Schwarzes Hamburg

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Umfrage

Glaubst du an ein Leben nach dem Tod

Ja, klar.
- 22 (46.8%)
Nö. Tot ist Tot.
- 25 (53.2%)

Stimmen insgesamt: 41

Umfrage geschlossen: 02 August 2004, 17:30:53


Autor Thema: Licht oder Nichts?  (Gelesen 11796 mal)

Kallisti

  • Gast
Licht oder Nichts?
« Antwort #30 am: 10 Dezember 2004, 11:20:15 »

@Kenaz


Zitat
Damit, daß wir an verschiedenen Ufern stehen, hast Du zweifellos recht. Der Vergleich mit der Brücke hinkt allerdings insofern ein bißchen, als ich die Brücke sehr wohl sehe - ich hab' aber kein Interesse, meine Seite des Flusses mit Deiner zu vertauschen ... Wink



...nee, man kann sich aber auf ner Brücke immerhin treffen - "entgegenkommen" - wenn du weißt, was ich meine...
Man muss deswegen nicht gleich das Ufer wechseln - obwohl auch das oft mal ganz sinnvoll/hilfreich wäre, aber eben schwierig...!!



Zitat
Den hier find' ich übrigens bemerkenswert:
Kallisti hat folgendes geschrieben:
Zum Buddhismus (ja, gibt da auch versch. Richtungen...):

ja, das ist die einzige Religion und Philosophie, der ich "was abgewinnen" kann!! Aber habe mich noch nicht eingehend damit beschäftigt.



Wieso findste den "bemerkenswert" - wie ist das zu verstehen?
Weil ich mich für Buddhismus erwärmen kann??
Oder weil ich schrieb, dass ich das kann: ohne mich damit eingehend beschäftigt zu haben? Nun: soll heißen: ich habe mich damit beschäftigt: klar, aber eben nicht intensiv, nur so, dass ein Interesse (in mir) geweckt ist, aber (noch) kein fundiertes Wissen - bzw. Erfahren (... !!!  :wink: ) vorhanden ist/stattgefunden hat.




@DarkAmbient


... da steig ich nicht durch...




Zitat
4. Wieso es nur Sinn macht, von "Seele" zu sprechen, wenn man damit "was Überindividuelles" meint, leuchtet mir nicht ein.


Wo hier gerade der Buddhismus so in Mode ist, der hält das 'Ich' für eine Illusion. Es ist ein möglicher Ansatz, dass wenn man die Illusion des Ich zerstören will, man beim Überindividuellen suchen muss.




Dass das ein möglicher Ansatz ist, mag sein, aber: eine andere Sache ist, davon zu sprechen, dass es nur Sinn mache, von Seele zu sprechen, wenn... (siehe oben!)!!

(Mit dem "nur" tu ich mich schwer...!)


Zitat
Vielleicht die Menge aller Symbole und mit ihnen verbundenen Bedeutungen, bzw. der Differenzen zwischen ihnen. Sie sind kulturell-geschichtliches Produkt und formen die Individuen. Wir sind alle Sklaven dieser Produkte und des dadurch hervorgerufenen identifizierenden/unterscheidenden Denkens, an dem das Individuum kaum etwas ändern kann, auch wenn es sich mit noch so abgefahrener Philosophie beschäftigt, denn um sich als scheinbar freies Subjekt denken (identifizieren/unterscheiden) zu können, muss man sich dem 'Weltgeist' erst einmal unterwerfen. (Übrigens nichts gegen Hegel: Der war mehr Materialsit als man gemeinhin denkt!)

Aus psychologischer Sicht wäre der Begriff Über-Ich vielleicht eine Brücke.



Ja, das mit den Symbolen und Denkinhalten....: klar: das ist eben der "Input" ohne den sowieso mal gar nichts geht (denktechnisch).

Aber: Wissen und Information und Symbolik zusammenzunehmen und daraus eine Art "Einheit" zu basteln und das dann "Weltgeist" zu nennen: das ist wieder ein selbstgestricktes Konstrukt - sicher: als Denkhilfe... (wieder mal...), aber: deshalb noch lange nicht unbedingt "wahr"/"richtig", sondern auch falsifizierbar und hinterfragbar sowieso...

So sind eben auch Freuds "Ich - Es - Über-Ich" - Begriffe (und zugrunde liegende Definitionen, Interpretationen...) Konstrukte, Denkmodelle! Da kann man mitgehen, muss man aber nicht, weil sie nicht zwingend (wahr, richtig) sind - auch nicht "zwingend einleuchtend" ...   ;)


Und inwiefern Hegel "Materialist" war: das erkläre mir bitte genauer! Danke schon mal.   :)



Zitat
Zitat:

Und: ja, ich würde schon (auch) sagen, dass "Seele" ein Gebilde ist, das durch unsere Erlebnisse, Erfahrungen und deren Verarbeitung und Veränderung(en) in unserem Bewusstsein - oder: durch dieses- entsteht.


Da würde ich Dich gern wörtlich nehmen wollen, und zwar was den Plural 'in unserem Bewusstsein' angeht. Ich glaube aber Du meinst das eher rhetorisch und denkst das, was ich eher als die Ich-Illusion, die aus der Subjektwerdeung entsteht, verstehe -- auch weil Du Die Eigentumsform benutzt (aus materialistischer Sicht ein guter Indikator für idealistische Verfehlungen Smile ). Wenn Seele als etwas, das in irgendeinerweise als den Tod überdauernd gedacht werden soll, dann doch nur so, dass sie nicht einfach veränderlich, also nicht durch individuelle Erfahrungen beeinflusst (verdammt/selig) werden kann.

Das ist nun wirklich tiefstes Mittelalter, Leute damit zu schrecken, dass sie ihre eigene Seele durch ihre Taten oder ihren Glauben beeinflussen können und so ein paar Jahre weniger in der Verdammnis weilen müssen. Glaubhafter ist da schon die Vorstellung, dass jedes Wort, das ich schreibe oder spreche, jede symbolische Handlung, auch Werke, mehr oder weniger wieder in einen Kreislauf fließen, der nicht einfach nur eine banale kollektive Seele ist, sondern sich durch unglaubliche Vielfalt auszeichnet und einem ewigen Prozess der ständigen Veränderung unterworfen ist -- wie das Leben eben.



