Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt  (Gelesen 28485 mal)

EL

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #30 am: 07 November 2012, 16:32:50 »


Es will mir kein bisschen einleuchten, warum mein Tod quasi objektiv sinnvoller sein soll, bloß weil meine Niere irgendeinem dahergelaufenen Trottel eingepflanzt wird, der anschließend aus dem Krankenhaus spaziert und erst mal mit neuer Verve und frischem Mute seine Frau verdrischt, seine Kinder misshandelt und anschließend in der nächsten Wahlkabine sein Kreuzchen bei der "Linken" macht. (Ich bitte mein Beispiel übrigens je nach weltanschaulichen & persönlichen Präferenzen zu modifizieren, bspw. durch "Lebensgefährten verdreschen", "Oma ertränken", "Beichtvater foltern", "Katze ficken", "Hamster fisten", "Grüne wählen", "NPD beitreten", "Obertongesang erlernen", whatsoever ...)

Who told you recipients are indifferent from whom and what the way they will have donor organ ? Maybe if I were one of the patients, who several years went to dialysis and wait in the queue for transplantation, maybe, I would think different. But I think to have organ from somebody it's unpleasant in itself! Who know, was its owner idiot, bastard, killer or a decent man?... I understand it just as the last possibility for patients to be alive! Anyway it's ethic question from both side.
Luckily the Nature made kidneys as paired organ and first kidneys takes on itself a function of second one. So, with one kidney we can live long time! And for example I've lived normally 10 years with one kidney and hope I will live some time yet.)))
Maybe I will choose be dead in future than to wait for kidney of somebody.

I just very sorry, that because of ethic deadlock the scientists almost stopped research in the field therapeutic cloning. I would like to see my alternative kidney grown from my DNA material in laboratory method.

messie

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #31 am: 07 November 2012, 18:50:29 »

Zitat
Und wieviel genau muss einer verbockt haben, damit er sein "unbedingtes Recht auf (Weiter-)Leben" verwirkt hat?

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wieviel muss jemand richtig gemacht haben, damit er ein Recht auf Leben hat? Deiner Argumentation zufolge haben ja offenbar bestimmte Menschen kein Recht auf (Weiter-)leben, da du jenen deine, für sie überlebenswichtigen, Organe ja eh nicht geben würdest.

Das Hitlerbeispiel passt da ganz gut: Du gibst also Menschen nicht deine Organe, wenn sie etwas Schlimmes getan haben, sie sich in deinen Augen also offensichtlich als "schlechte Menschen" geoutet haben.
Übersieht dabei aber zwei Dinge: Erstens, woher das Wissen, dass diese auch weiterhin schlecht bleiben (vielleicht hat die verbüßte Strafe ja tatsächlich etwas gebracht in Sachen Umdenken ...?), zweitens, woher die Sicherheit, dass jene, die du ihnen dann deine Organe gibst, später sich nicht doch als "schlechte Menschen" outen? Siehe Hitler, mit 18 ein schüchterner, wohlerzogener Junge, später ein Massenmörder aus Überzeugung. (Lässt sich auf unzählige andere Menschen übertragen, Stalin, Khomeini, Fritz Haarmann ...)

Zitat
Ich spreche mich nämlich nicht prinzipiell gegen die Organtransplantation aus, sondern trete für ein Bestimmungsrecht des Spenders über die von ihm gespendeten Organe ein, das ist ein kleiner Unterschied.

Siehe eben: Woran möchtest du es dann festmachen, wem du deine Organe geben wirst? Kommen dann für dich also nur zwei Dutzend Menschen in Frage denen du spenden würdest (Enge Freunde + Familie), das war's? Für alle anderen bleibt doch ausnahmslos die Unsicherheit übrig, ob sie in ihrem Leben mit deinen Organen nicht doch noch Dinge tun, mit denen du dich nicht einverstanden erklären würdest.

Ich kann zwar dieses Ansinnen, nur "guten" Menschen die eigenen Organe geben zu wollen, verstehen, halte es aber für nicht umsetzbar. Für mich bleibt hier lediglich das Prinzip Hoffnung, dass es nicht einen der "Bösen" erwischt.

