man z.B. zu Angststörung eine genetische Disposition - wenn man dann irgendwann mal per Auslöser Überforderung eine Angststörung entwickelt?

Übrigens hab ich grade gelesen, dass vor allem Sozialphobie bei Frauen häufiger vorkommt als bei Männern, dass das wiederum auch mit dem Rollen-/Selbstverständnis (aber halt auch dem gesellschaftlichen Rollenbild) zu tun hat und bei Frauen sogar mit den Hormonen - wenn zu wenig Progesteron, soll das auch irgendwie Ängstlichkeit (?) begünstigen können ...

Also ist in dem Fall die Ursache bspw. die gestörte (??) Hormonsituation (z.B.) und der Auslöser (für Angststörung) dann die Überforderung (z.B.)?

Und bei Depression - wie ist das da - was is da die Ursache? Immer also eine genetische Disposition oder wie? Und wie is das dann mit Epigenetik?

Wenn also ein Trauma sich "im Gehirn festschreibt" und diese veränderte "genetische Situation" so dann sogar vererbt werden kann (in die nächste Generation - also bspw. von der Mutter aufs Kind)? Und wenn dann aber wiederum "positive" Einflüsse da auch was "epigenetisch" beeinflussen/verändern können ---->  ???

Woher weiß man denn, welche Ursachen es gibt bzw. individuell dann sind? Kann man das untersuchen - wie? Und macht man das auch? Oder wenn nicht: warum nicht (von finanziellen Fragen mal absehend)? Zu aufwendig? Aber sollte man nicht doch bei jeder Krankheit und "Störung" IMMER die genaue Ursache dafür kennen - nicht bloß den Auslöser? ?


messie

... ja, schon klar, daher ist es ja auch so, dass Narben/Wunden wieder aufreißen können. Bestes Beispiel: Depression. Auch Suizidalität. Geht trotz Therapie ("erfolgreicher") in den meisten Fällen doch nie "ganz weg" - kann immer wieder durchbrechen/"auftauchen".

Also lassen sich psychische "Störungen" letztlich nie: heilen? Ist es immer nur vorübergehende Symptombehandlung - Symptome in den Griff kriegen, in Schach halten? - Mehr nicht? ??

Und wenn es doch so schwierig ist, abzugrenzen, was schrullig, eigenwillig ... und was "gestört" ist - ist dann nicht die Frage berechtigt, warum man das überhaupt so nennt - um also einfach besser irgendwie damit "umzugehen"?


Und was ist aber dann also auch mit Prävention? Wie ich bereits mehrmals fragte: Wenn man um die Auslöser weiß, diese mit gesellschaftlichen Gegebenheiten zu tun haben (nicht ausschließlich mit individuellen/persönlichen) - sollte man dann nicht präventiv "Auslöserverminderung" versuchen, anstreben, "praktizieren"?
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Spambot

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #18 am: 26 April 2012, 21:01:12 »

Inwiefern liegt die Ursache immer im Menschen? Also hat man z.B. zu Angststörung eine genetische Disposition - wenn man dann irgendwann mal per Auslöser Überforderung eine Angststörung entwickelt?

Übrigens hab ich grade gelesen, dass vor allem Sozialphobie bei Frauen häufiger vorkommt als bei Männern, dass das wiederum auch mit dem Rollen-/Selbstverständnis (aber halt auch dem gesellschaftlichen Rollenbild) zu tun hat und bei Frauen sogar mit den Hormonen - wenn zu wenig Progesteron, soll das auch irgendwie Ängstlichkeit (?) begünstigen können ...

Also ist in dem Fall die Ursache bspw. die gestörte (??) Hormonsituation (z.B.) und der Auslöser (für Angststörung) dann die Überforderung (z.B.)?

Und bei Depression - wie ist das da - was is da die Ursache? Immer also eine genetische Disposition oder wie? Und wie is das dann mit Epigenetik?

