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Autofahrer vs. Radfahrer vs. Fußgänger

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Eisbär:
Ein jeder kennt es: da flucht der Autofahrer über den Radfahrer, der nachts ohne Licht durch die Gegend fährt, der Radfahrer flucht über den Fußgänger, der auf dem Radweg herumträumt, der Fußgänger regt sich über Autos auf, die Gehwege dichtparken, der Radfahrer regt sich über rechtsabbiegende Autos auf, die den Schulterblick vergessen, der Autofahrer ist gernervt von Fußgängern, die bei Rot über die Straße rennen und die Fußgänger fluchen über Radfahrer, die sie auf Gehwegen im vollen Tempo beiseite klingeln...
 Und dann heißt es wieder "die Radfahrer", "die Fußgänger" und "die Autofahrer". Verallgemeinernd werden dann alle in ihren jeweiligen Topf geworfen.
 Gerne wird dabei vergessen, daß die meisten Menschen ja zu ihrer Zeit alles mal sind.
 
 Das soll hier auch nicht zu einem Thread mutieren, indem sich jeder über die jeweils anderen ausläßt... vielleicht ein bißchen. Aber ich frage mich manchmal, vergessen die meisten wirklich, daß sie nicht immer zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto unterwegs sind?
 Dummerweise vergessen viele, wenn sie auf dem Rad sitzen, was sie über's Autofahren wissen und umgekehrt.
 
 Ich persönlich bin auf alle 3 Arten unterwegs. Meistens mit dem Rad, kurze Sachen zu Fuß, Langstrecken oder größere Einkäufe mit dem Auto. Ich kenne alle 3 Seiten und ich versuche mich in allen 3 Verkehrsituationen an geltendes Recht zu halten.
 Ich kenne es als Radfahrer, wenn Fußgänger ohne sich umzusehen plötzlich die Richtung ändern und auf den Radweg laufen. Ich kenne es, wenn mich nur eine Vollbremsung davor rettet, über die Motorhaube eines Rechtsabbiegers zu fliegen und ich kenne es, wenn vor mir plötzlich eine Autotür aufschwingt. Ich kenne aber auch als Radfahrer die anderen Radfahrer, die mir auf "meiner" Straßenseite plötzlich entgegenkommen, die an mir vorbeirauschen, wenn ich an der roten Ampel stehe.
 Ich kenn die auch als Autofahrer, wenn sie plötzlich aus Richtungen kommen, aus denen sie nicht kommen dürften, wenn man sie nachts nicht sieht, weil weder Licht noch sonst was da ist und ich kenne Fußgänger, die mal eben ohne zu schauen die Straße überqueren, gerne auch an roten Ampeln. Und ich kenne die anderen Autofahrer, die mir gerne mal bis an die Stoßstange von hinten auffahren, obwohl ich schon 10km/h schneller unterwegs bin, als erlaubt.
 Ich kenne als Fußgänger Radfahrer, die mich fast über den Haufen fahren, obwohl ich auf dem Fußweg unterwegs bin, ich kenne Autofahrer, für die Zebrastreifen nur seltsame Muster auf dem Asphalt sind und andere Fußgänger die förmlich blind durch die Gegend rennen...
 
 
 Meine Frage ist dabei:
 sind denn alle bescheuert?
 Vom Fußgänger erwarte ich bei spontanen Richtungsänderungen, daß er sich mal umsieht, er ist schließlich nicht alleine. Vom Autofahrer erwarte ich, daß er anfängt, Geschwindigkeiten von Radfahrern besser einzuschätzen, die sind nämlich deutlich schneller, als gemeinhin vermutet wird und ich erwarte vom Autofahrer ein ganz besonderes Verantwortungsgefühl, denn er umgibt sich mit einem 1,5t Stahlpanzer und ist dabei mit Geschwindigkeiten unterwegs, die wirklich gefährlich werden. Von Radfahrer erwarte ich, daß sie sichtbar sind, als nachts Licht haben und das auch sie sich ans Rechtsfahrgebot und geltende Gesetze halten. Mit 1,5t Stahl um mich rum, nehm ich gerne Rücksicht auf schwächere, aber es hilft ungemein, wenn ich sie wahrnehmen und einschätzen kann.
 
 
 
 Wie schon gesagt: wir vergessen gerne, wie es ist, wenn wir in der anderen Position sind. Und oft wissen die meisten nicht mal, was dürfen bzw. müssen die anderen tun.
 
