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Ukraine

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Jack_N:
Es ist meines Erachtens momentan vor allem schwierig, irgendwie hier eine moralisch-saubere Position einzunehmen ohne gleich wieder von irgendeiner Seite gemobbt zu werden. Vielleicht ist das sogar unmöglich. Gibt genug Dokumentationen über die Situation u.A. im Donbass ca. 2015, die zeigen, dass dort massive russische Einflussnahme auf das gesamte Leben schon Gang und Gäbe war. Irgendwo logisch, dass ein Land sowas sich nicht gefallen lässt, vor allem nach den Vorgängen mit der Krim.
Was da jetzt wie genau sich in den letzten 8 Jahren abgespielt hat kann man mangels objektiver Berichterstattung mit Sicherheit nicht sagen. Ein bisschen hiervon, ein bisschen davon wird sicherlich notwendig sein, um ein Gesamtbild zu erhalten.

Fakt ist aber auch, dass das keinen Angriffskrieg in dieser Form rechtfertigt. Zudem ist es imho höchst bedenklich, wie die russische Staatspropaganda mit dem Ganzen umgeht.

Was man aber auch sagen muss: Russland geht hier nicht nach alter Sowjet-Kampfdoktrin vor. Sonst wäre die Ukraine bereits platt. Die Truppen dafür hätten sie, das Material auch. In der Vergangenheit sah die Doktrin so aus, dass man zuerst mit Luftangriffen und Artillerie die Front in einen Parkplatz verwandelt, und dann die erste Welle vorrücken (und sich aufreiben) lässt - dann wird der Nachschub zum Festigen vorgeschickt, und es geht genau so weiter.
In einem Gebiet wie der Ukraine, mit Wäldern und komplexer Infrastruktur, ist ein Vormarsch nicht so schnell wie im Irak zu erwarten, wo es primär Wüste gibt, durch die man einfach durchbrausen kann.
Um trotz aller Jubelarien das mal ins Verhältnis zu setzen: Russland hat erst 75% seiner vorhandenen Truppen in der Region überhaupt auf das Gelände der Ukraine verfrachtet, noch viel weniger waren in Kampfhandlungen verwickelt. Wenn irgendwas diesen Krieg beenden kann, dann werden das mit Sicherheit keine Waffen sein, sondern Widerstand aus der Bevölkerung oder schlichtweg eine totale Staatspleite.

Die Frage ist halt nun trotzdem: Warum geht Russland nicht "nach alter Manier" hier vor? Wollte man ein sanfteres Vorgehen? Hat man mit mehr Unterstützung in den Separatistengebieten und durch die Ukrainer gerechnet? (vermutlich, deren Präsident hatte ja vor dem Krieg katastrophal schlechte Umfragewerte).
Die Ausstattung der ersten Welle ist jedenfalls passend für "Kanonenfutter": mehrere Jahre abgelaufene Notrationen, zuwenig Sprit und teilweise auch Munition, es fehlt an passender Kleidung und Ausrüstung für die Fahrzeuge.
Das ist aber nicht zwingend jetzt sinnbildlich für die gesamte russische Armee. Zumal jetzt mehr und mehr Waffen in Stellung gebracht werden, die definitiv auf Vernichtung ungeachtet von Kollateralschäden gedacht sind (Z.B. TOS-1, ein Raketenwerfer für u.a. thermobarische Munition).

Warum also der Einmarsch? Wie gesagt, einmal der Artikel, der in russischen Staatsmedien bereits online war und den Sieg feiern sollte (dann aber ganz schnell wieder offline genommen wurde, aber das Internet vergisst nix: https://web.archive.org/web/20220226051154/https://ria.ru/20220226/rossiya-1775162336.html ),
dann gibts natürlich die Punkte, dass die Krim und Donbas und Luhansk rohstoffreiche Regionen sind, und Russland nicht der Ukraine die Ausbeutung dieser Rohstoffe (und die Einnahmen daraus) zugestehen will. Indem man die Ukraine mit Krieg überzieht schadet man zudem Rest-Europa, bis zu 40% unseres Weizen kamen aus der Ukraine.
Die Ukraine liefert übrigens auch weltweit für Russland, Europa und die USA Raketentriebwerke für Weltraummissionen (wird nur meist nicht als beteiligte Nation genannt), hier wird es auch spätestens in einem Jahr zu Engpässen kommen. Durch eine Einnahme könnte also die Raumfahrt der USA und Europas empfindlich getroffen werden (die USA dank SpaceX weniger - wurde lustigerweise u.A. deswegen gegründet, weil damals kein Ost-Staat alte Raketentriebwerke an Elon Musk verkaufen wollte).

Das Land hat schon eine Schlüsselrolle in vielen Bereichen. Darum denke ich auch dass es nach Beendigung des Konfliktes recht schnell wieder aufgebaut werden wird, die Frage ist nur von wem und mit was für Verflechtungen / Voraussetzungen.

schwarze Katze:
Also die russische online-Zeitungen, die putintreu sind, sind jetzt nicht mehr zugänglich.
Nur die oppositionelle "Novaja Gazeta" kann ich lesen.

Eigentlich schade, da man davon auch einiges rauslesen könnte, ohne dabei Putin-Fan zu werden.
(habe schon "Völkische Beobachter" gelesen und bin nicht Nazi geworden)

Jack_N:
Über das Web Archive müsste man die entsprechenden Seiten abrufen können - halt immer erst mit einem Tag Verzögerung. Ansonsten via Proxy, ist aber die Frage obs den Aufwand wert ist.