Wenn also ein Trauma sich "im Gehirn festschreibt" und diese veränderte "genetische Situation" so dann sogar vererbt werden kann (in die nächste Generation - also bspw. von der Mutter aufs Kind)? Und wenn dann aber wiederum "positive" Einflüsse da auch was "epigenetisch" beeinflussen/verändern können ---->  ???

Woher weiß man denn, welche Ursachen es gibt bzw. individuell dann sind? Kann man das untersuchen - wie? Und macht man das auch? Oder wenn nicht: warum nicht (von finanziellen Fragen mal absehend)? Zu aufwendig? Aber sollte man nicht doch bei jeder Krankheit und "Störung" IMMER die genaue Ursache dafür kennen - nicht bloß den Auslöser? ?

Den Auslöser zu kennen ist sicherlich sehr hilfreich bei der Exploration der Ursache (insbesondere aufrechterhaltende Faktoren) und wichtig für die Prävention. Dennoch, die Ursache einer psychischen Störung ist immer im Menschen zu finden. Auch bei einem Trauma. Da sind sich alle großen psychologischen Schulen (VT, TP, PA) einig. Eine genetische Prädisosition kann die Entstehung einer psychischen Störung fördern und in einigen Fällen auch die Behandlung der Ursache erschweren. Da die Ursachen psychischer Störungen sehr unterschiedlich sein können und die Erklärungsmodelle sich dann auch noch je nach Verfahren unterscheiden, lässt sich keine allgemeine Ursache für psychische Störungen benennen. Abgesehen von sehr wenigen Störungen, die sich über bildgebende Verfahren wie fMRT zumindest körperlich nachweisen lassen, werden die Ursachen von Störungen grundsätzlich über hypothetische Störungsmodelle erklärt.
Beispiel: Jemand ist alkoholabhängig (Symptome: Starkes Craving/Suchtdruck, Tremor, Organschäden an Leber und Pankreas, Schlafstörungen, Schwitzen, trocken Würgen). Der Auslöser war eine Beziehungskrise vor 15 Jahren. Zusätzlich stammt der Patient aus einer Trinkerfamilie und ist daher möglicherweise genetisch und sozial prädisponiert. Bei der Exploration stellt sich heraus, dass der Patient ein sehr niedriges Selbstwergefühl hat sowie unter mittelstarken Depressionen und einer Angststörung leidet. Als Ursache lässt sich die Selbstmedikation (Dämpfung) der unerwünschten affektiven Zustände (Depression, Angst) und der Wunsch nach Euophorie (Rausch) bestimmen. In die Therapie würde man nun, neben der Verstärkung des Abstinenzwillens und -verhaltens, ein Training zur Verbesserung des Selbstwertgefühls sowie eine Behandlung der Depression und der Angststörung integrieren. Wenn der Patient die Fähigkeit erlangt, ohne Droge mit seinen unerwünschten Affekten klar zu kommen, wird der nächste Rückfall vielleicht erst in ein paar Jahren erfolgen.
Ich hoffe, dieses Beispiel veranschaulicht den Unterschied zwischen Auslöser und Ursache.
« Letzte Änderung: 26 April 2012, 21:29:00 von Spambot »
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schwarze Katze

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #19 am: 27 April 2012, 08:20:53 »

Wenn der Patient die Fähigkeit erlangt, ohne Droge mit seinen unerwünschten Affekten klar zu kommen, wird der nächste Rückfall vielleicht erst in ein paar Jahren erfolgen.

ganz andere Frage:
geht man davon aus, dass trotz psychotherapeutische Behandlung es zu einem Rückfall kommen wird?
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Kallisti

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #20 am: 27 April 2012, 10:23:57 »