 Um mal ein paar Beispiele aus meinem Radfahrerdasein zu bringen:
 Diverse Male wurde ich schon angehupt oder angepöbelt, ich solle von der Straße runter. Mal davon abgesehen, daß "die Straße" alles von einem Gehweg bis zum nächsten ist, also eher die Fahrbahn gemeint ist, gehör ich mit dem Fahrrad eindeutig auf selbige Fahrbahn. Auf Gehwegen Radfahren ist verboten. Eine generelle Radwegbenutzungspflicht gibt es auch nicht. Radwege sind nur benutzungspflichtig, wenn dies durch ein entsprechendes blaues Schild gekennzeichnet ist und diese Schilder dürften eigentlich nur bei Radwegen mit besonderen baulichen Anforderungen stehen und dies auch nur, wenn eine besondere Gefährdung durch Benutzung der Fahrbahn gegeben wäre. Ohne blaues Schild ist die Benutzung von Radwegen freiwillig. Selbst mit blauem Schild gibt es zahlreiche Ausnahmen, die es erlauben, von der Benutzung eines solchen Weges abzusehen. Es wird aber von Radfahrerverbänden davon abgeraten diese freiwilligen Radwege zu benutzen: Unfallstatistiken zeigen eindeutig, die Fahrbahn ist für Radfahrer sicherer. Der häufigste Grund für schwere Unfälle sind rechtsabbiegende Autos, die Radfahrer auf Radwegen übersehen. Auf der Fahrbahn wird der Radfahrer nicht übersehen.
 "Fahr nicht mitten auf der Straße" bekam ich auch schon zu hören. Tu ich nicht. Aber 1m.-1,5m Sicherheitsabstand zu parkenden Autos rechts halte ich trotzdem. Das ist erstens vorgschrieben und zweitens sicherer, Stichwort: plötzlich sich öffnende Türen. Drittens - und das ist ein interessantes Phänomen - je mehr Abstand ich zum Straßenrand habe, umso mehr Abstand halten Autos zu mir, die mich überholen. Beim Überholen eines Fahrrades sollte man übrigens mindestens 1,5m-2m (je nach Situation) Abstand halten. Wenn man das nicht kann (zu schmale Straße, Gegenverkehr), darf man einfach nicht überholen. Hat man auch mal in der Fahrschule gelernt. Weiß kaum noch einer. Sollte man aber wissen, wenn man mit 1,5t Stahl an einem Menschen der auf 2 Rädern ohne Knautschzone balanciert, vorbeirauschen will.
 
 
 So... worauf will ich hinaus? Keine Ahnung... vielleicht will ich einfach hören, daß ich nicht der einzige bin, dessen Fahrrad nachts beleuchtet ist, der beim Rechtsabbiegen mit dem Auto immer noch den Schulterblick macht und der sich als Fußgänger eben einmal umsieht, bevor er die Richtung ändert.
 
 Vielleicht will ich ja auch von Euch Geschichten hören, wo man Euch sagte, Ihr solltet dies oder jenes im Verkehr tun, aber Ihr habt Euch völlig korrekt verhalten.
 
 Euch fällt bestimmt was ein!

CubistVowel:
Ich habe vieles von dem, was du aufgezählt hast, ebenfalls erlebt. Ich denke aber, der wesentliche Unterschied liegt nicht darin, ob jemand gerade Fußgänger, Rad- oder Autofahrer ist, sondern darin, ob jemand an sich ein rücksichtsvoller oder rücksichtsloser Verkehrsteilnehmer ist. (Meinetwegen auch vorsichtig/defensiv/vernünftig...oder unvorsichtig/aggressiv/unvernünftig...) Das prinzipielle Verhalten ändert sich also nicht unbedingt mit dem Fortbewegungsmittel. Wobei sich die Folgen für andere Verkehrsteilnehmer natürlich unterscheiden: ein aggressiver Autofahrer ist gefährlicher als ein aggressiver Fußgänger etc.

EcceRex:
ohne mir jetzt den...öhm...kurzen Text durch zu lesen...zum Glück sind die Mopedfahrer ungenannt davon gekommen ;-)

nightnurse:
Um die Frage zu beantworten: Ja, "die" sind alle bescheuert... ;D

Ich zitierte schonmal aus der Erinnerung aus einer Spiegel-Titelstory die Einsicht: Leute, die ein Auto, ein Fahrrad, ein Motorrad und ihre Füße im Wechsel zur Fortbewegung benutzen, sind dann oft ganz Nutzer des jeweiligen Transportmittels und blenden alles andere aus.

Anders kann ich mir das auch nicht erklären.

Ich hab aufm Moped und im Auto gelernt, daß Schulterblick für mich und für andere lebenswichtig ist - und ich bestaune immer wieder Menschen, die (am besten noch mit geräumiger Kapuze auf) ohne zu gucken vom Radweg auf die Fahrbahn wechseln, wird schon grad kein Laster kommen.
Ich kapier auch die Leute nicht, die einfach über den Radweg stratzen und sich zu Tode erschrecken, wenn man ihnen mit Gebrüll und Bremsenquietschen ausweichen muss - auf die Straße würden die so nie rennen.

Und natürlich die anderen von Eisbär erwähnten Beispiele.

Es gibt natürlich noch eine weitere Lösung...jeder von uns ist mal unkonzentriert und passt nicht auf; wenn man nun oft und weitere Strecken fährt, begegnet einem zwangsläufig eine größere Anzahl sich bescheuert verhaltender Menschen.

CubistVowel:

--- Zitat von: nightnurse am 01 März 2012, 22:09:43 ---wenn man nun oft und weitere Strecken fährt, begegnet einem zwangsläufig eine größere Anzahl sich bescheuert verhaltender Menschen.

--- Ende Zitat ---

Und das gilt ebenso für Fahrten auf der Datenautobahn. ;) (scnr)

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