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Therapierungswahn Pathologisierungswut - Ritalin ... - nicht nur bei Kindern
Kallisti:
::)
Brille und Zahnpsange haben normalerweise keine negativen Spätfolgen, vor allem unmittelbaren Nutzen/Notwendigkeit (auch nicht immer, meistens aber durchaus) - und lassen sich oft auch nicht wirklich vermeiden bzw. gibt es wenig praktikable Alternativen - das ist bei Ritalin "anders" ... ;D
::)
Und, liebe Black Russian - nur weil etwas stigmatisierend ist (wenn), heißt das längst noch nicht, dass sich daraus folgern lassen dürfte, dass man dann auch schön weitermachen kann/darf: mit anderer/noch mehr "Stigmatisierung" ...
messie:
--- Zitat ---Was meine Tochter betrifft, kann ich bisher nur sagen: sie ist ein absolut temperamentvolles bzw. sehr lebhaftes Kind!
--- Ende Zitat ---
Der Weg zu ADHS ist von "lebhaft" aber dann immer noch recht weit. ;)
Ich gebe dir recht damit, dass viel zu viele Ärzte viel zu schnell diese Diagnose draufpacken, anstatt erstmal andere Wege zu versuchen und beispielsweise die Umwelteinflüsse genauer betrachten.
Das bessert sich zwar langsam, aber gibt mit Sicherheit auch heute noch genug Ärzte, die immer noch so drauf sind. Im Zuge dessen dann natürlich auch genug Eltern, denn viele Eltern vertrauen ihrem Arzt da halt einfach. Erst recht, wenn Ritalin den Kindern augenscheinlich sofort zu helfen scheint. Was es ja, wie du völlig richtig entgegnetest, auch bei vielen gesunden, lebhaften Kindern ebenso geben kann.
Das löst aber nicht das Problem, dass jemand mit einer starken ADHS-"Störung" (um Worte wollen wir uns jetzt nicht gleich wieder streiten, hmmm? ;) ) in den manischen Phasen weit, weit mehr ist als "nur ein lebhaftes Kind". Denn da wird's dann schnell mal gewalttätig, aber sowas von! Da bringen dann die Binsenweiseheiten wie "es braucht mehr Bewegung" etc. in jenem Augenblick dann auch nicht mehr viel. Die Mutter jener Bekannten, die ich weiter oben erwähnte, hätte durch sie vor der Therapie beinahe ein Auge verloren!
Es geht dort dann nicht darum ihnen ihre Individualität abzutrainieren. Das nicht! Sondern darum, diesen Phasen die Spitzen zu nehmen, den Menschen beizubringen wie sie ihnen begegnen können wenn sie spüren, dass eine wieder im Anmarsch ist.
Ritalin ist da dann lediglich der Einstieg um sie von der Hochemotionalität für einen gewissen Zeitraum wegzubekommen und ihnen in dieser "Waffenstillstandszeit" des Körpers jenes Handwerk beizubringen das ihnen dann später ohne Ritalin hilft, diesen Momenten auf eine Weise zu begegnen, die ihren hilft, ein soziales Miteinander zu führen, bzw. dieses überhaupt erst möglich zu machen.
Denn kriegt man diese manischen Phasen nicht in den Griff, dann gibt's nicht mehr viele Wege außer jenem, den Black Russian ansprach -> Sonderschule, Arbeitsstätten, eben Orte, an denen der Rahmen dergestalt ist, dass diese Eruptionen durch Betreuungspersonal aufgefangen werden können.
Das Ziel sollte aber, das ist zumindest meine Meinung, sein dass eine Person unbetreut durchs Leben kommt und das eigene Leben so dann auch rundum selbst gestalten kann.
Da dies in einigen Fällen mit der Kombination Ritalin zu Anfang / Therapie durchaus funktioniert, wäre das pauschale Verteufeln (so wie du es machst, Kallisti) des Medikaments der falsche Weg.
Der richtige: Ihn erst dann wählen wenn andere nicht gefruchtet haben und wenn das Konzept auch ganz klar diese Kombination vorgibt - also Ritalin nur vorübergehend und nicht etwa dauerhaft.
Von einer dauerhaften Medikamentierung diesbezüglich halte ich auch nichts. Dazu hat das Medikament ein viel zu großes Suchtpotenzial.
Kaffeebohne:
Wenn ich mir das hier alles so durchlese, dann haben in meinen Augen BEIDE Seiten Recht.
