Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Moderne Kunst/Architektur  (Gelesen 2309 mal)

Der Uhu

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Moderne Kunst/Architektur
« am: 05 Januar 2007, 16:51:59 »

Habe mich gerade durch ein paar Kataloge mit moderner Malerei durchgearbeitet und bin ein wenig erschrocken darüber, in welchem Zustand sich die aktuelle Kunstszene befindet. Handwerkliches Können scheint ausgestorben zu sein. Bei manchen Künstlern hat die handwerkliche Qualität der Malerei das Vorschulniveau oft unterschritten, wie beispielsweise bei
Georg Baselitz, was die Leute dennoch nicht davon abhält 780000 Euro für ein "Gemälde" von ihm zu bezahlen. Und da wäre noch Tomma Abts, die vor kurzem den renomierten Turner-Preis verliehen bekommen hat. Ich frage mich wirklich wofür? Die Künstlerin will laut eigener Aussage mit ihren Bilder nicht aussagen. Das glaube ich ihr sofort... Ebenso sieht es Baselitz. Er sagt, seine Bilder seien nicht interpretierbar, sondern nur betrachtbar. Meiner Meinung nach sind sie so dermaßen häßlich, daß ich nicht einmal dazu Lust hätte. Wer kommt auf die Idee, daß ein Handyfoto von einer blutigen Vagina (habe den Namen der "künstlerin" vergessen; war jedenfalls Österreicherin) ein Kunstwerk ist, und dass man es in eine Ausstellung stellen sollte zusammen mit ähnlichen Werken.

Da zeigt sich ein grundsätzliches Problem: Es besteht eine Tendenz dazu, dass die Werke simpler, einfacher in der Struktur, billiger werden.

Nehmen wir die Architektur (speziell öffentliche Bauten wie Rathäuser oder Universitätsgebäude):
früher: Giebel, Farbe, Reliefs, Säulen, Kuppeln....kurz detailreichtum und Individualität. Gebäude hatten Repräsentationscharakter und es wurde beim Bau stark auf Ästhetik geachtet. Auch gab innerhalb der Häuser große Unterschiede, wie unterschiedliche Fenster in jeder Etage oder Verzierungen an der Fassade. Beispiele: Uni Hamburg Hauptgebäude, Rathaus Bremen, Rathaus Hamburg.

heute: Vereinheitlichung, großflächige Bauweise (z.B. Glasfassaden), Standartbauteile wie Fenster und Türen, kostengünstige Bauweise, in der die Betonträger nicht versteckt werden oder zum Teil sogar die Leitungen nicht mal überputzt werden, Beton, Glas und Stahl. Individuelle Verzierungen kommen nicht vor. Beispiele: Kulturzentrum Zürich, Institut für Wirtschaftswissenschaften HH (Stellvertretend für alle neuen Gebäude der Uni HH).

Woran liegt das also, dass wir trotz der größeren technischen Möglichkeiten immer einfachere Architektur schaffen:
1. Früher wurden Gebäude ausschliesslich von Handwerkern errichtet. Maurer, Zimmerleute, Schmiede, Fliesenleger, Maler. Im Gegensatz zu heute haben diese Leute alle Teile selbst angefertigt. Beispielsweise mussten die Fenster alle noch von einem Schreiner angefertigt werden. Und wenn man es sowieso extra anfertigen lassen muss, kann man auch gleich individuell auswählen, wie es gestaltet werden soll. und so macht sich der Bauherr/Architekt gedanken über jedes kleine Detail, was dem Gebäude einen individuellen Charakter verleiht. Heutige Bauherren schlagen einen Katalog auf und wählen dort ihre Fenster aus. Und die dürfen ja als Massenware nicht allzu individuell sein, da sie ja sonst nur von den Leuten gekauft würden, die diesen individuellen Geschmack haben. Deshalb sind die Fenster also möglichst neutral gestaltet. Aus dem selben Grund ist ja auch das Design von allen anderen Massenwaren (z.B. iPod) möglichst einfach und neutral. Ergo: Katalog Massenware führt zu Katalog-Massenwaren-Häusern.