Aus diesem Grund denke ich, dass man eine Spende davon nicht unabhängig machen kann und auch erst gar nicht sollte: Da es eh Gevatter Zufall ist der hier regiert, bleibt lediglich übrig, dass man ein Leben verlängert hierdurch, und ob man das gerne möchte für den Preis, dass man mit einer sehr kleinen Prozentzahl selbst bei draufgeht - oder eben nicht.
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Nichts ist kostenlos im Leben - außer der Tod, und nicht mal der, denn der kostet dich das Leben.

Kenaz

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #32 am: 07 November 2012, 19:34:35 »

Mag ja sein, aber das ist doch eher eine Gedankenspielerei. Wie schon gesagt: Organspender können nicht mehr befragt werden, wer ihre Organe erhalten soll.
- Das ist genau die Frage, die für mich von besonderem Interesse wäre: die Organisation der Weitergabe. Ich möchte tatsächlich Einfluss darauf haben, wer mit meinen Organen 'ne zweite Chance erhält, um weiterzumachen. Und da es immer Menschen gibt, die mir sympathischer sind als andere, und das in der Gruppe der Organbedürftigen kaum anders aussehen dürfte, wäre diese Frage für mich von gesteigertem Interesse. Das ist es, was ich weiter oben mit den Grenzen der neutralen Betrachtung meinte, die wir uns meiner Ansicht nach redlicherweise eingestehen sollten.

Ich hab' vor Jahren mal auf 'nem Tour-T-Shirt von Blood Axis den herben Spruch gelesen: "The tears of strangers are only water." Das klingt auf den ersten Blick freilich bitter, aber hey: so funktionieren wir Menschen nun mal, und bei näherer Betrachtung ist das ziemlich normal. (Das Gegenteil hingegen ist ungewöhnlich, weshalb Jesus & Konsorten ja derart von sich reden mach(t)en ...) Wie gesagt: Ich drücke auch nicht jedem, der mich auf der Straße anbettelt, Geld in die Hand, sondern suche mir von zwei Nasen diejenige aus, die mir intuitiv sympathischer ist. Und klar: Wenn ich die Wahl habe zwischen einem, der meine Werte und das, was mir lieb & teuer ist, teilt, dann finde ich den Gedanken, dass der mit meinem Organ XY weiterlebt, sympathischer, als wenn der frauenverdreschende & hamsterfistende Omaertränker damit eine zweite Chance erhält.

Dass die Frage der Umsetzung in der Praxis freilich nicht ganz unknifflig ist, möchte ich mit keiner Silbe in Zweifel ziehen, aber da könnte ich mir schon so einiges zurechfantasieren ...

In der Praxis bekommt übrigens mit hoher Wahrscheinlichkeit derjenige das Organ, der über das höchste soziale Kapital verfügt. Respektive der, der den richtigen Arzt am schlausten zu bestechen weiß. Schon alleine auf Grund dessen sind etwaige Überlegungen über die Wertigkeit von Menschen im Kontext der konkreten Fragestellung eine ziemlich akademische Diskussion. ;) Fürst von Thurn und Taxis wird vermutlich knapp vor Dieter Hundt oder Josef Ackermann mit frischen Organen versorgt, und diese vermutlich deutlich vor dem Chef des örtlichen Opel-Autohauses. Als Kassenpatient stehst Du eh am Ende der Innereiennahrungkette und Dein linkenwählender Hartzer wird eh niemals in den Genuss eines frischen Herzens kommen - geschweige denn in die von Doppelherz, so wie Fürst von Thurn und Taxis.
- Nun, da ich passionierter Pessimist bin, teile ich diese Deine Einschätzung natürlich vollumfänglich, doch wie sieht Deiner Ansicht nach die sinnvollste Konsequenz aus: "Meine Niere/Lunge/Leber/Netzhaut etc.pp. gehört mir"? "Lieber kriegt sie keiner als der Ackermann"? (Wobei, letztere Konsequenz würde ich tatsächlich sofort und ohne mit der Wimper zu zucken unterschreiben ...  ;D) - Ich bin ich dieser Frage tatsächlich unentschieden ...

