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Autor Thema: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?  (Gelesen 7682 mal)

Multivac

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Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« am: 28 September 2011, 11:36:32 »

"Dürfen Mensch und Tier für den medizinischen Fortschritt vermischt werden? Forscher experimentieren mit Mischwesen, die Politik hinkt der Entwicklung hinterher. Jetzt hat der Deutsche Ethikrat seine Empfehlung zu dem brisanten Thema vorgelegt."

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,788386,00.html


der artikel enthält einige diskussionswürdige punkte.

Zitat
Die Embryonen, die britische Forscher im Labor erschaffen hatten, waren zu 99,9 Prozent menschlich. Was die Welt aber erregte, war das restliche Zehntelprozent: Es stammte von einer Kuh . Prompt war von Mischwesen die Rede, es kursierten Fotomontagen von Menschen mit Rinderköpfen.

Natürlich ging es in dem Experiment im Jahr 2008 nicht darum, ein lebensfähiges Mischwesen zu schaffen - sondern darum, in der Petrischale Stammzellen herzustellen, ohne dafür menschliche Embryonen zu zerstören. Die Wissenschaftler hatten Genmaterial aus menschlichen Hautzellen in ausgehöhlte Eizellen von Kühen eingefügt - und diese dann mit einem elektrischen Impuls dazu angeregt, zu einem zytoplastischen Hybriden ("Zybrid") heranzuwachsen.
..um damit per definition eine kuh zu sein ? für mich wäre das dennoch ein mensch. die kuheizelle enthält ja nur noch das genmaterial der kuhmitochondrien, der rest des genoms stammt vom menschen.
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nightnurse

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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #1 am: 28 September 2011, 14:10:07 »

Oh-mein-Gott, das...klingt zwar ganz einfach, so, wie Du´s zusammenfasst, aber ich fürchte, da müsste man erstmal definieren, um wieviel Promille etwas vom Homo-Sapiens-Genpool abweichen darf, um noch einer zu sein (für Philip K. Dick wäre das aus dem Beispiel jedenfalls kein Mensch, wegen der Kuhmitochondrien)(für P.K.D. waren schon Contergangeschädigte keine Menschen,aber lassen wir das)??
Und ich möchte gar nicht wissen, wer sich das zu entscheiden traut.

Zitat
"Die Mensch-Tier-Grenze ist konstitutiv für unsere Gesellschaft. Sie entscheidet ausschlaggebend darüber, wer zum Kreis der privilegierten Rechtssubjekte gehört."
(Spiegel online)

...und das ist wohl das zentrale Problem, zusammen mit dem uralten Streit, ab wann ein Zellhaufen ein schützenswertes Lebewesen ist, mit dem man "sowas" nicht machen darf.
Ich geh erstmal denken...

Nicht ganz kapiert hab ich das:

Zitat
"Die Generierung von Hirnchimären durch die Übertragung von menschlichen Zellen auf Säugetiere ist, soweit nicht Primaten betroffen sind, ethisch statthaft, wenn die Hochrangigkeit des Forschungsziels gegeben ist." Bei Primaten dagegen soll das Einfügen "hirnspezifischer menschlicher Zellen" ins Hirn nur nach strenger Prüfung erlaubt sein, bei Menschenaffen hält der Ethikrat einen solchen Eingriff für völlig tabu.
(Spiegel online)

- Also, man darf Mäusehirn mit Menschenhirn kreuzen, aber nicht Gorillahirn mit Menschenhirn? Warum? Weil man fürchtet, letzteres könnte lebensfähig sein und dann muss man sich zanken, ob der Gorilla Bürgerrechte bekommt? Oder weil man Menschenaffen jetzt schon mehr Rechte einräumt als Mäusen?
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Multivac

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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #2 am: 28 September 2011, 19:38:26 »

