Schwarzes Hamburg

  • 27 Dezember 2024, 05:40:27
  • Willkommen Gast
Bitte logg dich ein oder registriere dich.

Einloggen mit Benutzername, Passwort und Sitzungslänge
Erweiterte Suche  

Autor Thema: Lyrik / Poesie bekannter Autoren  (Gelesen 19480 mal)

Lilyanar

  • > 1000 Posts
  • ***
  • Beiträge: 1035
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #45 am: 29 November 2004, 13:25:55 »

Georg Trakl - "An die Verstummten"
O, der Wahnsinn der großen Stadt, da am Abend
An schwarzer Mauer verkrüppelte Bäume starren;
aus silberner Maske der Geist des Bösen schaut;
Licht mit magnetischer Geißel die steinerne Nacht verdrängt.
O, das versunkene Läuten der Abendglocken.

Hure, die in eisigen Schauern ein totes Kindlein gebärt.
Rasend peitscht Gottes Zorn die stitne des Besessenen,
Purpurne Seuche, Hunger, der grüne Augen zerbricht.
O, das gräßliche Lachen des Golds.

Aber Stille blutet in dunkler höhle stummere Menschheit,
Fügt aus harten Metallen das erlösende Haupt.
Gespeichert

Lilyanar

  • > 1000 Posts
  • ***
  • Beiträge: 1035
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #46 am: 29 November 2004, 13:28:48 »


Gottfried Benn ( 1886 – 1956): Schöne Jugend


Der Mund eines Mädchens, das lange im Schilf gelegen hatte,
sah so angeknabbert aus.
Als man die Brust aufbrach, war die Speiseröhre so löcherig.
Schließlich in einer Laube unter dem Zwerchfell
fand man ein Nest von jungen Ratten.
Ein kleines Schwesterchen lag tot.
Die andern lebten von Leber und Niere,
tranken das kalte Blut und hatten
hier eine schöne Jugend verlebt.
Und schön und schnell kam auch ihr Tod:
Man warf sie allesamt ins Wasser.
Ach, wie die kleinen Schnauzen quietschten!

Gespeichert

kb

  • > 1000 Posts
  • ***
  • Beiträge: 1179
  • Yes, YOU.
    • http://kebby.org
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #47 am: 29 November 2004, 15:01:25 »

"Alte Rose", Heinrich Heine

Eine Rosenknospe war
Sie, für die mein Herze glühte;
Doch sie wuchs, und wunderbar
Schoß sie auf in voller Blüte.
Ward die schönste Ros' im Land,
Und ich wollt die Rose brechen,
Doch sie wußte mich pikant
Mit den Dornen fortzustechen.

Jetzt, wo sie verwelkt, zerfetzt
Und verklatscht von Wind und Regen -
»Liebster Heinrich« bin ich jetzt,
Liebend kommt sie mir entgegen.

Heinrich hinten, Heinrich vorn,
Klingt es jetzt mit süßen Tönen;
Sticht mich jetzt etwa ein Dorn,
Ist es an dem Kinn der Schönen.

Allzu hart die Borsten sind,
Die des Kinnes Wärzchen zieren -
Geh ins Kloster, liebes Kind,
Oder lasse dich rasieren.
Gespeichert

Lilyanar

  • > 1000 Posts
  • ***
  • Beiträge: 1035
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #48 am: 29 November 2004, 15:32:22 »


Ingeborg Bachmann - IM GEWITTER DER ROSEN

Wohin wir uns wenden im Gewitter der Rosen,
ist die Nacht von Dornen erhellt,
und der Donner des Laubs,
das so leise war in den Büschen,
folgt uns nun auf dem Fuß

("Die gestundete Zeit")
Gespeichert

Lilyanar

  • > 1000 Posts
  • ***
  • Beiträge: 1035
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #49 am: 29 November 2004, 15:38:04 »


Ingeborg Bachmann   -   REKLAME

Wohin aber gehen wir
ohne sorge sei ohne sorge
wenn es dunkel und wenn es kalt wird
sei ohne sorge
aber
mit musik
was sollen wir tun
heiter und mit musik
und denken
heiter
angesichts eines Endes
mit musik
und wohin tragen wir
am besten
unsre Fragen und den Schauer aller Jahre
in die Traumwäscherei ohne sorge sei ohne sorge
was aber geschieht
am besten
wenn Totenstille

eintritt
Gespeichert

Rose

  • > 1000 Posts
  • ***
  • Beiträge: 1765
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #50 am: 03 Dezember 2004, 04:08:53 »

Schmetterling
Nelly Sachs

Welch schönes Jenseits
ist in deinen Staub gemalt.
Durch den Flammenkern der Erde,
durch ihre steinerne Schale
wurdest du gereicht,
Abschiedswebe in der Vergänglichkeiten Maß.