Das "große Maul" bezog sich nicht auf dich, ich hatte erstens nicht den Eindruck, du seiest prinzipiell gegen Organspenden und zweitens fand ich deine Fragestellung, wenn auch krass formuliert, so doch legitim und interessant.
- Hase, wir versteh'n uns. Schön! :)

Ich denke, dass viele, die sich (hier oder anderswo) gegen Organspenden aussprechen, weil es sie im Moment selbst nicht betrifft und sie sich nicht in die Lage eines Todkranken hineinversetzen können oder wollen - [...]
- Da bin ich zu 100% bei Dir. Das Thema Leiden und Tod gehört in der überwiegend entertainmentorientierten Bevölkerung sicherlich nicht zu den großen Publikumsmagneten - zumindestens nicht, wenn's jenseits der Ebene von "Hostel", "Martyrs" oder "Saw I-schießmichtot" mal ganz realistisch und praxisorientiert behandelt wird.

[... ]ich bin überzeugt, die Mehrzahl von denen wird sich bei eigener schwerer Erkrankung (oder des Kindes oder Partners...) dennoch für das Weiterleben mit einem fremden Organ entscheiden. Solange man halbwegs gesund ist, kann man prima rumtönen, dass man gegen [beliebige Medizin] ist. Wenn man aber selbst auf Platz 1028 der Liste hockt, wünscht man sich garantiert, man hätte ein paar weniger Leute vom Spenden abgehalten.
- Konsens. Deshalb finde ich Deinen Vorschlag von weiter oben ja auch durchaus interessant, diskussionswürdig und nicht so ohne weiteres vom Tisch zu wischen.

@ messie

Ich finde, Du weichst aus und das nicht zu knapp. Im übrigen habe ich weiter oben bereits ausgeführt, dass für mich grundsätzlich jeder ein Recht auf (Weiter-)Leben hat, daraus meiner bescheidenen Meinung nach umgekehrt aber keine moralische Pflicht für den einzelnen abzuleiten ist, jedem dahergelaufenen Honk mit den eigenen Organen ein Weiterleben zu ermöglichen, welches ohne diese Organe an seine natürlichen Grenzen stieße. Aus eben diesem Grunde lehne ich einerseits die Todesstrafe ab und finde andererseits Dein Hitlerattentäterbeispiel höchst fragwürdig, denn es insinuiert, ab einem gewissen Punkt habe es jemand sehr wohl verdient, gewaltsam unter die Erde befördert zu werden. Und in dieser Frage, mein guter messie, eierst Du herum und versuchst den Ball in meinen Teil des Spielfeldes zurückzuschummeln und Dich um eine Antwort auf meine Frage zu drücken. Entweder radikale Friedenstaube und prinzipieller Lebensapologet oder Attentate rechtfertigen, beides geht nun mal nicht - man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen und es allen recht machen (ich weiß freilich, dass Du das gerne versuchst ... ;) )

Und woran ich festmachen möchte, wem ich meine Organe gebe, das habe ich ja wohl schon einigermaßen klar & deutlich ausgeführt. Siehe die Analogie zum Bettelbeispiel.
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colourize

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #33 am: 07 November 2012, 21:17:43 »

In der Praxis bekommt übrigens mit hoher Wahrscheinlichkeit derjenige das Organ, der über das höchste soziale Kapital verfügt. Respektive der, der den richtigen Arzt am schlausten zu bestechen weiß. Schon alleine auf Grund dessen sind etwaige Überlegungen über die Wertigkeit von Menschen im Kontext der konkreten Fragestellung eine ziemlich akademische Diskussion. ;) Fürst von Thurn und Taxis wird vermutlich knapp vor Dieter Hundt oder Josef Ackermann mit frischen Organen versorgt, und diese vermutlich deutlich vor dem Chef des örtlichen Opel-Autohauses. Als Kassenpatient stehst Du eh am Ende der Innereiennahrungkette und Dein linkenwählender Hartzer wird eh niemals in den Genuss eines frischen Herzens kommen - geschweige denn in die von Doppelherz, so wie Fürst von Thurn und Taxis.
- Nun, da ich passionierter Pessimist bin, teile ich diese Deine Einschätzung natürlich vollumfänglich, doch wie sieht Deiner Ansicht nach die sinnvollste Konsequenz aus: "Meine Niere/Lunge/Leber/Netzhaut etc.pp. gehört mir"? "Lieber kriegt sie keiner als der Ackermann"? (Wobei, letztere Konsequenz würde ich tatsächlich sofort und ohne mit der Wimper zu zucken unterschreiben ...  ;D) - Ich bin ich dieser Frage tatsächlich unentschieden ...
Halten wir fest: jeder sollte - unabhängig von seinem Handeln - in den Genuss einer medizinischen Behandlung kommen, die hilft sein Leben zu retten.

