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Facebook down - Hintergründe
Jack_N:
Da sind mal ein paar große Dienste down, und sofort drehen überall die Leute ab. Sachen wie "Facebook down" und "Whatsapp down" trenden - auf Twitter, denn woanders kann mans grad ja nicht posten :D
Das Timing ist interessant, denn es kommt gerade kurz nach der Aussage einer Ex-Facebook-Mitarbeiterin (die für die Aussage übrigens sich ins Zeugenschutzprogramm der US-Regierung begeben hat!), dass Facebook seine Algorithmen rein auf das Zeigen von Postings optimiert hat, die Wut in Menschen auslösen. Hintergrund: Facebook hat seit Jahren mit sinkender Nutzeraktivität zu kämpfen gehabt, d.h. die Leute klicken einfach weniger, sehen so auch weniger Werbung etc... Nun haben sie versucht ihren Algorithmus, der einem irgendwas zeigt, so zu optimieren, dass die Leute wieder angeregt werden etwas zu schreiben und irgendwohin zu klicken.
Sie haben rausgefunden, dass Wut die Emotion ist, die am ehesten die User dazu verleitet aktiv zu werden. Viele Mitarbeiter haben hier versucht ihr Veto einzubringen, und die Förderung von positiven Emotionen gefordert - das war aber finanziell nicht einträgig genug.
Was hat das aber jetzt mit dem Ausfall zu tun?
Nun, es wurde zunächst vermutet, dass ein DNS-Fehler hier verantwortlich wäre. DNS-Server sind die Dinger, die aus www.blabla.com eine IP-Adresse machen, so dass man sich keine Zahlenkombis für jede Seite merken muss. Wenn da die Einträge nicht mehr stimmen müsste man die Facebook-Server aber noch über ihre IP-Adressen erreichen können - das geht aber nicht mehr.
Was hier passiert ist: Die BGP-Einträge für Facebook und all seine Töchter sind weg. BGP, das Border-Gateway-Protokoll, sorgt dafür, dass die Daten zwischen all den passiven Knoten im Netz hin- und herfließen. Sowas wie n Verkehrspolizist, der alles in die richtige Richtung winkt.
Steht da kein Männchen und winkt, dann... kommt auch nix an.
Das Interessante jetzt: Da Facebook seine eigenen DNS-Server betreibt, hat es auch Kontrolle über seine eigenen BGP-Einträge. Die sind aber alle zurückgezogen worden, was nur von FB selbst erledigt werden kann.
Entweder hat also jemand dort auf den großen roten Panikknopf gedrückt, oder aber ein paar Mitarbeiter sind da richtig am Durchdrehen und wollen Zuck mal zeigen was fürn Arsch er ist.
Passend dazu ja auch die Instagram-Enthüllung: Es ist den Machern dort bekannt, dass sie durch das Pushen ihrer Postings Minderwertigkeitskomplexe und psychische Probleme in 1/3 der jungen Mädchen die den Dienst nutzen hervorrufen. Zuckerberg hat bei seiner Befragung vor dem Kongress das so formuliert, dass die Mehrheit der Nutzer von Instagram profitiert.
Ja gut, kann man so auch ausdrücken, nech?.
Ich bin jetzt mal gespannt was los ist. Egal ob absichtlich oder ein Versehen, die Verantwortlichen für den jetzigen Ausfall sind ihren Job wohl los. Bin eher gespannt ob sie irgendwo gevierteilt wieder auftauchen, mit Beton an den Füßen eben nicht auftauchen, oder ob man ihnen "nur" Hundertschaften von Anwälten auf den Hals hetzt.
Wenn es aber wirklich der "Panic-Button" war... angeblich gibts ja bei FB eben einen solchen, der das komplette Netz offline nimmt und alle möglicherweise als Beweismittel tauglichen Server weltweit in den Büros löscht, weswegen diese auch immer ne permanente Verbindung zum Mutterstandort haben müssen (in Hamburg im FB-Office werden ja offenbar sogar die Kameras vor Ort in den USA ausgewertet). Das ist aber mehr Gerücht, wobei ich es nicht für unmöglich halten würde - bei größeren Projekten, die die Chance haben rechtlich aus dem Ruder zu laufen, ist so eine Kill&Delete-Funktion meiner Erfahrung nach nicht unüblich.