2. Das liebe Geld: Es ist nicht so, dass Handwerker teurer geworden sind. Es ist vielmehr so, dass Massenware billiger geworden ist. Handwerk ist also nur im Vergleich zur Massenware teurer geworden. Und das wirkt. Früher gab es einfach keine Massenware oder superbillige Bautechniken. Heute gibt es sie. Wenn also jemand etwas handwerklich bauen lässt, hat er das Gefühl Geld zu verschwenden. Unsere Technologie wird also nicht in erster Linie dafür verwendet Wunder zu vollbringen, sondern möglichst kostengünstig zu bauen.

3. Kulturlosigkeit: Vielleicht sind wir auch zu simpel geworden, als das wir dazu fähig wären. Wir tanzen nicht mehr in Paaren oder gar in Gruppen, sondern zappeln allein auf der Tanzfläche herum, wir schauen fern, spielen CS und statt zu sagen: "Ich lach' mich kaputt" schreiben wir "lol" oder nur :-) Was wurde denn früher in Reliefs dargestellt? Götter, Personen oder Ereignisse aus der Geschichte, Darstellungen der Handwerkszunft, Berühmte Personen, Naturdarstellungen...interessiert uns das überhaupt noch? Götter? nein. Geschichte? nein. Natur? Nur wenn wegen ihr der Strom ausfällt. Wir begnügen uns damit unsere Initialien in die Scheiben der S-Bahn zu ritzen. Vielleicht ist uns das Feingefühl und die Emphatie eines Mozarts, Schinkels oder Schillers einfach nicht mehr zuzutrauen, weil wir eher konsumieren als etwas selbst zu schaffen. Und bei den Konsumgütern gewinnt das, was am billigsten ist.

4. Übersättigung: Ein Architekt, der einen grauen Bunker wie den WIWI-Bunker der Uni gebaut hätte, wäre damals ausgelacht worden. Er könnte sich nicht mehr sehen lassen. Heute sind wir vielleicht schon so an diese Hässlichkeit gewöhnt, dass es uns einfach gar nichts mehr ausmacht in so hässlichen Gebäuden zu leben. Wir sehen vielleicht gar nicht mehr wie hässlich das ist. Man vergleiche einmal Beethoven mit Scooter: Eigentlich müsste man doch Scooter zum Teufel jagen, aber siehe da: Der Erfolg gibt ihnen Recht. 80000 Leute auf dem Konzert schaffen die immer wieder. Wenn wir schon so weit sind, das Hyper-Hyper uns nichts ausmacht, warum sollten wir uns dann an hässlichen Gebäuden stören. (P.S.: Ich weiss, die die das hier lesen, sind nicht das typische Scooter-Publikum, aber auch auf Gothic-Parties wird ja z.T. echt ziemlich simple Techno-Mucke gespielt. P.P.S.: Die Gothic-Mucke ist auch simpler geworden die letzten 10 Jahre!) Und wenn uns hässliche Gebäude nichts ausmachen, warum dann mehr Geld für schöne Häuser ausgeben.

Es mag Gegenbeispiele geben, die sind aber derart selten, dass im Stadtbild kaum auffallen. Jedenfalls bin ich der Meinung, dass unsere und alle anderen Städte durch diese vielen seelenlosen Zweckbauten ebenfalls ihre Seele verlieren.

Der Uhu
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Batgirl

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Re: Moderne Kunst/Architektur
« Antwort #1 am: 05 Januar 2007, 19:27:35 »

Zitat von: "Der Uhu"
Jedenfalls bin ich der Meinung, dass unsere und alle anderen Städte durch diese vielen seelenlosen Zweckbauten ebenfalls ihre Seele verlieren.


