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Gothic: Marke, Subkultur oder billige Bricolage

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kb:
Disclaimer vorweg: Verallgemeinerungen sind als solche zu verstehen, und wer es wagt, mit Einzelfällen kontern zu wollen, hat doofe Ohren.

[list=1][*]Es gibt keinen gemeinsamen Nenner in der Szene, der über die Farbe "Schwarz" hinausgeht.

Kanns nicht ganz sein. Abgesehen von dieser etwas esoterischen Gabe der meisten Goten, "seinesgleichen" auch zu erkennen, wenn sie mal andere Klamotten anhaben bzw. eben NICHT schwarze Kleidung als einziges Dazugehörigkeitsmerkmal zu sehen (sonst wäre Sommer 2000 (glaubich) die schwarze Szene ganz schön groß gewesen), gibts auch andere Merkmale, die zumindest für die heutige Jugendkultur untypisch sind:

[*]Auf schwarzen Parties werden pro Abend insgesamt weniger illegale Drogen konsumiert als an der durchschnittlichen Grundschule - und auch Alkoholkonsum ist "leider" weit unter dem, was die meisten Clubbetreiber als wirtschaftlich ansehen würden.
[*]Sentimentales Oldschoolargument coming up: Im Gegensatz zu den meisten anderen Szenen sowie der Gesamtgesellschaft zeichnet sich die schwarze Szene vor allem dadurch aus, als negativ empfundende Emotionen und Themengebiete überhaupt zuzulassen. Wenn jemand (!= gutaussehende Schnitte) mitten in der Innenstadt oder auf einer Technoparty einfach mal aus welchem Grund auch immer heulend in der Ecke sitzt, wird er/sie von ~100% der umstehenden Leute gemieden bzw. kann von Glück reden, wenn der beste Freund in der Nähe ist und einen zumindest irgendwie von der Peinlichkeit abschirmt. Auf schwarzen Parties hab ich schon öfter gesehen, dass irgendeine Person sich dann um das heulende Stück Elend tröstenderweise gekümmert hat - und das NICHT des Restefickens wegen.
[*]Die Musik ist unabhängig vom Stil immer noch mit einem gewissen Anspruch entstanden, der nicht dem Pop-Grundgedanken "Money for nothing and the chicks for free" entspringt. Natürlich sind weder Deathmetal noch Weiberelctro das, was ich jetzt der hohen Kunst zuordnen würde - aber wer z.B. wirklich bei VNV ernsthafte Ibiza-Assoziationen bekommt, der hat entweder noch nie auf die Texte oder jemals "echten" Ibiza-Techno gehört - bei dem kommt einem vor lauter Plattheit nämlcih sehr, sehr schnell das Kotzen. Und ich bin sehr froh, einer Szene anzugehören, die sich genau davon sehr, sehr weit distanziert.
[/list]

[*]Die "Szene" ist keine Subkultur mehr, sondern eine aus einer Subkultur entstandene Meta-Marke, die in erster Linie dem Verkauf dient.

Das kann ich so auch nicht unterschreiben. Natürlich ist die Anzahl an Mode- und Plattenlabels, Partyveranstaltern etc. gegenüber der Anfangszeit sehr angestiegen, allerdings sind die meisten davon einfach deswegen in der Szene tätig, weil es ihnen Spaß macht bzw. sie sich in der Szene beheimatet fühlen (sehen wir von Scorpio gerade mal ab). Fakt ist immer noch, dass sich mit Grufties nicht wirklich viel Geld verdienen läßt; in jedem relevanten Bereich (Mode, Musik, Literatur etc) haben größere Marken es versucht und sind kläglich gescheitert.

Denn die Szene ist immer noch zu einem großen Teil konsumfeindlich eingestellt. Wenn unsereins Klamotten kauft, dann nicht um auf der nächsten Return mit dem Jungbluth-Schild am Kleid rumrennen zu können, sondern weil einem das Kleid gefällt. Und auch heute hört man auf die Frage "wo hast du das her?" noch sehr oft die Antwort "selbst gemacht".

