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Ich fühle mich als Europäer.

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messie:

--- Zitat von: Black Russian am 06 April 2012, 23:43:07 ---
--- Zitat von: messie am 06 April 2012, 17:35:21 ---

Sehr deutsch ist beispielsweise die Pünktlichkeit, das Reinheitsgebot des Bieres, die hohe Qualität und Vielfalt von Backwaren. Genau da bin ich dann auch prompt Purist: Ich bin gerne pünktlich, mag es auch nicht wenn ich es zu einem festen Termin irgendwohin nicht pünktlich schaffe (selbst wenn es unverschuldet ist).

--- Ende Zitat ---

Dann bin ich auch sehr deutsch - ich bin sehr pünktlich, da ich es für unmöglich halte, anderen Menschen ihre Zeit zu klauen.

--- Ende Zitat ---

Zumindest in diesem Punkt. :)

Graf Edward Zahl:
Also ohne viel zu lesen erdreisse ich mir mal,  eure geäusserte Aussagen und Meinungen zu lesen und frage mich einfach, was ist das für ein besonderes Gefühl sich als Europäer zu fühlen.
Und woher will ich wissen, dass ich mich doch afrikanisch fühle oder asiatisch? Oder sollte ich einen sich asiatisch fühlenden Asiaten fragen (nur mal so als Beispiel) fragen, wie so sein asiatisches Gefühl ist - um einen Vergleich zu haben, wie den europäisch ist... oder ob mein europäisch doch eher asiatisch ist.

Kurzum die Aussage "Ich fühle mich als Europäer" ist für mich komplett sinnlos. Mögen einige von euch anders sehen... oder auch nicht.

Kenaz:

--- Zitat von: Eisbär am 06 April 2012, 19:13:00 ---Und ich bin ein Riesenfan der Idee eines vereinten Europas. Dieses sollte aber auch als Vorbild für andere dienen.Wir brauchen ein friedlich und demokratisch einiges Europa genauso wie ein friedlich und demokratisch einiges Afrika, Asien. Ozeanien, Süd- und Nordamerika. Das sind ZwischenSchritte zu einer einigen Welt.

--- Ende Zitat ---

- Eventuell ein bisschen zu viel "Star Trek" geguckt?  ::)

Kallisti:

--- Zitat von: Graf Edward Zahl am 07 April 2012, 06:02:15 ---Also ohne viel zu lesen erdreisse ich mir mal,  eure geäusserte Aussagen und Meinungen zu lesen und frage mich einfach, was ist das für ein besonderes Gefühl sich als Europäer zu fühlen.
Und woher will ich wissen, dass ich mich doch afrikanisch fühle oder asiatisch? Oder sollte ich einen sich asiatisch fühlenden Asiaten fragen (nur mal so als Beispiel) fragen, wie so sein asiatisches Gefühl ist - um einen Vergleich zu haben, wie den europäisch ist... oder ob mein europäisch doch eher asiatisch ist.

Kurzum die Aussage "Ich fühle mich als Europäer" ist für mich komplett sinnlos. Mögen einige von euch anders sehen... oder auch nicht.

--- Ende Zitat ---


Ich glaube kaum dass du dich wie ein Afrikaner oder Asiat fühlen (können) wirst - es sei denn, du hättest dort doch einige Zeit deines Lebens verbracht: gelebt (nicht nur als Tourist Urlaubserfahrungen gesammelt ;) ). Oder du hast dort (Afrika, Asien, um beim Beispiel zu bleiben) sogar einige Zeit deiner Kindheit verbracht.

Denn - wie Kenaz schon schrieb - hat es genau damit zu tun: Was man kennt, womit man aufgewachsen ist, wodurch man geprägt wurde - das begründet "das Gefühl" - das man später im Leben dann durchaus sich bewusst machen, es reflektieren und analysieren kann - und dann annehmen oder ablehnen, jedenfalls auch hinterfragen.

Dennoch bist du gefühlsmäßig und sozialisiert in eben der Mentalität, in/mit der du vor allem aufgewachsen bist.