Die Frage ist halt wirklich: Was kommt von welcher Berichterstattung wo in Russland an? Was wir teilweise über Arbeitskollegen und Bekannte mitbekommen haben ist, dass regional wohl teilweise alle ausländischen Sender wegen "technischer Störungen" in den Satellitenanlagen u.Ä. in größeren Wohneinrichtungen nicht mehr verfügbar sind. Wie es mit dem Internet aussieht kann ich nicht sagen, Telegram-Gruppen scheinen derzeit als alternative Kommunikationsmethode verbreitet.

Aber es ist wie immer: Alle Quellen von allen Seiten sollten hinterfragt werden. Bei der von mir geposteten Seite aus dem Web Archive ists jetzt relativ simpel, das Archive erstellt ja nur Snapshots von Webseiten zu bestimmten Zeiten, und kopiert einfach den Inhalt ins Archiv. D.h. das ist ein 1zu1-Spiegel der Seite zum entsprechenden Zeitpunkt, und man sieht zumindest, was dort mal stand. Immer gut um zu zeigen wie teils auch an mehrere Tage alten Stories rumgedoktort wird.

BaerndME:

--- Zitat von: Jack_N am 01 März 2022, 12:38:19 ---Was da jetzt wie genau sich in den letzten 8 Jahren abgespielt hat kann man mangels objektiver Berichterstattung mit Sicherheit nicht sagen. Ein bisschen hiervon, ein bisschen davon wird sicherlich notwendig sein, um ein Gesamtbild zu erhalten.

--- Ende Zitat ---

Auch mit "ein bisschen hiervon und davon" wirst du keine belastbaren Erkenntnisse bekommen, weil nicht nur der Kreml vermeintlich lügt, sondern auch die Verankerung antirussischer Propaganda bei "uns" im Westen ein ziemlich starke Tradition hat. Es ist schlicht unmöglich, zu erfahren, was wahr ist und was nicht. Von daher trifft der erste hier zitierte Satz zu 100% zu.


--- Zitat von: Jack_N am 01 März 2022, 12:38:19 ---Fakt ist aber auch, dass das keinen Angriffskrieg in dieser Form rechtfertigt.

--- Ende Zitat ---

Ja.


--- Zitat von: Jack_N am 01 März 2022, 12:38:19 ---Was man aber auch sagen muss: Russland geht hier nicht nach alter Sowjet-Kampfdoktrin vor. Sonst wäre die Ukraine bereits platt. Die Truppen dafür hätten sie, das Material auch. In der Vergangenheit sah die Doktrin so aus, dass man zuerst mit Luftangriffen und Artillerie die Front in einen Parkplatz verwandelt, und dann die erste Welle vorrücken (und sich aufreiben) lässt - dann wird der Nachschub zum Festigen vorgeschickt, und es geht genau so weiter.
In einem Gebiet wie der Ukraine, mit Wäldern und komplexer Infrastruktur, ist ein Vormarsch nicht so schnell wie im Irak zu erwarten, wo es primär Wüste gibt, durch die man einfach durchbrausen kann.
Um trotz aller Jubelarien das mal ins Verhältnis zu setzen: Russland hat erst 75% seiner vorhandenen Truppen in der Region überhaupt auf das Gelände der Ukraine verfrachtet, noch viel weniger waren in Kampfhandlungen verwickelt. Wenn irgendwas diesen Krieg beenden kann, dann werden das mit Sicherheit keine Waffen sein, sondern Widerstand aus der Bevölkerung oder schlichtweg eine totale Staatspleite.

Die Frage ist halt nun trotzdem: Warum geht Russland nicht "nach alter Manier" hier vor? Wollte man ein sanfteres Vorgehen? Hat man mit mehr Unterstützung in den Separatistengebieten und durch die Ukrainer gerechnet? (vermutlich, deren Präsident hatte ja vor dem Krieg katastrophal schlechte Umfragewerte).
Die Ausstattung der ersten Welle ist jedenfalls passend für "Kanonenfutter": mehrere Jahre abgelaufene Notrationen, zuwenig Sprit und teilweise auch Munition, es fehlt an passender Kleidung und Ausrüstung für die Fahrzeuge.
Das ist aber nicht zwingend jetzt sinnbildlich für die gesamte russische Armee. Zumal jetzt mehr und mehr Waffen in Stellung gebracht werden, die definitiv auf Vernichtung ungeachtet von Kollateralschäden gedacht sind (Z.B. TOS-1, ein Raketenwerfer für u.a. thermobarische Munition).

--- Ende Zitat ---

Da würden mich jetzt die Quellen interessieren.


--- Zitat von: Black Russian am 01 März 2022, 13:25:04 ---Also die russische online-Zeitungen, die putintreu sind, sind jetzt nicht mehr zugänglich.

--- Ende Zitat ---

RT Deutsch ist noch da.

schwarze Katze:

--- Zitat von: BaerndME am 01 März 2022, 13:40:29 ---

RT Deutsch ist noch da.

--- Ende Zitat ---

die möchte ich gar nicht, sondern einfach russische Zeitungen. Daraus kann jemand, der gelernt hat, zwischen den Zeilen zu lesen, einiges erfahren.

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