Selbe Sache mit der Musik - Im Moment meint die Musikindustrie zwar wieder mal jedem erklären zu müssen, dass man Nightwish und Within Temptation gut finden muß, aber hat da jemals wirklich jemand drauf gehört? Bisher sind alle Wellen wieder abgeebbt, weil z.B. Oomph dem Standardpublikum zu wenig Ballermann-geeignet waren bzw. die schwarze Szene selbst einfach damit weitergemacht hat, was sie schon immer gemacht haben: Das zu hören, was sie aus freiem Willen mögen. Dazu kommt noch, dass völlig antizyklisch diverse Indielabels ihre Kopierschutz-Experimente gleich wieder eingestellt haben und die meisten Szenemusiker dem Thema P2P sehr gelassen bzw. teilweise sogar positiv gegenüberstehen - obwohl in einigen Fällen ihr eigenes Leben davon abhängt.

Sieh Dir auf Festivals an den Ständen die Leute an, die die Sachen verkaufen bzw. denen die Läden gehören - das sind keine "normalen" Leute, die mit goth-geeigneten Dingen Geld verdienen wollen, sondern fast ausnahmslos ehemalige oder noch aktive Mitglieder der Szene, die zu einem großen Teil einen unangenehmen Idealismus an den Start bringen müssen, damit das alles so klappt, und die alle voll hinter ihren eigenen Waren stehen.

Überall sonst ließe sich einfacher mehr Geld verdienen, diese im Kern immer noch konsumfeindliche Szene dahingehend instrumentalisieren zu wollen, wäre völlig sinn- und fruchtloser Aufwand.

[*]Die Unterschiede zwischen der "Gothic-Szene" und der Gesamtgesellschaft sowie anderen Jugendkulturen beschränken sich wie in Punkt 1 auf die Farbe der Kleidung.

Siehe Punkt 1 (1 und 3 gehören IMHO eh zusammengelegt).

Man könnte noch anführen, dass die Szene zumindest auf Parties immer mehr zur Spaßgesellschaft verkommen ist - statt Grablichtern haben wir jetzt auch Scanner, die Musik ist tendenziell lauter geworden und in den Vordergrund getreten und vieles der "alten Schule" scheint verloren (außer Schellen natürlich ;) - aber das sieht im privaten Rahmen und v.a. bei Leuten, die noch neuer in der Szene sind, schon wieder ganz anders aus. Unsereins ist halt einfach alt geworden bzw weitergegangen.

[*]Die schwarze Szene ist kein Subsystem der Klassenstruktur, sondern stellt sich klassenunabhängig als Auffangbecken für gelangweilte Wohlstandsgören bereit.

Das war in den späten Achtzigern bzw. frühen bis mittleren Neunzigern noch so, vgl. deinen Beitrag in nem anderen Thread mit "... denen Punk zu dreckig ist" - heute ist das aber ganz anders. Während ich mich in meinen Anfagszeiten in OL noch schlecht fühlen mußte, weil ich vermutlich nie eine Doktorarbeit schreiben würde, so hab ich heute eher das Gefühl, mich dafür schlecht fühlen zu müssen, dass ich nen Job hab, der auch noch gut bezahlt ist.

Was die gesellschaftlichen Klassen angeht ist (GLÜCKLICHERWEISE) bis auf die Klasse der dummen Asis doch alles vertreten, was so im Bereich 15-40 existiert. Hauptschüler, Realschüler, Gymnasiasten, Studenten, Zivis, Bundis, Azubis, Arbeitslose, Arbeiter, Angestellte, Firmeneigner, Doktoren.. ist doch alles da.

