Dennoch kann ich mir auch vorstellen, dass es Menschen gibt, die nicht mehr leben wollen. Nicht nur körperlich kranke Menschen. Ein Beispiel: Jemand, der anders denkt, anders fühlt als seine Zeitgenossen, vielleicht seiner Zeit voraus ist, sein Leben lang gegen Windmühlen gekämpft hat ohne Erfolg. Muss der weiterleben, obwohl er die Hoffnung aufgegeben hat, dass sich zu seinen Lebzeiten etwas ändert? Wenn das Leben nur noch ein Kampf ist? Hat er nicht das recht zu entscheiden, dass er genug gekämpft hat? Genug gelitten?Gehst du davon aus, Eisbär, dass im Gegensatz zu den körperlichen Leiden, die geistigen / seelischen Probleme alle einfach behoben werden können? Vielleicht tut es eben auch da eine Pille nicht?
Und da die Identität auch von außen mitbestimmt wird, finde ich es nicht so verwunderlich, dass mit den "Umbrüchen" auch Freunde und Bekannte wechseln. Es gibt viele Situationen, nach/in denen man sich neu erfindet oder einen Wandel vollzieht, neue Werte und Normen für sich selber festlegt.
Eben weil wir die Zukunft nicht kennen und nicht kennen können, ist die Entscheidung zur Selbsttötung aufgrund der aktuellen und vergangenen Situation niemals vernünftig. Und jemand der nicht in der Lage ist, vernünftige Entscheidungen zu treffen und deswegen zur Gefahr für sich selbst wird, muß behandelt werden.
Meine Ansicht zu diesem Thema wurde durch Suizide geprägt, denen eine psychische Erkrankung zugrunde lag, und durch Gespräche mit Menschen, die Selbstmordgedanken zwar hatten, sie aber nicht umgesetzt haben. Eine persönliche und "eingeschränkte" Sicht also.
Eine Therapie macht in der Regel nichts anderes, als Leidensdruck nehmen zu wollen. Es geht nicht darum die Umstände zu ändern sondern darum, dass man unter ihnen nicht mehr leidet!
Dank Sapor habe ich nun auch kapiert, wie's gemeint ist. Ja, das kann ich mir gut vorstellen dass es so jemanden gibt.Allerdings bin ich dennoch weiterhin Anhänger Eisbärs Meinung. Ganz einfach, weil so ein "Fehlleben" einen auf kurz oder lang krank macht.
Es tragen diese Menschen schwer an der Last ihrer Vergangenheit - und die lässt nicht nicht mehr "umschreiben" oder "wegtherapieren" oder in jedem Fall "akzeptieren".
Doch, es geht auch darum, die Umstände zu ändern.
...Nee, ich kann mich nicht an Autounfälle oder stark traumatisierende Erlebnisse erinnern. Ich wurde als Kind weder misshandelt noch vernachlässigt (also Kind meint in diesem Fall die Zeit zwischen ca. 4 bis ca. 12 Jahre - was davor war, weiß ich nicht bzw. nur zum Teil ..., was danach kam - darüber reden wir hier jetzt mal nicht ).
Nee, tiefenpsychologsich hab ich noch nicht ausprobiert. Weiß nich ... Aber das Ausschlaggebende ist wohl doch auch eher bzw. vor allem die "Chemie" zwischen Therapeut und "Klient" ... denke ich, finde ich.
Jedenfalls waren beide nicht "geistig krank". Aber beide haben "gelitten" ja - "psychisch", "geistig", "emotional", "persönlich" - "längere" Zeit schon (über Jahre - im einen Fall ca. 9 Jahre lang).
Und man kann bspw. Traumata nicht einfach "wegtherapieren"! ! ! - Da kann die Zukunft noch so toll sein/werden (was aber auch noch ungewiss ist - und man muss auch realistisch bleiben ...) - es hilft alles nichts, wenn die Last der Vergangenheit zu schwer wiegt.
