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Autor Thema: Real Life  (Gelesen 10345 mal)

Mishima

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Real Life
« am: 29 Dezember 2012, 17:18:42 »

Was hat es eigentlich mit diesem Real Life auf sich?
Höre das in letzter Zeit von gewissen Kumpels immer öfter.
Klar weiß ich, dass der Begriff aus der Online-Gamer-Szene kommt und ich dachte bis heute auch, ich wüsste wie das zu verstehen ist.
Aber so länger ich grade darüber nachdenke, tuen sich mir ein paar Fragen auf.
Zum Beispiel:
-Wenn es ein Real Life gibt, gibt es dann ein Leben, das nicht real ist?
-Und wenn ein Leben nicht real ist, wie ist dieses dann als Leben zu verstehen?
-Und wenn umgekehrt das Real Life extra einen Neologismus braucht, muss ich dann davon ausgehen, dass derjenige, der von diesem Begriff täglichen Gebrauch macht, vom "realen Leben" nicht als Normalzustand ausgeht?
Und jetzt die Masterfrage:
-Wirkt das auf noch jemanden ein bisschen sozialphobisch oder verstehe ich diese Idee nur falsch?
Wenn ich z.B. online über eine Verabredung informiere, sage ich z.B. ich treffe mich mit Kumpels um 9 aufm Kiez und nicht ich treffe Leute im "RL". XD
Man kann jetzt natürlich sagen, dass es sich nur um sprachliche Variationen handelt und das beides das selbe bedeutet, aber irgendwie hat letzteres für mich einen pathologischen Beigeschmack.
Fasse ich natürlich nicht immer so auf, sondern kommt auf die Person und die Situation drauf an.
Mal abgesehen davon, dass das Wort schon in sich totaler Quatsch ist, wie so viele neue Kunstbegriffe.
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Dana

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Re: Real Life
« Antwort #1 am: 29 Dezember 2012, 19:06:34 »

Ehrlich? Ich habe eher das Gefühl, dass die Hochzeit RL vs. VL schon wieder vorbei ist. Allerdings habe ich mir da seinerzeit ähnliche Gedanken zu gemacht.

Möglicherweise ist alles, was nicht zum Real Life gehört, dass, was auf die Realität keine direkten Auswirkungen hat, beispielsweise stirbt normalerweise niemand, wenn in WoW ein Charakter geköpft wird. Insofern wäre also alles, was gewissermßen im Rahmen eines Rollenspieles getan wird, nicht zum Real Life gehörig, sondern wäre Teil des virtuellen Lebens, in dem man nur eine Rolle spielt und die Handlungen dieser Rolle ihre eigentliche Wirkung auch nur auf andere Rollen entfalten können.
Allerdings kann man beides meiner Meinung nach nicht komplett trennen, denn durch das Eintauchen in die virtuelle Realität ändert sich ja auch die, in der man nicht als Elfe durch Wälder ziehen kann.

Bezogen auf so etwas wie Verabredungen würde ich sagen, dass der Begriff falsch verwendet wird- denn eine Verabredung, die ich Internet treffe, hat ja genau die Wirkung (ich habe dann und dann da zu erscheinen), wie eine, die ich von Angesicht zu Angesicht abgemacht habe.

Und sozialphobisch? Ich sag mal ganz übertrieben, dass jeder, der sich im Internet wirklich hinter einer Rolle versteckt und diese voll auslebt- sei es in entsprechenden Spielen oder auch in Foren- doch irgendwie Schiss inner Büx hat, dass jemandem das wahre Ich nicht passt.
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Mishima

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Re: Real Life
« Antwort #2 am: 29 Dezember 2012, 19:40:06 »

Und sozialphobisch? Ich sag mal ganz übertrieben, dass jeder, der sich im Internet wirklich hinter einer Rolle versteckt und diese voll auslebt- sei es in entsprechenden Spielen oder auch in Foren- doch irgendwie Schiss inner Büx hat, dass jemandem das wahre Ich nicht passt.
Gutes Argument! :)
Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob nicht viele unter dem Deckmantel der Anonymität, nicht erst recht ihre wahre ungeschönte Fratze zeigen. Hat natürlich auch was von Hose voll, wenn man im "Real Life" nicht sein wahres Gesicht zeigen kann. Aber glaub mir, ich bin im Alltag genau so ein Arschloch wie hier. XD
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Dana

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Re: Real Life
« Antwort #3 am: 29 Dezember 2012, 19:51:49 »

Gutes Argument! :)
Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob nicht viele unter dem Deckmantel der Anonymität, nicht erst recht ihre wahre ungeschönte Fratze zeigen. 