Was jedoch auffällt ist dass zumindest der durchschnittliche Intellekt etwas höher anzusiedeln ist als in den meisten anderen Szenen - alleine die Entscheidung, in dieser Szene mitzumischen, erfordert einen Ausbruch aus konventionellen gesellschaftlichen Strukturen, und den bekommt man einfach nicht hin, wenn man schon damit mental ausgelastet ist, den nächsten Klingelton herunterzuladen. Natürlich hab ich in dieser Szene schon Leute kennengelernt, die in etwa den Intellekt eines Toastbrotes hatten - aber es war IMMER ein Toastbrot, das sich in einem gewissen Maße Gedanken über sich und seine Umwelt machen konnte (da wo dann halt bei anderen dummen Menschen das zur-Bushaltestelle-finden-Neuron sitzt).

Und Bombe hat mit seiner Theorie nicht unrecht - eigentlich besteht die ganze Szene nur aus Vollpsychos. Oder es ist halt so, dass nicht nur Genie und Wahnsinn sehr nah aneinanderliegen, sondern sich schon die abgemilderten Stufen davon (Intelligenz und Gestörtheit) zwangsläufig mehr oder weniger miteinander vermischen.

[*]Identitätsfindung innerhalb des Kollektives "schwarze Szene" ist nicht möglich, da die Szene in ihren Grundzügen, insb. bezüglich ihrer Toleranzschwelle gegenüber sog. "Pseudos", faschistisch ist bzw. eher einer Sekte gleicht. Zusammengehörigkeit wird kulthaft durch Äußerlichkeiten wie Kleidung und Musik inszeniert, alles ausserhalb dieser Sphäre mit hohlen Phrasen als "normal" und daher "dumm" abgetan

Da kommts sehr drauf an, in welchen Kreisen man sich befindet. Da die Szene wie jede andere Subkultur eben doch in vielen Facetten ein verkleinertes Bild der Gesellschaft darstellt, hat man als "Pseudo" bzw.  mit-fiesem-Adidas-Täschchen-Rumlaufer entweder das Pech, bei oberflächlichen Leuten zu landen, oder halt das Glück dass nicht. Ich kenne sowohl genug Leute, die trotz total unpassender Kleidung entweder herzlich aufgenommen wurden oder die ganze Zeit dabei sind, aber natürlich gibts da auch immer diese Grüppchen von Obergoten, die total hochgestylt in der Sitzecke im Foyer sitzen und den ganzen Abend nur über jeden richten, der es wagt, an ihnen vorbeizulaufen. Wem's Spaß macht...

Fazit: An dieser Stelle verallgemeinerst du viel zu sehr. Oder fällst dank Deiner längeren Szeneabstinenz bei den neuen Geichtern wieder voll in die szenetypische Fake-Arroganz-Falle (von einigen auch Martina-Syndrom genannt).

[/list:o]

Candide:

--- Zitat von: "Eisbär" ---
zu 1+2: Wenn die Szene mal eine Subkultur war, wo war dann außer im Schwarz die Gemeinsamkeit?

--- Ende Zitat ---


Gute Frage, muss ich passen.


--- Zitat von: "Eisbär" ---
zu 2: Dem Verkauf von was? Heute werden ja mit dem Produkten auch Images verkauft. Welche siehst Du da?

--- Ende Zitat ---


Guck Dich um und such Dir was aus - alles von romantische Vampirlady bis zum neuen Fin De Siecle wird geboten. Im wesentlichen wird die Illusion, kreativer zu sein, als der "Normalo", verkauft.


--- Zitat von: "Eisbär" ---
zu 3: Wenn sich aber alle so sehr Mühe geben, anders sein zu wollen, wie kann es sein, daß das nicht klappt? Paßt sich etwa die Gesellschaft der ehemaligen Subkultur an (manchmal habe ich echt den Eindruck)?

--- Ende Zitat ---


Nein - man kann schlicht nicht anders als andere sein, weil jeder anders ist. Das wäre sonst "Alle sind Individueen, nur ich bin anders" und führt dazu, das man andere Menschen als Sklaven bezeichnet, weil man sich selbst für etwas besseres resp. freieres hält und die Dimensionen ein wenig aus dem Blickfeld geraten.