Da kann ich nun wieder nicht folgen - gerade hier: gar nicht:

Was meinst du mit der "Eigentumsform als Indikator für idealistische Verfehlungen"...bezülgich meines Zitats, klar :???

Und dass "Seele" als "Etwas", als Substanz(ielles) gedacht wird: das hast du angeführt - ich sehe "Seele" eben gerade nicht als ein "Etwas", sondern eben als Konstrukt, das letztlich nur aus einzelnen Gehirnprozessen bzw. Bewusstseinsinhalten besteht, aber keine Einheit ist - sondern sich nur uns als solche darstellt/uns so erscheint/vorkommt (deshalb also die Bezeichnung "Gebilde": im Sinne von eben jenem Konstrukt, Modell).

Und aus meinem Verständnis überdauert da eben auch nicht eine "Seele" (oder wie auch immer man es nennen möchte) den (eigenen) Tod, da mit dem (eigenen) Tod auch sämtliche Hirnprozesse zum absoluten und endgültigen, unwiderruflichen Stillstand/Aus kommen - und SOMIT eben auch das (eigene) Bewusstsein (und damit wiederum "die" Seele): zum "Stillstand" kommt!!!


Einfacher: Ohne Gehirnaktivität (und da: ganz spezieller, vielfältiger, komplexer!)  - kein Bewusstsein; ohne Bewusstsein - keine "Seele".

Da mit dem Tod die Gehirntätigkeit aufhört (unumkehrbar), kann es auch keine "unsterbliche Seele" geben.


Deshalb verstehe ich also nicht, weshalb du in diesem Zusammenhang (mich zitierend) diesen (katholisch-christlich-) religiösen Seelenbegriff/-vorstellung (und entsprechenden Missbrauch der Angst der Menschen hinsichtlich "Fegefeuer" und Ablass usw.) einbrachtest -> ???


Abschließend (siehe dein Beitrags-Schluss):

Naja, auf diese freudsche "Es... - Geschichte" bin ich ja bereits eingegangen...

Das mit dem "Todestrieb" würde mich allerdings schon nochmal genauer interessieren: kannst du dazu nochmal was sagen?? (Ich nenne es ja "Todesneigung" - nicht euphemistisch, sondern "realistischer"  ;))


Hm, mit Spiritualität habe ich wie schon erwähnt so meine Schwierigkeiten...


Gruß  :)
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DarkAmbient

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Licht oder Nichts?
« Antwort #31 am: 10 Dezember 2004, 16:48:00 »

Zitat von: "Kallisti"
Dass das ein möglicher Ansatz ist, mag sein, aber: eine andere Sache ist, davon zu sprechen, dass es nur Sinn mache, von Seele zu sprechen, wenn... (siehe oben!)!!

(Mit dem "nur" tu ich mich schwer...!)


Wir reden, glaub ich, ein wenig aneinander vorbei. Ich verbinde mit Seele etwas den Tod überdauerndes, Du den psychischen Prozess, der mit der Hirnaktivität endet. Siehe zum 'Überindividuellen' noch mal weiter unten.

Zitat
Ja, das mit den Symbolen und Denkinhalten....: klar: das ist eben der "Input" ohne den sowieso mal gar nichts geht (denktechnisch).


... und die Seele als Kontainer. Nein, mein ich nicht. Was Du als Input nimmst, halte ich für die 'Substanz' oder 'Software'.

Zitat
Aber: Wissen und Information und Symbolik zusammenzunehmen und daraus eine Art "Einheit" zu basteln und das dann "Weltgeist" zu nennen: das ist wieder ein selbstgestricktes Konstrukt - sicher: als Denkhilfe... (wieder mal...), aber: deshalb noch lange nicht unbedingt "wahr"/"richtig", sondern auch falsifizierbar und hinterfragbar sowieso...


Selbstverständlich. Alles was wir denken ist ein Konstrukt. "Logik ist nicht das Ende aller Weisheit, sondern der Anfang." (Spock)

Zitat
So sind eben auch Freuds "Ich - Es - Über-Ich" - Begriffe (und zugrunde liegende Definitionen, Interpretationen...) Konstrukte, Denkmodelle! Da kann man mitgehen, muss man aber nicht, weil sie nicht zwingend (wahr, richtig) sind - auch nicht "zwingend einleuchtend" ...   ;)


Muss man nicht. Niemand zwingt Dich, klar. Ist auch aufwändig.

Allerdings: Meine Erfahrung mit Wissen, das mir erstmal seltsam vorkommt, ist dass es gerade dort lohnt, einen zweiten Blick drauf zu werfen. Seltsam erscheint das Wissen oft nur, weil es mal, überspitzt ausgedrückt, nicht das ist (oder dazu passt) was ich eigentlich ja schon immer wusste.

Zitat
Und inwiefern Hegel "Materialist" war: das erkläre mir bitte genauer! Danke schon mal.   :)


Nur ein Verweis, weil das wirklich ausufern würde: Sehr schön finde ich den Abschnitt über Herr und Knecht in der Phänomelogoie des Geistes.

Zitat
Was meinst du mit der "Eigentumsform als Indikator für idealistische Verfehlungen"...bezülgich meines Zitats, klar :???


Damit meine ich das 'unserem'. Es lohnt sich oft nochmal genau zu lesen, wenn jemand diese Wort benutzt. Bsp.: Erich Mielke "unsere Menschen", die deshalb mit einem Zaun beisammengehalten werden müssen. Oder: Unser Land...