Halten wir ferner fest: Organe sind (zumindest derzeit) ein durchaus knappes Gut. Ferner passt nicht ein beliebiges Spenderorgan zu jedem potentiellen Empfänger (wobei "gleiche Blutgruppe" nur einer der limitierenden Faktoren darstellen dürfte). Vor allem aber: unter den Bedingungen eines derart zwielichtigen Marktes, bei dem es noch nicht mal gelingt, quantitative Größen wie Wartezeiten in Jahren sowie intersubjektiv überprüfbare Prioritätsindikatoren als Vergabekriterien umzusetzen, bin ich einigermaßen skeptisch dass Variablen wie "homogene Wertorientierung von Empfänger und Spender" eine Chance auf Umsetzung haben. Im Zweifelsfall würde nämlich Josef Ackermann sehr schnell zum überzeugten Sozialisten umetikettiert werden, oder Fürst von Thurn und Taxis als vorderster Vertreter der Reinstitutionalisierung der Räterepublik mit neuen Organen neu auferstehen.

Die Lösung *kann* also einzig und allein darin bestehen, die Zahl verfügbarer Spenderorgane derart signifikant zu erhöhen, dass jeder - vom Hartzer bis zum Acker Mann - in den Genuß von passenden Innereien kommt. Sprich: Eine Gesetzesänderung muss her, die dem toten Menschen (bzw. seinen Angehörigen) sämtliche Verfügungsrechte über (dann eben nicht mehr) "seine" Organe abspricht und ihn im Falle eines Hirntods automatisch zum Lieferanten der dringend benötigten Ersatzteile umdeklariert. Und zwar ohne das Recht auf Widerspruch von irgendwem.

« Letzte Änderung: 07 November 2012, 21:28:05 von colourize »
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Kenaz

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #34 am: 07 November 2012, 21:38:50 »

Eine Gesetzesänderung muss her, die dem toten Menschen (bzw. seinen Angehörigen) sämtliche Verfügungsrechte über (dann eben nicht mehr) "seine" Organe abspricht und ihn im Falle eines Hirntods automatisch zum Lieferanten der dringend benötigten Ersatzteile umdeklariert. Und zwar ohne das Recht auf Widerspruch von irgendwem.

- Aaaalder, ich kotz' ja alles voll!  :o  Das ist nun wirklich genau die Extremform biologistisch-materialistischer Technokratenterrordiktatur, gegen die ich mit Zähnen und Klauen zu Felde ziehen würde.

Ermsthaft: wenn's so weit kommt, bin ich der erste, der in den Untergrund geht und einen Sprengstoffgürtel anlegt. Gesetzt den Fall, es handelt sich jetzt nicht gerade um eine besonders perfide Form der Ironie oder Du bist gerade sturzbesoffen oder sonstwie nicht Herr Deiner fünf Sinne (eine Annahme zu der ich insofern tendiere, als dieses Geschreibsel nun wirklich so gar nicht zu dem passt, was Du bislang so abgelassen hast), dann stelle ich fest, dass die Welt, die Du da forderst, keine ist, in der ich auch nur 24 Stunden leben will. Da möchte ich lieber tot sein. Und ich denke, der Sprengstoffgürtel wäre da wirklich das Mittel der Wahl, damit auch gewährleistet ist, dass Leute Deines Kalibers nicht auch noch ihren Nutzen daraus ziehen.