--- Zitat von: "Eisbär" ---
zu 4: "Klassenunabhängig" und "Wohlstandsgören" ist ein Widerspruch in sich. Kannst Du das ganze anders formulieren? Die Szene/Marke rekrutiert m.E. ihre Mitglieder aus allen sozialen Schichten, auffällig war mal der erhöhte Anteil an (Pseudo-)Intellektuellen, bzw. (angehenden) Akademikern.

--- Ende Zitat ---


D'Accord, falsch formuliert. Mit klassenunabhängig meine ich, das im Gegensatz zu den Anfängen von Punk/Skin-Bewegung nicht mehr politische Motive resp. der Klassenkampf, sondern wohl eher der Egotrip und das Becken im Vordergrund stehen. Nicht "Die Internationale" ist der Schlachtruf der Grufties, sondern "Bitte sei mir nicht böse, ich lecke Deine Möse".


--- Zitat von: "Eisbär" ---
zu 5: Klingt ein wenig überspitzt, aber mir fällt spontan nicht viel dagegen ein (leider).

--- Ende Zitat ---


Leider, indeed.


--- Zitat von: "Eisbär" ---
Eine Kleinigkeit vielleicht: Bei 5 Mio BILD-Lesern täglich kann schon davon gesprochen werden, daß BILD-lesen "normal" ist... Darf ich es trotzdem als nicht unbedingt intellektuell betrachten?

--- Ende Zitat ---


Niemand hat gefordert, die Begriffe "normal" und "intellektuell" in irgendeine Relation zueinander zu setzen.


Ach ja, auch für dieses Posting gilt obiger Disclaimer. ;)

Edit: @kb, Du hast in vielen Punkten interessante Ansätze, auf die ich später noch eingehen werde, versprochen - muss jetzt was arbeiten, sorry.

Candide:

--- Zitat von: "kb" ---
Auf schwarzen Parties werden pro Abend insgesamt weniger illegale Drogen konsumiert als an der durchschnittlichen Grundschule - und auch Alkoholkonsum ist "leider" weit unter dem, was die meisten Clubbetreiber als wirtschaftlich ansehen würden.

--- Ende Zitat ---


Halte ich für naiv - die Zahl der Kokser in der Szene ist sehr gross...


--- Zitat von: "kb" ---
Sentimentales Oldschoolargument coming up: Im Gegensatz zu den meisten anderen Szenen sowie der Gesamtgesellschaft zeichnet sich die schwarze Szene vor allem dadurch aus, als negativ empfundende Emotionen und Themengebiete überhaupt zuzulassen [...] hab ich schon öfter gesehen, dass irgendeine Person sich dann um das heulende Stück Elend tröstenderweise gekümmert hat - und das NICHT des Restefickens wegen.

--- Ende Zitat ---


Ein guter Punkt, stimme zu.


--- Zitat von: "kb" ---
Die Musik ist unabhängig vom Stil immer noch mit einem gewissen Anspruch entstanden, der nicht dem Pop-Grundgedanken "Money for nothing and the chicks for free" entspringt.

--- Ende Zitat ---


Absolut keine genuine Eigenschaft der Szene - jede Subkultur/ Musikform hat einen Kern, der nicht dem Pop-Grundgedanken fröhnt, auch (sogar gerade) z.B. House oder auch Hip-Hop.


--- Zitat von: "kb" ---
Natürlich ist die Anzahl an Mode- und Plattenlabels, Partyveranstaltern etc. gegenüber der Anfangszeit sehr angestiegen, allerdings sind die meisten davon einfach deswegen in der Szene tätig, weil es ihnen Spaß macht bzw. sie sich in der Szene beheimatet fühlen (sehen wir von Scorpio gerade mal ab). Fakt ist immer noch, dass sich mit Grufties nicht wirklich viel Geld verdienen läßt; in jedem relevanten Bereich (Mode, Musik, Literatur etc) haben größere Marken es versucht und sind kläglich gescheitert.