Da muss ich dir Recht geben.
Darum liebe ich es bei Motorradtouren oder Tagesausflügen mir in diversen Städten die "( historische) Altstadt" anzuschauen.
Es ist immer wieder neu faszinierend was man da an Details an den Häusern entdecken kann. Oder wie kunstvoll so mancher Brunnen auf Marktplätzen gestaltet ist, oder Burgen ( ich mag z.B. sehr gerne die "Burg Hohenzollern" ).
Ach, ich freu mich schon auf den nächsten Sommer, um Neues zu entdecken.
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K-Ninchen

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Moderne Kunst/Architektur
« Antwort #2 am: 05 Januar 2007, 20:15:53 »

Hihi, die Tomma Abts Sachen erinnern mich irgendwie an meine frühen Spielereien mit Deluxe Paint II (die älteren Semester wissen, was ich meine ;) )

Was Architektur angeht, kann ich dir recht geben.
Ich selber hatte schon überlegt, Architektur zu studieren. Nur sind die Aussichten auf nen guten Job extrem mies, was mich doch sehr abgeschreckt hat.
Mein Ansatz wäre gewesen, wieder mehr klassische Ästhetik einzuführen.

Um es auf einen ganz einfachen Nenner zu bringen:
Jeder will doch gerne in einen Altbau ziehen, die strahlen eine unglaubliche Gemütlichkeit und Wohnlichkeit aus und sind schlichtweg schön anzuschauen.
Irgendwie sieht man den älteren Gebäuden an, daß dort so etwas wie "Seele" drinsteckt, die man z.B. in den Plattenbauten von Steilshoop nicht wiederfindet.

Viele "moderne" gebäude (Hauptmerkmal: Möglichst Quaderförmig zu 70% Wand und zu 30% durchsichtig und klotzig), viele Beispiele stehen in sämtlichen Neubaugebieten, u.a. demnächst auch in der "Hafencity".

Wo da die Kunst ist fragt man sich spätestens dann, wenn etwa 90% der Architekten alle den selben Scheiß entwerfen, weil es gerade "in" ist und "gut läuft". Warum auch immer, irgendjemand scheint es nachzufragen. Wahrscheinlich auch nur, weil es "in" oder "trendy" ist.

Irgendwo gibt es halt so ein Nest, wo den Studenten eingehämmert wird, möglichst nur klotzweise zu arbeiten.
Minimalismus um jeden Preis, kein Platz für Charme oder Gemütlichkeit oder gar Verspieltheit.
Funktionell und "cool" muss es sein. Keine Ornamente oder Schnörkeleien, alles glatt und berechenbar.

Tja, nach dem Jugenstil wurde es irgendwie immer hässlicher.
Auch Bauhaus, obwohl eine hochgejubelte Kunstform, will mich nicht wirklich begeistern.
Da gehörte sogar das Inventar - steril wie Krankenhausmobiliar - mit zum Architekturkonzept.
Das erste, was die Einwohner gemacht haben war, daß sie all den sterilen Kram teilweise rausgeschmissen haben und sich den Wohnraum der eigentlich "den Mensch formen sollte" selber geformt haben.

Als letztes hat man noch in den 30ern und 40ern zumindest mit den Klinkersteinen mal verspielte Mustern in die Mauern gesetzt, aber auch das ist vorbei.

Mir geht es insgesamt nicht darum, OB es Kunst ist oder "wie sehr" es Kunst ist, sondern darum, daß mir der momentane Stil einfach nicht gefällt, was sich bei mir aber eher auf die Architektur bezieht.
Über andere Kunstformen kann ich da wenig sagen, kann mir aber gut vorstellen, daß sich der ganze Scheiß da wiederspiegelt.

