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Autor Thema: Gewaltspirale ?!  (Gelesen 16810 mal)

*Alex*

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Gewaltspirale ?!
« am: 28 Juni 2011, 15:10:29 »

Nach langer Abstinenz hier im Forum auf Grund meines Staatsexamens, möchte ich hier dennoch gerne einmal eure Meinung zu der Gewalt in unserem Unfeld wissen. Sollte dieses Thema schon ein Mal hier behandelt worden sein, so möchte ich mich hier entschuldigen, doch habe ich selbst durch die Suchfunktion nicht das Gefunden, was ich suche.

Immer und immer wieder hört man von Gewalttätigen ausschreitungen, Kriege und Proteste mal außen vor. Hier schlägt einer einen Obdachlosen scheinbar grundlos zusammen, dort kommt es zu einer Prügelei. Ich rede jetzt nicht nur von den Extremfällen, die in den Medien breitgetreten werden, sondern von dem, was auf der Straße so passieren kann und auch ab und an passiert. Kommt es mir so vor oder steigt die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft? Liegt das an dem zu wenig regulierten Zugang zu Rauschmitteln oder ist es einfach das Bedürfnis sich zu profilieren? Oder sind es gar zu milde Strafen, auch in Bezug auf Minderjährige, die es ermöglichen dass Gewalt so exessiv gelebt werden kann?

Mich würde einfach mal eure Meinung interessieren, ob ihr schon ein Mal bedroht wurdet, in eine solche Situation mit Gewalteskaltion schon einmal beteiligt ward und/oder wie ihr sie lösen konntet. Ich bin zum beispiel zu der Überzeugung gekommen, dass es besser ist, wenn meine Freundin Kampfsport lernt und sich zu wehren weiß wenn es angebracht ist, damit ich mir keine Sorgen machen muss, dass ihr was passiert ist, wenn sie sich Abends mit ihren Freundinnen trifft. Ich finde es vorteilhaft, wenn sie weiß, wie sie eine Situation einzuschätzen hat und ggf. flüchten kann, bzw. dem Täter auch in Notwehr verletzen kann. Ich weiß, dass es jetzt etwas unmenschlich klingt, aber besser er kann nie wieder laufen, als sie.

Aber die Lösung kann das doch auch nicht sein.... Täter suchen sich eben Opfer und mit einer gewissen Kenntnis in Selbsverteidigung oder Kampfsport verhält man sich einfach anders, man strahlt mehr selbstbewusstsein aus und kommt vielleicht so um bestimmte Situationen herum. Auf der anderen Seite sehe ich die Gefahr, dass eine solche Ausbildung dazu verleiten kann eher den Kampf zu suchen, als einfach wegzulaufen.

Wie ihr seht drehen sich meine Gedanken gerade etwas im Kreis, darum hoffe ich ja hier etwas inspiration zu erhalten. Was meint ihr? Habt ihr schon Erfahrungen mit Gewalt gesammelt? Bisher kam ich zum Glück um solche Situationen immer herum. Also kann ich nicht sagen, wie ich in solchen Situationen reagieren würde....
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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #1 am: 28 Juni 2011, 16:15:02 »

Welcome back :)

Nach langer Abstinenz hier im Forum auf Grund meines Staatsexamens,

Wodrin? Jura? Warst Du nicht Physiotherapeut, oder erinnere ich mich da falsch?

Zu den möglichen Ursachen für die vermeintlich zunehmende Gewalt sage ich bestimmt später noch was. Nur erstmal soviel: Eine Kampfsportart oder Kampfkunst zu lernen oder zu beherrschen, macht noch keinen Schläger, der den Kampf sucht. Es ist natürlich ein Unterschied, ob man bei Kallis illegaler Hinterhof-Boxklitsche für nen Zehner auf die Hand seinen persönlichen Workout betreibt, oder ob man sich bei einem verantwortungsvollen Lehrer/Trainer ein halbwegs tradiertes System aneignet. Im letzteren Fall wird eben auch mehr auf die mentale und charakterliche Entwicklung Wert gelegt.

Folgendes sinngemäßes Zitat von ichweißnichwem ist ja fast schon ein Konsens:"Wenn es zum Kampf kommt, haben beide schon verloren". Den Kampf zu vermeiden ist die oberste Regel.