--- Ende Zitat ---


Gothic ist schon längt in und en vogue, nur merken das diejenigen nicht, die die Szene von innen herraus betracheen. H&M ist nicht gescheitert, New Yorker gehört zu den meistgetragenen Labels der jungen Szenegänger, und die Szenemagazine machen vor, wie man junge Bands wirklich gut abzieht. Das die Macher dieser Dinge selbst "schwarz" sind, ist nicht bemerkenswert. Die kommerziellsten House-DJs reden genau so über die House-Szene, wie Du über duie schwarze Szene (schönes Beispiel ist Armand Van Helden), und auf einem Rave werden die Jungs an den Ständen mit den Trillerpfeifen mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst eben solche tragen. Im übrigen betrachte ich kommerzielle Interessen nicht zwangsläufig als etwas schlechtes, aber das nur am Rande.


--- Zitat von: "kb" ---
Was jedoch auffällt ist dass zumindest der durchschnittliche Intellekt etwas höher anzusiedeln ist als in den meisten anderen Szenen - alleine die Entscheidung, in dieser Szene mitzumischen, erfordert einen Ausbruch aus konventionellen gesellschaftlichen Strukturen[...]

--- Ende Zitat ---


In diesem Fall glaube ich, das Du zu wenige andere Szenen gesehen hast; wenn mal mal von reinen Popper absieht, bedeutet es für jede Szene eine wichtige Entscheidung, sich ihr anzuschliessen, und gerade in der Elektro/House/Techno-Szene abseits der Betty Ford Klinik ist die Zahl der Germanistinen und Kulturwissenschaftler wesentlich höher als in der SZ, die mittlerweile, so erscheint es mir, zu 75% aus Systemadministratoren besteht. (nix gegen Admins, gott bewahre)#


--- Zitat von: "kb" ---
Da kommts sehr drauf an, in welchen Kreisen man sich befindet. Da die Szene wie jede andere Subkultur eben doch in vielen Facetten ein verkleinertes Bild der Gesellschaft darstellt, hat man als "Pseudo" bzw. mit-fiesem-Adidas-Täschchen-Rumlaufer entweder das Pech, bei oberflächlichen Leuten zu landen, oder halt das Glück dass nicht. Ich kenne sowohl genug Leute, die trotz total unpassender Kleidung [..]

--- Ende Zitat ---


"Unpassende Kleidung" kann es nur geben, wo es ein Dogma gibt, und wo es das gibt, ist die Individualität bereits in Frage gestellt; übrigens laufe ich fast immer mit meiner geliebten Puma-Tasche rum. :mrgreen:


--- Zitat von: "kb" ---
An dieser Stelle verallgemeinerst du viel zu sehr.

--- Ende Zitat ---


Natürlich verallgemeinere ich, denn ich betrachte eine Szene als ganzes, nicht alle einzelnen Mitglieder, da wäre ich erstaunlich lange beschäftigt. ;)

Insgesamt fürchte ich, das Du Dich und die Leute um Dich zu sehr auf die Szene projezierst und dadurch die Szene überschätzt - aber eigentlich finde ich das gut, die Szene bräuchte mehr Leute mit Idealen.

kb:
[Drogen]

--- Zitat ---Halte ich für naiv - die Zahl der Kokser in der Szene ist sehr gross...
--- Ende Zitat ---


Dann renn ich auf Parties aber sehr blind rum, oder aber ich hab dank jahrelangem Wohnens gegenüber der Bar Rossi und dem Nouar echt den Bezug verloren, was viel Koksen ist und was nicht ;)

Nach meiner Beobachtung ist das zumindest in v.a. Lounge- aber auch im Housebereich wesentlich schlimmer. Hiphopper kiffen da glücklicherweise eher.


--- Zitat ---
--- Zitat von: "kb" ---
Die Musik ist unabhängig vom Stil immer noch mit einem gewissen Anspruch entstanden, der nicht dem Pop-Grundgedanken "Money for nothing and the chicks for free" entspringt.