Auch ist mir heute am Bahnhof aufgefallen, mit welcher Gewallt "Designmagazine" versuchen "anders" zu sein, um jeden Preis. Hauptsache, alles anderes und irgendwie verkehrt machen, damit es den Anspruch irgendeiner Kunst erfüllt. Total degradiert zum Aha-Effekt ohne positive Weiterführung. Hilfloses, wildes amok-illustrieren auf Teufel-komm-raus. Die Welt ist ja so reizüberflutet. Wer nicht mehr auffällt, ist nichts mehr wert.
Mich nervt das eigentlich nur. Und ich gebe zu, ich bin simpel genug gestrickt um für mich behaupten zu können "gutes Design ist immer angenehm anzuschauen und steht der Funktion nicht im Weg". Denn Design ist ja noch was anderes als Kunst... aber viele bringen das gerne mal durcheinander und so manches wird überhaupt erst durch das Design komplett unbrauchbar. So wie damals, 1998, als es auf "trendigen" Internetseiten verpönt war, Menueinträge nach ihrer Funktion zu benennen. In dieser Zeit habe ich sehr viel HTML-Sourcen gelesen um mich auf einigen Seiten überhaupt bewegen zu können, da gaben meist nur noch die Dateinamen, z.B. "myphotos.html" Aufschluss über den eigentlichen Inhalt.

So, genug gemeckert.

Ich will wieder mehr klassische Ästhetik! \o/

Für mich persönlich darf's dann auch gerne mit Ornamenten verziert und verschörkelt sein :D
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Ich bin zutiefst bösartig und hinterhältig (kein Wunder bei dem Sternzeichen) und habe grundsätzlich niedere Beweggründe für fast alles.

uriel

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Moderne Kunst/Architektur
« Antwort #3 am: 05 Januar 2007, 21:03:44 »

an ne riesige kathedrale im gothischen stil ist eh nur schwer zu toppen...


achja ich möcht mal wieder in soner location richtig schöne düstere musi aufdrehen XD
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monsterchild

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Moderne Kunst/Architektur
« Antwort #4 am: 05 Januar 2007, 21:09:30 »

Prinzipiell würde ich euch recht geben, denn auch ich bevorzuge Architektur und Kunst vergangener Epochen.

Tatsächlich stehe ich oftmals den Arbeitsaufträgen meiner neuen Kunstlehrerin, einer Verfechterin der Gegenstandslosigkeit, recht ratlos gegenüber. (Mein Favorit war das reinweiße, gegenstandslose Durchdringungsgebilde, das wir als Hausaufgabe erstellen durften.)
Angeblich geht es dabei auch um assoziative Kunst und wenn man sich Mühe gibt, entdeckt man in solchen Bildern tatsächlich was, dann sogar in meinen :P . Dass ich sie mir dann trotzallem nicht aufhängen würde, steht dann auf einem anderen Blatt Papier.
Und wirklich schlimm finde ich es nicht, wenn ein Künstler nichts aussagen möchte und stellt seine Werke mit einer großen Begeisterung her und mag es einfach mit den Materialien zu arbeiten (Ich habe im Kunstuntericht einen Film über einen Künstler gesehen, der alle Werke irgendwo in der freien Natur errichtete und auch nicht so reich geworden ist).
Nicht jeder Künstler hat einen Holocaust oder sonst was zu verarbeiten, mal abgesehen, dass ich Leute nicht ausstehen kann, die meinen, nur hochintellektuelle Sachen produzieren müssen.

Was die Architektur betrifft, viele der Gebäude, die uns häßlich erscheinen, sind eben doch recht funktional und zweckmäßig.
Und beim Versuch mir vorzustellen, wie Stadtregierungen erklären sollen, dass der neue Uni-Anbau oder so zig Millionen Euro mehr kostet, weil echte Handabreit dafür verwendet werden soll, kann ich nur lachen. Denn die meisten würden eben solche Gelder lieber woanders sehen.

Und welche Leute haben bitteschön früher solche Aufträge gegeben, dass waren eben nur 5% der Bevölkerung (oder anders gesagt Adel, Superreiche und Kirche) und der Rest hat in so einfachen Verhältnissen gelebt, dass wir schon dankbar sein können, unsere häßlichen Gebäude zu haben.
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colourize

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Moderne Kunst/Architektur
« Antwort #5 am: 05 Januar 2007, 21:14:41 »

Kunst/Architektur und Gesellschaft/Politik lässt sich nicht voneinander trennen: Es sind zwei Seiten derselben Medaille.

Ob wir ein (Bau)Werk als "schön" empfinden, ist überhaupt nicht die Frage, auch wenn ich schon nachvollziehen kann dass das Individuum nach der Ästhetisierung seines Alltags strebt.