RaoulDuke:
Ich finde das ausgesprochen interessant, und es bestätigt mich, aber auch viele andere in ihren Befürchtungen.
--- Zitat von: Jack_N am 04 Oktober 2021, 23:47:45 ---Das Timing ist interessant, denn es kommt gerade kurz nach der Aussage einer Ex-Facebook-Mitarbeiterin (die für die Aussage übrigens sich ins Zeugenschutzprogramm der US-Regierung begeben hat!), dass Facebook seine Algorithmen rein auf das Zeigen von Postings optimiert hat, die Wut in Menschen auslösen. Hintergrund: Facebook hat seit Jahren mit sinkender Nutzeraktivität zu kämpfen gehabt, d.h. die Leute klicken einfach weniger, sehen so auch weniger Werbung etc... Nun haben sie versucht ihren Algorithmus, der einem irgendwas zeigt, so zu optimieren, dass die Leute wieder angeregt werden etwas zu schreiben und irgendwohin zu klicken.
Sie haben rausgefunden, dass Wut die Emotion ist, die am ehesten die User dazu verleitet aktiv zu werden. Viele Mitarbeiter haben hier versucht ihr Veto einzubringen, und die Förderung von positiven Emotionen gefordert - das war aber finanziell nicht einträgig genug.
Passend dazu ja auch die Instagram-Enthüllung: Es ist den Machern dort bekannt, dass sie durch das Pushen ihrer Postings Minderwertigkeitskomplexe und psychische Probleme in 1/3 der jungen Mädchen die den Dienst nutzen hervorrufen. Zuckerberg hat bei seiner Befragung vor dem Kongress das so formuliert, dass die Mehrheit der Nutzer von Instagram profitiert.
Ja gut, kann man so auch ausdrücken, nech?.
--- Ende Zitat ---
Wer mehr Informationen über die von der Facebook-Mitarbeiterin, Frances Haugen, die als Produktmanagerin in der "Civic Integrity Division" tätig war, lesen möchte, der sei auf die entsprechende Artikelserie des Wall Street Journal verwiesen. Da sich die Artikel hinter einer Paywall befinden, helfen diverse andere Artikel weiter - die jedoch (wie auch das WSJ selbst) in die politische und ökonomische Färbung ihrer Medienkonzerne eingeordnet werden sollten. Wer alle Informationen will, sollte die Story also an mehreren Stellen nachlesen, beispielsweise bei der BBC, The Verge und vielleicht noch The Podcast of the Lotus Eaters. Das ist nicht irgendein dummes Geschrei auf der Suche nach Aufmerksamkeit in den Medien, es handelt sich um die Manipulation des Verhaltens von Milliarden von Menschen. Erstaunlich, dass bestimmte Bereiche der Medien das Ganze komplett ignorieren oder sich auf irgendein unwichtiges Detail fokussieren - vielleicht um sich nicht vorwerfen zu lassen, hier wäre eine "memory hole"-Strategie zum Einsatz gekommen. Vielleicht, aber das ist natürlich nur reine Spekulation, machen diese Medien es ja in ihrem Geschäftsmodell genauso und wollen auch negative Emotionen zur Steigerung der Auflage schüren.
--- Zitat von: Jack_N am 04 Oktober 2021, 23:47:45 ---Was hat das aber jetzt mit dem Ausfall zu tun?
Nun, es wurde zunächst vermutet, dass ein DNS-Fehler hier verantwortlich wäre. DNS-Server sind die Dinger, die aus www.blabla.com eine IP-Adresse machen, so dass man sich keine Zahlenkombis für jede Seite merken muss. Wenn da die Einträge nicht mehr stimmen müsste man die Facebook-Server aber noch über ihre IP-Adressen erreichen können - das geht aber nicht mehr.
Was hier passiert ist: Die BGP-Einträge für Facebook und all seine Töchter sind weg. BGP, das Border-Gateway-Protokoll, sorgt dafür, dass die Daten zwischen all den passiven Knoten im Netz hin- und herfließen. Sowas wie n Verkehrspolizist, der alles in die richtige Richtung winkt.
Steht da kein Männchen und winkt, dann... kommt auch nix an.
