Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Individualismus ?  (Gelesen 2999 mal)

Thomas

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Individualismus ?
« am: 15 September 2006, 09:58:28 »

Von Spiegel-Online, es geht darin zwar primär um die Rolle der Kirche in der Gesellschaft, aber gerade folgenden Block könnte man auch tlw. losgelöst davon sehen :

Zitat
Zahlreiche Erhebungen der Sozialpsychologie zeigen: Die Entbindung aus Weltanschauungen, Religionen, Gemeinschaften und Institutionen über die vergangenen 40 Jahre hat zu elementaren Erschöpfungen geführt, zu Rat- und Orientierungslosigkeit.

Der entbettete Einzelne der individualisierten Gesellschaft muss sich ständig selbst entscheiden - ohne noch über die Orientierungssicherheit eines stabilen Wertfundaments zu verfügen. Psychologen berichten von einem dramatischen Anstieg neuer "Grübelkrankheiten": Von ihnen wird man befallen, wenn man sich unaufhörlich eigenverantwortlich festlegen muss, normierende Kriterien und richtungsweisende Maßstäbe allerdings fehlen. Der individualisierte Mensch empfindet es allmählich nicht mehr bloß als Chance, kreativ, authentisch und originär sein zu dürfen - sondern oft genug als Zwang, all dies jederzeit sein zu müssen.
Lebenslanges Lernen in der Wissensgesellschaft ist nicht nur ein verlockendes Versprechen. Es ist auch ein bedrohlicher Imperativ, der den Individuen ihre chronische biographische Unfertigkeit bescheinigt - und der auch Menschen jenseits der 30 zur dauerhaften Adoleszenz verurteilt. Kurz: Emanzipation ist nicht nur befreiend. Sie ist auch mühselig. Der Imperativ, einzigartig sein zu müssen, die Last der eigenverantwortlich zu tragenden Irrtümer, Fehlentscheidungen, Schicksalsschläge: All dies hat etliche Menschen in die Depression geführt, in den Burn-out.


http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,437018,00.html

Ich halte oben gesagtes für durchaus zutreffend, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger.Der gerade auch in unseren Kreisen, aber auch im Rest der Gesellschaft zu beobachtende Individualisierungs"wahn" (wie man es bei einigen ja schon nennen muß), hinterläßt offenbar bei vielen Lücken in der Sinnhaftigkeit des ganzen.

Bei dem ständigen Drängen daraufhin, bloß nicht spießig, normal, angepaßt, etc. zu wirken bleibt wohl bei vielen nur ein Loch darüber, was sie denn eigentlich sein wollen oder sollen.Die Individualgesellschaft, die längst viele frühere gesellschaftliche Grenzen relativiert hat, scheint sich ohne Grenzen auch öfter mal in der Leere der Freiheit zu verlaufen.Das ist ein wenig wie mit dem kleinen, quängelnden Kind, das alles darf, aber deswegen am Ende noch lange nicht Glücklich ist.

Das soll natürlich nicht heißen, das wir wieder eine 50'er-Jahre Gesellschaft mit vielen ungeschriebenen Verhaltensregeln brauchen, die die Menschen in Formen zu pressen versucht, oder einen Staat wie die DRR, in der das ganze Leben von staatlicher Seite für den einzelnen durchorganisiert wird, aber ein wenig mehr "Normalbürgertum" mit festen Strukturen könnte so manchem nicht schaden, wie ich finde.

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colourize

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Individualismus ?
« Antwort #1 am: 15 September 2006, 10:34:45 »

Sehr interessantes Thema!

Zu allererst glaube ich, dass das Wort "Individualisierung" etwas unzutreffendes suggeriert: Die totale Vereinzelung des Menschen und die Auflösung kollektiver Identitäten.
Ich denke, dass das nicht zutrifft. Im Gegenteil: Ich glaube, dass frühere kollektive Identitäten (Familie, Dorf, Volk, Religionsgruppen etc.) in neue gesellschaftliche Integrationsformen umgewandelt werden (z.B. Lebensstile oder Neo-Tribes). Diese Bindungen sind lockerer, tendenziell auf Zeit angelegt und prinzipiell aufkündbar. Außerdem sind sie nach der jeweiligen Rolle, in der man sich befindet, sehr unterschiedlich definiert: Opas Geburtstag erfordert eben andere Verhaltensnormen von mir als Gothicparty.