Zitat
Beispiel: Jemand ist alkoholabhängig (Symptome: Starkes Craving/Suchtdruck, Tremor, Organschäden an Leber und Pankreas, Schlafstörungen, Schwitzen, trocken Würgen). Der Auslöser war eine Beziehungskrise vor 15 Jahren. Zusätzlich stammt der Patient aus einer Trinkerfamilie und ist daher möglicherweise genetisch und sozial prädisponiert. Bei der Exploration stellt sich heraus, dass der Patient ein sehr niedriges Selbstwergefühl hat sowie unter mittelstarken Depressionen und einer Angststörung leidet. Als Ursache lässt sich die Selbstmedikation (Dämpfung) der unerwünschten affektiven Zustände (Depression, Angst) und der Wunsch nach Euophorie (Rausch) bestimmen. In die Therapie würde man nun, neben der Verstärkung des Abstinenzwillens und -verhaltens, ein Training zur Verbesserung des Selbstwertgefühls sowie eine Behandlung der Depression und der Angststörung integrieren. Wenn der Patient die Fähigkeit erlangt, ohne Droge mit seinen unerwünschten Affekten klar zu kommen, wird der nächste Rückfall vielleicht erst in ein paar Jahren erfolgen.
Ich hoffe, dieses Beispiel veranschaulicht den Unterschied zwischen Auslöser und Ursache.
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Nein.  :-[ 

Also dass dem Alkoholismus eigentlich immer persönliche "Umstände", Ursachen zugrunde liegen, is klar. Meine ich. ;) ?

Dass der Alkohol also als "Krücke" benutzt wird, um zu ...  - als eben "Selbstmedikation" (nur halt eben die falsche "Krücke", das falsche "Mittel", um mit schwierigen Situationen (persönlichen oder äußerlichen bzw. der Wechselwirkung von beidem ...) "umzugehen").


Aber inwiefern ist denn also - wie ich oben schon fragte - "Angststörung" oder "Depression" eine "Ursache" - ist das also immer auch genetisch "angelegt"? - Das glaube ich nicht bzw. dann wohl in allen Menschen!  ?


Übrigens ist es bei Alkoholismus ja nicht selten so, dass es da bei vielen tatsächlich eine organische Schädigung gibt, die zur Sucht führt - eben: FAS/FAE. Und das wird so ja aber oft nicht erkannt oder benannt - da wird stattdessen auch oft "AD(H)S" diagnostiziert oder irgendwelche Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen ... aber letztlich sind das alles nur verschiedene Symptome/"Manifestationen" von: FAS! Das allerdings ja nicht behandelbar, schon gar nicht heilbar ist, weil es auf einem irreversibel geschädigten Gehirn beruht (Schädigung erfolgte durch Alkohol beim Embryo bzw. Fötus, also beim Ungeborenen bereits).

Klar: in dem Fall liegt die Ursache eindeutig im Mensch, der das allerdings nicht selbst verursacht hat, nicht mal selbst irgendwie beeinflussen ... konnte. Scheiße gelaufen, fraglos!  :(


Aber so ist es doch nicht in der Mehrheit der "Fälle" oder?

Vor allem das macht mich einfach eben doch "nachdenklich" ... :


(...)

 Da die Ursachen psychischer Störungen sehr unterschiedlich sein können und die Erklärungsmodelle sich dann auch noch je nach Verfahren unterscheiden, lässt sich keine allgemeine Ursache für psychische Störungen benennen. Abgesehen von sehr wenigen Störungen, die sich über bildgebende Verfahren wie fMRT zumindest körperlich nachweisen lassen, werden die Ursachen von Störungen grundsätzlich über hypothetische Störungsmodelle erklärt.

(...)


Um nicht zu sagen: Das ist ja genau mein Problem. ;) Diese "Störungsmodelle" variieren ja, verändern sich - also wie kann so etwas eine verlässliche Grundlage darstellen?

Vor allem, wenn man daraus dies ableitet bzw. es daraus legitimiert

Zitat
Dennoch, die Ursache einer psychischen Störung ist immer im Menschen zu finden. Auch bei einem Trauma. Da sind sich alle großen psychologischen Schulen (VT, TP, PA) einig.
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Also das wird nur anhand dieser Störungsmodelle so festgesetzt/bestimmt?
« Letzte Änderung: 27 April 2012, 10:26:49 von Kallisti »
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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #21 am: 27 April 2012, 10:36:07 »