Zitat
Und aus meinem Verständnis überdauert da eben auch nicht eine "Seele" (oder wie auch immer man es nennen möchte) den (eigenen) Tod, da mit dem (eigenen) Tod auch sämtliche Hirnprozesse zum absoluten und endgültigen, unwiderruflichen Stillstand/Aus kommen - und SOMIT eben auch das (eigene) Bewusstsein (und damit wiederum "die" Seele): zum "Stillstand" kommt!!!


Du solltest dann vielleicht besser Psyche sagen?

Zitat
Einfacher: Ohne Gehirnaktivität (und da: ganz spezieller, vielfältiger, komplexer!)  - kein Bewusstsein; ohne Bewusstsein - keine "Seele".


Ehrlich gesagt ist mir das zu mechanistisch.

Zitat
Da mit dem Tod die Gehirntätigkeit aufhört (unumkehrbar), kann es auch keine "unsterbliche Seele" geben.


Das auch. Wie gesagt, wenn man nur aufs Individum schaut, scheint das schlüssig. Aber das Individuum ist selbst nur produziert. Es käme darauf an, die Prozesse zu verstehen, die es erschaffen, und wie Individuen wiederum in diesen Prozessen funktionieren. Deshalb meine Überzeugung, wenn man am Begriff einer (unsterblichen!) Seele festhalten will, muss man auf diese überindividuelle Ebene schauen.

Das wäre mal eine echte kopernikanische Wende der Spiritualität: Nicht irgendeinen metaphysischen Mumpitz in das Seelenheil des Individuums hineinzudeuteln, sondern zu schauen, wie sich das Individuum 'objektiviert', welche Spuren es in der Welt hinterlässt, und meinentwegen wie diese Spuren zu anderen Individuen führen. Wenn es nicht anders geht sogar als Negation der 'Genealogie der Moral' von Nietzsche.

Zitat
Deshalb verstehe ich also nicht, weshalb du in diesem Zusammenhang (mich zitierend) diesen (katholisch-christlich-) religiösen Seelenbegriff/-vorstellung (und entsprechenden Missbrauch der Angst der Menschen hinsichtlich "Fegefeuer" und Ablass usw.) einbrachtest -> ???

Jaja, das war, weil für mich der Begriff Seele einfach nur Sinn macht, wenn er etwas unabhängig vom (individuellen) Körper ist. Dafür sind solche Dualismen (Körper-Seele) eben nunmal da...

Zitat
Das mit dem "Todestrieb" würde mich allerdings schon nochmal genauer interessieren: kannst du dazu nochmal was sagen?? (Ich nenne es ja "Todesneigung" - nicht euphemistisch, sondern "realistischer"  ;))


Im "psychischen Apparat" ist es das der Libido, dem Lustprinzip, entgegengesetzte Prinzip. Freud meint damit eine Art Destruktivität der Psyche, die sich zunächst mal gegen sich selbst richtet, aber weil das auf Dauer (oder in letzter Instanz) zu schädlich ist, wird dieser Trieb nach außen umgelenkt (sublimiert).

Zitat
Hm, mit Spiritualität habe ich wie schon erwähnt so meine Schwierigkeiten...


Du meinst mit dem, was Du Dir mit Spiritualität zurechtkonstruierst :) oder pauschal das, was einem von der Bewusstseinsindustrie versucht wird zu verkaufen?

Üblicherweise treffe ich bei Naturwissenschaftlern auf so eine Vorstellung. Ich frag sie dann immer, ob sie ein Bewusstsein haben, und wenn ja, wie sie dessen Existenz erklären.

Die Philosophen haben Geist nur unterschiedlich erklärt, es kömmt darauf an, ihn materialistisch aufzuheben! (Um Kenaz ein bisschen zu ärgern :) )
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Kenaz

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Licht oder Nichts?
« Antwort #32 am: 11 Dezember 2004, 11:03:46 »

Zitat von: "Kallisti"
...nee, man kann sich aber auf ner Brücke immerhin treffen - "entgegenkommen" - wenn du weißt, was ich meine...
Man muss deswegen nicht gleich das Ufer wechseln - obwohl auch das oft mal ganz sinnvoll/hilfreich wäre, aber eben schwierig...!!
- Wenn Du die "Brücke" so verstanden wissen willst, dann stehen wir mittenmang drauf - schließlich tauschen wir uns ja über die Vor- und Nachteile unserer jeweiligen Uferstandpunkte aus, gelle? :wink:

Zitat von: "Kallisti"
Wieso findste den "bemerkenswert" - wie ist das zu verstehen?
Weil ich mich für Buddhismus erwärmen kann??
Oder weil ich schrieb, dass ich das kann: ohne mich damit eingehend beschäftigt zu haben?
- Zweiteres. - Ich versteige mich mal zu der naßforschen Behauptung, daß Du bei eingehenderer Beschäftigung mit den großen (und kleineren) Religionen feststellen würdest, daß es ihnen im Kern allen um das gleiche geht, denn: die Masken und Verkleidungen, die das Göttliche anzunehmen beliebt, sind Legion, sein Wesen jedoch ist eins ... (Pathos rockt! :wink: ) - Die Greuel, die im Verlauf der menschlichen Geschichte aus dem Topos Religion erwachsen sind, rühren meiner bescheidenen Ansicht nach im wesentlichen daher, daß der Mensch dazu neigt, über der Maske bzw. Verkleidung den "Inhalt" zu vergessen  (wie überhaupt die großen Dissensstiftungen der Menschheit sich primär an Form- und nicht an Inhaltsfragen festmachen) ...

Zitat von: "DarkAmbient"
Das wäre mal eine echte kopernikanische Wende der Spiritualität: Nicht irgendeinen metaphysischen Mumpitz in das Seelenheil des Individuums hineinzudeuteln, sondern zu schauen, wie sich das Individuum 'objektiviert', welche Spuren es in der Welt hinterlässt, und meinentwegen wie diese Spuren zu anderen Individuen führen. Wenn es nicht anders geht sogar als Negation der 'Genealogie der Moral' von Nietzsche.
- Hört sich hochinteressant an. Ich wäre Dir allerdings ernsthaft dankbar, wenn Du das mit der "Negation der 'Genealogie der Moral' von Nietzsche" noch etwas genauer ausführen könntest: Ich ahne zwar dunkel, wie Du das und was Du da meinen könntest, bin mir aber keineswegs sicher, ob ich Dich in dieser dunklen Ahnung richtig interpretiere; und gerade dieses Statement finde ich schon aus rein fachlichem Engagement überaus spannend.

