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Das Desinformationszeitalter?

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Eisbär:
Moin zusammen,

Anlass ist die Propaganda der INMS: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/initiative-neue-soziale-marktwirtschaft-propaganda-fuer-die-welt-von-vorgestern-a-904a71b4-e5f0-4ed5-83d6-e2ee19424142

wir alle kennen die riesigen Vorteile des Internets: fast alle Informationen sind jederzeit überall für jedermann verfügbar. Außerdem kann jeder neue Informationen online stellen. Aber immer mehr und immer öfter werden diese Möglichkeiten genutzt, um Falschinformationen zu verbreiten.
Falschinformationen, auch vorsätzliche, gab es natürlich schon immer, aber noch nie fanden diese in derartigem Umfang Zugang in die Öffentlichkeit - und ich rede dabei nicht mal von den zahlreichen Satiren, die noch hinzukommen, wenn sie missinterpretiert werden.
Das ist bestenfalls lästig, wie z. B. der Mythos der vorgetäuschten Mondlandung oder die flache Erde, schlimmstenfalls gefährdet es den Fortbestand der Menschheit, wie z. B. die Leugnung des anthropogenen Klimawandels oder die Behauptung, der Markt würde alles regeln.

Wirklich problematisch ist es, wenn diese Falschinformationen von kapitalstarken Organisationen verwendet wird, um politischen Einfluss auszuüben, Parteien zu (unter)stützen, die anfällig(er) für korrupten Lobbyismus (Union, FDP) oder sogar demokratiefeindlich (AfD, NPD) sind; das ist der Terrorismus der Mächtigen.
Wenn man dann noch bedenkt, dass sich Studien zu Folge Falschinformationen deutlich schneller und weiter verbreiten als die Richtigstellungen, ist das umso problematischer.

Die Frage ist, wie man diesem Problem begegnet, ohne die Meinungsfreiheit einzuschränken, die ein absolut hohes Gut (und das zu Recht) ist? Wie zieht man die Ersteller und wie die Verbreiter von Falschinformationen für diese und ihre Folgen zur Rechenschaft? Wie schafft man sie wieder aus der Welt und wie sorgt man dafür, dass die Richtigstellungen mindestens die erreichen, die auch von den Falschinformationen erreicht wurden. Wie verhindert man am besten gleich, dass Falschinformationen erstellt werden?
Welche neutrale Stelle entscheidet bei ernsthaft umstrittenen Themen, was wahr und was gelogen ist? Es ist ja nicht alles so eindeutig wie die eingangs genannten Beispiele. Wobei man zumindest bei umstrittenen Themen als seriöser Journalist sagen könnte, dass es umstritten ist.

Welche Lösungsvorschläge habt Ihr für das wachsende Problem?



BaerndME:
Gutes Thema.
Schwere Fragen.

RaoulDuke:

--- Zitat von: Eisbär am 19 Juni 2021, 15:42:44 ---Welche Lösungsvorschläge habt Ihr für das wachsende Problem?

--- Ende Zitat ---

Um Falschinformationen verhindern, verbieten oder bestrafen zu können, muss man für Informationen zweifelsfrei bestimmen können, welche falsch und welche richtig sind. Das ist nur bei einer Teilmenge von Informationen überhaupt möglich, und selbst von dieser Teilmenge nur zu einem Teil praktikabel.

Ein Beispiel wäre hier die These, dass das Corona-Virus einem Laborunfall entstammen könnte. Zuerst habe ich darüber bei einem Finanzblog gelesen, das anschließend als rechtsradikal bezeichnet wurde (bei Wikipedia wird es immer noch so geführt, beschäftigt sich aber im Wesentlichen mit Börsenentwicklungen), die Verbreitung der Informationen bzw. des Links über Facebook wurde eingeschränkt. Auf Facebook war es nur noch erlaubt, den offiziellen Standpunkt der WHO zu verbreiten, nach der ein Laborunfall auszuschließen sei. Zudem hatte Trump diese These angeführt, woraufhin er von der Presse als ein Lügner und Propagandist dargestellt wurde.

Also ich kann selbst überhaupt nicht beurteilen, woher das Corona-Virus kommt. Dass es in der Stadt ausgebrochen ist, in der sich ein Labor mit der Analyse und Gain-of-Function-Experimenten zur erhöhten Übertragbarkeit von Coronaviren beschäftigt, die von Fledermäusen und anderen Tieren stammen, kann ein totaler Zufall sein. Kommt mir zwar nicht so vor, aber ich weiss es eben nicht. Wenn jemand sagt, die Wahrscheinlichkeit sei 0% und dieser jemand ist die WHO, dann richte ich mich danach.

Jetzt allerdings kommt President Biden um die Ecke und bittet die Geheimdienste, dieser Fährte nachzugehen. Man konnte lesen, ein Laborunfall gelte nicht mehr als ausgeschlossen, nicht einmal mehr als sehr unwahrscheinlich, da Mitarbeiter des Labors im Herbst 2019 dokumentiert an grippeähnlichen Symptomen erkrankten und es zuvor bereits Unfälle in dem Labor gegeben habe.

Mein Problem ist nun: Was ist die Falschinformation? Dass das Virus aus einem Labor kommt? Dass es nicht aus einem Labor kommt?

Und was wäre, wenn man aufgrund dieser Informationen dem vermeintlich rechtsradikalen Finanzblogs (das im übrigens ein steter Quell interessantester Informationen ist, die man dort erstaunlich oft zuerst las) den Server abgeklemmt hätte? Was wäre, wenn alle Untersuchungen eines möglichen Unfalls verboten worden wären oder unter Strafe gestellt? Oder vielleicht ist das ja jetzt Fake News, und die Unfallhypothese könnte wirklich widerlegt werden?

Ich fühle mich manchmal hilflos beim Lesen der Nachrichten, weil ich den Eindruck gewinne, dass sowieso mindestens 50% gelogen oder verbogen sind, nur weiss ich nicht, welche... Und vielleicht nicht einmal die Redakteure.

Wen könnte man denn anrufen, wenn man belegen möchte, dass eine These falsch ist? Das geht wie gesagt nur für ganz kleine Mengen von Problemen, und selbst das wird nicht überall akzeptiert. Auf Twitter wurde ernsthaft argumentiert, 2+2 könne doch auch 5 sein...

Alte Pizza:
Ich vermisse mein Aufnahmegerät. Habe über 10 Jahre redaktionell und journalistisch bei einem freien Radio Sender gearbeitet.

Ein Regisseur meinte mal zu mir, ich würde Fragen stellen, die er noch nie vorher gehört hat.

Seit über 10 Jahren recherchiere und agiere ich zum Thema "Emotionale Gewalt im Elternhaus und durch Menschen, die in helfenden Berufen arbeiten". Was da an falsche Informationen verbreitet wird, ist unglaublich.

RaoulDuke:
Wow, das ist interessant. Ich habe eigentlich nur sehr selten Leute mit einem journalistischen Hintergrund in der realen Welt kennenlernen dürfen - und wenn, war höchste Vorsicht angesagt.

Ich finde es immer wieder erschreckend, was ich alles Falsches in den Medien finde zu Themen, mit denen ich mich wirklich auskenne. Ich meine dabei gar nichts Berufliches (obwohl das auch dort der Fall ist), sondern beispielsweise über Hobbies, Lebensweisen oder Kultur. Wenn der Wahrheitsgehalt bei den Artikeln über Themen, mit denen ich mich nicht auskenne, genau so hoch ist wie bei Themen, mit denen ich mich auskenne, dann sieht es echt ziemlich übel aus für die Presse.

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