Der entscheidende Begriff ist hier wahrscheinlich: Vertrautheit. Du kennst es so, du bist damit vertraut, du bist daran gewöhnt - und das lange Zeit erst mal ganz selbstverständlich und ohne es zu hinterfragen (nämlich in deiner Kindheit).

Anders verhält es sich bei Menschen, die ihre Kindheit in verschiedenen Kulturen verbracht haben, die mit verschiedenen Kulturen aufwuchsen, vor allem auch, wenn sie also auch ihr Lebensumfeld (die "Region", also u.U. auch den Erdteil ...) "wechseln mussten" - vielleicht sogar mehrmals.

Und so ähnlich verstehe ich auch EL - sie scheint einfach durch ihr physisches (!) Sich-Bewegen in verschiedenen europäischen Ländern (oft, mehrmals, immer wieder über längere Zeit) in eben Kontakt mit unterschiedlichen (europäischen) Mentalitäten gekommen zu sein/zu kommen (also auch mit unterschiedlichen Sprachen, Denkweisen, Gebräuchen etc.: physisch (!!!) in Kontakt gekommen zu sein - Alltag erlebt, verbracht zu haben).

Wenn man das nicht ablehnt, wenn es einen nicht sehr befremdet, wenn man es stattdessen neugierig auf- und annehmen, also in sein bisheriges "Geprägtsein", Gewöhntsein integrieren kann und will - dann kann ich nachvollziehen, dass man sich als Europäer eben fühlt.

Ja, sogar vielleicht auch als "Weltbürger" - wenn man in seinem Leben also viel Zeit auch in anderen, fremden Kulturen verbracht hat - kontinenteübergreifend.

Es muss nicht zwangsläufig so sein - das hängt von dem Menschen selbst ab, nicht nur seiner Erziehung alleine, sondern auch, was er selbst "für ein Typ" ist, sein Wesen.

Es kann Menschen auch massiv überfordern, keine Frage. Auch hier spielt natürlich wiederum eine Rolle, ob es trotz aller Veränderungen, trotz allen Wechsels, allem Neuen, Fremden, Ungewohnten ... auch feste, beständige "Bezüge" gibt (vor allem: Beziehungen, insbesondere also bei Kindern) - die das mittragen, die Sicherheit, Verlässlichkeit geben. Und die vermitteln, dass es "nichts Schlimmes ist", nichts "Gefahrvolles", Bedrohliches ...

Dann vor allem auch die Erfahrungen, die man jeweils wo macht! Und die lassen sich nicht unbedingt zuvor oder zu großen Teilen selbst lenken, kontrollieren, vorbestimmen, beeinflussen. Auch, aber überwiegend: nicht.

Eben: da ist ganz viel Ins-kalte-Wasser-Springen dabei. ;)


Jedenfalls ja, doch, ich kann durchaus nachvollziehen, dass man sich als Europäerin fühlen kann. Ich selbst habe mir darüber noch nicht wirklich Gedanken gemacht.

Aufgrund meiner eben getätigten Ausführungen, gehe ich aber davon aus, dass ich mich "zwangsläufig", also "automatisch" als Deutsche fühle.
Was einfach daran liegt, dass ich, wenn/weil ich Anderes nicht kenne, nicht erlebt habe (also: nicht "anderswo" längere Zeit gelebt habe oder in anderem Land auch nicht aufgewachsen bin ... siehe oben), mich also auch nicht als "Afrikanerin" fühlen kann - weil ich absolut nichts weiß von afrikanischer Kultur (jedenfalls nur sehr wenig). Und dann immer die jeweils einzelne Region auch noch eine Rolle spielt, is ja klar.

RaoulDuke:

--- Zitat von: Sapor Vitae am 06 April 2012, 00:00:15 ---
--- Zitat von: RaoulDuke am 05 April 2012, 20:55:55 ---The fact that I really sympathised with the punk movement (not just the looks but the whole idea of it), that I was deeply involved in the Dutch/Berlin Gabber scene, and the Goth scene of course - and all the influences from when I became active in politics to spending time at the university at demonstrations as well as the faculties for economics / social science and mathematics all, and I mean each and every one of them contributed infinitely more to making the person that I am today than the nation I grew up in.
--- Ende Zitat ---
Aber auch eine Subkultur ist geprägt von dem Land in dem sie entsteht und gerade wenn du von politischer Beteiligung sprichst, die sieht nun ja doch immer noch sehr unterschiedlich aus, je nachdem in welchem Land man sich befindet. Letztlich wärest du heute vermutlich anders geprägt, wenn du dich in der englischen Punkszene aufgehalten hättest und in der dortigen Politik beteiligt, meinst du nicht?