Schmetterling
aller Wesen gute Nacht!
Die Gewichte von Leben und Tod
senken sich mit deinen Flügeln
auf die Rose nieder
die mit dem heimwärts reifenden Licht welkt.

Welch schönes Jenseits
ist in deinen Staub gemalt.
Welch Königszeichen
im Geheimnis der Luft.
Gespeichert
".de Elite"

BetterOf2Evils

  • Gast
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #51 am: 06 Dezember 2004, 09:07:47 »

In the dangling conversation
(Simon & Garfunkel)

It's a still life water colour
Of a now late afternoon
As the sun shines through the curtained lace
And the shadows wash the room
And we sit and drink our coffee
Couched in our indifference
Like shells upon the shore
You can hear the ocean roar
In the dangling conversation
And the superficial sighs
The borders of our lives

And you read your Emily Dickinson
And I my Robert Frost
And we note our place with book markers
That measure what we've lost
Like a poem poorly written
We are verses out of rhythm
Couplets out of rhyme
In syncopated time
And the dangling conversation
And the superficial sighs
Are the borders of our lives

Yes, we speak of things that matter
With words that must be said
Can an analysis be worthwhile?
Is the theatre really dead?
And how the room is softly faded
And I only kiss your shadow
I cannot feel your hand
You're a stranger now unto me
Lost in the dangling conversation
And the superficial sighs
In the borders of our lives
Gespeichert

Kenaz

  • Gast
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #52 am: 06 Dezember 2004, 09:24:44 »

Kann mir einer sagen, wohin
ich mit meinem Leben reiche?
Ob ich nicht auch noch im Sturme streiche
und als Welle wohne im Teiche,
und ob ich nicht auch noch die blasse, bleiche
frühlingsfrierende Birke bin?


Rainer Maria Rilke


-----------


Mein Leben ist wie leise See:
Wohnt in den Uferhäusern das Weh,
wagt sich nicht aus den Höfen.
Nur manchmal zittert ein Nahn und Fliehn:
Aufgestörte Wünsche ziehn
darüber wie silberne Möven.

Und dann ist alles wieder still ...
Und weißt du was mein Leben will,
hast du es schon verstanden?
Wie eine Welle im Morgenmeer
will es, rauschend und muschelschwer,
an deiner Seele landen.


Rainer Maria Rilke
Gespeichert

Kallisti

  • Gast
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #53 am: 06 Dezember 2004, 12:06:29 »

Na dann auch noch eins von Rilke:
(hatten wir das schon?)




Der Schwan

R.M. Rilke


Diese Mühsal, durch noch Ungetanes
schwer und wie gebunden hinzugehn,
gleicht dem ungeschaffnen Gang des Schwanes.

Und das Sterben, dieses Nichtmehrfassen
jenes Grunds, auf dem wir täglich stehn,
seinem ängstlichen Sich-Niederlassen -:

in die Wasser, die ihn sanft empfangen
und die sich, wie glücklich und vergangen,
unter ihm zurückziehn, Flut um Flut;
während er unendlcih still und sicher
immer mündiger und königlicher
und gelassener zu ziehn geruht
.


~
Gespeichert

Heckse

  • Gast
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #54 am: 12 März 2005, 14:39:34 »

Ballade des äußeren Lebens

Und Kinder wachsen auf mit tiefen Augen,
Die von nichts wissen, wachsen auf und sterben,
Und alle Menschen gehen ihre Wege.

Und süße Früchte werden aus den herben
Und fallen nachts wie tote Vögel nieder
Und liegen wenig Tage und verderben.

Und immer weht der Wind, und immer wieder
Vernehmen wir und reden viele Worte
Und spüren Lust und Müdigkeit der Glieder.

