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Autor Thema: Geschlossene Gesellschaft  (Gelesen 10037 mal)

Kallisti

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Geschlossene Gesellschaft
« am: 28 Februar 2011, 00:41:52 »

... So der Titel einer arte-Dokumentation:

http://videos.arte.tv/de/videos/geschlossene_gesellschaft-3716424.html

Hat das jemand auch gesehen?

Was mich dabei nur verwundert, ist, dass es mehrmals heißt, es käme - zukünftig - eventuell wieder zu einer (Zwei-)Klassengesellschaft ... - als sei das nicht längst der Fall.

Die Sache mit den Privatschulen ist eine Geschichte (auch eine doch sehr alte), eine andere ist es, dass ganze Stadtviertel sich abgrenzen, einzäunen, einmauern, abschließen (wie etwa in Nantes und Berlin) - das war mir bisher nicht bekannt und hat mich doch einigermaßen vom Sitz rutschen lassen ...

Wohin wird das führen? Wie wird sich das zukünftig entwickeln? Wer könnte einer solchen Entwicklung Einhalt gebieten bzw. sie aufhalten - und auf welche Weise? Wer hätte daran ein Interesse, das auch politisch unterstützt wird (oder ist das anzunehmen illusorisch)?
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Chaingangdesigner

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #1 am: 02 März 2011, 11:07:48 »

Wenn sich Leute für so toll halten, dass sie ihr Stadtviertel einzäunen lassen, um nicht mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, sollte die übrige Gesellschaft sie darin unterstützen und sie in ihrem selbstgemachten Ghetto im wahrsten Sinne des Wortes verhungern lassen....
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Spambot

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #2 am: 02 März 2011, 13:20:41 »

Ich habe mir die ersten 20 Minuten vom Fernsehbeitrag mal angesehen. Die seriöse Aufmachung des Films lässt vielleicht nicht sofort erkennen, dass es sich um einen äußerst einseitigen Bericht mit klarer ideologischer Ausrichtung handelt. Fragen im Interview werden suggestiv gestellt, die Interviewpartner scheinen sehr selektiv ausgewählt und die Vergleiche sind völlig absurd. Wenn man eine Privatschule in einem reichen Stadtviertel mit einer öffentlichen Schule im Ghetto vergleicht, kommen natürlich die von den Autoren offensichtlich erwünschten anti-egalitären Eigenschaften der Privatschule besonders gut zur Geltung.   
Der Film bedient eine Reihe von Vorurteilen und ist insgesamt sehr manipulativ. Nunja, zumindest die ersten 20 Minuten.

Ob soetwas wie eine Klassengesellschaft überhaupt existiert hängt von der jeweiligen Definition ab. Der Begriff Klassengesellschaft wird immer wieder bemüht, um Neid zu rechtfertigen und Chancengerechtigekeit einzufordern. Diese Worthülse "Chancegerechtigkeit" kann man dann nach belieben mit egalitären Forderungen befüllen. Das reicht von steuerfinanzierter Schulbildung für jeden Bürger über gratis Hochschulbildung bis hin zu massiven Umverteilungsforderungen, um schlechte Startchancen im Leben auszugleichen. Je nach Perspektive, "Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied" oder "Der Staat muß die Unterschiede zwischen Menschen abbauen", wird entweder die individuelle Freiheit oder die Gleichheit eingefordert. Diese Diskussion ist schon sehr abgenutzt und endet oft bei der Frage nach dem Menschen- und Gesellschaftsbild.
 
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colourize

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #3 am: 02 März 2011, 14:40:06 »

Spambot, nur um Missverständnissen vorzubeugen: Du bist der Meinung, dass steuerfinanzierte Schulbildung für alle schulpflichtigen Kinder sowie ein gebührenfreier Zugang zu Hochschulbildung falsch ist?
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-Lethos-

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #4 am: 02 März 2011, 15:48:02 »

oohhmmann!!

Nichts für Ungut, Spambot, aber mir fällt auf, dass du mit deinen Ansichten sehr klar eine kategorisierende (und damit meiner Ansicht nach einseitig schwarz-weiß polarisierenden) Logik für die Deutung von Anschauungen (Gesellschaftlich, Menschlich) heranziehst, die sowohl der faktischen Ambivalenz des Seins ( Es gibt halt mehrere Aspekte hierzu) als auch des moralisch (vollkommen legitimen) Anspruchs nach Gerechtigkeit keinen reelen Platz mehr in deinen Betrachtungen und damit im Diskus billigst!

Vielleicht irre ich mich, aber diesen Eindruck nehm ich jeden Falls aus deinem jetzigen Beitrag mit.

