Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?  (Gelesen 5638 mal)

Der Uhu

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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« am: 13 September 2004, 17:30:03 »

Aus gegebenem Anlaß dieser Thread:

Wo macht Pazifismus (Definition hier) Sinn und wo nicht? Welche Taten, welche Zustände rechtfertigen den Einsatz von Gewalt und wann werden unsere eigenen Prinzipien ad absurdum geführt?

Es gibt ja gerade in den letzten Jahren einige Beispiele, wo Kriege aus (offiziell) humanitären Gründen geführt wurden z.B. Kosovo, Afghanistan, Irak... Das Ergebnis dieser Kriege war ja wohl, das diese Länder von ihrem Regimen befreit wurden. Auf der anderen Seite sind einige dieser Länder heute nicht unbedingt stabiler als zuvor. Davon abgesehen, haben die Soldaten eine ziemliche Blutspur hinterlassen auch unter der Zivilbevölkerung. War es das wert? Momentan gibt es ja auch Regionen, wo man ebenso verfahren könnte wie den Sudan. Wie seht ihr das?

Man kann natürlich den Sudan sich selbst überlassen oder irgendwelche Sanktionen beschliessen, die dann eh nur diejeniegen treffen, die jetzt schon Hungern, aber wäre dann Pazifismus nichts weiter als die Drei-Affen-Taktik? Was meint ihr?

(http://www.aspencountry.com/aspen/assets/product_images/product_lib/33000-33999/33616.jpg)

MfG
Der Uhu
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Jinx

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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« Antwort #1 am: 13 September 2004, 17:39:23 »

Moin Uhu,

Du hast sicher Recht, dass es Kriege gibt, die aus humanitären Gründen geführt werden und die auch durchaus zu einer Stabilisierung führen können (was sie selten genug tun, aber es gibt diese Fälle). Allerdings liegt das Problem Krieg meines erachtens tiefer.

Es ist eine Tatsache, dass es Kriege im großen Stil seit vielen tausend Jahren gibt. Auch dass sich die Kriegsmaschinerie vergrößert hat, mehr Menschen, bessere Waffen, größere betroffene Territorien. Und es heißt oft genug "nur noch dieser Krieg, dann ist das Problem gelöst, alles in Butter, oder auch - nach WK II - dann wird es nie wieder einen Krieg geben". Und? Es hat nicht funktioniert. Genauer gesagt, es gibt wenig, was so schlecht funktioniert wie Kriege. Daher denke ich, dass das Konzept Krieg verfehlt ist. Sicher, ich bin auch froh, dass Hitler abgeschafft wurde, dass Restjugoslawien nebst den Neustaaten einigermaßen befriedet wurden. Aber für wie lange?
Jüngstes Beispiel: die USA marschieren in den Irak ein und setzen Saddam Hussein fest. Letzteres ist löblich, auch wenn es der ganze REst nicht ist. Und? Ist da Frieden? Hahaha!

Daher sage ich mit Mahatma Ghandi: es gibt keinen Weg zum Frieden, Frieden ist der Weg.

Und ich ergänze: der Weg zum Frieden kann niemals über den Krieg führen.
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Das Leben sollte keine Reise mit dem Ziel sein, attraktiv und mit einem guterhaltenen Körper unter die Erde zu kommen. Wir sollten lieber seitlich hineinrutschen, Schokolade in einer Hand, Absinth in der anderen, unser Körper total verbraucht und dabei schreiend "Wow, was für eine Fahrt!"
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colourize

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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« Antwort #2 am: 13 September 2004, 17:43:48 »

Zitat von: "Jinx"

Du hast sicher Recht, dass es Kriege gibt, die aus humanitären Gründen geführt werden und die auch durchaus zu einer Stabilisierung führen können (was sie selten genug tun, aber es gibt diese Fälle).

Ein einziges Beispiel wäre nicht schlecht.
Bitte bedenken, dass der WWII in keinster Weise zu einer Stabilisierung der politischen Lage in Europa geführt hat, sondern zum Großmachtkonflikt mit all den bekannten Folgen.
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Jinx

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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« Antwort #3 am: 13 September 2004, 17:58:13 »

Zitat

Ein einziges Beispiel wäre nicht schlecht.