Oh-mein-Gott, das...klingt zwar ganz einfach, so, wie Du´s zusammenfasst, aber ich fürchte, da müsste man erstmal definieren, um wieviel Promille etwas vom Homo-Sapiens-Genpool abweichen darf, um noch einer zu sein (für Philip K. Dick wäre das aus dem Beispiel jedenfalls kein Mensch, wegen der Kuhmitochondrien)
ich glaube nicht, daß man es numerisch festmachen kann. ich denke nur, daß das, was da hinterher rauskommt, ein mensch ist. ok, mal überlegen. die machen aus der eizelle den zellkern raus, das zytoplasma bleibt drin. dann kommt das menschliche genom als neuer zellkern rein. nun steuert aber das entwicklungsprogramm des genoms im embryo zuerst mal das eizytoplasma (kallisti: epigenetik !). wird da nun ein kuhmechanismus angeschmissen oder ein menschmechanismus ? manmanman... weiß wohl noch keiner, hat niemand so artübergreifend probiert, oder ? aber zb. dolly, die sie geklont haben, da geht man doch auch davon aus, daß den klon das neue genom stellt. also wäre in dem beispiel hier der organismus, der entsteht, wenn man menschliches genom in eine kuheizelle packt, eindeutig ein mensch !!! nicht nur per definition, sondern wenn dieser embry auswachsen würde, sähe er aus wie wir und wäre wahrscheinlich wie wir. ich glaube, das, was die proteine im zytoplasma der kuheizelle steuern, sind alte archaische grundentwicklungsdinge  bzw. dessen gene, das scheint sicher artübergreifend, wenn nicht gar klassenübergreifend zu sein (also gleich bei fisch, mensch, vogel ? - kennt sich hier wer aus - bitte melden ?!). und alles, was dadurch initial angeschmissen wurde, wächst nur noch auf dem menschlichen  mist, also genom, und das ist eine rein menschliche entwicklung, gesteuert von menschlichen genen, die menschliche strukturproteine, enzyme, gehirnstruktur etc. hervorbringen. also nochmal fazit: es ist ein mensch ! wundert mich, daß die sowas machen dürfen.

Zitat
Also, man darf Mäusehirn mit Menschenhirn kreuzen, aber nicht Gorillahirn mit Menschenhirn? Warum? Weil man fürchtet, letzteres könnte lebensfähig sein und dann muss man sich zanken, ob der Gorilla Bürgerrechte bekommt? Oder weil man Menschenaffen jetzt schon mehr Rechte einräumt als Mäusen?
ich glaube, man hat angst, so ein nahestehender verwandter kann plötzlich intelligenz oder selbstbewußtsein entwickeln, welches über das erwünschte maß hinausgeht und uns unfähig macht, ihm nur tierische rechte zu geben. angenommen, der gorilla mit menschenzellen im hirn lernt super sprechen und fragt, warum er eigentlich im käfig sitzt und der doktor nicht. wär schon ziemlich blöd für den experimentator, für den affen sowieso und die menscheit an sich wie sie sich definiert und kennt auch irgendwie.
« Letzte Änderung: 28 September 2011, 19:42:11 von Multivac »
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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #3 am: 28 September 2011, 19:50:33 »

Planet der Affen lässt grüßen?
Ich kaum, dass das eine Gefahr darstellt. Die Hybriden austragen zu lassen steht gar nicht zur Debatte, oder?
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nightnurse

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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #4 am: 28 September 2011, 19:51:41 »

Es ist also noch viel unübersichtlicher, als ich dachte...

Ob das Kuhzytoplasma wirklich so übergreifende Mechanismen anschiebt, wäre erstmal zu erforschen, oder? Und das wiederum müsste man natürlich dürfen...

Du glaubst dies und das (nicht), aber ich (<-- von der Materie an sich 0 Ahnung) bin sicher, dass andere Anderes glauben und an irgendetwas werden festmachen wollen, ob "das" ein Mensch ist oder nicht - selbst, wenn es aussieht und sich verhält wie wir. Ob Deine Gründe da ausreichend wären (sein werden), wäre (wird) ne spannende Frage (sein).

Im Falle Dolly ist doch wohl die Problematik eine andere, denn da wurde mit Hilfe eines Schafes Schaf-DNS geklont, also stand kaum zur Debatte, ob das Ergebnis ein Schaf sein würde...?

Nee, Austragen steht nicht zur Debatte - aber da fällt bestimmt jemandem was ein.
« Letzte Änderung: 28 September 2011, 19:53:56 von nightnurse »
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Multivac

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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #5 am: 28 September 2011, 19:57:04 »

Zitat von: ansichtssache
Ich kaum, dass das eine Gefahr darstellt. Die Hybriden austragen zu lassen steht gar nicht zur Debatte, oder ?
selbst wenn es niemand austragen will, es muß juristisch, gesetzlich, ethisch geklärt werden, was es ist. wenn es ein mensch ist, dürfte man nach dts. recht mit ihm auch im embryonalstadium keine versuche machen.