Zitat von: "DarkAmbient"
Die Philosophen haben Geist nur unterschiedlich erklärt, es kömmt darauf an, ihn materialistisch aufzuheben! (Um Kenaz ein bisschen zu ärgern :) )
- Hihihi, Du alter Schelm! - Das würde mich ja schon mal interessieren, wie Du den Geist "materialistisch aufzuhebeln" gedenkst ... :wink:
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DarkAmbient

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Licht oder Nichts?
« Antwort #33 am: 11 Dezember 2004, 11:36:19 »

Zitat von: "Kenaz"
Die Greuel, die im Verlauf der menschlichen Geschichte aus dem Topos Religion erwachsen sind, rühren meiner bescheidenen Ansicht nach im wesentlichen daher, daß der Mensch dazu neigt, über der Maske bzw. Verkleidung den "Inhalt" zu vergessen (wie überhaupt die großen Dissensstiftungen der Menschheit sich primär an Form- und nicht an Inhaltsfragen festmachen) ...


Ich würde behaupten, dass Religion nicht so eine herausragende Rolle bei der Hervorbringung von Greueln hat. Wir sagen doch ständig Sachen, die es nicht 'gibt'. Das Gute ist, wenn man das bei der Religion erkannt hat, dass es keinen Gott gibt, ist es woanders auch möglich. Theologie und Theorie ist eng verwandt.

Zitat von: "Kenaz"
- Hört sich hochinteressant an. Ich wäre Dir allerdings ernsthaft dankbar, wenn Du das mit der "Negation der 'Genealogie der Moral' von Nietzsche" noch etwas genauer ausführen könntest: Ich ahne zwar dunkel, wie Du das und was Du da meinen könntest, bin mir aber keineswegs sicher, ob ich Dich in dieser dunklen Ahnung richtig interpretiere; und gerade dieses Statement finde ich schon aus rein fachlichem Engagement überaus spannend.


Oh je, jetzt hast Du mich! Gestatte mir zuvor noch einmal einen Blick in das Machwerk, bevor ich mir als Nicht-Nietzsche-Kenner die Finger verbrenne.
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Kallisti

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Licht oder Nichts?
« Antwort #34 am: 12 Dezember 2004, 17:38:33 »

@DarkAmbient



Zitat
Allerdings: Meine Erfahrung mit Wissen, das mir erstmal seltsam vorkommt, ist dass es gerade dort lohnt, einen zweiten Blick drauf zu werfen. Seltsam erscheint das Wissen oft nur, weil es mal, überspitzt ausgedrückt, nicht das ist (oder dazu passt) was ich eigentlich ja schon immer wusste.


Da stimme ich dir zu, allerdings gibt es ohnehin schon so vieles, das ich noch nicht weiß und das mich interessiert - worüber ich mich also bereits noch informieren möchte..., so dass ich dann einfach filtern muss - kann ja nicht alles lesen...  :)



Zitat:
Du solltest dann vielleicht besser Psyche sagen?

Naja, da "Seele" und "Psyche" (eigentlich) dasselbe ("Phänomen") bezeichnen, verwende ich die Begriffe äquivalent und wechselweise.
Aber es hat sich wohl doch einbisschen so eingeschliffen, dass die Leute mit "Seele" sich eher auf Spirituelles beziehen und "Psyche" eher einen "klinischen" touch hat.



Zitat
Zitat:
Einfacher: Ohne Gehirnaktivität (und da: ganz spezieller, vielfältiger, komplexer!) - kein Bewusstsein; ohne Bewusstsein - keine "Seele".


Ehrlich gesagt ist mir das zu mechanistisch.

Zitat:
Da mit dem Tod die Gehirntätigkeit aufhört (unumkehrbar), kann es auch keine "unsterbliche Seele" geben.


Das auch. Wie gesagt, wenn man nur aufs Individum schaut, scheint das schlüssig. Aber das Individuum ist selbst nur produziert. Es käme darauf an, die Prozesse zu verstehen, die es erschaffen, und wie Individuen wiederum in diesen Prozessen funktionieren. Deshalb meine Überzeugung, wenn man am Begriff einer (unsterblichen!) Seele festhalten will, muss man auf diese überindividuelle Ebene schauen.




Das Eine ist dir zu mechanistisch, das Andere mir zu spirituell.

Was ich damit sagen will, ist, dass ich halt mit dieser Vorstellung/dem Modell von etwas Überindividuellem nicht klarkomme, nichts anfangen kann - zumindest: nicht auf "Seele" bezogen.


Zitat
...wie sich das Individuum 'objektiviert', welche Spuren es in der Welt hinterlässt, und meinentwegen wie diese Spuren zu anderen Individuen führen.



Das hab ich wieder mal nicht gepeilt - kannst du mir das noch genauer/anders erläutern, bitte?
Was meinst du mit "das Individuum objektiviert sich"? Und welche "Spuren" meinst du - im Hinblick auf "Seele" und "Überindividuelles" ?

Oder vielleicht kannst du mir auch den Begriff "Überindividuelles" noch mal genau definieren: wie du ihn verstehst (also: mit Freud wohl - wenn ich das richtig verstanden habe? Aber: was genau heißt das: für dich??)


Zitat
Jaja, das war, weil für mich der Begriff Seele einfach nur Sinn macht, wenn er etwas unabhängig vom (individuellen) Körper ist. Dafür sind solche Dualismen (Körper-Seele) eben nunmal da...




Ja schon, aber: vielleicht haben diese Dualismen (insbesondere dieser: Leib-Seele) einfach keine Rechtfertigungs-/Begründungsgrundlage mehr?