--- Ende Zitat ---


Absolut keine genuine Eigenschaft der Szene - jede Subkultur/ Musikform hat einen Kern, der nicht dem Pop-Grundgedanken fröhnt, auch (sogar gerade) z.B. House oder auch Hip-Hop.
--- Ende Zitat ---


Wird aber eine, wenn man (sorry, hab ich wohl vergessen), die extreme Stilvielfalt der "schwarzen" Musik hinzuzieht und die Tatsache, dass diese Vielfalt nur in ihren extremen Polarisierungen zu einer Spaltung der Szene führt und ansonsten auch wider den eigenen Geschmack toleriert wird (man sehe sich die tausen Leute an, die alle zwei Wochen sagen "Die Musik war wie immer scheiße" und trotzdem jedes Mal wieder hingehen... auch son Thema eigentlich)

Andere Szenen sind da sehr auf bestimmte Musikrichtungen festgelegt und erlauben nur minimale Abweichungen von einer Linie (irgendwann im dunklen Mittelalter hieß Trance mal Melodic House, bevor ihnen auffiel, dass man dafür doch besser mal ne neue Szene aufmacht und die Begrifflichkeiten neu belegt, wie sies schon mit House<->Techno und Techno<->EBM gemacht haben).

[Mode, Kommerz etc]

--- Zitat von: "candide" ---
Gothic ist schon längt in und en vogue, nur merken das diejenigen nicht, die die Szene von innen herraus betracheen. H&M ist nicht gescheitert, New Yorker gehört zu den meistgetragenen Labels der jungen Szenegänger, und die Szenemagazine machen vor, wie man junge Bands wirklich gut abzieht. Das die Macher dieser Dinge selbst "schwarz" sind, ist nicht bemerkenswert. Die kommerziellsten House-DJs reden genau so über die House-Szene, wie Du über duie schwarze Szene (schönes Beispiel ist Armand Van Helden), und auf einem Rave werden die Jungs an den Ständen mit den Trillerpfeifen mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst eben solche tragen. Im übrigen betrachte ich kommerzielle Interessen nicht zwangsläufig als etwas schlechtes, aber das nur am Rande.

--- Ende Zitat ---


H&M und New Yorker (ich weiß das, weil meine Freundin, ihres Zeichens nicht-mehr-soooo-junge Szenegängerin, mich andauernd mitschleppt ;) haben aber nicht wirklich die schwarze Szene als Zielgruppe. Es ist eher so, dass dort (wie auch bei Pimkie/Orsay/etc) desöfteren schon nett anzusehende schwarze oder rote Klamotten zu haben sind, die aber für sich genommen absolut keinen Bezug zu Gothic haben und erst durch Kombination mit anderen Stücken/Accessoires funktionieren. Und die typischen Nietengürtel/-Röcke/-wasauchimmer sind ZUFÄLLIG zeitgleich mit dem 80er-Revival gekommen und bedienen sich also genau da, wo sich die Szene auch bedient.

Gleichzeitig wirken etwas längere Szenegänger (v.a. hier in Hamburg) dem Kleidungsdogma entgegen, indem sie auch durchaus mal ein leopardengemustertes H&M-Top anziehen - das sind aber auch nur Einzelfälle, die kaum die Marketingentscheidungen in den großen Fashionkonzernen beeinflussen würden.

Ja, genug Grufties kaufen inzwischen da ein, das hat aber nichts damit zu tun, dass New Yorker plötzlich Goten als Kunden haben wollte. Die Klamotten an sich sind noch so ungruftig gemeint, wies nur irgendwie geht - was man, wenn man durch diese Läden läuft, auch sehr gut an der Deko/Schaufensterpuppen etc sieht. Da hat  die Puppe mit dem tollen taillierten schwarzen Mantel nämlich irgendwas blau/blaßgelbes drunter und kein schwarzes Netzshift.


--- Zitat von: "candide" ---
und gerade in der Elektro/House/Techno-Szene abseits der Betty Ford Klinik ist die Zahl der Germanistinen und Kulturwissenschaftler wesentlich höher als in der SZ, die mittlerweile, so erscheint es mir, zu 75% aus Systemadministratoren besteht.
--- Ende Zitat ---


... und da ich jahrelang an der Uni neben Germanistinnen und Kulturwissenschaftlern saß, bin ich darüber verdammt froh :)

Ich bleibe trotzdem dabei, dass in der schwarzen Szene der Anteil an Leuten, die (mit größtenteils niederschmettendem Ergebnis) wirklich mal über die Welt um sich herum reflektiert haben, ne Ecke größer ist.