Zitat von: nightnurse
Im Falle Dolly ist doch wohl die Problematik eine andere, denn da wurde mit Hilfe eines Schafes Schaf-DNS geklont, also stand kaum zur Debatte, ob das Ergebnis ein Schaf sein würde...?
ja sicher, mausebär. es ging aber darum, dolly zu klonen, und nicht die mutter. darauf wollte ich hinaus. der klon entspricht der eingebrachten dna - nicht der mutter. kapische ? also das mutterschaf bietet die eizelle, der dna-spender sollte geklont werden. das ist dolly. im kuh-mensch-beispiel entspricht die mutter die kuh und dolly der mensch. hach... :-\ du verstehen ? mau...
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nightnurse

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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #6 am: 28 September 2011, 20:05:27 »

Ja, Hasimausi, ich verstehe das.
Aber es wurden einfach keine zwei Arten vermengt, von daher ist anlässlich Dollys niemand über die Frage gestolpert, welche Bedeutung nun die Zellhüllproteine für ihre Bürgerrechte haben könnten.
Da wir uns als Spezies ja sehr ernst nehmen, wird es darüber erbitterte Streitereien geben.
Mehr wollt ich ganich ausdrücken.
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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #7 am: 28 September 2011, 20:08:51 »

das ist mir auch klar. schnullerbacke. aber ich habe das beispiel bemüht um mir selbst deutlich zu machen, daß eben die dna das entscheidende für das ergebnis ist und nicht die eizelle mit ihrem zytoplasmatischen transkriptionsfaktoren, die die genaktivität initial steuern.
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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #8 am: 28 September 2011, 20:27:21 »

Mal sehen, ob andere sich mit diesem Beispiel auch was klarmachen können  :)
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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #9 am: 28 September 2011, 20:29:00 »

Zitat
Mal sehen, ob andere sich mit diesem Beispiel auch was klarmachen können  :)
mir wär lieber, du hättst gehauen  ::)
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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #10 am: 28 September 2011, 20:36:00 »

Zitat von: ansichtssache
Ich kaum, dass das eine Gefahr darstellt. Die Hybriden austragen zu lassen steht gar nicht zur Debatte, oder ?
selbst wenn es niemand austragen will, es muß juristisch, gesetzlich, ethisch geklärt werden, was es ist. wenn es ein mensch ist, dürfte man nach dts. recht mit ihm auch im embryonalstadium keine versuche machen.

Na, weil ihr gerade von hyperintelligenten Affen gesprochen habt.

Und ich dachte bei der Embryonen-Debatte geht es eher darum, dass man durch die Herstellung von künstlichen Embryonen keine menschlichen Embryonen für die Stammzellforschung mehr benötigt, sondern lediglich Genmaterial aus menschlichen Zellen. Und nicht darum, ob diese Embryonen nun mehr Kuh oder mehr Mensch sind.
« Letzte Änderung: 28 September 2011, 21:13:08 von Ansichtssache »
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Multivac

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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #11 am: 28 September 2011, 20:48:46 »

Zitat von: ansichtssache
Ich kaum, dass das eine Gefahr darstellt. Die Hybriden austragen zu lassen steht gar nicht zur Debatte, oder ?
selbst wenn es niemand austragen will...
Na, weil ihr gerade von hyperintelligenten Affen gesprochen habt.
da geht es im artikel noch um was anderes als nur ums klonen. nämlich daß man menschlliche gene in ausgewachsenen affenhirnen exprimiert (nehm ich zumindest an, der artikel hält sich was die technik betrifft bzw. was eigentlich genau gemeint ist, sehr bedeckt)
« Letzte Änderung: 28 September 2011, 20:56:25 von Multivac »
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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #12 am: 28 September 2011, 21:14:39 »

Ah, ok...also doch Planet der Affen. :o
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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #13 am: 28 September 2011, 22:02:34 »

Puh, ich finde es jedenfalls immer wieder überwältigend, was heutzutage alles möglich ist. Die Grenzen der Ethik werden sowieso immer mehr "zum Wohle der Menschheit" erweitert, wir in Deutschland scheinen noch eines der strengsten Gesetze zu haben, was den Embryonenschutz angeht. Und wer ist sich über die Folgen im Klaren, die schier unkontrollierbar sind, wenn immer mehr Ethikgrundsätze gebrochen werden. Und ob diese Forschungen wirklich nur dazu dienen Krankheiten zu heilen - zweifelhaft.
« Letzte Änderung: 28 September 2011, 22:04:43 von Ansichtssache »
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Re: Wie viel Mensch darf im Tier sein ?
« Antwort #14 am: 28 September 2011, 22:18:30 »

Und ich dachte bei der Embryonen-Debatte geht es eher darum, dass man durch die Herstellung von künstlichen Embryonen keine menschlichen Embryonen für die Stammzellforschung mehr benötigt, sondern lediglich Genmaterial aus menschlichen Zellen. Und nicht darum, ob diese Embryonen nun mehr Kuh oder mehr Mensch sind.

Es geht wohl vor allem darum: Dass man menschliches Erbgut in Kuhzellen einsetzt (was man dabei zu erreichen versucht, ist wahrscheinlich erstmal nebensächlich).
Da bestehen ethische Bedenken prinzipieller Natur: Menschen und Tiere mischen, darf man das? Was kommt dabei raus? Wo führt das hin? Mischt man in diesem Falle überhaupt wirklich (s. Multivacs Deutung)?
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