Sich verteidigen zu können bzw. Selbstvertrauen zu kriegen, damit es nicht dazu kommt, ist sicherlich der häufigste Grund, mit Kampfsport anzufangen. Es ist genau wie Du es darstellst. Man lernt, cool zu bleiben und im Ernstfall den geübten Reaktionen Bahn zu schaffen, anstatt dass der analytische Verstand das Heft in der Hand hätte (das ist vielleicht wie beim Autofahren ... Wer müsste nicht erstmal rechts ranfahren, wenn er darüber intensiv nachdenkt, was er da gerade genau macht? ;)).

Ich weiß, dass es jetzt etwas unmenschlich klingt, aber besser er kann nie wieder laufen, als sie.

Na ja, stimmt aber doch. Jeder sollte so behandelt werden, als wüsste er, was er da tut. Und der Notwehrparagraph gibt einem auch in weiten Teilen recht. 

Ich hatte noch keinen nennenswerten Ernstfall und bin auch nicht scharf drauf. Bei uns (Ninjutsu, wie schon an anderer Stelle erwähnt), und sicherlich nicht nur da, geht es zu einem großen Teil darum, eine Situation einschätzen zu können, damit man die Sache überlebt. Deeskalation sollte das Mittel der Wahl sein und auch weglaufen und Polizei rufen ist da keine Schande. Einer unserer Trainer sagte, gerade bei den so häufigen Messerstechereien darf man sich nicht überschätzen. Selbst wer darauf trainiert ist, hätte eine vielleicht 20%ige Chance, aus der Sache heile rauszukommen (ist natürlich nur eine persönliche Schätzung, aber der macht das auch schon jahrelang).
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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #2 am: 28 Juni 2011, 16:26:57 »

Ja, es ist das Staatsexamen in Physiotherapie^^

Ich kam zum einen auf das Thema durch meine vielen Praktika in verschiedenen Kliniken, in denen man doch so einiges an Schicksalen mitbekommt, zum anderen weil ich seit kurzem mit Muay Thai angefangen habe und in einem Kampfsportforum einiges zu dem Thema gefunden habe. Diese Posts haben mich zum Teil sehr erschüttert, zum anderen wurden dort einige Videos gepostet, bei denen mir wirklich schlecht wurde. Da kamen mir einfach diese Gedanken, ob es da nicht sinnig ist sich auf bestimmte Situationen zu trainieren, bzw. ob es nicht sinnig ist zu wissen wie man sich selbst verteidigen kann, wenn es mal darauf ankommt und sei es nur in der Disco oder ähnliches.... Ich bin jetzt noch nicht einmal von bewaffneten Gegnern ausgegangen. Mir drängt sich halt auch die Frage auf, ob man durch eine Kampfsport-/Selbstverteidigungsart, die man im Ernstfall anwenden kann, so eine Art menschliches Wettrüsten beginnt.
Ich für meinen Teil mache Muay Thai um mich körperlich zu betätigen und Stressabbau an der Pratze/ dem Sandsack betreiben zu können. Das heißt allerdings im Umkehrschluß nicht, dass ich es nicht anwenden würde, um jemanden zu helfen. D.h. nach vorherigem Einschätzen der Situation.
Vielleicht denke ich auch einfach zu viel nach(?) und es ist alles halb so schlimm.   
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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #3 am: 28 Juni 2011, 16:32:14 »

Liegt das an dem zu wenig regulierten Zugang zu Rauschmitteln oder ist es einfach das Bedürfnis sich zu profilieren? Oder sind es gar zu milde Strafen, auch in Bezug auf Minderjährige, die es ermöglichen dass Gewalt so exessiv gelebt werden kann?
ja.

Zitat
Mich würde einfach mal eure Meinung interessieren, ob ihr schon ein Mal bedroht wurdet, in eine solche Situation mit Gewalteskaltion schon einmal beteiligt ward und/oder wie ihr sie lösen konntet.
in 95% der Fälle, in denen ich so eine Auseinandersetzung mitbekommen habe, war (mindestens) der offensive Part des Konflikts stark berauscht. Was wiederum ein super Motor für das Folgeproblem "Profilierungssucht" oder "Machtdemonstration" sein kann. Ich habe zwar in der Vergangenheit auch stellenweise deutlich zu tief auf Partys ins Glas geschaut, aber wenn ich mir eins dabei nicht vorwerfen kann, dann in irgendeiner Form aggressiv zu werden. Selbst diesen Freitag bei einer äußerst merkwürdigen Auseinandersetzung war ich trotz intensivem Pegel eher noch der (soweit möglich) deeskalierende Part. Es muss also schon ein gewisser Grad an Grundaggressivität vorhanden sein, der durch Rauschmittel katalysiert wird, damit es tatsächlich zu Gewalt kommt. Zumindest in dieser Szene habe ich noch nie erlebt, dass sich zwei Personen nüchtern an die Gurgel gegangen sind.