Und Straßen laufen durch das Gras, und Orte
Sind da und dort, voll Fackeln, Bäumen, Teichen,
Und drohende, und totenhaft verdorrte...

Wozu sind diese aufgebaut? und gleichen
Einander nie? und sind unzählig viele?
Was wechselt Lachen, Weinen und Erbleichen?

Was frommt das alles uns und diese Spiele,
Die wir doch groß und ewig einsam sind.
Und wandernd nimmer suchen irgend Ziele?

Was frommt´s, dergleichen viel gesehen haben?
Und dennoch sagt der viel, der "Abend" sagt,
Ein Wort, daraus Tiefsinn und Trauer rinnt

Wie schwerer Honig aus den hohlen Waben.

Hugo von Hofmannsthal
Gespeichert

Heckse

  • Gast
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #55 am: 12 März 2005, 14:42:13 »

Mein Herz, mein Herz ist traurig

Mein Herz, mein Herz ist traurig,
doch lustig leuchtet der Mai;
ich stehe, gelehnt an der Linde,
hoch auf der alten Bastei.

Da drunten fließt der blaue
Stadtgraben in stiller Ruh;
ein Knabe fährt im Kahne,
und angelt und pfeift dazu.

Jenseits erheben sich freundlich,
in winziger, bunter Gestalt,
Lusthäuser, und Gärten, und Menschen,
und Ochsen, und Wiesen, und Wald.

Die Mägde bleichen Wäsche,
und springen im Gras herum;
das Mühlrad stäubt Diamanten,
ich höre sein fernes Gesumm.

Am alten grauen Turme
ein Schilderhäuschen steht;
ein rotgeröckter Bursche
dort auf und nieder geht.

Er spielt mit seiner Flinte,
die funkelt im Sonnenrot,
er präsentiert und schultert -
ich wollt, er schösse mich tot.

Heinrich Heine
Gespeichert

Heckse

  • Gast
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #56 am: 12 März 2005, 14:46:48 »

Ernste Stunde

Wer jetzt weint irgendwo in der Welt,
ohne Grund weint in der Welt,
weint über mich.
Wer jetzt lacht irgendwo in der Nacht
ohne Grund lacht in der Nacht
lacht mich aus.
Wer jetzt geht irgendwo in der Welt,
ohne Grund geht in der Welt
geht zu mir.
Wer jetzt stirbt irgendwo in der Welt,
ohne Grund stirbt in der Welt:
sieht mich an.

Rainer Maria Rilke
(war das schon irgendwo?)
Gespeichert

Kallisti

  • Gast
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #57 am: 12 März 2005, 16:14:01 »

@Heckse


sehr, sehr, sehr schön... ... ...!!: das von Rilke, "Ernste Stunde"  - klar: is eben Rilke! Ich kannte es noch gar nicht. :)


Das von v. Hofmannsthal ("Ballade des äußeren Lebens") ist auch sehr gut, schön, treffend... - ach, ich finde dafür sowieso nie die richtigen Worte.
Gespeichert

Purotin

  • Gelegenheitsposter
  • *
  • Beiträge: 98
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #58 am: 12 März 2005, 18:25:52 »

Die Knorkse von Knorks

Der große Knorks von Knorks
knorkst auf seiner Knorkse:
KNORKS!

Und schon knorksen alle Knorkse
in ganz Knorks auf ihren Knorksen:
KNORKS! KNORKS! KNORKS!

Wenn aber der große Knorks
auf seiner Knorkse nicht knorkst,
knorksen die anderen Knorkse
in ganz Knorks auf ihren Knorksen
keinen Knorks

Gottfried Herold
Gespeichert
ie Gothic-Kultur wird politisch unterwandert!

Hier die Täter: >>>

toxic_garden

  • Gast
Lyrik / Poesie bekannter Autoren
« Antwort #59 am: 12 März 2005, 19:04:10 »

Zitat von: "Purotin"
Die Knorkse von Knorks

Der große Knorks von Knorks
knorkst auf seiner Knorkse:
KNORKS!

weise Worte, mein Guter. Weise Worte....(http://www.mainzelahr.de/smile/traurig/gruebel.gif)
Gespeichert