Zeitgenössische Architektur/Kunst ist im Idealfall ein Ausdruck der Zeit und der Welt in der wir leben. Sie muss daher nicht "schön" sein, sondern authentisch.

"Schön" wird sie übrigens noch früh genug: Immer wenn die Zeit und die Welt, in der das Werk entstanden ist, vorbei und verloren erscheint und wir in eine neue Phase der Beschleunigung eingetreten sind, werden die Werke der vergangenen Epoche in unseren Augen "schön".
Menschen sind Nostalgiker mit euphorischer Erinnerung.
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Der Uhu

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Moderne Kunst/Architektur
« Antwort #6 am: 05 Januar 2007, 21:29:01 »

Zitat von: "colourize"
Kunst/Architektur und Gesellschaft/Politik lässt sich nicht voneinander trennen: Es sind zwei Seiten derselben Medaille.

Ob wir ein (Bau)Werk als "schön" empfinden, ist überhaupt nicht die Frage, auch wenn ich schon nachvollziehen kann dass das Individuum nach der Ästhetisierung seines Alltags strebt.

Zeitgenössische Architektur/Kunst ist im Idealfall ein Ausdruck der Zeit und der Welt in der wir leben. Sie muss daher nicht "schön" sein, sondern authentisch.

"Schön" wird sie übrigens noch früh genug: Immer wenn die Zeit und die Welt, in der das Werk entstanden ist, vorbei und verloren erscheint und wir in eine neue Phase der Beschleunigung eingetreten sind, werden die Werke der vergangenen Epoche in unseren Augen "schön".
Menschen sind Nostalgiker mit euphorischer Erinnerung.


Es wäre aber schön, wenn sie schön wären. Im Moment ist der Wiwi-Bunker nur zweckmäßig. Kann schon sein, dass das der Zeitgeist ist, bestimmt sogar. Ich kann mir aber kaum vorstellen, daß den mal irgendwer schön findet. Soooo sehr sind die Leute dann doch nicht Nostalgiker. Und wenn der authentisch ist, das verzichte ich gerne sowohl auf authentische Architektur als auch auf den Zeitgeist. Es wird Zeit den Zeitgeist zu ändern. Der nervt eh....
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Der Uhu

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« Antwort #7 am: 05 Januar 2007, 21:35:39 »

Zitat von: "monsterchild"
Was die Architektur betrifft, viele der Gebäude, die uns häßlich erscheinen, sind eben doch recht funktional und zweckmäßig.
Und beim Versuch mir vorzustellen, wie Stadtregierungen erklären sollen, dass der neue Uni-Anbau oder so zig Millionen Euro mehr kostet, weil echte Handabreit dafür verwendet werden soll, kann ich nur lachen. Denn die meisten würden eben solche Gelder lieber woanders sehen.

Und welche Leute haben bitteschön früher solche Aufträge gegeben, dass waren eben nur 5% der Bevölkerung (oder anders gesagt Adel, Superreiche und Kirche) und der Rest hat in so einfachen Verhältnissen gelebt, dass wir schon dankbar sein können, unsere häßlichen Gebäude zu haben.


Umsonst waren solche Gebäude aber nie. Die waren auch damals teuer. Es war halt nur der Zeitgeist, das Geld trotzdem zu bezahlen. Und wenn es tatsächlich so wäre, wie du sagst, dass nur Reiche solche Häuser gebaut haben, muss ich Dir widersprechen. Alle Häuser wurden so gebaut. Wenn es nicht so wäre, dann würde mir zumindest ein einziges Haus einfallen, daß 100 Jahre alt oder älter ist, und das so schlicht gebaut ist, wie unsere heutigen Zweckbauten. Mir fällt aber keines ein. "Alt" bedeutet zu nahezu 100 Prozent auch "verziert", egal ob Bauernhaus oder Wohnhaus in HH.
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colourize

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« Antwort #8 am: 05 Januar 2007, 21:39:36 »

Zitat von: "Der Uhu"

Es wäre aber schön, wenn sie schön wären. Im Moment ist der Wiwi-Bunker nur zweckmäßig. Kann schon sein, dass das der Zeitgeist ist, bestimmt sogar. Ich kann mir aber kaum vorstellen, daß den mal irgendwer schön findet.