Daher wird auf diversen Partys inzwischen auch ein recht deutliches Konzept eingeführt: wer sich im Vollsuff nicht benehmen kann, kommt gar nicht erst rein.

Und ich finde es keinesfalls egoistisch oder unmenschlich zu sagen "lieber der Täter wird geschädigt als das Opfer". Das ist in meinen Augen vollkommen legitim und im Umfang der Notwehr, deren erste Intention die eigene Unversertheit ist und nicht die des Täters, absolut angemessen. Aber wie Simia schon sagte, Deeskalation, gepaart mit selbstsicherem Auftreten hilft in den meisten Fällen schon durchaus. Und für Zweiteres ist ein Kampfsporthintergrund mit Sicherheit nicht das Verkehrteste. ;)
« Letzte Änderung: 28 Juni 2011, 17:02:39 von t_g »
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Simia

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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #4 am: 28 Juni 2011, 21:35:28 »

Ja, es ist das Staatsexamen in Physiotherapie^^

Ist das in Deutschland jetzt auch schon ein Studium? Als ich noch klein war, war das ne Ausbildung (wenn wohl auch eine ziemlich heftige).

Ich kam zum einen auf das Thema durch meine vielen Praktika in verschiedenen Kliniken, in denen man doch so einiges an Schicksalen mitbekommt, zum anderen weil ich seit kurzem mit Muay Thai angefangen habe und in einem Kampfsportforum einiges zu dem Thema gefunden habe. Diese Posts haben mich zum Teil sehr erschüttert, zum anderen wurden dort einige Videos gepostet, bei denen mir wirklich schlecht wurde.

Du meinst z.B. den Kickboxer, der auf einmal an einer Stelle wegknickt, wo das Bein gar kein Gelenk hat?

Da kamen mir einfach diese Gedanken, ob es da nicht sinnig ist sich auf bestimmte Situationen zu trainieren, bzw. ob es nicht sinnig ist zu wissen wie man sich selbst verteidigen kann, wenn es mal darauf ankommt und sei es nur in der Disco oder ähnliches.... Ich bin jetzt noch nicht einmal von bewaffneten Gegnern ausgegangen.

Hm? Meinst Du, dass z.B. Muay Thai mit dem Hintergrund des Stressabbaus und Fitness-Aspekts alleine nicht ausreicht, um einer solchen Situation gewachsen zu sein und man sowas explizit trainieren sollte? Es gibt eben viele Motivationen und für jede gibt es ein System. Allgemein wird ja unterteilt in Kampfsportarten (Karate, Judo, Taekwondo), Kampfkünste (Escrima, Ninjutsu, Systema), Selbstverteidigungssysteme und Militärische Nahkampfsysteme, wobei die Grenzen fließend sind. Aber das Selbstbewusstsein (was auch bedeutet, seine Grenzen zu kennen) wird in jedem Fall ausgebaut und das greift dann auch im Ernstfall, das ist oftmals schon mehr als die halbe Miete, egal welche Technik man im Einzelnen anwendet und warum man in seinen Verein eingetreten ist.

Oder hab ich Dich jetzt missverstanden?

Mir drängt sich halt auch die Frage auf, ob man durch eine Kampfsport-/Selbstverteidigungsart, die man im Ernstfall anwenden kann, so eine Art menschliches Wettrüsten beginnt.

Das versteh ich auch nicht ganz. Willst Du sagen, dass weil der andere das irgendwie sehen müsste, dass man was kann, er erst recht zuschlagen würde und das wäre nicht der Fall, wenn man damit noch nie was zu tun hatte? Das kann ich nicht bestätigen. In meinem Dojo laufen einige "halbe Hemden" rum, denen man "das" nicht ansieht, aber wenn ich die in Aktion sehe, staune ich immer wieder.

Ich für meinen Teil mache Muay Thai um mich körperlich zu betätigen und Stressabbau an der Pratze/ dem Sandsack betreiben zu können. Das heißt allerdings im Umkehrschluß nicht, dass ich es nicht anwenden würde, um jemanden zu helfen.