--- Ende Zitat ---
Vielleicht war Subkultur ein zu enger Begriff, aber mir fehlte ein entsprechender greifbarer Ausdruck für so etwas wie die "Sozialisation im Nahbereich". Ich hätte hier viele weitere aufführen können, von Schule über Freunde über kulturelle Einflüsse jedweder Couleur, die ich teilwese als stark identitätsstiftend empfunden habe.

Der Kern Deines Einwandes, wenn ich es richtig interpretiere, ist, mal etwas abstrakter gedacht, dass eine Subkultur nicht ohne die Kultur existieren kann, Außernseitertum kein sinnvolles Konzept wäre, wenn es keine Gemeinschaft gäbe, der man sich nicht zugehörig fühlen kann, man also eigentlich gar nicht sagen kann "ich bin für das andere", ohne das entsprechende "eine" gewürdigt zu haben oder von ihm berührt worden zu sein.

Das ist natürlich richtig, und bringt insofern meine Aussage der größeren Bedeutung anderer Einflussfaktoren ein wenig ins Wanken. Aber es geht hier um die Frage, ob ich mich als Deutscher oder Europäer fühle, und insofern lässt sich meine (zeitweise recht intensive) Begeisterung für andere identitätsstiftende, irgendwie rebellisch geprägte Einflussfaktoren auch so interpretieren: Ich fühle mich überhaupt nicht als dem Werte- und Kulturkanon zugehörig, den man als Deutscher so mit sich trägt. Natürlich schätze und achte ich das positive an unserer Kultur, aber mit einigen zentralen Punkten habe ich, allein aus meinem subjektiven Erfahrungshorizont heraus, und damit ohne jeden Anspruch, irgendwen missionieren zu wollen, ernsthafte Probleme. Seltsamerweise stehen bei mir auch Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit und Fleiß hoch im Kurs, aber mit anderen Dingen wie Obrigkeitsdenken, Autoritätshörigkeit, Zucht und Ordnung und diesem ganzen teilweise religiös verbrämten Pseudogutmenschentum, das sich bei genauerer Betrachtung auch als Freibrief für Moralterror gegenüber seinen Mitmenschen entpuppen kann (wobei Wasser predigen auch Weinbrand trinken bedeuten kann) habe ich ein ernsthaften Problem.

Es ging hier, wie von Kenaz treffend bemerkt, um ein Gefühl, und das Gefühl der Zugehörigkeit fehlt mir völlig. Es ist eher so, als sei ich hier zu Gast.

Was hat man denn von pünktlich kommenden Bussen und hochqualitativen Backwaren, wenn die Gesellschaft weder in der Lage noch Willens scheint, solche Orte wie die Odenwaldschule in ihrer Mitte zu verhindern, und das über Jahrzehnte? Nicht, dass ich davon betroffen gewesen wäre, aber es ist so ein schönes Beispiel dafür, welch frucht- und furchtbaren Nährboden schlechte Menschen in einer Gesellschaft finden, die sich dogmatisch an Prinzipien zu klammern scheint, die aber letztendlich demjenigen die beste Deckung und die schärfsten Waffen bescheren, der sie am besten zu verbiegen weiß. Daher: mit mir nicht!

Ich weiß, hier ist nicht Mexico City und nicht Monterrey, wo man nicht weiß, ob man nicht auf offener Strasse erschossen wird, weil die Preisverhandlung zwischen zwei Narkotika-Händlern zu hand(feuerwaffen)festen Meinungsverschiedenheiten eskalieren. Aber für eine Identifikation mit Deutschland hat es einfach nicht gereicht.

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