In den späten 1950ern sind die Reste des historischen Gängeviertels in Hamburg plattgemacht worden. Niemand konnte sich damals vorstellen, dass man solch mickrige Bauten eines Tages schön finden könnte. Versiffte Fassaden, schwer zu reinigen. Dreck überall.
Dann doch besser die alten Hütten durch einen hübschen Neubau ersetzen - ein Bauwerk, das wir heute (knapp 50 Jahre nach seiner Entstehung) ziemlich unerträglich finden.

Die gründerzeitlichen Bauten in vielen Großstädten sind ebenfalls 50-60 Jahre nach ihrer Entstehung der Sanierung zum Opfer gefallen. Die sogenannte "gipserne Pracht voll Scheußlichkeit" (Zitat aus einer Kölner Ratssitzung in den 1950ern, die die Phase der Stadtsanierung einleiten sollte) sollte neuen Gebäuden weichen.

Heute finden wir es toll, dass wenigstens einige Bauten überlebt haben..
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cloude

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Moderne Kunst/Architektur
« Antwort #9 am: 05 Januar 2007, 22:11:57 »

Zitat von: "uriel"
achja ich möcht mal wieder in soner location richtig schöne düstere musi aufdrehen XD


wie wär's in der prinzenbar?  :)
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K-Ninchen

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« Antwort #10 am: 05 Januar 2007, 22:12:58 »

Ich bin mal gespannt, wieviele Jahrzente vergehen müssen, damit ich die Bauten in Steilshoop, Mümmelmannsberg, Kirchdorf-Süd oder Billstedt schön finden kann.
Ich find sie faszinierend in ihrer Dimension und geradezu abschreckender Wirkung.
Aber ich werde nicht im 50 Jahren sagen "ach wie schön es war, damals in Mümmel und wie schlimm, daß die Schweine die schönen Plattenbauten nun abgerissen haben"

Es gibt auch historische Epochen, die ich nicht sooo schön finde.
z.B. finde ich den Barock wieder zu überladen und Klassizismus irgendwie zu protzig.
Andererseits finde ich Jugendstil & Art Déco besonders ansprechend, obwohl sie viel neuer sind.
...ist eben auch Geschmackssache bzw. eine Frage des Zeitgeists.

Interessant auch, daß nur die wenigsten Menschen die 70er insgesamt als ästhetisch ansprechend empfinden. Bis auf ein paar verirrte Webdesigner, die aus Imagegründen nach Berlin ziehen und sich als erstes ihren Altbau mit 70er Tapete vollkleistern.
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Der Uhu

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Moderne Kunst/Architektur
« Antwort #11 am: 05 Januar 2007, 23:47:44 »

Zitat von: "colourize"
Zitat von: "Der Uhu"

Es wäre aber schön, wenn sie schön wären. Im Moment ist der Wiwi-Bunker nur zweckmäßig. Kann schon sein, dass das der Zeitgeist ist, bestimmt sogar. Ich kann mir aber kaum vorstellen, daß den mal irgendwer schön findet.

In den späten 1950ern sind die Reste des historischen Gängeviertels in Hamburg plattgemacht worden. Niemand konnte sich damals vorstellen, dass man solch mickrige Bauten eines Tages schön finden könnte. Versiffte Fassaden, schwer zu reinigen. Dreck überall.
Dann doch besser die alten Hütten durch einen hübschen Neubau ersetzen - ein Bauwerk, das wir heute (knapp 50 Jahre nach seiner Entstehung) ziemlich unerträglich finden.

Die gründerzeitlichen Bauten in vielen Großstädten sind ebenfalls 50-60 Jahre nach ihrer Entstehung der Sanierung zum Opfer gefallen. Die sogenannte "gipserne Pracht voll Scheußlichkeit" (Zitat aus einer Kölner Ratssitzung in den 1950ern, die die Phase der Stadtsanierung einleiten sollte) sollte neuen Gebäuden weichen.