Selten etwas derart ausgesucht Ekelhaftes gelesen. Mich schüttelt's.
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colourize

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #35 am: 07 November 2012, 21:52:31 »

Zugegeben, ich habe das ein wenig zugespitzt. Tatsächlich aber frage ich mich, warum es hierzulande nicht möglich ist, die Zahl der Spenderorgane durch eine Widerspruchsregelung signifikant zu erhöhen. Schaffen ja selbst Staaten die nicht gerade für eine sekulare Grundorientierung ihrer Bevölkerung bekannt sind, wie etwa Polen, Israel oder Österreich.
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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #36 am: 09 November 2012, 13:46:20 »

Hasen, es sollte keine Diskussion pro oder contra Organspende werden, sondern mir ging es um die Aufweichung der Definition des Todes. Organspende ist ein sehr intimes Thema und ich denke, man sollte es jedem selbst überlassen, genauso, wie man andere Leute nicht fragt, was sie wählen.

Das potentielle Leben eines Empfängers über das eines Spenders zu stellen - das irritiert mich. Einen Menschen sterben zu lassen, um einen anderen zu retten - das verstehe ich nicht. Wie gesagt, nach 2min wacht noch die Hälfte aller Herztoten mit voller Hirnleistung auf. Wenn die in Zukunft als tot gelten, töten wir statistisch gesehen die Hälfte aller Spender bewußt und aktiv. Ich denke, egal, was e sauf der anderen Seite zu gewinnen gibt - es legitimiert es nicht. Ebenso, wie es keine Todesstrafe bei uns gibt, egal, was jemand tat. Leben kann moralisch nicht aufgerechnet werden gegen irgendwas. Wie soll ein Arzt so einer Definitionsänderung eigentlich nachkommen - mit dem hippokratischen Eid, den er leistete ?
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CubistVowel

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #37 am: 09 November 2012, 16:13:15 »

Es ist ja so, daß ein Mensch früher mit dem Herzstillstand als tot erklärt wurde. Dann bemerkte man,
daß das Gehirn dann noch funktionieren kann, also wurde die neue Definition für "tot", wenn auch ein
Gehirntot eingetreten war. Nun soll, da es an Organen für die Spende mangelt, wieder die alte Definition
eingeführt werden, Herztot gleich tot. Nun ist es aber so, daß nach einem Herzstillstand nach 2-10min
ca. die Hälfte der Patienten wieder aufwacht - bei voller Gehirnfunktion ! Das bedeutet, daß bereits
nach jetziger Praxis (75sec. Wartezeit) eigentlich ein haufen Leute getötet werden, wenn Ihnen
Organe entnommen werden. Mit der neuen Definition wird dieser Mord auch noch rechtlich abgesichert.

Ich lese aus dem von dir verlinkten Artikel nirgends heraus, dass die Definition für den Tod "aufgeweicht" werden soll - im Gegenteil, laut diesem Text gibt es offenbar immer mehr Wissenschaftler, die behaupten, selbst der Hirntod sei noch nicht das Ende. Nach diesen Wissenschaftlern zu urteilen, müsste der definitive Tod ja noch weiter "nach hinten" verlegt werden... Aber bis wann - bis man anfängt zu verwesen?

Wo hast du denn gelesen/gehört, dass die Definition für den Tod von Hirntod zu Herztod "vorverlegt" werden soll? Gibt es da einen Link mit belastbaren Infos?
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nightnurse

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #38 am: 09 November 2012, 16:59:01 »

Das Problem, wie ich es verstanden hatte, ist: Daß viele Wissenschaftler den Hirntod in seiner momentanen Definition nicht als Den Tod ansehen und daß das in Sachen Organspende nicht sehr hilfreich ist.
Wenn, wie da steht, er Kreislauf eines Hirntoten noch 14 Jahre lang selbständig funktionieren kann (  :o)...quo vadis, Organspende?
Bisher, so verstehe ich das, macht man den Test auf Hirntod und wenn man da keine Aktivitäten mehr findet, gibt man den Menschen zur Entnahme frei - ohne zu warten, ob da vielleicht noch etwas funktioniert oder nicht, denn wenn man das abwartet und es gibt keine weitere Kreislauffunktion, kann man womöglich am Ende die Organe nicht verwerten.

Es ist dann vielleicht auch kein Zufall, daß

Zitat
Hirntod heißt nach dem deutschen Gesetz: Großhirn, Kleinhirn, Stammhirn sind endgültig, nicht behebbar ausgefallen. An keiner Stelle aber steht im Transplantationsgesetz (TPG), dass der Hirntod der Tod ist.
Der Staatsrechtler Wolfram Höfling bezeichnet diesen Umstand als ein „Glanzstück juristischer Trickserei“: Die Abgeordneten haben eine Organentnahme nach dem Hirntod erlaubt, ohne zu sagen, dass der Hirntod den Tod bedeutet. Warum? Ganz einfach: Weil der Hirntod nicht dasselbe ist wie der Tod.