Wenn es aber wirklich der "Panic-Button" war... angeblich gibts ja bei FB eben einen solchen, der das komplette Netz offline nimmt und alle möglicherweise als Beweismittel tauglichen Server weltweit in den Büros löscht, weswegen diese auch immer ne permanente Verbindung zum Mutterstandort haben müssen (in Hamburg im FB-Office werden ja offenbar sogar die Kameras vor Ort in den USA ausgewertet). Das ist aber mehr Gerücht, wobei ich es nicht für unmöglich halten würde - bei größeren Projekten, die die Chance haben rechtlich aus dem Ruder zu laufen, ist so eine Kill&Delete-Funktion meiner Erfahrung nach nicht unüblich.
--- Ende Zitat ---
Wow, ich finde es immer wieder interessant, welche Einblicke man so haben kann, wenn man eine bestimmte Brille aufhat. Ich bin dezidierter Nicht-Techniker, aber ich bringe auch eine Brille mit. Von einer solchen Funktion habe ich in Projekten, in denen ich mitgearbeitet habe, noch nie gehört. Aber was ich sagen kann ist, dass unethisches Verhalten etwas ist, das niemand gerne mag - insbesondere aber solche Leute nicht, die damit assoziiert werden könnten. Ob manche Social Media-Konzerne auf die gleiche Liste gehören wie bestimmte Waffenhersteller oder Produzenten extrem umweltschädlicher Technologien wie etwa Fracking? Gerüchten zufolge gibt es solche Listen bei bestimmten Unternehmen, die gelegentlich vor der Überlegung stehen, irgendwo eine Investition zu tätigen oder eben nicht.
Jack_N:
Naja, mein letzter Absatz bezog sich auch darauf, dass es schlichtweg auch Projekte gibt, bei denen man halt z.B. mit Userdaten hantiert, und die nach bestem Wissen und Gewissen abgesichert hat.
Kommt es aber jetzt dennoch zu einem Einbruch in die Server, und man bekommt das mit, kann aber nichts dagegen aktiv tun, so haben einige Projekte hierfür eine Notfallfunktion implementiert, die in dem Fall lieber die gesamte Datenbank und Software löscht (Backups nicht betroffen), als die Daten weiterhin Angreifern zugängig zu machen, oder aber - falls man z.B. ein Sicherheitsdetail übersehen hat - einen eklatanten und sehr teuren DSGVO-Verstoß zu begehen.
Das kann auch rein auf Betriebssystemebene passieren, man kann z.B. sämtliche Netzwerkverbindungseinstellungen mit Nonsens-Daten überschreiben, so dass keine Daten der Rechner mehr nach außen geraten können und man manuell an die Maschinen ran muss um das zu korrigieren (wenn man es nicht so destruktiv mag und vermutet noch Kontrolle über die Systeme zu besitzen).
Es geht aber tatsächlich soweit, dass für hochkritische Daten sogar SSDs mit integrierten Kill-Schaltkreisen vorhanden sind, die die Speicherchips durch Überladung zerstören wenn beispielsweise das Laufwerk aus dem Rechner entnommen und in einen anderen eingebaut wird, oder aber die Passwortabfrage nicht korrekt beantwortet wird. Klingt etwas James-Bond-mäßig, oder nach Mission Impossible, aber gibts tatsächlich.
Bei Fratzenbuch handelte es sich jedoch wohl eher um eine simple Fehlkonfiguration, die dann kaskadenartig aber ihre gesamten Systeme lahmgelegt hat. Witzigerweise wohl wirklich alles, weshalb die Fehlerbehebung auch so lange dauerte - angeblich kamen Mitarbeiter nichtmal mehr ins Gebäude, weil die Türschließanlage nicht mehr funktionierte.
Was während der Zeit an Daten aber von Servern entfernt wurde kann natürlich niemand nachvollziehen, schon gar nicht von außen (Akte-X-Melodie pfeif).
Der Facebook- und Whatsapp-Ausfall hatte übrigens weltweit gewaltige Auswirkungen auf alles Mögliche.
In Lateinamerika und Asien sowie Teilen Afrikas haben viele kleine Geschäfte keine Telefonleitungen und keine Email-Adresse. Der gesamte Kontakt mit den Kunden läuft dort via Whatsapp.
D.h. dort war teilweise für nen gesamten Werktag die Kommunikation tot.