Heute finden wir es toll, dass wenigstens einige Bauten überlebt haben..


Ja, finde ich auch toll. Und nu?
Das Gängeviertel ist ausserdem nicht abgerissen worden, weil sie neue Gebäude schöner fanden, sondern weil die alten Häuser marode und verwohnt waren, eine Renovierung zu teuer gewesen wäre und neue Gebäude wirtschaftlicher waren. Ausserdem konnte der Verkehr durch die engen Gassen nicht fliessen. Das isser wieder, der Zeitgeist und das liebe Geld.
Ausserdem: Das es mal Phasen gab, in denen nicht alles Alte per se schön gefunden wurde ist doch normal. Und es ist auch normal, das alte Gebäude auch mal neueren weichen müssen. Es ist eben nur schade, dass uns mit unseren Möglichkeiten keine besseren Ideen kommen als die Zweckbauten, wodurch man die Häuser des Gängeviertels ersetzt hat. Das ist einfach langweilig.
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Thomas

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Moderne Kunst/Architektur
« Antwort #12 am: 08 Januar 2007, 11:41:20 »

Zu der modernen Kunst möchte ich sagen, das Kunst immer im Auge de Betrachtest liegt.Wenn jemand ein paar Farbkleckse auf dem Papier verteilt und das originell oder künstlerisch wertvoll findet, dann soll er doch.Wenn es Leute gibt, die das ebenso sehen und auch noch unsummen dafür ausgeben - meinetwegen.

Ich finde an den meisten modernen Kunstwerken auch keinen gefallen, aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.

Zu den Gebäuden : Haupteckpunkte für Zweckgebäude sind halt so schnell und so günstig wie möglich zu bauen, einigermaßen gut zu pflegen, effizient zu sein.Gerade die Universitäten müssen doch auf jeden Cent achten, woher sollen die nun noch das Geld für Hörsäle im Barockstil o.ä. nehmen ?

Außerdem werden nicht alle Zweckbauten derart errichtet.Was ist z.B. mit dieser ovalen Uni-Bibiliothek in (ich glaube) Berlin, die aussieht wie ein Raumschiff  ?

Ich persönlich finde aber auch viele Zweckbauten aus den 40-80' Jahre recht ansehnlich, ein Beispiel war der Palast der Republik in Berlin.
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DarkestMatter

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« Antwort #13 am: 08 Januar 2007, 21:01:55 »

so wie es leute gibt, die barock, renaissance, Jugendstil toll finden.. gibts eben auch Leute, die den modernen Quatsch toll finden.

Kunst/Architektur hatte wohl noch nie den realistisch vertretbaren Anspruch, allen Menschen zu gefallen. Und wie schon anderweitig erwähnt: (Volks- oder Mehrheits-) Geschmack unterliegt einem Wandel.

achja - die modernen Stahl-Glas-bauten sind übrigens alles andere als wirtschaftlich. die reinen Baukosten sind zwar niedriger als herkömmliche Massivbauweise, jedoch ergeben sich im Alltag diverse Problemchen, die auf Dauer ins Geld gehen. :)

ach - und ich bin froh, dass der Domplatzkubus nicht kommt  :lol:
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(http://www.world-of-smilies.com/wos_Schilder2/imsmilin.gif)Aus der "Lingener Tagespost": "Auch im aktuellen Fall führt eine Spur in die deutsch-bayerische Grenzregion."

Thomas

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« Antwort #14 am: 09 Januar 2007, 08:57:48 »

Zitat von: "DarkestMatter"

achja - die modernen Stahl-Glas-bauten sind übrigens alles andere als wirtschaftlich. die reinen Baukosten sind zwar niedriger als herkömmliche Massivbauweise, jedoch ergeben sich im Alltag diverse Problemchen, die auf Dauer ins Geld gehen. :)

Zum Beispiel ?
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