[Kleidungsdogmatismus, Pseudos]

--- Zitat von: "candide" ---
--- Zitat von: "kb" ---Da die Szene wie jede andere Subkultur eben doch in vielen Facetten ein verkleinertes Bild der Gesellschaft darstellt, hat man als "Pseudo" bzw. mit-fiesem-Adidas-Täschchen-Rumlaufer entweder das Pech, bei oberflächlichen Leuten zu landen, oder halt das Glück dass nicht. Ich kenne sowohl genug Leute, die trotz total unpassender Kleidung [..]
--- Ende Zitat ---

"Unpassende Kleidung" kann es nur geben, wo es ein Dogma gibt, und wo es das gibt, ist die Individualität bereits in Frage gestellt; übrigens laufe ich fast immer mit meiner geliebten Puma-Tasche rum.
--- Ende Zitat ---


Ah, Puma wars.. ich hab fünf Minuten in meinem Hirn rumgekramt, was zur Hölle nochmal auf Deiner Tasche stand, und irgendwann aufgegeben, als mir besagtes Hirn mitgeteilt hat, dass diese Information nicht die für eine Langzeitspeicherung nötige Relevanz hatte. Man möge mir verzeihen. Du kannst aber somit beruhigt sein, dass Du auch ohne dieses Detail durchaus unangenehm aufgefallen bist *g*

Anyway, was sagt die Individualität zu dem Dogma, überhaupt Kleidung bzw. bestimmte Schnitte (sowas wie "Hose", "Shirt") tragen zu müssen? Wie sieht ein echter Individualist aus? Kümmert sich ein echter Individualist um diesen Äußerlichkeitenkram? Und wenn ja - warum?

Meiner Meinung nach ist da kein Widerspruch, da das Aussehen und der Individualismus keinen direkten Bezug zueinander haben müssen und zwei nebeneinander wirkende Komponenten des Gesamtkonzepts "Grufti" sein können. Aber das würd den Rahmen in diesem alles-ein-bißchen-Thread und v.a. meine Arbeitszeit gerade sprengen.

Nur kurz gesagt: Ich gestehe, ich habe damals meinen türkisen Pulli und meine blaue Jeans durch eine schwarze Jeans/Tshirt-Kombo ersetzt, um nicht die ganze Zeit nur wie ein Alien angesehen zu werden. Aber ich kann beruhigt sagen, dass sich alles, was sich an meinem Styling seitdem geändert hat, nicht durch "Druck" von seiten der Szene geschah.


--- Zitat von: "candide" ---An dieser Stelle verallgemeinerst du viel zu sehr. Natürlich verallgemeinere ich, denn ich betrachte eine Szene als ganzes, nicht alle einzelnen Mitglieder, da wäre ich erstaunlich lange beschäftigt. ;)

Insgesamt fürchte ich, das Du Dich und die Leute um Dich zu sehr auf die Szene projezierst und dadurch die Szene überschätzt - aber eigentlich finde ich das gut, die Szene bräuchte mehr Leute mit Idealen.
--- Ende Zitat ---


Mag sein, und evtl ist das ne Schutzreaktion, damit ich nicht als verbitterter Altgruft ende wie so viele andere, aber was solls. Lieber so als die ganze Zeit nur jammern, wie oberflächlich und unecht doch alles geworden ist, und trotzdem den Absprung nicht schaffen (<- vor dem Mißverständnis: definitiv nicht gegen Dich gerichtet).

Eisbär:

--- Zitat von: "Candide" ---"Bitte sei mir nicht böse, ich lecke Deine Möse".
--- Ende Zitat ---
Bist Du Texter bei Umbra Et Imago :mrgreen:

SCNR
Eisbär

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