Man sollte alles, was man beherrscht anwenden, um zu helfen, egal ob Selbstverteidigung oder nicht. Wenn man der Baseball-Gott ist und gerade einen Baseball in der Hand hat, dann drauf (Im Zweifelsfall ist man dann auch weit genug weg ;)).

Zitat von: t_g
Zumindest in dieser Szene habe ich noch nie erlebt, dass sich zwei Personen nüchtern an die Gurgel gegangen sind.

Nein, Schwarzvolk ist aus Tradition eher passiv-aggressiv. Und man "löst" die Dinge eher über Intrigen und Lästereien. *g*

Und ich bin mir nicht sicher, ob die Gewalt wirklich zugenommen hat, oder ob die Medien schön in die Kerbe hauen. Man hat zumindest den Eindruck, dass Gewalt allgegenwärtig ist (wobei, wie ich jetzt diverse Male las und hörte, die Leute im 18. Jhd. innerhalb eines Jahres den Informationsgehalt einer Times-Ausgabe erhielten, kein Vergleich mit dem Overkill unserer Tage, mögliche Realitätsverzerrung inklusive). Aber ich stimme t_g zu, dass gerade Rauschmittel ein Problem darstellen, da kann ich mir gut vorstellen, dass die oftmals Auslöser (bei besagter Grundaggressivität) sind. Es ließe sich bestimmt rausfinden, wie viele (oder wenige) Schläger und Messerstecher der letzten Jahre klar im Kopf (Blut) waren.

Und andere Faktoren für eine mögliche Zunahme der Gewalt wuchsen auch, z.B. die Orientierungslosigkeit durch Werteverlust bzw. Beliebigkeit der Werte. Welche Rolle das aber wirklich spielt, kann ich nicht sagen. Und man darf nicht vergessen, dass wir an sich in sehr sicheren und ruhigen Zeiten leben. Die Vergleichbarkeit z.B. mit den 30er und 40er Jahren ist nicht gegeben, da fand die Gewaltbereitschaft ganz andere Kanäle.
« Letzte Änderung: 28 Juni 2011, 23:06:15 von Simia »
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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #5 am: 29 Juni 2011, 03:07:43 »

Zitat
Liegt das an dem zu wenig regulierten Zugang zu Rauschmitteln oder ist es einfach das Bedürfnis sich zu profilieren?
(Alex)

Sich profilieren? Durch Gewalttätigkeit? ? - Versteh ich nicht.   :-\


Was die Selbstverteidigung angeht - vielleicht reagiert man schneller, besser, wenn man sich darin übt (wobei es sicher auf die Art der geübten Selbstverteidigung ankommt ...)?

Aber oft ist es ja bei z.B. einem gewalttätigen Überfall so, dass der Täter sich das Überraschungsmoment zu Nutze macht, dadurch einen "Vorteil" hat - und man somit u.U. sich gar nicht mehr allzu viel verteidigen kann - insbesondere als Frau gegen einen oder mehrere Männer. (Wenn bspw. der Angreifer einen von hinten niederschlägt und dann bewusstlos. - Das kann ganz schnell gehen bzw. ist die Frage wie schnell/spontan/sofort und auf welche Weise der Angegriffene dann noch reagieren kann.)
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PlumBum

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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #6 am: 29 Juni 2011, 09:02:04 »

Meine Erfahrung ist eher, das die Gewalt so ganz im allgemeinen in den letzten Jahren eher stark zurück gegangen ist. Keiner der Leute mit denen ich unterwegs bin hat in den letzten Jahren mehr ein Messer abbekommen. In meinem Umfeld gibt es immer weniger Prügeleien oder sonst irgendwelche besonderen gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Vor 5-10 Jahren habe ich das noch ganz anders erlebt. Da kam es öfters mal vor, das wer ein blaues Auge abbekam oder mal ein Messer im Bein stecken hatte.
(Anekdote: Mein Kumpel saß auf ner Bank beim Bahnhof. Ein anderer kam an, pöbelte, und stieß ihm dann ein Springmesser ins Bein. Mein Kumpel sprang vor Schreck auf und rannte mit dem Messer im Bein davon. Für uns die wir drum herum standen war es dann ein leichtes den entwaffneten Angreifen zu überwältigen und der Polizei zu übergeben.)
Inzwischen finde ich es was Gewalt angeht viel ruhiger als früher. In den Medien sieht man davon natürlich trotzdem immer mehr.