Übrigens ist es bei Alkoholismus ja nicht selten so, dass es da bei vielen tatsächlich eine organische Schädigung gibt, die zur Sucht führt - eben: FAS/FAE. Und das wird so ja aber oft nicht erkannt oder benannt - da wird stattdessen auch oft "AD(H)S" diagnostiziert oder irgendwelche Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen ... aber letztlich sind das alles nur verschiedene Symptome/"Manifestationen" von: FAS! Das allerdings ja nicht behandelbar, schon gar nicht heilbar ist, weil es auf einem irreversibel geschädigten Gehirn beruht (Schädigung erfolgte durch Alkohol beim Embryo bzw. Fötus, also beim Ungeborenen bereits).

Ist aber nicht zufällig eine Intelligenzminderung einer der Hauptsymptome einer FAS/FAE?

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Kallisti

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #22 am: 27 April 2012, 10:46:56 »

Black Russian

Verstehe die Frage nicht. ?

(Also die Leute bleiben ja in unterschiedlichen Entwicklungsstadien "hängen"/stehen - gibt da große Unterschiede - also "Variationen" - auch z.B. was äußerliche Erscheinung/körperliche "Veränderungen" angeht - das sieht man nicht allen Betroffenen an, einigen aber schon ... )
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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #23 am: 27 April 2012, 13:18:14 »

Black Russian

Verstehe die Frage nicht. ?

(Also die Leute bleiben ja in unterschiedlichen Entwicklungsstadien "hängen"/stehen - gibt da große Unterschiede - also "Variationen" - auch z.B. was äußerliche Erscheinung/körperliche "Veränderungen" angeht - das sieht man nicht allen Betroffenen an, einigen aber schon ... )

aber gewisse kognitive Einschränkungen haben alle FAS/FAE-Betroffene. Sie sind mehr oder weniger ausgeprägt, aber sie sind ganz gewiss da

Also ist es schon ein Kriterium und wenn jemand z. B. gut abstrakte Aufgaben lösen kann, aber bei simplen Sachen Fehler macht wegen Konzentrationsmangel, dann ist es ganz gewiss kein FAS, sondern wahrscheinlich was anderes.

Die Psychiater haben ihre Kriterien, es sind nämlich keine Wahrsager, die aufgrund von Tarot-Karten ihre Diagnosen stellen
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Kallisti

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #24 am: 27 April 2012, 13:47:15 »

Du hast mich da wohl missverstanden, Black Russian.

FAS hatte ich als sogen. "Positiv-Beispiel" angeführt - also "positiv" im Sinne von Spambots Sätzen (dass psychische Störung immer im Menschen ihre Ursache hat - obwohl man also diese Ursachen nicht so wirklich ganz genau benennen kann, wie es bei mir so ankam). Bei FAS trifft das ja ziemlich eindeutig zu. Gehirnschädigung. Organische Ursache also.

Allerdings wird FAS (wie an anderer Stelle im Forum schon vor längerer Zeit mal geschrieben) "nur ungern" diagnostiziert - eben weil es nicht behandelbar, nicht heilbar ist. Nur kann man eben wieder evtl. bisschen an den Symptomen rumdoktern, aber die eigentliche Ursache, die gleichzeitig auch der Auslöser ist: das geschädigte Gehirn (mit all den Folgen ...), lässt sich überhaupt nicht "beeinflussen", "reparieren", heilen. Und sowas mögen Ärzte ja gar nicht gerne - schon gar nicht: ihren Patienten so sagen (müssen).

"Also bei Ihnen im Oberstübchen hat so einiges Totalschaden - da kann man nix machen, da müssen sie mit leben. Das war halt einfach Pech."  ;D  Nein ok, is ja unangebracht - is ja keine Sache zum Lachen.  :-\  - Also: NEIN - eigentlich: GANZ UND GAR NICHT.  :(


Geht mir halt auch eher um die Ärzteseite dabei. ;)
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messie

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #25 am: 27 April 2012, 15:51:51 »

Jetzt mal ehrlich - wie viele Menschen, glaubst du, haben FAS von allen Alkoholabhängigen?
Ich finde Spambots Beispiel eigentlich wunderbar um zu erklären, worum es hier geht! Man macht sich erst einmal eine ganze Menge (!) Mühe damit, alle Symptome, Ursachen und Auslöser herauszufinden. Erst im Anschluss packt man dann ein Bündel von Maßnahmen, die helfen sollen, die Sucht in den Griff zu kriegen.