Zum Thema an sich werde ich mich aufgrund der Wirren zur Bildungspolitik vorerst lieber zurück halten.
Hab keine Zeit jetzt ^^

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Takara

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #5 am: 02 März 2011, 16:26:55 »

im Diskus billigst!
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colourize

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #6 am: 02 März 2011, 16:38:36 »

ist wohl ein Tippfehler und meint "Diskurs". An dieser Stelle zu ersetzen durch "allgemeines Gelaber", klingt aber weniger schlau. 8)
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Ookami

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #7 am: 02 März 2011, 16:45:12 »

Diskus
Erleuchte mich mal...

Wahrscheinlich ein Schreibfehler und er meinte Diskurs. (http://de.wikipedia.org/wiki/Diskurs)

p.s. colourize war schneller :D
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-Lethos-

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #8 am: 02 März 2011, 16:50:01 »

(http://files.sharenator.com/266485575_GrammarNazi_Random_Pics_P-s343x467-60519.jpg)
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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #9 am: 02 März 2011, 16:51:47 »

ist wohl ein Tippfehler und meint "Diskurs". An dieser Stelle zu ersetzen durch "allgemeines Gelaber", klingt aber weniger schlau. 8)
Du hast Recht... Das Niveau eines "Disku(r)ses" lässt sich hier nicht ernsthaft vorfinden.
Glaub, einen solchen würd ich womöglich aus langerweile auch torpedieren  ;D
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Spambot

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #10 am: 02 März 2011, 19:16:13 »

Spambot, nur um Missverständnissen vorzubeugen: Du bist der Meinung, dass steuerfinanzierte Schulbildung für alle schulpflichtigen Kinder sowie ein gebührenfreier Zugang zu Hochschulbildung falsch ist?
Ähm, nein. Ich habe lediglich mögliche Positionen innerhalb des Spektrums "Chancengleichheit" beispielhaft genannt ohne dabei meine eigene Position zu offenbaren. Das diente nur zur Veranschaulichung.

@ Lethos: Den Begriff "Gerechtigkeit" nutze ich tatsächlich äußerst ungern in Diskussionen, da er erstens aus der Sicht des Verwendenen ein äußerst selbstgefälliger Begriff ist und zweitens immer eine vorherige Definition erfordert. Was soll denn die Ambivalenz des Seins sein?
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Kallisti

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #11 am: 02 März 2011, 22:57:58 »

@Spambot

Zitat
Ob soetwas wie eine Klassengesellschaft überhaupt existiert hängt von der jeweiligen Definition ab.

Ja, so verhält sich das mit so ziemlich jedem Begriff (es braucht eine Definition dafür).

Zitat
Diese Worthülse "Chancegerechtigkeit" kann man dann nach belieben mit egalitären Forderungen befüllen.
(Spambot)

Klar, das haben Worthülsen so an sich - dass man sie "befüllen" kann. Zum Glück ging es in der TV-Sendung nicht um Worthülsen, sondern um bestehende gesellschaftliche Verhältnisse, die - klar - aus verschiedenen Perspektiven unterschiedlich dargestellt und interpretiert werden können. Wie das nun mal immer so ist, nicht wahr?

Zitat
Diese Diskussion ist schon sehr abgenutzt und endet oft bei der Frage nach dem Menschen- und Gesellschaftsbild.
(Spambot)

Genau darum ging es - und dessen Entwicklung, Veränderung mit welchen (jeweiligen eventuellen) Folgen - sowohl für "die" Gesellschaft als auch für einzelne Teilbereiche bzw. Mitglieder (oder Nicht-"Mitglieder"). Schön, dass du das zwar erfasst (?) und (mehr oder weniger) wiederholt, aber nicht weiter ausgeführt hast (deine Ansichten hierzu bzw. dein "Menschen- und Gesellschaftsbild", sondern dich da doch lieber in Schweigen hüllst und Vermutungen in eine Richtung (...) als falsch(e) bezeichnest.

Insbesondere war mein Erschrecken weniger auf die Bildungsdiskussion als viel mehr auf die Wohnverhältnisse ... bezogen. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, es nicht bei den nur 20 Minuten reingucken zu belassen ... ?
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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #12 am: 03 März 2011, 00:37:47 »

Wohnviertel für reiche Menschen und Privatschulen sind keine neuen Phänomene und sie sind auch nicht der Kern der von dir angesprochenen gesellschaftlichen Probleme. Wesentlich ist hingegen die problematische Situation in bestimmten Wohnvierteln und Schulen.
Derartige Wohnviertel kann man eventuell durch Bebauungspläne oder gezielte Stadteilsanierungen (was zur Gentrifizierung führen kann) etwas verändern. Beispielsweise hat man Berlin Friedrichshain durch Sanierungen stark aufwerten können. Dafür sind benachbarte Stadtteile wie Lichtenberg oder Marzahn weiterhin fiese Ghettos. Die politischen Gestaltungsmöglichkeiten halte ich in einer bereits bebauten Stadt für stark begrenzt.
Bei der Schulproblematik kenne ich keine überzeugende Lösung. Mehr Geld und mehr Lehrer werden wahrscheinlich nur einen begrenzten Erfolg zeigen, da nicht alle sozialen Faktoren in der Entwicklung eines Jugendlichen durch schulische Interventionen gesteuert werden können.
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Kallisti