Was Kampfsport angeht... ich habe auch einige Jahre trainiert. Mir hat es sehr geholfen vor allem selbst wesentlich ruhiger zu werden. Es hat mir einen ganz anderen Blickwinkel auf viele Alltagssituationen gegeben. Ich habe gelernt mich zu besser zu beherrschen. Und mit der entsprechenden Einstellung kann man allgemein leichter durchs leben gehen. Und sei es nur, weil man jetzt besser durchs Gedränge in einer vollen Fußgängerzone kommt. Aber da wären wir auch wieder bei richtigem und falschen Trainingsansatz. Meiner Meinung nach gehört eigentlich zu wirklich jeder Sportart, wo es um Interaktion mit anderen Menschen geht, als aller erstes dazu, wie man mit anderen Menschen umgehen sollte.
Gerade wenn auch schon Kinder trainiert werden, kann der Sporttrainer eine wichtige Bezugsperson sein und einen gehörigen Anteil an der Erziehung haben.
Ich habe da auch schon negative Erfahrungen gemacht. Wenn ein Trainer den Schülern beibringt, das jeder der nicht der "eigenen Mannschaft" angehört ein Gegner ist und man jeden Gegner so lange fertig machen muss, bis der sich nicht mehr rührt, braucht man sich nicht wundern, wenn daraus ein Schläger wird.
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colourize

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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #7 am: 29 Juni 2011, 09:48:03 »

Immer und immer wieder hört man von Gewalttätigen ausschreitungen, Kriege und Proteste mal außen vor. Hier schlägt einer einen Obdachlosen scheinbar grundlos zusammen, dort kommt es zu einer Prügelei. Ich rede jetzt nicht nur von den Extremfällen, die in den Medien breitgetreten werden, sondern von dem, was auf der Straße so passieren kann und auch ab und an passiert. Kommt es mir so vor oder steigt die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft? Liegt das an dem zu wenig regulierten Zugang zu Rauschmitteln oder ist es einfach das Bedürfnis sich zu profilieren? Oder sind es gar zu milde Strafen, auch in Bezug auf Minderjährige, die es ermöglichen dass Gewalt so exessiv gelebt werden kann?
Du fragst manipulativ, weil du verschiedene Fragen vermischst. Die Fragen, ob wir in unserer Gesellschaft einen zu leichten Zugang zu Rauschmitteln haben oder wir mehr Law-and-Order in unserem Land brauchen, nimmt die Antwort auf Deine erste Frage vorweg.

Anhand der Statistik kann ich nur sagen: Die Antwort auf Deine erste Frage "Kommt es mir so vor oder steigt die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft?" lautet: ja, es kommt Dir nur so vor.


Jahr   Gewalt-  Gewalt-
          delikte    delikte
           in HH    je 1000 Einw.
-----------------------------------------
1990   7001   4,1
1991   7913   4,7
1992   8114   4,7
1993   9210   5,4
1994   7652   4,5
1995   8882   5,2
1996   9322   5,5
1997   10277   6,0
1998   9675   5,7
1999   9254   5,5
2000   9816   5,8
2001   9554   5,6
2002   8817   5,1
2003   9139   5,3
2004   9108   5,3
2005   8916   5,2
2006   8978   5,2
2007   8866   5,1
2008   8846   5,1
2009   9574   5,5

(Quelle: Statistik Nord)

Damit erübrigen sich eigentlich die Antworten auf Deine übrigen Fragen. Dennoch ein Wort dazu: nein, wir brauchen keinen neunen Schill. Und nein, Menschen werden nicht gewalttätig, wenn sie zu viel kiffen.
« Letzte Änderung: 29 Juni 2011, 09:51:24 von colourize »
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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #8 am: 29 Juni 2011, 10:02:41 »

irgendwie verstehe ich das nicht. Sagt diese Statistik nicht genau das Gegenteil? Nämlich dass die Delikte pro 1000 Einw. von 4,1 auf 5,5 gestiegen sind?
Und THC ist nur eines von ganz vielen Rauschmitteln. ;)
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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #9 am: 29 Juni 2011, 10:14:33 »