Das ist halt so, man muss, um Organspenden von Toten durchzuführen, den Todeszeitpunkt mögichst früh ansetzen, und zwar, wenn wir dem Artikel gauben, VOR dem, was wissenschaftlich als "tot" gilt.
Man muss dabei gar nicht bis zum Herztod gehen, damit ich mich, wie erwähnt, etwas zu gruseln beginne.
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seinschi

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #39 am: 09 November 2012, 18:25:51 »

Antworten auf ethische Fragen, die das eigene Tun leiten sollen, zu ergooglen, halte ich fuer einen falschen Weg. Fuer Denkanstoesse langt das Weltweitnetz bestimmt, doch halte ich es fuer weitaus besser, wenn man sich selber hinterfragt.

Es gibt ja durchaus allgemein gueltige ethische Grundsaetze, die im Kernteilen in allen Kulturen Gueltigkeit erfahren. Ein Beispiel waeren dafuer Gebote wie "Du sollst nicht toeten" oder "Du sollst nicht begehren des anderen Hab und Gut", die fuer diese Diskussion zu Rate zu ziehen waeren.

Meinen Koerper betrachte ich als mein Hab und Gut, insofern mach ich auch damit, was ich moechte. Daher moechte ich auch gern ueber die "Verwertung" meiner Huelle entscheiden, sobald ich selber das Zeitige gesegnet habe. Somit finde ich es auch verkehrt, wenn jemand anders darueber bestimmen soll.

Die Bestimmung des genauen Todeszeitpunktes ist offensichtlich eine sehr diffizilie ethische Frage, an der sich recht schnell die Geister scheiden. Was heisst "tot", ist man schon tot, wenn man durch Maschinen ueber langen Zeitraum am Leben erhalten werden muss? Wenn das Unterbewusstsein nicht mehr aktiv ist? Diese Frage ist kaum mit wissenschaftlicher Exaktheit zu klaeren, genau wie die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt eine Abtreibung in Frage kommt.. Wann beginnt und endet fuer uns "menschliches Leben" ? Da fallen schnell Worte wie "Seele" , wer damit aber unbedacht um sich wirft, sollte bedenken, dass die meisten mittlerweile auch den Tieren den Besitz einer Seele zusprechen. Und dennoch Fleisch verzehren . . .


Kurz und gut: ich hab nen Organspendeausweis ... weil ich denke, dass man so oder so nix meitnehmen kann

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DunkelBunt

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #40 am: 10 November 2012, 10:48:48 »


Ich bin fest davon überzeugt, daß das deutsche System der Organvergabe eines der besten der Welt ist.

Es gibt ein Punktesystem, das die Dringlichkeit regelt. Da kann man selbst nach Jahren an der Dialyse immer noch im Bereich von 13, 14, oder 15 sein und erst ab 30 hat man überhaupt die Chance auf der Liste weiter nach vorne zu rutschen. Ab 32 besteht allerdings schon akute Lebensgefahr.....


Meiner Meinung nach ist hier schon ein Fehler im System.

Theoretisch finde ich die Idee mit der Organspende eine prima Sache und würde mir auch einen Organspendeausweis zulegen.
Allerdings vertraue ich weder der Ärzteschaft, noch der Pharmaindustrie, und unser Rechtssystem finde ich auch an vielen Stellen mehr als fragwürdig.
Soll heißen; Ich hätte schlicht und ergreifend Angst, dass man mich sterben lässt, um einer anderen Person das Leben zu retten!
Ich weiß, dass dies sehr einfach gedacht ist, und sicherlich auch auf gewisse Art und Weise realitätsfremd ist, aber die Unsicherheit bleibt. Und warum sollte ich etwas tun, bei dem ich mich nicht wohlfühle?
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Julya

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #41 am: 10 November 2012, 11:22:42 »

Ich bin fest davon überzeugt, daß das deutsche System der Organvergabe eines der besten der Welt ist.
Es gibt ein Punktesystem, das die Dringlichkeit regelt. Da kann man selbst nach Jahren an der Dialyse immer noch im Bereich von 13, 14, oder 15 sein und erst ab 30 hat man überhaupt die Chance auf der Liste weiter nach vorne zu rutschen. Ab 32 besteht allerdings schon akute Lebensgefahr.....