Kallisti, indem sie sagt, man solle Kinder nicht mit Tabletten vollstopfen, damit man mit ihnen umgehen kann, andere mit der Meinung, daß man eine Krankheit auch so nennen darf und behandeln darf, damit Menschen der Leidensdruck genommen wird. Aber irgendwie hab ich das Gefühl, jeder schlägt hier recht stark zu einer Seite aus, aber in der Mitte gäbe es durchaus auch Übereinstimmungen. Oder bin ich da jetzt zu optimistisch?
Ich kann nur von mir selbst reden: wenn ich eine Krankheit habe, egal welcher Art, dann empfinde ich Leidensdruck. Und dann nehme ich gerne Hilfe in Anspruch, auch medikamentöse. Damit ich mein alltägliches Leben wieder leben kann (meinetwegen nennt es "funktionieren"), weil es mir Sicherheit gibt.
schwarze Katze:
--- Zitat von: Kallisti am 23 April 2012, 12:31:03 --- ::)
Brille und Zahnpsange haben normalerweise keine negativen Spätfolgen, vor allem unmittelbaren Nutzen/Notwendigkeit (auch nicht immer, meistens aber durchaus) - und lassen sich oft auch nicht wirklich vermeiden bzw. gibt es wenig praktikable Alternativen - das ist bei Ritalin "anders" ... ;D
::)
Und, liebe Black Russian - nur weil etwas stigmatisierend ist (wenn), heißt das längst noch nicht, dass sich daraus folgern lassen dürfte, dass man dann auch schön weitermachen kann/darf: mit anderer/noch mehr "Stigmatisierung" ...
--- Ende Zitat ---
welche Alternative siehst du bei schwerer ADHS?
Bei einer "Normaler" Familie, also nicht bei der Superreichen, die das Kind in die Nenas Privatschule schicken können und später auch bei sich in die Firma runterbringen können?
Die Anforderungen an die Schüler werden nicht weniger, sondern mehr, da die Gesellschaft hochqualifizierte Kräfte und nicht Hilfsarbeiter (solche Tätigkeiten werden in Billigländer verlagert) braucht.
Hätte man von 20 Jahren mit einem Hauptschulabschluss die Möglichkeit, in vielen Handwerkberufen Fuss zu fassen, ist es heutzutage sehr schwer, da viele Handwerksbetriebe Mittlere Reife verlangen.
Jemanden, der schulisch versagt hat, erwartet ein ziemlich schweriges Leben.
@Messie
ADHS hat keine Manische Phasen, die aufgedrehte Kinder wirken auf Aussenstehende manisch, sind es aber nicht.
Sie haben nur keine Impulskontrolle
Manische Phasen haben Manisch-Depressive, eine Krankheit, die viel schwerwiegender ist, als ADHS
messie:
--- Zitat von: Kaffeebohne am 23 April 2012, 12:41:29 ---Wenn ich mir das hier alles so durchlese, dann haben in meinen Augen BEIDE Seiten Recht.
Kallisti, indem sie sagt, man solle Kinder nicht mit Tabletten vollstopfen, damit man mit ihnen umgehen kann, andere mit der Meinung, daß man eine Krankheit auch so nennen darf und behandeln darf, damit Menschen der Leidensdruck genommen wird. Aber irgendwie hab ich das Gefühl, jeder schlägt hier recht stark zu einer Seite aus, aber in der Mitte gäbe es durchaus auch Übereinstimmungen. Oder bin ich da jetzt zu optimistisch?
Ich kann nur von mir selbst reden: wenn ich eine Krankheit habe, egal welcher Art, dann empfinde ich Leidensdruck. Und dann nehme ich gerne Hilfe in Anspruch, auch medikamentöse. Damit ich mein alltägliches Leben wieder leben kann (meinetwegen nennt es "funktionieren"), weil es mir Sicherheit gibt.
--- Ende Zitat ---
Darf ich dich jetzt Blauhelm-Kaffeebohne nennen? ;D
So sehe ich es im Prinzip ja auch. So ein Vollstopfen mit Medikamenten heiße ich auch nicht gut.
Aber auch kein prinzipielles "mein Kind kriegt keine Medis, auf keinen Fall!", wenn es sein Leben für das Kind selbst (!) sehr viel erträglicher gestalten könnte.
Wenn es solche extrem manischen Phasen hat wie von mir oben beschrieben (und das ist hier keineswegs selten), dann ist für mich das Wohl des Kindes stark gefährdet wenn man hier dann nicht eingreift. Mein Ziel wäre es jedenfalls immer, einen Menschen so zu unterstützen, dass es später auf fremde Hilfe dann nicht mehr angewiesen ist - und da ist dann auch ausdrücklich mit "fremder Hilfe" sowohl die betreuuende als auch die medikamentöse gemeint.
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