Sehr instruktiv finde ich dann auch den Satz:

Zitat von: Spambot
Wenn der Patient die Fähigkeit erlangt, ohne Droge mit seinen unerwünschten Affekten klar zu kommen, wird der nächste Rückfall vielleicht erst in ein paar Jahren erfolgen.

Das zeigt das an, was ich weiter oben schon schrieb: Man hat nicht den Anspruch, irgendetwas zu "heilen" oder komplett wegzutherapieren! Der Hang zur Sucht, egal ob es Veranlagung (Stichwort alkoholabhängige Eltern) oder ereignisbedingt ist (Stichwort Beziehungskrise, so etwas kann es ja immer wieder im Leben geben), wird nicht "wegtherapiert", weil es nun einmal nicht geht. Rückfallgefährdet ist jeder der mal alkoholabhängig war, und diese Rückfallgefährdung kann man auch nicht abstellen.

Die gute Nachricht daran ist: Braucht man auch nicht. Denn sie kann immerhin verringert werden. So sehr, dass ein einigermaßen entspanntes Leben für diesen Menschen möglich ist. Und das ist ja schon 'was. :)

Bei Diagnosen, bei denen nichts zu retten ist, heißt es dann wiederum ja nicht, dass sich gar nichts machen ließe! Just der Leidensdruck ist etwas, das sich auch bei unheilbaren Krankheiten verringern lässt.
Nun bin ich nicht so rhetorisch genau wie Spambot, er kann's garantiert besser erklären, ich sage es einfach mal so: Wenn sich jemand aufgibt weil er eine unheilbare Krankheit hat, dann entgeht ihm verdammt viel Spaß im Leben. Den kann man ihm zurückgeben, indem man sein Selbstbewusstsein stärkt und ihn mit dieser Krankheit leben lernen hilft. Er sie als Teil von sich begreift, nicht als Gegner ablehnt.

Womit wir wieder bei "mit dem Schicksal hadern" und "den Augenblick so nehmen, wie er ist" wären: Wer trotz allem das Positive zu sehen vermag, der kann damit dann ein sehr viel besseres Leben führen (und ist für die Umgebung ganz nebenbei auch tausendmal erträglicher) als wenn er niemals gelernt hätte, wie ihm das gelingt.
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Kallisti

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #26 am: 27 April 2012, 19:08:47 »

Ach messie - um unheilbare Krankheit, Schicksal und positives Denken geht´s doch jetzt mal nicht - oder? Können wir das mal einen Moment beiseite lassen? ;)

Ja, ich denke, FAS haben weit mehr Menschen, als bekannt ist (ihnen selbst vor allem). Vor allem auch viele Obdachlose.

Wie gesagt: "sowas" wird nur ungern "diagnostiziert" ...


Und was Alkoholismus angeht: Ich glaube nicht mehr daran, dass es vielen Menschen gelingt, von dieser Sucht wegzukommen - auch nicht "vorübergehend" - wobei die Frage natürlich immer ist, wer was unter "vorübergehend" versteht - also ich mein dann schon so mal ein paar Jahre, nicht nur Wochen oder Monate.

Ich glaube, grade Alkoholismus ist eine Straße ohne Wiederkehr.


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Kallisti

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #27 am: 28 April 2012, 02:46:27 »

... Im Grunde is das ja eigentlich sowieso ne Binsenweiheit - dass "Störungen" ihre "Ursache" immer "im Menschen" haben - ja also wo(her) auch sonst? - Kommen ja nich irgendwelche Aliens und pflanzen einem das ein - oder doch vielleicht? 


