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Ist Streaming bald am Ende?

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RaoulDuke:
... und die Auseinandersetzung geht weiter!

Der Hollywood Reporter berichtet von der Entscheidung des Spotify-Gründers, Joe Rogan auf der Plattform zu lassen und druckt eine Mail des Gründers und CEOs Daniel Ek an die Mitarbeiter zu diesem Thema in voller Länge ab. In dieser Mail positioniert sich Ek gegen "canceling voices" und versucht die Wokeness-Advokaten damit zu beruhigen, dass Spotify USD 100 Mio. an marginalisierte Gruppen spenden will - genauso viel, wie in die Joe Rogan Show investiert wurde. Nun, das ist sein Geld bzw. das der Aktionäre, und wenn es Frieden kaufen kann, ist das vielleicht ein guter Deal. Ich werde allerdings im Auge behalten müssen, ob das nun bedeutet, dass Künstler bestimmter Gruppierungen (in Hollywoord gilt bspw. BIPOC als Standard) nun mehr für ihre Musik erhalten sollen als andere. Künster nach Hautfarbe zu bezahlen wäre gegen meine Prinzipien, aber eine Spende ist ja hoffentlich etwas anderes.

Auch Neil Young bezieht Position, indem er Spotify-Mitarbeiter auffordert, ihren ob zu kündigen, weil ihr CEO das Problem sei und nicht Joe Rogan.

Diese Soap Opera hat alles, was mir an diesen woken Schlachten um politische Korrektheit nicht gefällt. Absolute Kompromisslosigkeit, das Erzeugen von Aufmerksamkeit durch Anfachen von Empörungswellen (manche nennen es "outrage marketing"), der Wunsch nach persönlicher Zerstörung des Gegenübers, und ein absehbares schlimmes Ende. Und das aufgrund von vorgeschobenen Fake-Motiven, wie man sehen wird.

Ich wünschte manchmal, ich hätte mit meinen ersten Einschätzungen zu solchen Themen weniger oft recht, aber auch wenn es sehr emotionale Ereignisse sind für viele, folgen sie inhaltlich einer klaren Logik und sind aus meiner Sicht nur zu einem sehr kleinen Teil weltanschauliche Auseinandersetzungen. Am Ende geht es klar um ökonomische Interessen, und die Mobilisierung von Empörungsmobs ist nur ein Mittel zu deren Erreichung. Und weil ich daran so fest glaube, hier noch eine kleine Prognose der Gewinner und Verlierer!

Top-Gewinner: Joe Rogan. Mehr Marketing für lau geht nicht, und wenn er nicht einknickt, erhöht er seine Reichweite enorm, und bei seinen Fans seine Glaubwürdigkeit. Ob das mal ein Präsidentschaftskandidat der Republikaner wird?

Top-Verlierer: Daniel Ek / Spotify. In der Situation kann man nur versuchen, so wenig wie möglich zu verlieren, gewinnen ist nicht mehr drin. Spotify hat mehr als USD 2 Milliarden an Marktwert verloren und nun USD 100 Mio an Aufwand durch Spenden zu verkraften. Mit etwas Pech explodiert der Laden und wird irrelevant.

Zweitplatzierter Gewinner: Neil Young. Vor kurzem wusste kaum einer mehr, wer das ist, aber nun kann er seine Musik einer neuen Generation von Aktivisten verkaufen. Er bringt zudem die Authentizität mit, die so viele neue Stars gern hätten. Ich glaube, das gefällt auch dem Erwerber von 50% seines Song-Katalogs, dem "Hipgnosis Song Fund". Durch die neue Relevanz dürfte sich die Investition im Wert deutlich gesteigert haben. Das freut die Aktionäre des an der LSE notierten Fonds (ISIN GG00BFYT9H72, Kursverlauf hier), und auch die Investoren des Blackstone Tactical Opportunities Funds, die am 12. Oktober 2021 Hipgnosis Kapital für den Ausbau des Geschäftsmodells zur Verfügung gestellt haben. Irgenwo muss die Rendite ja herkommen - ob die Berater der Blackstone-Transaktion mit Hipgnosis, namentlich Goldman Sachs Group, Deloitte sowie die Anwälte Kirkland & Ellis LLP an sowas gedacht haben? Naja, Mr. Young, coole Idee eigentlich: Mehr Rendite durch antikapitalistische Hippie-Wokeness, geht es besser? ;) *

Zweitplatzierter Verlierer: Alle konservativen Podcasts / Künstler. Ich nannte in meinem ersten Post bereits Namen - und just wurde die Werbung für das Dennis Prager-Insitut in der Reichweite auf Spotify eingeschränkt. Wenn man Joe Rogan nicht kriegt, dann ist eben die zweite Reihe dran.

Gewinner auf ganz, ganz lange Sicht: Politische Korrektheit. Empörungsmobs sind eine mächtige Waffe für den, der sie zu instrumentalisieren weiß. Ich bin gespannt, was oder wer als nächstes zerrissen wird. Man hat sich vor kurzem an Quentin Tarantino versucht, ist aber bisher abgeprallt. Es bleibt spannend.

Verlierer auf ganz, ganz lange Sicht: Wir alle. Kunst, Kultur, Dialog und alles andere werden sich künftig immer mehr so aufstellen müssen, dass sie Empörungswellen keine Angriffsfläche bieten. Daher wird es mehr Mainstream geben, mehr Varianten des gleichen geben, aber weniger Wildes, Grenzwertiges, Spannendes und Neues. Keine Angriffsfläche = Verflachung. Wie Quentin Tarantino in einem Interview mit Bill Maher auf HBO sagte: "There has become a thing that's gone on, especially in this last year, where ideology is more important than art. Ideology trumps art. Ideology trumps individual effort. Ideology trumps good. Ideology trumps entertaining."