Zitat
Im "psychischen Apparat" ist es das der Libido, dem Lustprinzip, entgegengesetzte Prinzip. Freud meint damit eine Art Destruktivität der Psyche, die sich zunächst mal gegen sich selbst richtet, aber weil das auf Dauer (oder in letzter Instanz) zu schädlich ist, wird dieser Trieb nach außen umgelenkt (sublimiert).



Ach so meintest du das - nee, da hab ich so meine eigene "Theorie": ich spreche da von "Todesneigung" - und meine damit aber eben nicht das, was Freud als Todestrieb bezeichnet... .


Zitat
Du meinst mit dem, was Du Dir mit Spiritualität zurechtkonstruierst Smile oder pauschal das, was einem von der Bewusstseinsindustrie versucht wird zu verkaufen?



Und was meinst DU mit "Spiritualität" genau ??
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Licht oder Nichts?
« Antwort #35 am: 12 Dezember 2004, 22:38:08 »

quote wars \o/
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Licht oder Nichts?
« Antwort #36 am: 12 Dezember 2004, 23:09:43 »

Zitat von: "Kallisti"
Das hab ich wieder mal nicht gepeilt - kannst du mir das noch genauer/anders erläutern, bitte?
Was meinst du mit "das Individuum objektiviert sich"? Und welche "Spuren" meinst du - im Hinblick auf "Seele" und "Überindividuelles" ?


Wenn man von der Subjekt-Objekt-Trennung ausgeht, ist damit eine Wechselbeziehung zwischen beiden gemeint, dass das Subjekt sich vergegenständlicht in Werken, so wie Werke jedweder Art Einfluss auf Subjektivität haben, z.B. Bücher, Gefängnisse...

Zitat von: "Kallisti"
Oder vielleicht kannst du mir auch den Begriff "Überindividuelles" noch mal genau definieren: wie du ihn verstehst (also: mit Freud wohl - wenn ich das richtig verstanden habe? Aber: was genau heißt das: für dich??)


Freud habe ich nur gewählt, weil die Psychoanalyse zuerst mal beim Individuum ansetzt aber darüber hinaus in Ansätzen weiterführt, nicht so wie der methodische Individualismus, wie er hier häufig durchscheint.

Mir geht es um eine Verschiebung des Ausgangspunkts. Der Schlüssel bei der Fragestellung 'Licht oder Nichts' ist, meine ich, Subjektivität nicht als dem Individuum immanent zu denken, sondern etwas das Individuum Übersteigendes, nichtsdestotrotz völlig Unmetaphysisches, Materielles zu denken.

Zitat von: "Kallisti"

Ja schon, aber: vielleicht haben diese Dualismen (insbesondere dieser: Leib-Seele) einfach keine Rechtfertigungs-/Begründungsgrundlage mehr?


Vielleicht aber auch doch. Die Unterteilung in Hardware und Software halte ich bis auf Weiteres für nützlich. Die Neigung diesen Unterschied zu nivellieren ist mir bisher nur vom radikalen Konstruktivismus (z.B. Maturana, wo wir gerade bei Hirnforschung waren) und vom naiven Materialismus bekannt.

Wieso meinst Du, dass die Unterscheidung ausgedient hätte?

Zitat von: "Kallisti"
Und was meinst DU mit "Spiritualität" genau ??


Das individuelle Bedürfnis, erklären zu wollen, weshalb man ein Bewusstsein, eine Psyche, Seele, einen Geist oder wieimmermanesauchnennenmag hat und was das bedeutet.
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« Antwort #37 am: 12 Dezember 2004, 23:11:46 »

Zitat von: "olli"
quote wars \o/


Ich quote, also bin ich!
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Kallisti

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« Antwort #38 am: 22 Dezember 2004, 14:29:45 »

@DarkAmbient


Zitat
Vielleicht aber auch doch. Die Unterteilung in Hardware und Software halte ich bis auf Weiteres für nützlich. Die Neigung diesen Unterschied zu nivellieren ist mir bisher nur vom radikalen Konstruktivismus (z.B. Maturana, wo wir gerade bei Hirnforschung waren) und vom naiven Materialismus bekannt.

Wieso meinst Du, dass die Unterscheidung ausgedient hätte?



Vielleicht ist diese Unterscheidung eben nicht überall und beliebig verwendbar bzw. angemessen/passend.

Und: ob "der" Materialismus so naiv ist, wage ich auch zu bestreiten, zu hinterfragen. Aber das scheint mir weniger eine Frage von Beweisen oder besseren Argumenten - in unserer Diskussion- zu sein, als viel mehr eine "Glaubensfrage" (kleiner Wink in Richtung Kenaz).



Zitat
Mir geht es um eine Verschiebung des Ausgangspunkts. Der Schlüssel bei der Fragestellung 'Licht oder Nichts' ist, meine ich, Subjektivität nicht als dem Individuum immanent zu denken, sondern etwas das Individuum Übersteigendes, nichtsdestotrotz völlig Unmetaphysisches, Materielles zu denken.



Ja, eben: dir geht´s um was anderes als mir. ...

Aber: deinen Subjektivitäts- und somit Subjektbegriff finde ich schon sehr eigenwillig und schwierig (für/als gemeinsame Verständigungsbasis), denn: du definierst bzw. verstehst, deutest "Subjekt(ivität)" eben völlig anders als es gemeinhin (und meiner Meinung nach auch: berechtigt) geschieht.

Das was du meinst ("... nicht als dem Individuum immanent ...") kann doch nicht mehr als "Subjektivität" bezeichnet werden?!?
Das ist doch eher genau das Gegenteil davon!!


Zitat
Das individuelle Bedürfnis, erklären zu wollen, weshalb man ein Bewusstsein, eine Psyche, Seele, einen Geist oder wieimmermanesauchnennenmag hat und was das bedeutet.