irgendwie verstehe ich das nicht. Sagt diese Statistik nicht genau das Gegenteil? Nämlich dass die Delikte pro 1000 Einw. von 4,1 auf 5,5 gestiegen sind?
So kann man es natürlich auch lesen. Oder aber zwischen 1997 und 2009 von 6,0 auf 5,5 gesunken. 8)
Aufgrund des "statistischen Rauschens" (auch Zufall genannt) macht es aber wenig Sinn, sich einzelne Jahre herauszupicken.
Der Mittelwert der Gewalttaten liegt in den vergangenen 20 Jahren bei 5,22 pro Jahr und 1000 Einwohner. Die Standardabweichung über die vergangenen 20 Jahre liegt bei 0,45 Gewalttaten. Das bedeutet, dass alle Werte zwischen 4,76 und 5,67 Gewalttaten (Mittelwert +/- eine Standardabweichung) im Bereich des normalen liegen.  Die Jahre 1990 und 1994 stellen leichte Ausreißer nach unten dar, die Jahre 1997, 1998 und 2000 leichte Ausreißer nach oben.
Von einem Trend würde ich frühestens dann sprechen, wenn in drei aufeinanderfolgenden Jahren Ausreißer in eine Richtung zu beobachten sind. Alles andere ist Zufallsrauschen, vielleicht weil im betreffenden Jahr am ersten Mai besonders schönes Wetter war, der HSV in derselben Liga wie St. Pauli spielte oder zufälligerweise ein Naziaufmarsch mehr stattgefunden hat als im Vorjahr, oder oder oder...

Und THC ist nur eines von ganz vielen Rauschmitteln. ;)
Meine Erfahrung ist, dass bei Law&Order-Rufen ungern differenziert wird.
« Letzte Änderung: 29 Juni 2011, 10:21:14 von colourize »
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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #10 am: 29 Juni 2011, 10:20:09 »

Zitat
1990   7001   4,1
1991   7913   4,7
1992   8114   4,7
1993   9210   5,4
Der Anstieg nach '89 liegt daran das die ganzen Ossis rübergemacht haben  ;D
Das würde jetzt implizieren das Ossis gewaltbereiter sind ...
was ich auch so unterschreiben kann ...
liegt wohl an den breiten bildungsfernen Schichten die es dort gab ...
im Staat der Bauern und Arbeiter

/Ironieoff

Die subjektive Wahrnehmung der Gewaltzunahme ist wohl den Medien geschuldet ...
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- DARAUF WÜRDE ICH NICHT WETTEN.
Gevatter Tod ... frei nach Pratchett

Es ist kein Zeichen von Gesundheit,
an eine von Grund auf kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein.
(Jiddu Krishnamurti)

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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #11 am: 29 Juni 2011, 11:02:46 »

Meine Erfahrung ist eher, das die Gewalt so ganz im allgemeinen in den letzten Jahren eher stark zurück gegangen ist
...

Ihr seid allerdings nun auch 5 - 10 Jahre älter. Da strahlt man möglicherweise auch was anderes aus (sowas Reifes, Gesetztes :P), das das mögliche Schema "solcher Leute" kaum noch berührt (je nachdem ob Überfall oder Kräftemessen etc.). Will sagen, dass die Altersverteilung auch noch eine Rolle spielen könnte.

Zitat von: Kallisti
Sich profilieren? Durch Gewalttätigkeit? ? - Versteh ich nicht.

Wenn Gewalt die Sprache ist, die sowohl Elternhaus als auch Clique sprechen, ist das in diesem Bereich ein "probates" Mittel, sich Respekt zu verschaffen und zu zeigen, dass man sich "durchsetzen" kann. Denen braucht man dann auch nicht damit zu kommen, dass Gewalt ein Armutszeugnis ist und man es erstmal anders versuchen sollte. Da könnte man genauso versuchen, den psychisch gestörten Champion diverser Hundekämpfe zum Familienhund zu machen (ich will damit jetzt nicht den Sinn von Resozialisierungsmaßnahmen in Frage stellen).

Zitat von: Kallisti
Aber oft ist es ja bei z.B. einem gewalttätigen Überfall so, dass der Täter sich das Überraschungsmoment zu Nutze macht, dadurch einen "Vorteil" hat - und man somit u.U. sich gar nicht mehr allzu viel verteidigen kann - insbesondere als Frau gegen einen oder mehrere Männer. (Wenn bspw. der Angreifer einen von hinten niederschlägt und dann bewusstlos. - Das kann ganz schnell gehen bzw. ist die Frage wie schnell/spontan/sofort und auf welche Weise der Angegriffene dann noch reagieren kann.)