Das ist eben das andere Extrem. Aber dann wird die Attitüde ja auch nicht an eine Rolle angepasst, sondern ist praktisch "real life", wenn auch paradoxerweise nur im virtuellen Leben zu finden.
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Mishima

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Re: Real Life
« Antwort #4 am: 29 Dezember 2012, 20:05:36 »

Was vielen fehlt ist glaube ich Authentizität.
Ich untermale im "RL" meine teils grenzwertigen Äusserungen mit entsprechender Gestik und Mimik und mit humoristischen Randkommentaren, wodurch mir komischer Weise niemand meine Art übel nimmt, auch wenn jemand anderer Ansicht ist.
Man erkennt sich so gegenseitig als Original.
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Dana

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Re: Real Life
« Antwort #5 am: 29 Dezember 2012, 20:15:27 »

:(
Ich untermale im "RL" meine teils grenzwertigen Äusserungen mit entsprechender Gestik und Mimik und mit humoristischen Randkommentaren, wodurch mir komischer Weise niemand meine Art übel nimmt, auch wenn jemand anderer Ansicht ist.
Man erkennt sich so gegenseitig als Original.

Das ist außerhalb des Internets auch viel einfacher. Egal wie schnell Chat möglich ist, dauert das Übermitteln und Tippen halt länger als direkte Kommunikation. Und, wie bei dir ja durchklingt, Tonfall, Gestik und Mimik sind Interpretationsräume und ein "möglicherweise".

Allerdings, wenns so ist, wie du es beschreibst, bist du ja im Internet doch extremer als im direkten Kontakt. Bedeutet das dann nicht, dass auch du von der Anonymität hier profitierst und sie ausnutzt? Denn wie aus deinem Post hervor geht, gehst du ja sonst viel vertuschender mit deiner Art um.
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Mishima

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Re: Real Life
« Antwort #6 am: 29 Dezember 2012, 20:25:41 »

Tue ich das? Woraus schlussfolgerst du das?
Sind halt zwei verschiedene Medien.
Vieles was ich hier im Forum äussere, sind stark hypothetische Gedankenspiele und spiegeln nicht zwangsläufig meine wahren Ansichten wieder. Das bedeutet aber nicht, dass ich etwas vertusche, nur weil ich keine klaren Statements abgebe. Es geht mir oft nur um die philosophische und psychologische Arbeit, an der ich andere Leute mit frischen Ideen mitwirken lasse.
Im Alltag halte ich aber auch nicht mit meinen Äusserungen hinterm Zaun. Kann keinen wesentlichen Unterschied erkennen.
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Dana

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Re: Real Life
« Antwort #7 am: 29 Dezember 2012, 20:35:30 »

Du hattest geschrieben, dass du im Alltag deine Kommentare des Öfteren mit Gestik, Mimik und humoristischen Zwischenkommentaren etwas auflockerst, weswegen dir deine Art nicht übel genommen wird.

Da du zumindest die ersten beiden hier nicht anwenden kannst, aber dennoch nach deinen eigenen Worten "Genau so ein Arschloch bist wie im Alltag", lässt sich daraus schlussfolgern, dass du hier kein Problem damit hast,  ohnedem auszukommen, im direkten Kontakt jedoch nach deinen Worten nicht darauf verzichten willst.
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Re: Real Life
« Antwort #8 am: 29 Dezember 2012, 20:40:03 »

Hmm, interessante Analyse.
So habe ich das noch gar nicht gesehen. ;)
Aber dies ist wohl mehr ein technisches Problem, als ein ideelles.
Das eine ist nicht weniger echt, als das andere.
Beides bin ich. Es handelt sich lediglich um verschiedene Medien, die verschiedne Ausdrucksweise erfordern.
Aber die Botschaft bleibt die selbe.
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Dana

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Re: Real Life
« Antwort #9 am: 29 Dezember 2012, 21:16:10 »

Es handelt sich lediglich um verschiedene Medien, die verschiedne Ausdrucksweise erfordern.
Aber die Botschaft bleibt die selbe.