Wenn es nun nicht gelingt, therapeutisch eine Wunde zu schließen, dann ist dieser Mensch für mich genauso (nahezu) unheilbar krank wie z.B. jemand der an Krebs erkrankt ist oder dauerhaft am ganzen Körper gelähmt ist.Dass da der Todeswunsch nicht nur latent vorhanden ist, sondern auch rational einen Sinn macht, finde ich völlig einleuchtend: Das Leben besteht nur aus Schmerzen, von denen kein Ende in Sicht ist. Außer, und das ist in diesem Fall dann ja wirklich die einzige Lösung, man nimmt sich das Leben.
(...)Jemand, der körperlich und geistig gesund ist, hat keinen Todeswunsch. Und glücklicherweise sehen das Psychologen und Psychiater genauso. Was irgendwelche Literaten mit zuviel Phantasie darüber schrieben, geht mir am Arsch vorbei, es geht Dir doch um die Realität, nicht um Phantasiewelten. Logisch ist ein Todeswunsch nur, wenn man in Kürze eh unter Qualen stirbt.Jemand, der noch Jahre oder Jahrzehnte vor sich hat und zu sterben wünscht, weil es ihm just in diesem Moment nicht gut geht, hat einen Knall. Denn er hat keine Ahnung, wie es ihm morgen geht, wie es ihm in einer Woche, einem Monat, einem Jahr oder einem Jahrzehnt geht.Er weiß nicht, ob er morgen verhindert, daß ein Kind, vom Bus überfahren wird, ob er selber vom von einem Bus überfahren wird oder ob er in 10 Jahren Busfahrer ist.Eben weil wir die Zukunft nicht kennen und nicht kennen können, ist die Entscheidung zur Selbsttötung aufgrund der aktuellen und vergangenen Situation niemals vernünftig. Und jemand der nicht in der Lage ist, vernünftige Entscheidungen zu treffen und deswegen zur Gefahr für sich selbst wird, muß behandelt werden.Wenn Du das nicht verstehst, muß ich leider an Deiner Geistesleistung zweifeln.
Quote Es tragen diese Menschen schwer an der Last ihrer Vergangenheit - und die lässt nicht nicht mehr "umschreiben" oder "wegtherapieren" oder in jedem Fall "akzeptieren".Da vergleichst du jetzt mal wieder zwei unterschiedliche Dinge ...Sapor Vitae redete von jemandem, der sich unverstanden fühlt und im Prinzip weiß, dass er hier auf dieser Welt falsch ist. Da er drunter leidet dass er falsch ist, entscheidet er sich gegen diese Welt und so dann auch gegen sein Leben.
Denn dein Beispiel gibt doch genau das an, was Eisbär meinte: Menschen, die schwerste Traumata erlitten haben, deren Psyche hat -leider- Schaden genommen. Gesund ist hier nich mehr, die Ereignisse haben Wunden erzeugt, die vielleicht nie wieder heilen.
Ist Genie eine Krankheit? Hm - vielleicht ...? Aber das ist in meinem Hirn noch zu unausgegoren, als dass ich dazu eine Meinung hätte.Ist aber eine interessante Frage.
eine psychische wunde kann man aber meiner meinung nach immer schließen - mit dem richtigen therapeuten/arzt/therapie/medikament.
(...) diese "Episoden" (von unterschiedlicher Dauer und Intensität) immer wieder haben/bekommen können/werden. - Trotz (vorübergehend erfolgreicher) Therapie ! ! !
Zur Zurechnungsfähigkeit: Ich denke, wenn mehr Menschen offensiv damit umgingen, dass eine psychische Krankheit nix anderes als eine körperliche ist, dann würde es auch massiv die Stigmatisierung zurückdrängen.
Ich halte einfach nix von diesen Schwarzmalereien, dass psychische Erkrankungen die Persönlichkeit verändern können (...)