Es kann natürlich sein, dass auf einmal einer aus dem Gebüsch springt und man erstmal wie paralysiert ist. Aber in vielen "Systemen" trainiert man auch seine Intuition bzw. kommt das mit der Zeit, so dass sich einem die sprichwörtlichen Nackenhaare aufstellen oder man intuitiv einer Gruppe von Leuten ausweicht, die zunächst harmlos scheint. Man mag von Intuition etc. halten, was man will, aber es funktioniert. Dazu gehört auch das Gespür dafür, dass sich eine Kampfsituation entwickelt und dann sollte man selber der erste sein (sofern man sieht, dass es sich zuspitzt und keine andere Möglichkeit mehr gibt - und dann muss man auch nicht warten, bis man zuerst einen sitzen hat -> am Ende muss man das eben nur glaubhaft rüberbringen, dass der andere durchaus auch Interesse daran hatte, einem wehzutun  8)).
« Letzte Änderung: 29 Juni 2011, 11:12:02 von Simia »
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Wenn du feststellst, dass das Pferd das du reitest tot ist, steig ab.

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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #12 am: 29 Juni 2011, 23:08:25 »

Zitat
Quote from: PlumBum on Today at 08:02:04

    Meine Erfahrung ist eher, das die Gewalt so ganz im allgemeinen in den letzten Jahren eher stark zurück gegangen ist
    ...


Ihr seid allerdings nun auch 5 - 10 Jahre älter. Da strahlt man möglicherweise auch was anderes aus (sowas Reifes, Gesetztes :P), das das mögliche Schema "solcher Leute" kaum noch berührt (je nachdem ob Überfall oder Kräftemessen etc.). Will sagen, dass die Altersverteilung auch noch eine Rolle spielen könnte.
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... Da bin ich mir ganz sicher, dass das Alter eine große Rolle spielt!! Hat wohl wieder was mit Biologie (Hormonen ...) zu tun. Man weiß ja nun mal, dass Jungmännchen gewaltbereiter bzw. schneller gewaltbereit und gewalttätig sind als ältere Semester.
So ab/um die Mitte/Ende 20/Anfang 30 beruhigt sich das bei den Herren.  ;)
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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #13 am: 30 Juni 2011, 07:50:30 »

Natürlich hat das was mit dem alter zu tun. Auch mit dem Umfeld, Wohnort und dem Freundeskreis. Mit den verwendeten Fortbewegungsmitteln, dem Job, dem Wetter... allem möglichen... aber alles das ändert nichts daran, das ich in meiner natürlich subjektiven Wahrnehmung inzwischen wesentlich weniger Gewalt in meiner Umgebung wahrnehme als früher.
Geht es hier irgendjemandem anders? Nimmt hier irgendwer mit den Jahren immer mehr Gewalt so in seinem direktem Umfeld wahr? Und ich meine jetzt ausdrücklich nicht durch die Medien, sondern wirklich um sich herum.
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Re: Gewaltspirale ?!
« Antwort #14 am: 01 Juli 2011, 00:28:18 »

Zitat
Natürlich hat das was mit dem alter zu tun. Auch mit dem Umfeld, Wohnort und dem Freundeskreis. Mit den verwendeten Fortbewegungsmitteln, dem Job, dem Wetter... allem möglichen...
(PlumBum)

Ja, "alles mögliche" kann eine Rolle spielen - aber das Alter ganz entscheidend halt auch - und das auch unabhängig von den anderen Faktoren.

Zitat
Physische Gewalt nimmt mit zunehmendem Alter linear ab.
Zitiert aus:
http://sport.uni-paderborn.de/gewalt/pdf/3-4Mikrostrukturelle-Bedingungen-von-Gewalt.pdf


Interessant ist dabei doch auch der Geschlechtervergleich - dass die Mädels eher (bzw. deutlich!) weniger gewalttätig werden/sind (auch wenn sie in gleich "schlechtem" Umfeld aufwachsen/leben wie Jungen) als Jungen bzw. männliche Jugendliche und Adoleszente.

Und dass natürlich Alkohol fast immer eine gewichtige Rolle spielt, ist ja nun auch keine neue Erkenntnis.  ;)
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