Meiner Meinung nach ist hier schon ein Fehler im System.

Das Punktesystem an sich finde ich nicht schlecht. Daß es allerdings so knapp ist und daß man erst "fast tot" sein muss, um ein Organ zu bekommen, liegt einzig und allein an der Tatsache, daß es zu wenig Spender gibt.
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colourize

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #42 am: 10 November 2012, 22:31:00 »

Eine Gesetzesänderung muss her, die dem toten Menschen (bzw. seinen Angehörigen) sämtliche Verfügungsrechte über (dann eben nicht mehr) "seine" Organe abspricht und ihn im Falle eines Hirntods automatisch zum Lieferanten der dringend benötigten Ersatzteile umdeklariert. Und zwar ohne das Recht auf Widerspruch von irgendwem.

- Aaaalder, ich kotz' ja alles voll!  :o  Das ist nun wirklich genau die Extremform biologistisch-materialistischer Technokratenterrordiktatur, gegen die ich mit Zähnen und Klauen zu Felde ziehen würde.

Ermsthaft: wenn's so weit kommt, bin ich der erste, der in den Untergrund geht und einen Sprengstoffgürtel anlegt. Gesetzt den Fall, es handelt sich jetzt nicht gerade um eine besonders perfide Form der Ironie oder Du bist gerade sturzbesoffen oder sonstwie nicht Herr Deiner fünf Sinne (eine Annahme zu der ich insofern tendiere, als dieses Geschreibsel nun wirklich so gar nicht zu dem passt, was Du bislang so abgelassen hast), dann stelle ich fest, dass die Welt, die Du da forderst, keine ist, in der ich auch nur 24 Stunden leben will. Da möchte ich lieber tot sein. Und ich denke, der Sprengstoffgürtel wäre da wirklich das Mittel der Wahl, damit auch gewährleistet ist, dass Leute Deines Kalibers nicht auch noch ihren Nutzen daraus ziehen.

Selten etwas derart ausgesucht Ekelhaftes gelesen. Mich schüttelt's.
Nachdem ich meine Aussage ja relativiert habe (Widerspruchsrecht würde ich dann doch einräumen wollen ;) ) würde mich am Ende des Tages dann doch Dein Argument interessieren. Das hast Du nämlich bislang noch verschwiegen.
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Kenaz

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #43 am: 11 November 2012, 07:35:22 »

Nachdem ich meine Aussage ja relativiert habe (Widerspruchsrecht würde ich dann doch einräumen wollen ;) ) würde mich am Ende des Tages dann doch Dein Argument interessieren. Das hast Du nämlich bislang noch verschwiegen.

- Mein Argument wofür oder wogegen? Gegen Pflichtausschlachtung mit Widerspruchsrecht? Nun, da würde ich mich im großen & ganzen seinschi anschließen:

Meinen Koerper betrachte ich als mein Hab und Gut, insofern mach ich auch damit, was ich moechte. Daher moechte ich auch gern ueber die "Verwertung" meiner Huelle entscheiden, sobald ich selber das Zeitige gesegnet habe. Somit finde ich es auch verkehrt, wenn jemand anders darueber bestimmen soll.

Ich finde es in Ordnung, wenn man die Pistole ein bisschen nachdrücklicher auf die Brust gesetzt bekommt und dermaßen genötigt wird, sich zu dem Thema verbindlich zu äußern. Eine Gesetzesänderung, wie sie Dir vorzuschweben scheint, nämlich eine nicht gegebene Antwort automatisch als "Ja" zu werten, lehne ich allerdings ganz entschieden ab.