Achja, Käse?Nehmen wir doch mal Neurodermitis.Es ist eine Hautkrankheit, die du physisch siehst. Dennoch geht man heute allgemein davon aus, dass es nur Symptom einer psychischen Erkrankung ist. Wenn ich mich recht entsinne, hieß eine Doku die ich zu dem Thema mal sah dann auch passenderweise "die Seele weint".Du sagst, dass psychische Erkrankungen häufig nie ganz heilen. Nun, bei Neurodermitis ist das der Fall, wer es einmal hatte, der muss sein Leben lang damit rechnen dass sie wiederkommt.Wenn aber hier irgendwer angekommen wäre und gesagt hätte "es ist dein gutes Recht dich umzubringen, kann man eh nicht ein Leben lang heilen, hab vollstes Verständnis für", dann wären sicher viele, viele Menschen die nach Davos kamen, vorher aussahen wie ein einziges Schlachtfeld und danach bis auf ein paar Narben rein gar nichts mehr zu sehen war, nicht mehr unter uns, die heute glücklich sind, Familie haben und sich noch ein laaanges Leben wünschen.Ich halte einfach nix von diesen Schwarzmalereien, dass psychische Erkrankungen die Persönlichkeit verändern können, etc. und dass das dann schlimmer und was gaaaanz anderes wäre. Wieso auch? Wer durch einen Autounfall 6 Monate im Krankenhaus gelandet ist und vielleicht das erste Mal im Leben Zeit hat nachzudenken was er vom Leben will, dessen Persönlichkeit kann sich auch, und das nicht wenig, verändern. Wer starke physische Leiden hat, der wird aufgrund diverser Nebenwirkungen der Medikamente auch vom Typ her anders sein (z.B. etwas schläfriger) als vorher.Jede schwere Krankheit verändert einen Menschen!Und physischer- wie psychischerseits ist für mich der Todeswunsch dann eine natürliche Sache, wenn eine Heilung der Krankheit nicht mehr abzusehen oder nicht mehr möglich ist.
Wogegen ich mich hier wehre ist der Umstand dass es etwas Schlimmes sein soll, den psychisch Kranken auch als krank bezeichnen zu dürfen. Wenn jemand so sehr unter dem Leben hier leidet (sprich Leidensdruck), warum kann man nicht sagen dass dieses Leben ihn krank gemacht hat und er just dieses Kranksein nicht mehr ertragen kann und möchte?Für mich ist das nichts widernatürliches. Sowohl der Todeswunsch in diesem Fall als auch die Erkenntnis, dass er aus einer Krankheit heraus entsteht, die der Mensch selbst nicht mehr als heilbar ansieht.
Der Punkt ist aber auch, dass es außerordentlich schwer, erst recht von außen, zu beurteilen ist, wann nichts mehr zu retten ist.
Das Thema ist ja "wann sterben?".Ich sage dazu: Dann, wenn man leidet und man bereits sehr zuverlässig weiß, dass sich das Leid nicht mehr nehmen lässt.Dann ist für mich der Todeswunsch jedes einzelnen Menschen der diese Perspektive (bzw. Nichtperspektive) hat völlig natürlich und normal.
Ich hattte zweimal einen Todeswunsch im Leben. Beide Male mehr affektiv, ganz akut, weil ich mir ein Weiterleben ohne Abi / ohne Freundin in jenem Fall nicht mehr vorstellen konnte.Wie man sieht tat ich es nicht - weil es dann ja doch noch eine Nacht zum "Drüber schlafen" kam und am nächsten Morgen nicht mehr alles gar so finster aussah.Ich denke, wenn ich künftig irgendwann mal einen akuteren Todeswunsch haben würde, würde ich erst einmal versuchen das, was ihn auslöst, zu beseitigen.Wenn es mir nicht mehr gelingen würde -ok.Aber dann hätte der Todeswunsch auch Substanz und wäre nicht nur ein "kurzes Loch".