Also, wenn Du da jetzt so ganz direkt fragst ... *stotter* ... naja, Restjugoslawien und Kosovo... zumindest bis jetzt ... irgendwie *LOOOOOOL*
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Der Uhu

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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« Antwort #4 am: 13 September 2004, 18:01:17 »

@ Jinx: Nun schön und gut. Aber wo bleibt die konkrete Maßnahme? Was machen im Sudan? Was können wir tun, was nicht mit militärischer Gewalt zu tun hat und was die Herrscher in der Hauptstadt und die arabischen Milizen dazu bringt, die Zivilbevölkerung zu schonen?
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Der Uhu

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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« Antwort #5 am: 13 September 2004, 18:12:54 »

@ Colourize: Was waren denn die Folgen von WK II? Wer sind denn heute unsere besten Freunde? Sind das nicht die Franzosen? Wer hätte das gedacht?  Und der kalte Krieg ist doch nur deshalb entstanden, weil man Stalin am Leben gelassen hat. Wenn man Hitler entfernt, aber Hitler 2 an der Macht läßt, muß man sich nicht wundern.

Stabilität kann man sicher nicht mit Krieg herstellen, aber zueerst muß man doch wohl das Regime entfernen, daß für Instabilität sorgt? Oder? Stabilität schafft man durch die POLITIK DANACH!!!

Beispiel für die Schaffung von Stabilität nach einem Krieg: Einbindung Deutschlands in die EG, Nato, UNO etc. nach WK II

Beispiel für die Schaffung von Instabilität nach einem Krieg: Opposition zur Sowjetunion, Kommunistenjagd in den USA, Koreakrieg, Drohungen von Sowjetischer Seite etc.. Hätte man damals miteinander geredet, wäre alles ganz anders gekommen. Haben nicht sowjetische und amerikanische Soldaten an der Elbe zusammen Wodka getrunken? Wäre man nur dabei geblieben...

(http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict/Nachkriegsjahre_photoGrosseDrei/200.jpg)
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colourize

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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« Antwort #6 am: 13 September 2004, 18:14:22 »

Zitat von: "Der Uhu"
Was machen im Sudan? Was können wir tun, was nicht mit militärischer Gewalt zu tun hat und was die Herrscher in der Hauptstadt und die arabischen Milizen dazu bringt, die Zivilbevölkerung zu schonen?

Müsste die erste und wichtigste Frage nicht lauten, ob denn (die implizit von Dir als Lösung präsentierte) militärische Gewalt dazu geeignet wäre, die Zivilbevölkerung zu schonen?

Klar, wenn ich ein scheinbar unlösbares Problem mit meinem PC habe, kann ich auch mit ner Axt auf das Teil einschlagen. Und natürlich, das führt auch dazu, dass ich das Problem mit meinem PC dann nicht mehr habe... - die Frage ist nur, was ich mit dieser Aktion wirklich gewonnen habe...
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Der Uhu

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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« Antwort #7 am: 13 September 2004, 18:17:42 »

Nein, die wichtigste Frage lautet: Was tun? Da warten schließlich einige auf Hilfe. Also mach' mal einen Vorschlag!
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Jinx

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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« Antwort #8 am: 13 September 2004, 18:19:11 »

Moin Uhu,

nach der von Dir geposteten Pazifismus-Definition ist NOthilfe erlaubt, wie sie z.B. in Somalia praktiziert wurde und auch - nach meinem Wissensstand - funktionierte.

Es ist mir klar, dass zum Frieden zwei Parteien gehören, aber ich bleibe dabei: das Kriegsprinzip (Bellizismus) ist scheiße und funktioniert mittel- bis langfristig nicht. Beispiele: zu viele, um sie aufzuzählen... nimm einfach irgendeinen Krieg, der wird es tun. ;)
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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« Antwort #9 am: 13 September 2004, 18:20:39 »

@Jinx: Ich verweise nur auf mein obiges Posting über Stalin, WK II usw.
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colourize

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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« Antwort #10 am: 13 September 2004, 18:27:24 »

Uhu, natürlich werden die Karten nach einem Krieg neu gemischt. Die Frage ist jedoch, wieviel an wirklicher Verbesserung zu gewinnen ist und wie hoch der Preis dafür ist, der gezahlt werden muss.