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #13 am: 03 März 2011, 11:16:19 »

Zitat
Wohnviertel für reiche Menschen und Privatschulen sind keine neuen Phänomene und sie sind auch nicht der Kern der von dir angesprochenen gesellschaftlichen Probleme.
(Spambot)

Doch, genau das ist der Punkt (meiner): Dass es kein "neues Phänomen" ist, sondern ein uraltes und - wie ich naiverweise dachte/hoffte: ein überholtes. Dass Menschen sich u.a. durch ihre Art zu Wohnen abgrenzen oder Menschen eben aufgrund unterschiedlicher (persönlicher) Voraussetzungen und Umstände verschiedene Möglichkeiten haben (oder nicht haben) zu wohnen, wohnen zu können wie sie möchten etc., darum geht es mir nicht, sondern darum, dass es meiner Auffassung nach eine überzogene und bedenkliche Situation ist, dass Menschen meinen, sich,d.h. eben nicht nur ihre Häuser, Grundstücke, sondern: ganze Stadtteile (!) überdeutlich sichtbar/demonstrativ auch noch mit Zäunen, Mauern und abschließbaren Toren umgeben zu müssen. Aus Angst, aus dem Glauben, sich und ihren Besitz schützen zu müssen und als Demonstration dessen, dass sie sich auch aus bestimmten (Prestige-) Gründen deutlich abgrenzen wollen - und anderen,  nicht Dazugehörenden damit überdeutlich vor Augen halten, dass sie (diese Anderen) ausgegrenzt, draußen gehalten werden müssen - weil sie zu arm, ungehobelt, ungebildet, unansehnlich, ungepflegt, nicht "eingeweiht", nicht privilegiert - kurz: weil sie einfach "aussätzig" sind und "man" mit Aussätzigen nun mal nicht in Berührung - bestenfalls nicht mal in Sichtweite - geraten will.

Nein, so sagt das (in der Sendung) natürlich niemand, aber genau so wirkt es auf mich.

Und dass solche Verhältnisse aktuell in europäischen demokratischen Ländern (Frankreich, Deutschland) vorzufinden sind und geduldet, ja sogar gefördert und ausgebaut (im wahrsten Wortsinn) werden - das lässt mich einfach wieder ein Mal mehr vom (idealistsichen) Glauben abfallen.

Herren und Knechte. Feudalgesellschaftliche Verhältnisse. -> Derart offensichtlich und unverblümt, unkaschiert - bewusst demonstrativ!

Was wird das langfristig (für wen) zur Folge haben ... ... ... ? - Alles ewige Wiederholung des Gleichen?


Die Bildungs"problematik" (was Chancengleichheit und Gerechtigkeit ! betrifft), ist nochmal ein ganz eigenes Thema.

Zitat
Mehr Geld und mehr Lehrer werden wahrscheinlich nur einen begrenzten Erfolg zeigen, da nicht alle sozialen Faktoren in der Entwicklung eines Jugendlichen durch schulische Interventionen gesteuert werden können.
(Spambot)

Natürlich nicht "alle" - aber es geht niemals irgendwo im Leben "alles". Das zu erwähnen, als Einwand vorzubringen, ist doch überflüssig!
Es könnte aber eine ganze Menge verändert werden, in Bewegung kommen - durch bessere und gleichmäßiger verteilte Chancen, Möglichkeiten für Schüler (auch, vor allem staatlicher Schulen, logisch). Hierfür bedarf es (finanzieller) Investitionen, aber auch politisch veränderter, angemessener Bemühungen, Einsichten, Bereitschaft und Wegbereitungen.  
« Letzte Änderung: 03 März 2011, 11:17:57 von Kallisti »
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Eisbär

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Re: Geschlossene Gesellschaft
« Antwort #14 am: 03 März 2011, 11:41:20 »

Ähm... der reiche Mann baut nicht deswegen einen hohen Zaun und eine Alarmanlage, weil er sich abgrenzen will, sondern weil er mit Raub, Diebstahl und Entführungen rechnen muß.

Wenn ich ein entsprechendes Vermögen hätte, würde ich mich auch vor Kriminalität schützen. Der Staat bekämpft Kriminalität ja nur ungern an den Wurzeln (Stichwort Sozialabbau). Und selbst der sozialste Oberschichtler, der große Teile seines Vermögens für soziale Projekte stiftet, ist vor entsprechender Kriminalität nicht sicher.
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