Ja, eben im Nichtdifferenzieren dieser Begriffe liegt das Problem -denn wie wir festgestellt haben, sind sie mit unterschiedlichen Bedeutungen (allgemeinen und zusätzlich auch noch individuellen) belegt.
Bewusstsein ist nicht dasselbe wie "Seele/Psyche" und/oder "Geist" , sondern (nach meinem Verständnis, das ein materialistisches ist, ja) Bewusstsein bringt diese Konstrukte ("Seele", "Geist", "Ich") hervor - und dies geschieht durch "Materie" (elektrische Impulse, Neurotransmitter, Neuronen, Hormone... - im Gehirn und im Wechselspiel des Gehirns mit dem gesamten Körper wie auch der Umwelt).
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« Antwort #39 am: 23 Dezember 2004, 14:41:56 »

Zitat von: "Kallisti"
Aber: deinen Subjektivitäts- und somit Subjektbegriff finde ich schon sehr eigenwillig und schwierig (für/als gemeinsame Verständigungsbasis), denn: du definierst bzw. verstehst, deutest "Subjekt(ivität)" eben völlig anders als es gemeinhin (und meiner Meinung nach auch: berechtigt) geschieht.


Ja, es ist ein Bruch. Wenn Massentauglichkeit und Stasis ein Qualitätskriterium für Begriffsbildung wäre, würde ich Dir Recht geben.

Zitat von: "Kallisti"
Das was du meinst ("... nicht als dem Individuum immanent ...") kann doch nicht mehr als "Subjektivität" bezeichnet werden?!?
Das ist doch eher genau das Gegenteil davon!!


Da gibt es ein Problem, das mit dem herkömmlichen Begriffsverständnis nicht zu lösen ist. Also muss man die Perspektive verändern. Bsp. Ptolemäus -> Keppler.

Zitat von: "Kallisti"
Ja, eben im Nichtdifferenzieren dieser Begriffe liegt das Problem -denn wie wir festgestellt haben, sind sie mit unterschiedlichen Bedeutungen (allgemeinen und zusätzlich auch noch individuellen) belegt.
Bewusstsein ist nicht dasselbe wie "Seele/Psyche" und/oder "Geist" , sondern (nach meinem Verständnis, das ein materialistisches ist, ja) Bewusstsein bringt diese Konstrukte ("Seele", "Geist", "Ich") hervor - und dies geschieht durch "Materie" (elektrische Impulse, Neurotransmitter, Neuronen, Hormone... - im Gehirn und im Wechselspiel des Gehirns mit dem gesamten Körper wie auch der Umwelt).


Aber das erscheint mir ein bisschen widersprüchlich: Impulse, Neurotransmitter, Neuronen, Hormone sind keine Konstrukte des Bewusstseins, jedoch Seele, Geist, Ich...

Das Materialistische an Deiner Bewusstseinsphilosophie springt mir nicht gerade ins Auge. Du arbeitest ständig mit Seinskategorien. Der einzige für mich denkbare Materialismus muss davon ausgehen, dass Begriffe, wie ausgefeilt sie aus sein mögen, niemals 'wahr' sind bzw. das Ding-an-sich treffen, jedoch ihre Nützlichkeit sich mit der Zeit (historisch) erweisen lässt, und zwar auf dialektische Weise. (Das gilt auch für den Begriff 'Bewusstsein'. Warum willst Du den davon ausnehmen?)

Jeder Materialismus, der dahinter zurücksteht, ist notwendigerweise idealistisch infiziert.
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Kallisti

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« Antwort #40 am: 23 Dezember 2004, 15:41:15 »

@DarkAmbient


Zitat
Ja, es ist ein Bruch. Wenn Massentauglichkeit und Stasis ein Qualitätskriterium für Begriffsbildung wäre, würde ich Dir Recht geben.


Es geht nicht um Massentauglichkeit (was ist "Stasis"??), sondern um eine gemeinsame (sprachliche) Verständigungsbasis, ohne die (sprachliche) Kommunikation nicht funktionieren kann. Wenn jeder Begriffe nach seiner Fasson beliebig interpretiert und so auch verwendet - wie soll (sprachliche) Verständigung da noch möglich sein??


Zitat
Also muss man die Perspektive verändern. Bsp. Ptolemäus -> Keppler.



So seh ich das auch: wenn sich herausstellt (was m. A. nach eben sehr wahrscheinlich ist), dass  das, was wir "Seele" und "Geist" nennen, eben doch letztlich alles nur "Materie" (siehe mein letzter Beitrag) ist, dann würde das unser Welt- bzw. Menschenbild erheblich verändern ...!
So wie es einst auch passierte, als der Mensch durch Darwin ... erkannte, dass er nicht "die Krone der Schöpfung" ist und durch Kopernikus, dass nicht die Erde der Mittelpunkt "der Welt" ist ... !!


Anm.: Wieso eigentlich dein Hinweis auf Kepler ?? (Der entdeckte meines Wissens die Gesetze der Planetenbewegung, aber Begründer des heliozentrischen Weltsystems war Kopernikus - von Aristarchos von Samos mal abgesehen, der bereits im 3. Jhd. vor Chr. ein Weltbild entwickelt hatte, bei dem die Sonne im Mittelpunkt steht.)




Zitat
Aber das erscheint mir ein bisschen widersprüchlich: Impulse, Neurotransmitter, Neuronen, Hormone sind keine Konstrukte des Bewusstseins, jedoch Seele, Geist, Ich...

Das Materialistische an Deiner Bewusstseinsphilosophie springt mir nicht gerade ins Auge. Du arbeitest ständig mit Seinskategorien. Der einzige für mich denkbare Materialismus muss davon ausgehen, dass Begriffe, wie ausgefeilt sie aus sein mögen, niemals 'wahr' sind bzw. das Ding-an-sich treffen, jedoch ihre Nützlichkeit sich mit der Zeit (historisch) erweisen lässt, und zwar auf dialektische Weise. (Das gilt auch für den Begriff 'Bewusstsein'. Warum willst Du den davon ausnehmen?)

Jeder Materialismus, der dahinter zurücksteht, ist notwendigerweise idealistisch infiziert.