Individualisierung bedeutet nicht, dass Jeder ein Einzelkämpfer ist, sondern dass prinzipiell verschiedene Wahloptionen bestehen, wie der Einzelne sein Leben gestalten will. Dass Wahl immer auch Qual bedeuten kann, ist dabei aber nichts neues.
Trotzdem ist mir lieber, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt - und ich mich nicht der einen, vorherrschenden Vorstellung einer Normalbiographie unterwerfen muss.
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Thomas

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« Antwort #2 am: 15 September 2006, 10:55:40 »

Zitat von: "colourize"

Individualisierung bedeutet nicht, dass Jeder ein Einzelkämpfer ist, sondern dass prinzipiell verschiedene Wahloptionen bestehen, wie der Einzelne sein Leben gestalten will. Dass Wahl immer auch Qual bedeuten kann, ist dabei aber nichts neues.

Trotzdem ist mir lieber, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt - und ich mich nicht der einen, vorherrschenden Vorstellung einer Normalbiographie unterwerfen muss.

Ja, es gibt ja auch viele, die mit dieser breit gefächerten Freiheit umgehen können.Aber es gibt eben, so wie mir scheint, auch viele, die zwar zuerst von dieser "alles kann, nichts muß"-Rahmenbedingung begeistert sind, dann aber auch ein wenig von ihr überfordert werden, weil Orientierungspunkte immer mehr wegfallen.

Ich glaube, je gefestigter und selbstständiger die Persönlichkeit ist, umso besser kann man mit der "totalen Freiheit" umgehen.
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« Antwort #3 am: 15 September 2006, 11:09:33 »

es geht hier anscheinend um persönlicher freiheit, also was ich esse und trinke und welche musik ich zum beispiel höre. (alles was den privatbereich angeht). da ist individualsmus doch das salz in der suppe. wenn es das nicht gäbe, dann hätte man doch nichts zu lachen. *hiphoppstyle*

jedoch der nichtprivate bereich sieht ganz anders aus.
denn wenn du mal in eine lage geraten bist, in der du der entscheidungsträger bist und ständig damit rechnen must eine richtung zu geben und dabei verschieden faktoren, die sich als variablen entpuppen, berücksichtigen must, dann wirst du wissen, wie einsam freiheit macht.

nicht müssen, alles dürfen ist ein schöner slogan, jedoch genauso wie geiz ist geil. er ist nicht zuendegedacht.
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BetterOf2Evils

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« Antwort #4 am: 15 September 2006, 11:12:50 »

Die zunehmende Individualisierung hat positive und negative Seiten. Zum einen ist es positiv, wie colourize bereits schrieb, dass jeder Mensch (Eingrenzung: in der westlichen Gesellschaft) seine eigene Entscheidungshoheit besitzt, zu tun und zu lassen was er will, Berufe und Ausbildungen zu erlernen, die er will oder auch Partnerschaften einzugehen wie er will etc. Die Betonung auf individuelle Stile und Lebensvorstellungen hat hierbei in der Tat zugenommen.

Feste traditionelle Familienstrukturen, wie sie früher waren, bestehen kaum noch. Zunahme von Arbeitslosigkeit, zerrütteten Familien, aber auch alternative Lebensmodelle wie gleichgeschlechtliche Ehen, überzeugtes Singledasein, Alleinerziehende etc.
Auch sind Klassenunterschiede einfacher zu überspringen als früher (Bsp. vom Tellerwäscher zum Millionär einzig und allein abhänig von der eigenen Leistung).
Heute verbleiben Jugendliche länger in Bildungsinstitutionen und entscheiden sich später für einen speziellen Beruf. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Familienbildung. Durch den sozialen Wandel haben sich die Positionenstruktur und die Leistungsanforderungen in der Gesellschaft verändert (--> Generation Praktikum). Immer wichtiger ist es, flexibel im Job zu sein und auch mal mit 40 - 50 einen Neuanfang wagen zu können, um eben in der Gesellschaft nicht die Orientierung zu verlieren.

Die Auswirkungen auf der negativen Seite dieser Wahlmöglichkeiten im Leben eines jeden Individuums sind eben Orientierungslosigkeit und instabile Lebensverhältnisse. Dadurch, dass Jugendliche frühzeitig auf Selbständigkeit und ihre eigene Verantwortung eingestellt werden, gleichzeitig aber im Hintergrund kaum noch stabile familiäre Rückzugsmöglichkeiten haben, werden sie zunehmend durch diesen "Individualisierungszwang" unter Druck gesetzt und könnten das Gefühl bekommen, in der Gesellschaft fehl am Platz su sein oder noch nicht "den richtigen Weg gefunden zu haben".

Zitat von: "Thomas"
Ich glaube, je gefestigter und selbstständiger die Persönlichkeit ist, umso besser kann man mit der "totalen Freiheit" umgehen.