Maaaaann Kallisti, hat das aber lange gedauert, jez ... ^^   ;D
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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #28 am: 28 April 2012, 08:07:56 »

Doch, das tun sie...soll ich Dir nochmal nen Link zu diesem Forum da raussuchen? *.*
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Spambot

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Re: Kranke Seele, kranker Geist - psychische Störung - was ist das?
« Antwort #29 am: 28 April 2012, 11:31:57 »

... Im Grunde is das ja eigentlich sowieso ne Binsenweiheit - dass "Störungen" ihre "Ursache" immer "im Menschen" haben - ja also wo(her) auch sonst? - Kommen ja nich irgendwelche Aliens und pflanzen einem das ein - oder doch vielleicht? 


Maaaaann Kallisti, hat das aber lange gedauert, jez ... ^^   ;D

Da das Konstrukt "Psyche" ein Teil des Organismus ist und besteht (je nach Definition) hauptsächlich aus Gedanken, Emotionen und automatisiertem Verhalten ist.  Diese Subsytem im Organismus ist eng mit dem Körper verbunden und interagiert mit der Umwelt des Menschen. Daher kann die Ursache einer psychischen Störung logischerweise nur innerhalb dieses Konstruktes liegen. Was die genaue Ursache einer Störungen ist, hängt von der jeweiligen individuellen Situation ab. Bei den von dir erwähnten Depressionen und Angsstörungen kommen u.a. dysfunktionale negative Kognitionen, klassisch konditionierte Signalreize oder auch Einschränkungen bei der Emotionsregulation in Frage. Genau kann man das aber nur nach der Analyse der jeweiligen individuellen Situation sagen.
Du konzentrierst dich offensichtlich auf das, was man allgemein als Risikofaktoren für psychische Störungen bezeichnet. Also Faktoren, die die Entstehung und Aufrechterhaltung beeinflussen können. Risikofaktoren sind nicht die Ursache einer Störung. Man kann ein (z.B. durch den Genotyp) sehr hohes Risiko für Alkoholabhängigkeit haben, aber dennoch niemals Alkoholiker weden, wenn man beispielsweise niemals Alkohol konsumiert. FAS ist keine psychische Störung (siehe ICD-10) im engeren Sinne, sondern eine angeborene Missbildung.
Eventuell vermischt du auch die moralische Frage nach der Schuld psychischer Störungen mit dem Auslöser (bzw. Risikofaktoren) und der Ursache. Die Schuldfrage spielt eine nicht unwichtige Rolle bei einigen psychischen Störungen. Manche Missbrauchopfer fühlen sich schuldig, wohingegen ein narzisstischer Massenmörder sich für den Retter der Welt halten kann. Diese moralische Perspektive kann genutzt werden, um die Fähigkeit zur Realitätsprüfung und den Umgang mit sozialen Normen bei Menschen mit psychischen Problemen zu explorieren. Insbesondere bei der Aufdeckung unangemessener kognitiver Bewertungsprozesse kann die Analyse von Schuldgefühlen und Schuldzuschreibungen wichtig sein. Dennoch, die Schuldfrage ist ganz sicher nicht mit der Ursache gleichzusetzen. Ich würde Schuldgefühle eher als kognitiv-emotionales Symptom bewerten.

Bei dem Beispiel mit dem Alkoholiker hatte ich eine schlechte Prognose für die dauerhafte Abstinenz genannt, weil sich in dem Beispiel bereits körperliche Symptome manifestiert hatten. In dem Stadium ist eine dauerhafte Abstinenz selten - grundsätzlich aber möglich. Je nach Perspektive werden Suchterkrankungen auch schon mal als chronische Krankheit bewertet. Das Rückfallrisiko ist bei Alkoholabhängigkeit auch deswegen so hoch, weil die Droge quasi überall konsumiert wird (Auslösen von konditionierten Suchtsignalreizen) und überall verfügbar ist. Bei bestimmten anderen psychischen Problemen, z.B. Flugangst (Phobie), sind die Prognosen hingegen sehr gut.
« Letzte Änderung: 28 April 2012, 11:39:28 von Spambot »
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