* Disclaimer: Informationen sind aus öffentlich zugänglichen Quellen recherchiert. Dazu zählen Bloomberg, CNBC, penews, u.a.

BaerndME:

--- Zitat von: RaoulDuke am 08 Februar 2022, 12:29:08 ---Verlierer auf ganz, ganz lange Sicht: Wir alle. Kunst, Kultur, Dialog und alles andere werden sich künftig immer mehr so aufstellen müssen, dass sie Empörungswellen keine Angriffsfläche bieten. Daher wird es mehr Mainstream geben, mehr Varianten des gleichen geben, aber weniger Wildes, Grenzwertiges, Spannendes und Neues. Keine Angriffsfläche = Verflachung. Wie Quentin Tarantino in einem Interview mit Bill Maher auf HBO sagte: "There has become a thing that's gone on, especially in this last year, where ideology is more important than art. Ideology trumps art. Ideology trumps individual effort. Ideology trumps good. Ideology trumps entertaining."

--- Ende Zitat ---

Wenn wir heute schon so weit sind, dass wir Podcasts ganz ernsthaft unter "Kunst" einordnen, und zwar so sehr, dass wir die gesamte Kunst bedroht sehen, nur weil ein Podcast einem Cancelculture-Angriff ausgesetzt ist, dann hat die Kunst ohnehin verloren.

Den Transport rechtsradikalen und lebensgefährlichen Gedankenguts müssen wir als Gesellschaft auch weiterhin im Visier behalten und achtsam sein, denn niemand möchte ein zweites '33 und noch mehr Coronatote, als wir eh schon haben. Das ist richtig und wichtig und auch die Kunst darf davon nicht ausgenommen werden.
Niemand lässt sich einfallen, die Onkelz, Rammstein, Hanzel und Gretyl oder Laibach (die alle nicht vergleichbar sind) zu zensieren, und das hat auch gute Gründe, hier zeigt sich meines Erachtens nach sehr gut, was Kunstfreiheit bedeutet und wo sie zum tragen kommen sollte.

RaoulDuke:

--- Zitat von: BaerndME am 08 Februar 2022, 13:08:18 ---Den Transport rechtsradikalen und lebensgefährlichen Gedankenguts müssen wir als Gesellschaft auch weiterhin im Visier behalten und achtsam sein, denn niemand möchte ein zweites '33 und noch mehr Coronatote, als wir eh schon haben.
--- Ende Zitat ---

Naja, wenn es um Leben und Tod geht, und um Rechtsradikalismus, und das alles notwendig ist, um Hitlers unmittelbar bevorstehende Machtergreifung zu verhindern, dann kann natürlich kein Preis zu hoch sein, um einen Weltkrieg und den Holocaust abzuwenden. Aber ist das die Situation? Bist Du Dir da sicher?

Könnten nicht auch die anderen genannten Argumente eine Rolle spielen?

Und wenn nein - warum eigentlich nicht?

BaerndME:

--- Zitat von: RaoulDuke am 08 Februar 2022, 13:17:21 ---Naja, wenn es um Leben und Tod geht, und um Rechtsradikalismus, und das alles notwendig ist, um Hitlers unmittelbar bevorstehende Machtergreifung zu verhindern, dann kann natürlich kein Preis zu hoch sein, um einen Weltkrieg und den Holocaust abzuwenden. Aber ist das die Situation? Bist Du Dir da sicher?

Könnten nicht auch die anderen genannten Argumente eine Rolle spielen?

Und wenn nein - warum eigentlich nicht?

--- Ende Zitat ---

2 Unterschiedliche Dinge.
1. Den Link hatte ich schon mehrfach gepostet, daher lasse ich es, aber in dem Moment, wo Menschen andere Menschen davon überzeugen, dass das Virus nicht existent und/oder Impfung und bzw. medizinische Hilfe im Krankenhaus schädlich seien, kostet das Menschenleben. Punkt.
2. Wir erleben in den letzten 10 oder 15 Jahren ein sehr amtliches Erstarken einer etwas "subtileren" Rechten, die sich selbst als "bürgerlich" bezeichnet. Noch geht es nicht darum, die Juden endgültig zu vernichten, man begnügt sich damit, an der Grenze scharf auf Flüchtlinge schießen zu wollen. Das ist nicht die Situation, in der wir einen 2 Hitler verhindern müssen, sondern es ist die Situation, in der die Alarmglocken anspringen und ein großes "wehret den Anfängen" im Raum stehen sollte.

RaoulDuke:
Wie gesagt, ich kenne den Joe Rogan Podcast nicht, und wenn dort von Hitler geschwärmt wird, das Beschießen von Menschen propagiert oder pausenlos einseitig Verschwörungstheorien zu Corona verbreitet werden, dann ist das wohl kein guter Podcast.

Aber ich verstehe den Zusammenhang mit der "subtileren Rechten" nicht. Fällt meine Analyse der handfesten ökonomischen Interessen aus Deiner Sicht unter solche Denkmuster? Die Aussagen zur Wokeness? Die Tarantino-Aussagen?

Ist Spotify aus Deiner Sicht rechts, wenn es nicht tut, was Neil Young will?

Ich verstehe es wirklich nicht. Vielleicht scheitere ich schon daran, dass ich irgendwie nicht mehr weiß, was rechts ist.

Aber ich meine das durchaus ernst: Ich nehme gern Informationen entgegen. Bei mir geht nur der Alarmsensor an - wenn der Eindruck aufkommt, meine Analysen und Gedanken hier seien rechts, muss ich etwas tun.

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