Ja, sehe ich genauso. Und die Aufgabe, einen selbständigen und verantwortungsbewussten Menschen heranzubilden, hat hierbei immer noch die Familie.
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Thomas

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« Antwort #5 am: 15 September 2006, 11:20:56 »

Zitat von: "~noise~druide~"
es geht hier anscheinend um persönlicher freiheit, also was ich esse und trinke und welche musik ich zum beispiel höre. (alles was den privatbereich angeht). da ist individualsmus doch das salz in der suppe. wenn es das nicht gäbe, dann hätte man doch nichts zu lachen. *hiphoppstyle*

Naja, es ging eher um den nicht bzw. halb-privaten Bereich, den du aber schon ganz treffend beschrieben hast.

Es ist schon klar, das es in solchen Bereichen wie Musik, Kleidung, etc. Individualismus geben soll, weil diese Bereiche auch nicht so eine Tragweite haben. (Wobei man sich bei manchem Markenzwang an Schulen schon wieder fragt, wo da die Individualität hin ist  :? )

Gemeint habe ich besonders den gesellschaftlichen Bereich, insbesondere Werte und Normen.Und es gibt, wie gesagt, sicherlich viele die in einer Gesellschaft, in der annährend alle Werte und Normen gerne mal als unbedingt zu vermeidendes Spießerzeugs abgetan werden, gewissermaßen vereinsamen und ohne Halt sind.

Aber natürlich schaffen sich auch viel neue bzw. "Ersatz"-Werte und Normen, wie colourize schon schrieb, und das ist ja dann auch in Ordnung.

Nur bleiben halt einige auf der Strecke, fürchte ich.
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~noise~druide~

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« Antwort #6 am: 15 September 2006, 11:27:26 »

Zitat von: "Thomas"
Aber natürlich schaffen sich auch viel neue bzw. "Ersatz"-Werte und Normen, wie colourize schon schrieb, und das ist ja dann auch in Ordnung.


wir wachsen ja auch mit unserer geschichte.
das sehe ich auch sehr positiv, denn nur durch veränderungen, merkt man doch das man lebt. ob es eine positive oder negative ist, sei mal dahingestellt.
du hast ja bestimmt auch normen für dich gefunden, die vor einigen jahren noch nicht deinen alltag durchzogen.
lernen heißt ja auch sich verändern.

Zitat von: "Thomas"
Nur bleiben halt einige auf der Strecke, fürchte ich.

das ist überall so. die frage ist hier, wie weit tragen wir verantwortung, solche menschen mitzunehmen. denn wenn wir sie zurücklassen, dann haben wir das problem der politischen, relegiösen, kulturellen vollidioten.
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BetterOf2Evils

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« Antwort #7 am: 15 September 2006, 11:32:19 »

Zitat von: "Thomas"
Und es gibt, wie gesagt, sicherlich viele die in einer Gesellschaft, in der annährend alle Werte und Normen gerne mal als unbedingt zu vermeidendes Spießerzeugs abgetan werden, gewissermaßen vereinsamen und ohne Halt sind.


Das "Spießerzeugs" - also die verbindlichen Berufs- und Familienmuster die früher immer vorgelebt und vorgegeben waren, sind heute sehr schwammig geworden und kein Zwang mehr.  Die Wahl, vor der jeder Mensch steht (erst Karriere dann Familie? Oder nur Familie und keine Berufstätigkeit? Oder nur Beruf und keine Familie? Oder oder oder...) hat auch Schattenseiten, da immer mehr Selbstentfaltungswünsche in den Vordergrung geraten sind und auch der Gedanke evtl. etwas zu verpassen, wenn ich mich fühzeitig für oder gegen ein Lebensmodell entscheide. Nicht nur der Gedanke etwas zu verpassen, auch die Angst/Ungewissheit, eine falsche Wahl zu treffen, die mich später vielleicht im Beruf oder allgemein benachteiligen könnte.
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toxic_garden

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« Antwort #8 am: 15 September 2006, 11:42:00 »

Zitat von: "Thomas"
Gemeint habe ich besonders den gesellschaftlichen Bereich, insbesondere Werte und Normen.Und es gibt, wie gesagt, sicherlich viele die in einer Gesellschaft, in der annährend alle Werte und Normen gerne mal als unbedingt zu vermeidendes Spießerzeugs abgetan werden, gewissermaßen vereinsamen und ohne Halt sind.