Ob die ach so tolle Eintracht von Frankreich und Deutschland die Zerstörung sämtlicher europäischer Großstädte wert war ist sicher nicht so leicht zu beantworten, mal davon abgesehen dass ich Deine Einschätzung, die Europäische Einigung als logische Folge aus dem Zweiten Weltkrieg zu interpretieren, nicht teile.

Ich will die Handlungen der Alliierten nicht insgesamt verurteilen, zumal da uns ja allen klar ist, wer den Zweiten Weltkrieg begonnen hat. Dass sich die angegriffenen Staaten verteidigen, ist mehr oder weniger logisch. Der Eintritt der Alliierten in den Zweiten Weltkrieg erfolgte nicht aus "humanitären Gründen".

Die Frage muss also lauten, ob ein Angriffskrieg (denn ein "militärisches Eingreifen" im Sudan wäre ein solcher) zur Deeskalation sowie zur Stabilisierung beitragen kann oder nicht. Wie gesagt, mir ist kein Fall bekannt, wo ein Krieg zur Verbesserung der Lebensbedingungen geführt hätte. Ich halte um ehrlich zu sein schon die Idee, dass ein Krieg eine Verbesserung für die Menschen im Kriegsgebiet darstellen könnte, für ziemlich absurd.
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colourize

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« Antwort #11 am: 13 September 2004, 18:31:47 »

Zitat von: "Der Uhu"
Nein, die wichtigste Frage lautet: Was tun? Da warten schließlich einige auf Hilfe. Also mach' mal einen Vorschlag!

Dein Vorschlag ist scheinbar draufschlagen...(?)
Halte ich für keinen so guten Vorschlag.

Allerdings bedeutet das nicht, dass ich einen besseren Vorschlag hätte. Um bei meinem Beispiel zu bleiben: Den kaputten PC aus dem Fenster zu schmeissen, bloß weil man nicht weiss wie man das verfickte Gerät wieder zum Laufen bringt, ist komplett kontraproduktiv.
Klar, das ist natürlich eine tabula-rasa-taktik... diese Maßnahme schafft natürlich Platz für einen neuen Computer auf dem Schreibtisch. Aber mal ehrlich... kann das ein gangbarer Weg sein?
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phaylon

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Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
« Antwort #12 am: 13 September 2004, 18:43:59 »

Jetzt mal ein ganz unernster und fiktiver Lösungsansatz: Erst die zu Bebombenden fragen, ob sie denn »befreit« werden wollen?


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Der Uhu

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« Antwort #13 am: 13 September 2004, 18:49:35 »

Ich habe gar keinen Vorschlag gemacht. Ich habe nur gefragt "was tun?" Wüßte nur gerne in diesem Fall eine Lösung. Ich würde auch gerne eine friedliche Lösung wissen. Und es muß eine her und zwar schnell, denn die Leute sterben da unten und brauchen Hilfe. Also nochmal die Frage: Welche friedliche Lösung des Konflikts schlagt ihr vor, um den Leuten zu helfen?


Und ich wiederhole nochmal, daß die Politik danach das wichtige ist. Die Beseitigung der Regimes, ob friedlich oder militärisch, ist nur die Vorraussetzung, wenn man das selbige nicht umstimmen kann. Mehr nicht. Vorher läuft eben nichts an humanitärer Hilfe, wenn das Regime das nicht will (Und das ist im Sudan so). Eine Realität der man nun einmal nicht entkommen kann und der man sich stellen muss, wenn man sich mit sowas beschäftigt. Ghandi hat es nun mal geschafft, das Regime ohne Gewalt zu beseitigen, aber das ist von aussen nicht so einfach und wird nicht immer so hinhauen, die Umstände in Indien damals sind einfach andere als jetzt im Sudan.
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« Antwort #14 am: 13 September 2004, 18:53:44 »

Noch eine Frage der Intention: /Warum/ muss man sich eigentlich einmischen?[1]


p

[1] Gegenangriffe natürlich ausgeschlossen.
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