Nein, Hormone, Neuronen ... (siehe meine Aufzählung) lassen sich - im Gegensatz zu "Seele" und "Geist" mit naturwissenschaftlichen Methoden "messen, beobachten, überprüfen" - also mittels Experimenten, sie entsprechen diesen naturwissenschaftl. Kriterien - abstrakte Begriffe nicht!

Und zum Thema in welcher Beziehung Sprache, Begriffe und "Dinge", "Wirklichkeit"... zueinander stehen - da ist Wittgenstein wohl empfehlenswert (die "Philosophischen Untersuchungen" z.B.).


Nee, idealistisch finde ich diesen "Materialismus" keineswegs.
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DarkAmbient

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Licht oder Nichts?
« Antwort #41 am: 24 Dezember 2004, 04:51:04 »

Zitat von: "Kallisti"
Es geht nicht um Massentauglichkeit (was ist "Stasis"??), sondern um eine gemeinsame (sprachliche) Verständigungsbasis, ohne die (sprachliche) Kommunikation nicht funktionieren kann. Wenn jeder Begriffe nach seiner Fasson beliebig interpretiert und so auch verwendet - wie soll (sprachliche) Verständigung da noch möglich sein??


Nicht beliebig, ich habe schon versucht zu begründen. Manchmal muss man dünnes Eis auch betreten, um zu sehen, ob es hält. Sprache ist nicht nur reine Konvention.

Zitat
So seh ich das auch: wenn sich herausstellt (was m. A. nach eben sehr wahrscheinlich ist), dass  das, was wir "Seele" und "Geist" nennen, eben doch letztlich alles nur "Materie" (siehe mein letzter Beitrag) ist, dann würde das unser Welt- bzw. Menschenbild erheblich verändern ...!


Hm, haken wir es einfach als Glaubensfrage ab? Für mich liegt nach allem was ich so in den letzten Jahren rezipiert habe der dringende Verdacht nahe, dass nicht das Individuum der Ort der unsterblichen 'Seele' ist. Leider verfüge ich nicht über die sprachlichen Mittel, die Überzeugung sinnig rüberzubringen, so wie dem Kopernikus die Ellipse fehlte (ich will mich jetzt nicht auf eine Stufe mit diesem bedeutenden 'Geist' stellen -- nur eine Analogie).

Zitat
So wie es einst auch passierte, als der Mensch durch Darwin ... erkannte, dass er nicht "die Krone der Schöpfung" ist und durch Kopernikus, dass nicht die Erde der Mittelpunkt "der Welt" ist ... !!

Anm.: Wieso eigentlich dein Hinweis auf Kepler ?? (Der entdeckte meines Wissens die Gesetze der Planetenbewegung, aber Begründer des heliozentrischen Weltsystems war Kopernikus - von Aristarchos von Samos mal abgesehen, der bereits im 3. Jhd. vor Chr. ein Weltbild entwickelt hatte, bei dem die Sonne im Mittelpunkt steht.)


Tja, durch wen hat 'der Mensch' das nun erkannt, dass nicht die Erde der Mittelpunkt ist. Durch Aristarchos? Durch Kopernikus? Durch Brahe? Durch den Fall Galilei? Oder durch Kepler? Oder aber erst durch Newton?

Das ist genau das, was ich meine: Die Bewusstwerdung, nicht auf dem Mittelpunkt der Welt zu stehen, ist nicht Werk oder Entdeckung eines Einzelnen, sondern Ergebnis einer historisch-dialektischen Praktik vieler, die keineswegs linear verlaufen ist. Während mehr als einem Jahrtausend scheint das heliozentrische Weltbild ja einfach out gewesen zu sein. Und auch Kopernikus' Modell war dem ptolemäus'schen immer noch an Erklärungskraft unterlegen.

Meine willkürliche Wahl für den Punkt der allgemeinen Durchsetzung des heliozentrischen Weldbilds war Kepler, weil ich glaube, dass hier Qualität auch in Quantität umschlug. Aber das kann man natürlich bestreiten.

Und in einem Punkt war die Kirche ironischer Weise sogar progressiver (im Sinne moderner Wissenschaft) als der Kopernikus-Epigon Galilei: In der Forderung, den Kopernikanismus als Hypothese zum Streiten zu benutzen, aber ihn nicht als wahr zu behaupten. (Nicht dass sie auch diese Haltung zur heiligen Schrift gehabt hätte.)

Zitat
Nein, Hormone, Neuronen ... (siehe meine Aufzählung) lassen sich - im Gegensatz zu "Seele" und "Geist" mit naturwissenschaftlichen Methoden "messen, beobachten, überprüfen" - also mittels Experimenten, sie entsprechen diesen naturwissenschaftl. Kriterien - abstrakte Begriffe nicht!

Und zum Thema in welcher Beziehung Sprache, Begriffe und "Dinge", "Wirklichkeit"... zueinander stehen - da ist Wittgenstein wohl empfehlenswert (die "Philosophischen Untersuchungen" z.B.).


Naja, ich sehe Wittgenstein eher als gescheiterten Versuch an, auch wenn er als Konventionalismus bis heute die Wissenschaft dominiert.

(Einfach mal um hier ein paar Wittgenstein-Fans aus der Reserve zu locken: Die Verbreitung erkläre ich mir dadurch, dass Wittgenstein den Lesefaulen extrem entgegenkommt, wobei einfach ein paar lustige Aphorismen kleben bleiben, die man durchaus als Lebensweisheit mitnehmen kann, ansonsten aber positivistischer Schnickschnack. Meine Lieblingssätze aus dem Tractatus:
    "Der Gegenstand ist einfach."

    "Die Sätze der Logik sind Tautologien."

    "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen."

    "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge."

    "Das angewandte, gedachte Satzeichen ist der Gedanke."

    "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt."

Soweit mein Einschub, um mal mit dem Mythos Wittgenstein aufzuräumen :biglaugh: )

Zitat
Nee, idealistisch finde ich diesen "Materialismus" keineswegs.