diese Werte "Spießerzeugs" zu nennen ist meiner Ansicht nach eine ganz normale, wenn auch leider etwas plumpe, Gegen-Reaktion auf die ideologische Sicht der früheren Generation. Abgrenzung und Individualisierung gehen halt meistens Hand in Hand. Und Abgrenzung ist nunmal gerade in jungen Jahren (und ich unterstelle mal, dass der Begriff "Spießerzeug" hauptächlich von U25-Leuten benutzt wird) wichtig, um die eigene Identität zu finden. Dass sie früher oder später doch wieder - zumindest teilweise - zu diesem Spießerleben zurückkehren werden ist abzusehen. Im Grunde ist ja die von colourize eingangs erwähnte Bildung neuer "Neo-Tribes" (sehr nette Beschreibung by the way) ein erster richtiger Schritt. Das eigene Wertesystem wandelt sich mit den Jahren. Und wer schon früh gelernt hat, dass es sich in einer Gruppe von Gleichgesinnten angenehmer lebt, der wird dieses Verhalten auch in späteren Jahren noch beibehalten. Und schwupp, schon ist man 30 und ein gutbürgerlicher Bestandteil der Gesellschaft. ;)
Womit ich natürlich nicht sagen will, dass man alle Werte der vergangenen Generationen übernehmen sollte, aber gewisse, in meinen Augen recht zeitlose Ansichten und Verhaltensmuster kann man durchaus als "altbewährt" bezeichnen und weiterführen.
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Thomas

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« Antwort #9 am: 15 September 2006, 11:52:17 »

Zitat von: "BetterOf2Evils"
...hat auch Schattenseiten, da immer mehr Selbstentfaltungswünsche in den Vordergrung geraten sind und auch der Gedanke evtl. etwas zu verpassen, wenn ich mich fühzeitig für oder gegen ein Lebensmodell entscheide.

Tlw. vor allem vermeintliche Selbstentfaltung, und die wird von einigen Medien auch super vorgelebt.Auf MTViva, RTL&Co. sitzt eben keine Familie beim Abendessen zusammen, sondern da werden Topmodels und Popstars verkauft, und in den Videoclip können wir sehen, wie cool und erfolgreich deren vermeintlich individueller Lebensstil doch ist.Und so wollen dann viele auch sein, aber wohl eher, um eine Rolle zu erfüllen (Das sich unzählige andere Persönlichkeits- und Meinungsfreie Trottel genauso benehmen wird bei dieser "Individualisierung" übrigens auch gerne ausgeblendet )

Zitat von: "toxic_garden"
diese Werte "Spießerzeugs" zu nennen ist meiner Ansicht nach eine ganz normale, wenn auch leider etwas plumpe, Gegen-Reaktion auf die ideologische Sicht der früheren Generation. Abgrenzung und Individualisierung gehen halt meistens Hand in Hand. Und Abgrenzung ist nunmal gerade in jungen Jahren (und ich unterstelle mal, dass der Begriff "Spießerzeug" hauptächlich von U25-Leuten benutzt wird) wichtig, um die eigene Identität zu finden.

Völlig richtig.Nur scheint bei einigen diese Abgrenzung zum Selbstzweck zu werden, in dem man sich dann verliert.Und wenn mancher Extremindividualist in der zweiten Hälfte seiner 20'er Jahre nach wie vor als Hauptaktivität hat, bloß nichts zu tun, was sein Eltern schon getan haben oder der Durchschnittsbürger tut, dann wird's "gefährlich".

"Wie willst du denn sein ?"

"anders."

"Wie anders ?"

"Egal, hauptsache irgendwie anders.!
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« Antwort #10 am: 15 September 2006, 12:06:01 »

Zitat von: "Thomas"
Völlig richtig.Nur scheint bei einigen diese Abgrenzung zum Selbstzweck zu werden, in dem man sich dann verliert.Und wenn mancher Extremindividualist in der zweiten Hälfte seiner 20'er Jahre nach wie vor als Hauptaktivität hat, bloß nichts zu tun, was sein Eltern schon getan haben oder der Durchschnittsbürger tut, dann wird's "gefährlich".

diesen armen Existenzen unterstelle ich einfach mal entweder eine frühkindliche Psychose, die sie in dieser Haltung zu verarbeiten versuchen oder aber einen extremen Hang zur Selbstdarstellung, der schon weit über die ursprüngliche Intention der Individualisierung hinaus geht und nur darauf abzielt, Aufmerksamkeit durch seine Andersartigkeit zu erhaschen. Wobei ich nun natürlich nicht alle alternativen Lebensformen unter einen Hut stecken möchte. Wer aufgrund seines Lebensstils nunmal wenig Überschneidungspunkte mit dem Leben seiner Eltern hat (wessen Eltern haben z.B. schon in einem Bauwagen gelebt? ;)), der hat sich halt einfach so entwickelt. Schlimm ist es halt nur, wenn diese Entwicklung, wie du bereits erwähnt hast, in eine bestimmte Richtung forciert wird, um die eigene Andersartigkeit als oberstes Prinzip darzustellen.
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« Antwort #11 am: 15 September 2006, 12:53:33 »