Dass ich als reaktionäre Socke die galoppierende Funktionalisierung und - damit nahezu zwangsläufig verbundene - Ökonomisierung von allem mit Verve bekämpfe, dürfte Dir klar sein. Und nichts anderes ist es, wenn der leblose menschliche Körper nach einer Zeitspanne x - die, wie wir Multivacs Artikelchen entnehmen können, auch von "Wissenschaftlern" nur ungenau bestimmt werden kann und insofern höchst umstritten ist - automatisch vom Modus "Träger und Gefäß der menschlichen Persönlichkeit/Seele/whatsoever" in den Modus "Ersatzteillager" wechselt. Und es spricht mal wieder für die grenzenlose Arroganz des naturwissenschaftlich geprägten Denkens, alle Positionen hierzu, die nicht auf einer naturwissenschaftlichen, rein rationalen Argumentation basieren, eo ipso als quasi-esoterischen Mumpitz vom Tisch zu fegen.

Insbesondere mit der Frage nach der Grenze zwischen Leben und Tod bewegen wir uns ja in einem Grenzbereich, wo die Unschärfe zwischen der Ebene des Materiellen und des Geistigen überdeutlich spürbar wird. Da ist man, wie ja schon gesagt wurde, ganz fix bei der Frage nach dem "Wesen" des Menschen (um den religiös überfrachteten Terminus "Seele" mal zu umschiffen) - und wer allen Ernstes denkt, die sei nach mehreren Jahrtausenden menschlicher Grübel- und Forscherei nun erschöpfend beantwortet, der irrt gewaltig. Es gibt in dieser Hinsicht zwar immer wieder hübsche Thesen, Ansätze und Vorschläge, die den Moden der jeweiligen Zeit unterliegen - das ist in der Wissenschaft bekanntlich nicht anders als in der Musik- oder Textilindustrie -, doch eine hieb- & stichfeste Antwort/Lösung steht nach wie vor aus (und das wird, so meine Überzeugung, gottlob auch so bleiben).

Da dem so ist, bedeutete eine "Zwangsentnahme" bei denen, die sich nicht geäußert haben, dass sie aufgrund einer letztlich willkürlichen Mehrheitsentscheidung, die durch nichts als Thesen, Mutmaßungen und Annahmen gestützt wird, ausgeschlachtet würden. Das kann ich unmöglich gutheißen. Denn ich bin sehr wohl der Meinung, dass es gewisse Restbereiche des Lebens geben sollte, die uns "heilig" - im Sinne einer prinzipiellen Unantastbarkeit - sein & bleiben sollten; viele sind eh nicht mehr übrig. Der des menschlichen Körpers als unbedingtes Hoheitsgebiet seines "Trägers" gehört für mich ebenso dazu wie der der menschlichen Person als Gegenstand unbedingter Achtung, respektive: "Würde". Denn dass auch die auf rationaler Ebene prinzipiell verhandelbar ist, muss ich Dir wohl kaum erklären. Und warum man diese Verhandlung trotzdem entschieden von sich weist, sicherlich ebensowenig. Ich will nicht in einer Welt leben, in der der Zweck jedes Mittel heiligt - und das will keiner von uns, wenn er mal etwas tiefer darüber nachdenkt. Dummerweise steht tiefes Nachdenken nicht allzu hoch im Kurs, was den Meinungsmachern und Parolenherumtrötern dieser Welt ihr unappetitliches Handwerk so betrüblich leicht macht ...

Fazit: Flächendeckende Befragung und ein Anziehen der Daumenschrauben, sich hinsichtlich einer möglichen Organentnahme zu äußern: Ja. Zwangsausschlachtung bei Nichtvorliegen einer Antwort: Nein.

edit: morgendliche Flüchtigkeitsfehler ausgebügelt ...
« Letzte Änderung: 11 November 2012, 07:40:01 von Kenaz »
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Eisbär

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Re: Leben, Tod und das, was dazwischenliegt
« Antwort #44 am: 11 November 2012, 08:32:21 »

Es heißt schließlich Organspende, nicht Organsteuer oder -abgabe.

Spenden sind freiwillig. Davon ab hab ich bei jeder anderen Form von Spende das Recht, zu entscheiden, wofür diese Spende genutzt werden darf. Dabei geht es bei den anderen Spenden nur um schnödes Geld, nicht um so etwas persönliches, privates und intimes wie einen Teil seiner selbst, wie es bei der Organspende der Fall ist.
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2024- No F*cking Bands Festival XIII

Donnerstag, 15. bis Sonntag 18. August 2024

Infos: www.nofuba.de