Aber wieso nicht? Auch Wittgenstein war sich da einiger Probleme bewusst und würde sich bei Deiner unterschiedlichen Behandlung von "Seele" und "Neuronen" im Grabe umdrehen ("Alle Sätze sind gleichwertig.") und erst recht Popper würde sich beim Rotieren heißlaufen. Seufz... Aber vielleicht habe ich Deinen Punkt einfach vollständig übersehen. Was ist denn jetzt der Unterschied zwischen "Ich denke, also bin ich" und "Meine Neuronen zünden, also bin ich"? (Auch wenn diese Frage nichts mit meiner Argumentation zu tun hat.)
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"Es ist besser etwas zu bereuen, das man getan hat, als etwas zu bereuen, das man nicht getan hat."

Kallisti

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Licht oder Nichts?
« Antwort #42 am: 25 Dezember 2004, 12:00:26 »

@DarkAmbient


Galilei als "Kopernikus-Epigon(e)" hinzustellen, finde ich doch ziemlich vermessen.



Zitat
Das ist genau das, was ich meine: Die Bewusstwerdung, nicht auf dem Mittelpunkt der Welt zu stehen, ist nicht Werk oder Entdeckung eines Einzelnen, sondern Ergebnis einer historisch-dialektischen Praktik vieler, die keineswegs linear verlaufen ist.



Ja und was soll das beweisen/unterstreichen? Dass Wissen sich erweitert und immer nur vorläufig ist, habe ich nicht bestritten und es ändert auch nichts daran, dass es dennoch einen Unterschied macht, ob etwas mit wissenschaftlicher Methodik herausgefunden, erkannt... wird oder ob es lediglich Glaube oder (reine) Spekulation ist. Stichworte: Verifizier- bzw. Falsifizierbarkeit, Beobachtung, Experimente, Wiederholbarkeit ...


Zitat
Und in einem Punkt war die Kirche ironischer Weise sogar progressiver (im Sinne moderner Wissenschaft) als der Kopernikus-Epigon Galilei: In der Forderung, den Kopernikanismus als Hypothese zum Streiten zu benutzen, aber ihn nicht als wahr zu behaupten. (Nicht dass sie auch diese Haltung zur heiligen Schrift gehabt hätte.)




Wieso da "die" Kirche "progressiver" gewesen sein soll, leuchtet mir nicht ein.  ?


Was Wittgenstein betrifft: entschuldige, aber: ich denke, du hast ihn überhaupt gar nicht verstanden/erfasst.

Hinter jedem einzelnen Satz/Aphorismus Wittgensteins steht/liegt ein langer Weg (von Gedanken, Ideen, Erkenntnissen, Verwerfungen): den er weit gründlicher und selbstkritischer und akribischer ging als "Normalsterbliche" /"Durchschnittsdenker"!

Leider führt eben gerade das zu diesem Missverständnis, dem auch du offensichtlich unterliegst: nein, ich glorifiziere ihn nicht, aber ich habe gelernt, Wittgenstein differenziert(er), genauer, detailierter zu betrachten - es sind eben gerade keine "Binsenweisheiten", die er äußerte, auch wenn das eben leider bei den "Durchschnittsdenkern" so ankommt - man muss sich weiter-/tiefergehend mit ihm auseinandersetzen und genau so vorgehen wie Wittgenstein selbst  -- und dann... : wird dir das alles gar nicht mehr so klar, einleuchtend oder gar banal... vorkommen...!!



Wieso Popper... ???





Nein, "ich denke..." impliziert eben viel mehr und lässt viel mehr offen (an Ungewissheiten und Spekulation und Interpretation) als "meine Neuronen zünden" (wobei es so einfach ja eben auch nicht ist: das Denken, der Denkvorgang).

Denn: bei den Neuronen kann ich schon genau sagen, worum es sich handelt..., aber: was genau ist "ich"?? Und was genau heißt/beinhaltet "denken" und (->"... also bin ich."): was genau heißt/ist/bedeutet (zu) "sein" ???


Eben: in diese Zwickmühle kommt man nicht so leicht, wenn man sich an "Materie" hält, mit dieser "arbeitet" (und sich auch sprachlich und denkend-meinend-erkennend auf diese "materielle Basis" bezieht).
Das eine (Descartes) ist ein abstraktes Modell, das andere ein konkretes bzw. ein "erfahrbares", ein "sinnlich wahrnehmbares", beobachtbares (naturwissenschaftliches), das aber eben nicht nur auf sinnl. Wahrnehmung ... beruht, sondern auch den Verstand einbezieht/gebraucht.

Also: der Mensch kann sich durch bestimmte Verfahren beim Denken zusehen (siehe bildgebende Verfahren...), ohne jedoch (jetzt schon) auch den Inhalt der Gedanken zu kennen, klar, aber: den Ablauf kann man beobachten... - das konnte Descartes nicht (und seine Zirbeldrüsentheorie war ja auch nur Spekulation).
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Kenaz

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Licht oder Nichts?
« Antwort #43 am: 25 Dezember 2004, 12:33:28 »

Zitat von: "DarkAmbient"
Oh je, jetzt hast Du mich! Gestatte mir zuvor noch einmal einen Blick in das Machwerk, bevor ich mir als Nicht-Nietzsche-Kenner die Finger verbrenne.

- Nicht daß Du denken tust, ich hätte Dich vergessen, näch ... :wink: ...?! - So langsam sollte die Lektüre eigentlich abgeschlossen sein, finde ich ... *hrhrhr* :biglaugh:
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DarkAmbient

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Licht oder Nichts?
« Antwort #44 am: 25 Dezember 2004, 16:49:53 »

Zitat von: "Kenaz"
- Nicht daß Du denken tust, ich hätte Dich vergessen, näch ... :wink: ...?! - So langsam sollte die Lektüre eigentlich abgeschlossen sein, finde ich ... *hrhrhr* :biglaugh:


Keine Angst, hab schon fleißig excerpiert...
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