Zitat von: "Thomas"
Völlig richtig.Nur scheint bei einigen diese Abgrenzung zum Selbstzweck zu werden, in dem man sich dann verliert.Und wenn mancher Extremindividualist in der zweiten Hälfte seiner 20'er Jahre nach wie vor als Hauptaktivität hat, bloß nichts zu tun, was sein Eltern schon getan haben oder der Durchschnittsbürger tut, dann wird's "gefährlich".

manche fangen gerade in zweite Hälfte 20-er Jahren damit an, sich als Individium zu fühlen, weil sie in ihre Jugend sich dem Diktat ihren rigorosen Elternauses nicht entziehen könnten. Und irgendwann brechen sie einfach aus, das kann auch mit 25 oder 30 passieren. Und längst nicht jeder von denen scheitert, ich kenne so paar Leute, die sich dadurch ganz neue idividuelle Perspektiven erarbeitet haben
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Thomas

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« Antwort #12 am: 15 September 2006, 13:03:30 »

Zitat von: "Black Russian"

manche fangen gerade in zweite Hälfte 20-er Jahren damit an, sich als Individium zu fühlen, weil sie in ihre Jugend sich dem Diktat ihren rigorosen Elternauses nicht entziehen könnten. Und irgendwann brechen sie einfach uas, das kann auch mit 20 passieren. Und längst nicht jeder von denen scheitert, ich kenne so paar Leute, die sich dadurch ganz neue idividuelle Perspektiven erarbeitet haben

Solche Fälle meinte ich auch nicht.Da muß halt jemand etwas nachholen, was ihm früher, z.B. durch das Elternhaus verwehrt wurde.Ich sparch eher von diesem aufgesetzten "Mode-Individualismus"  :wink:
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« Antwort #13 am: 16 September 2006, 16:10:26 »

Natürlich hat die Freiheit Grenzen:

Sie hört da auf, wo man Steuergelder von Thomas verbraucht. :biglaugh:
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« Antwort #14 am: 26 September 2006, 00:22:54 »

Jugendrebellion ist wohl eher natürlich und ein Teil des normalen Weges zum Erwachsen werden.

Das von Thomas angeführte Zitat ("...der auch Menschen jenseits der 30 zur dauerhaften Adoleszenz verurteilt")  und die daraus geschlussfolgerten Lücken der Sinnhaftigkeit entsprechen meiner Beobachtung: rebellieren, um nicht als "Anti-Rebell" zu gelten.
Man muß gegen Konventionen sein: "Du hast mich zu nehmen, wie ich mich gebe, egal, ob ich dir an den Karren fahre (und ob ich wirklich so bin)!". Tue ich dies in einem inopportunen Moment, so ist dies trotzdem zu tolerieren und darf dein Bild von mir nicht ins Negative ändern!

Ist es nicht gerade nach Überwindung (oder Herauswachsen aus) der adoleszenten Phase spannend, Stilbrüche oder individuelle Verhaltensweisen an den Tag zu legen, die  ironisch sind, den Spiegel vorhalten, ohne sich selbst zu desavouieren, sich selbst zu zerstören (und andere ob ihres Unverständnisses dafür verantwortlich machen)?
Zitat von: "colourize"
Außerdem sind sie nach der jeweiligen Rolle, in der man sich befindet, sehr unterschiedlich definiert: Opas Geburtstag erfordert eben andere Verhaltensnormen von mir als Gothicparty.

Und wie könnte man diese Individualismen entwickeln und ausleben, ohne zu wissen, das "Opas Geburtstag" eine andere Verhaltensweise erfordert, als eine Party in der Markthalle? Was bedeutet es, einen undifferenzierten "Mode-Individualismus" zu pflegen, der überall fehl am Platz ist?
Ohne Verwurzelung in bestehenden Traditionen, Weltanschauungen oder Gemeinschaften ist ein gezieltes "Draufschlagen" auf überkommene Vorstellungen (und was wollen "Extremindividualisten" anderes?) kaum, und vor allem: nicht ohne die entsprechende Reaktion, möglich.
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