Wobei die Tatsache, dass du deine Ausdrucksweise dennoch "angeblich" nicht anpasst, doch recht aussagekräftig ist.
Dennoch hast du Recht, wenn du sagst, dass du zumindest bewusst keine Unterscheidung zwischen virtuellem und realem Umgang machst.
Im Gegenteil, würde man sein Verhalten den technischen Grenzen angleichen, so würde man eine Rolle spielen- also müsste notwendigerweise wieder zwischen virtuellem und realem Ich unterschieden werden.
Da "Realität" aber immer auch durch die Grenzen definiert ist, innerhalb derer sie sich abspielt- ist es dann nicht doch notwendigerweise so, dass zwsichen virtueller und alltäglicher unterschieden werden muss, sodass "life" eigentlich besser "reality" sein müsste?
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Mishima

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Re: Real Life
« Antwort #10 am: 29 Dezember 2012, 21:22:04 »

Ich hoffe ich werde nicht zu philosophisch,
aber meiner Ansicht nach gibt es sowieso kein Leben.
Bzw. es gibt Leben aber nur im biologischen, nicht im seelischen Sinne.
Ich möchte mal nur für mich sprechen, aber ich bin nicht lebendiger als eine Tomate.
Demnach gibt es für mich auch keine Personen, im Sinne von immanenter Persönlichkeit.
Sprich, es gibt kein Ich.
Realität ist etwas anderes. Realität ist für mich alles. Alles ist real, so bald wir es als solches wahrnehmen.
Dies zu erklären, sofern es sich nicht unmittelbar erschließt, würde Bände füllen.
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Re: Real Life
« Antwort #11 am: 30 Dezember 2012, 10:02:45 »

Der Begriff "real life" ist einfach nur eine humoristischer Kniff aus der Geek-Szene. Da steckt keine große Philosophie hinter.

Nach der Erfindung des Begriffes "virtual life" und dem Vorwurf an verschiedene Menschen, zuviel Zeit in eben jenem zu verbringen, war es nur eine Frage der Zeit, dass der Begriff "real life" aufkam.
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Mishima

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Re: Real Life
« Antwort #12 am: 30 Dezember 2012, 11:12:42 »

Also eine Art Selbstironie?
So wie sich mittlerweile die Bezeichnung "Nerd",
die ursprünglich ausschließlich abwertend gemeint war,
mittlerweile als Selbstbezeichnung der eigenen Gruppe etabliert hat?
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Eisbär

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Re: Real Life
« Antwort #13 am: 30 Dezember 2012, 12:53:22 »

Also eine Art Selbstironie?
So wie sich mittlerweile die Bezeichnung "Nerd",
die ursprünglich ausschließlich abwertend gemeint war,
mittlerweile als Selbstbezeichnung der eigenen Gruppe etabliert hat?
Jupp, genauso.
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RaoulDuke

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Re: Real Life
« Antwort #14 am: 11 Januar 2013, 16:04:51 »

Was hat es eigentlich mit diesem Real Life auf sich?

Und sozialphobisch? Ich sag mal ganz übertrieben, dass jeder, der sich im Internet wirklich hinter einer Rolle versteckt und diese voll auslebt- sei es in entsprechenden Spielen oder auch in Foren- doch irgendwie Schiss inner Büx hat, dass jemandem das wahre Ich nicht passt.
Gutes Argument! :)
Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob nicht viele unter dem Deckmantel der Anonymität, nicht erst recht ihre wahre ungeschönte Fratze zeigen. Hat natürlich auch was von Hose voll, wenn man im "Real Life" nicht sein wahres Gesicht zeigen kann. Aber glaub mir, ich bin im Alltag genau so ein Arschloch wie hier. XD

Ich muss beim Lesen dieser Zeilen daran denken, wie ich an meinen Nickname gekommen bin. Schlägt man bei Wikipedia Raoul Duke nach, so findet man zu dieser in zahllosen Werken des von mir hochgeschätzten Autors Hunter Thompson auftauchenden Person eine sehr interessante Passage:

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Duke is often characterized as being somewhat of an author surrogate, a source of quotes and opinions that Thompson would not necessarily be able to get away with himself, and actions that Thompson didn't want to admit he had committed himself. His name, according to Thompson in interviews, was inspired by Raúl Castro (brother of Fidel Castro) and John Wayne's nickname "The Duke", and probably originated as a pseudonym used to check into hotels, as in Fear and Loathing in Las Vegas.

... und ...

Thompson is quoted in the documentary film Fear and Loathing in Gonzovision, "I'm never sure which one people want me to be [Thompson or Duke], and sometimes they conflict... I am living a normal life, but beside me is this myth, growing larger and getting more and more warped. When I get invited [...] to speak, I'm not sure who they're inviting, Duke or Thompson..."

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Da ist wohl in vielerlei Hinsicht eine Verwandschaft im Geiste vorhanden. Nur die Drogen sind nicht so meins, das wird aber durch meine Begeisterung für die Geisteshaltung von sowohl Autor als auch Surrogat mehr als wettgemacht. Und so geistert seit mehr als 13 Jahren dieses Pseudonym durch die Welt...

Konsequent wäre es eigentlich, man könnte für alle Rollen, die man so erfüllen muss, ein eigenes Pseudonym erschaffen.
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