Viele Seiten und Dienste ermöglichen ein Social-Login über Google- oder eben Facebook-Konten. All diese Logins funktionierten nicht mehr, das ging von Fifa-Spielern auf Spielkonsolen, die ihre Daten nicht abrufen konnten bis hin zu Diensten wie Wlan-Zugängen, die man z.B. an Unis auch über solche Logins absichern kann.
Da hing ein riesiger Rattenschwanz an nicht mehr funktionierender Infrastruktur dran.
Und natürlich die ganzen Oculus-Rift-Nutzer, die ein neueres Modell der 3D-Brille haben, welches ohne Facebook-Konto schlichtweg nicht funktioniert. Keine Downloads, kein Einkaufen im Store, immerhin funktionierten bereits runtergeladene Titel meist problemlos - sofern sie kein Udpate brauchten.
RaoulDuke:
Für meinen Geschmack hat Facebook schlicht zuviel Macht. Das tut aus technischen Gründen der Infrastruktur und dem Markt nicht gut, und aus Gründen der Algorithmus-Adjustierung der Gesellschaft, der Demokratie, der Jugend, dem eigenen Freundeskreis und einem selbst nicht gut. Oh, und absichtlich, weil es so gebaut es - nicht als Nebeneffekt, sondern bewußt, bekannt und zumindest indirekt angestrebt. Das finde ich so neu an den Facebook Papers - es ist kein Fehler, es ist nicht irgendwie entstanden, es ist das Ergebnis planvollen Handelns.
Wenn Jugendliche so stark unter Facebook und Instagram leiden, und immer mehr negative Emotionen sich in der Nutzerschaft ausbreiten - und man befördert das sogar, um Häufigkeit und Intensität der Nutzung zu erhöhen ("user engagement"), dann ist das falsch. Wenn man erfährt, dass insbesondere junge Nutzer ein Suchtverhalten an den Tag legen und die Plattform zugleich lieben und hassen und dabei nicht mehr ohne sie können, ohne die kurzen Dopamin-Kicks aus Likes und permanenten Benachrichtungen, ist es einfach unmoralisch, noch eine "preteen-Plattform" bauen zu wollen, um Nutzer an sich zu binden, die wegen des Mindestalters von 13 Jahren noch keine Accounts haben dürfen.
Ich habe mal in einen Artikel darüber gelesen, wie kurz für junge Mädchen der Weg von Tik Tok zu Onlyfans sein kann, und wenn ich bei Tik Tok "dancing girls" eingebe, erfahre ich auch schnell, warum. Nach meinem Verständnis ist Tik Tok eine Tanz- und Rumalber-Plattform, aber der Strudel aus kleinen Filmchen beginnt sehr schnell sich um das zu drehen, was sich auch in der Musikindustrie zeigt: Sex sells. Also nicht explizit, aber die Grenze wird sehr schnell sehr fließend.
Ich will nicht den Moralapostel spielen, aber gerade für so junge Menschen ist das ein Spiel mit dem Feuer, das wirklich gefährlich werden und auch unschön ausgehen kann.
BaerndME:
--- Zitat von: RaoulDuke am 05 Oktober 2021, 12:27:29 ---Für meinen Geschmack hat Facebook schlicht zuviel Macht. Das tut aus technischen Gründen der Infrastruktur und dem Markt nicht gut, und aus Gründen der Algorithmus-Adjustierung der Gesellschaft, der Demokratie, der Jugend, dem eigenen Freundeskreis und einem selbst nicht gut. Oh, und absichtlich, weil es so gebaut es - nicht als Nebeneffekt, sondern bewußt, bekannt und zumindest indirekt angestrebt. Das finde ich so neu an den Facebook Papers - es ist kein Fehler, es ist nicht irgendwie entstanden, es ist das Ergebnis planvollen Handelns.
--- Ende Zitat ---
Das ist alles soooo übel.
Ich hatte ja dieses Jahr schon 3 Monate Facebookpause.
Ich hänge da aber wieder drin. Wie an der Nadel.
Ich muss da raus. Ich muss was radikales machen.
Es tut mir nicht gut, und jetzt weiß ich auch, warum.
Ich hab schon immer auf diese Scheiß Kackseite geschimpft, es gehasst und mich whatsapp verweigert.
Dass ich so sehr Recht hatte, betrübt mich.
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