Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Wandlungen  (Gelesen 2376 mal)

santulie_night

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Wandlungen
« am: 26 August 2006, 15:22:34 »

Jeder Mensch verändert sich auf seine Weise im Leben! Momentan begegne ich aber immer mehr Freunde und Bekannte, die sich total gewandelt haben.

Ein Beispiel: Eine Freundin hat im letzten Jahr ihre kompletten schwarzen Klamotten abgelegt und durch bunte Sachen ausgetauscht. Nichts gegen bunte  Sachen, aber sie war damals diejenige, die eigentlich NUR schwarz getragen. Sie kannte all die Bands aus der Szene. Wohl auch durch ihren Freund, der eine große CD-Sammlung hatte. Ihr Freund hat dann mit ihr Schluss gemacht und seitdem ist ihre Verwandlung enorm. Klar neuer Lebensabschnitt!
Naja es ist nur sehr komisch, weil sie für mich die letzte gewesen wäre, die mal HipHop hören würde. Menschen sind seltsam!

Ein anderes Beispiel von gestern: Ein alter Bekannter aus meiner Rollenspielgruppe steht vor mir in Braunschweig mitten auf einer N8-Flug-Party. Habe ich ja auch total nichts gegen, aber ich war schon etwas irritiert, da er uns doch auf der Frankreich-Fahrt die ganze Zeit mit seinen Backstreet Boys CDs zum Wahnsinn getrieben hat.

Wie steht ihr zu manchmal sehr extremen Wandel der Menschen? Ich selber finde eine Veränderung immer mal ganz gut, nur enttäuscht es mich, wenn ich merke, dass einige Leute sich von anderen Menschen haben so stark beeinflussen lassen und alles irgendwie nur eine Fassade war.

messie

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Wandlungen
« Antwort #1 am: 26 August 2006, 15:43:19 »

Da sprichst du einen interessanten Punkt an. Achja, und gut platziert, den Thread, unter "schwarze Szene" passt er wirklich recht gut hin.  :)

Erste Frage: Wie alt sind die zwei? -> Wenn sehr jung, dann sollte selbiges niemanden wundern. In der Pubertät ist es ganz normal dass man heute so, morgen so drauf ist. Durchaus auch extremst. Die hormonellen Schwankungen sind stärker als manche glauben, da kommen dann plötzliche Sinneswandel häufiger dazu  :wink:

Naja, gehn wir mal von nachpubertärem Wandel aus  :wink:

Da gibts für mich zwei Erklärungen: Eine ganz natürliche die immer im Leben drin sein kann und eine die ich ganz klar fürn Hintern halte.

Die erste: Person ist schon länger unzufrieden mit ihrer Art zu leben, war schon länger auf der Suche nach einem Lebensstil der besser zu ihr passt. Und wenn sie den dann gefunden hat, ist die Freude darüber so groß dass sie sich erstmal richtig reinstürzt da und voll drin aufgeht! So etwas finde ich toll. Leidenschaft ist etwas Wunderbares.

Die zweite: Da wird etwas Neues entdeckt, und das ist so interessant, dass kurzerhand das Alte einfach mal zu "bäh, mag ich nicht mehr" verkommt und das Neue viel besser, toller, und überhaupt ist. Und schwupps!, ist von der Lebensweise zuvor nichts, aber auch wirklich überhaupt nichts, mehr zu sehen. - Selbstredend dass die vorige Lebensweise genauso konsequent gegen alle anderen gerichtet war. War Person vorher also n Gruftie, dann waren alle Nichtschwarzen bunte Idioten, alle HipHopper hirnloses Pack, und alle "Schwarzen" -je extremer gestylt, desto besser- die einzig normalen Leute auf der Welt. Danach ist es dann genau umgekehrt ...
Zum zweiten Fall kann auch öfter beobachtet werden dass sich Person ganz nach ihrem Partner richtet (merkwürdigerweise machen das ungewöhnlich viele Frauen so): Was der mag, das findet sie auch ganz toll, muss sie haben, muss sie machen, ist das Einzig Richtige für sie. Und wenn der nächste etwas ganz anderes mag, dann findet sie das von bisher plötzlich plöd und das Neue ist das Einzig Richtige, fertich.

Man mag glauben dass ich den zweiten Fall etwas überspitzt dargestellt habe. Glaubt mir: Dem ist nicht so, diese Menschen gibt es wirklich! Und ich werde das, vor allem im Falle des An-Freund-Hängens vielleicht erklären, aber niemals verstehen können.

Und woran erkennt man ob nun Fall 1 von Fall 2 eingetreten ist?
Meine grobe Faustregel: Je extremer das derzeitige Leben verteidigt wird und andere Arten verurteilt, desto weniger ist dahinter und desto eher trifft Fall 2 zu. Denn: Wenn man sich wohl fühlt in seiner Haut, der/die kann auch andere Lebensstile neben sich stehen lassen und respektieren. Zu dem eigenen passen brauchen sie ja trotzdem nicht.  :wink:
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santulie_night

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Wandlungen
« Antwort #2 am: 26 August 2006, 17:43:43 »

Die Freundin ist 23 und der Bekannte müsste auf die 30 zugehen.

Ich denke allerdings auch, dass die Grenzen deiner zwei Erklärungen fließend sind. Zumindest kenne ich den Fall mit "an den Freund hängen" auch von mir, nur dass dieser die "schwarze Szene" nicht mochte. Ich habe weiterhin meine Musik gehört und er hat es "ertragen", hat mich aber gebeten nicht all zu schlimme Musik zu hören und es nicht so raushängen zu lassen. Ich hatte es akzeptiert und fand es in meinem Umkreis mit seinen Leuten auch nicht sonderlich wild. Man befindet sich wie unter einer Glaskuppe.
Als ich dann mit dem Studium angefangen habe bin ich auf neue Leute gestoßen und mich motiviert an mal zur "Kreaturen der Nacht" zu gehen. Da ist dann der Knoten geplatzt und wusste, dass ich dahingehöre. Meine Beziehung ging dann in die Brüche...

Tja aber warum hängt man sich häufig an eine Person? Weil es vielleicht einfacher ist?

messie

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Wandlungen
« Antwort #3 am: 26 August 2006, 18:16:17 »

Zitat
Tja aber warum hängt man sich häufig an eine Person? Weil es vielleicht einfacher ist?

hach ... gute Frage ... ist schon wieder ein ganz eigenes Thema. Wenn es das hier nicht schon irgendwo gibt.  :wink:

Sich jemandem annähern ist ja nicht schlimm. Das passiert ja immer. Wer glaubt, sich von nichts und niemandem beeinflussen zu lassen, lebt hinterm Mond - wir reagieren immer auf unsere Umwelt und verändern uns dadurch auch laufend.

Aber du sprichst ja einen extremen Umstieg an. So von heute auf morgen. Und der geschieht, so denke ich zumindest, wirklich fast ausschliesslich aus einer von beiden von mir beschriebenen Motivationen. Eine Grauzone ist da sehr klein.

Es ist halt wie so oft: Es geht um die Frage "macht er/sie es für sich oder für andere?"
Für sich und das eigene Wohlbefinden: Völlig in Ordnung.
Für andere bzw. um anderen damit zu gefallen: Sehr gefährlich!

Letzteres scheint mir in der "schwarzen Szene" recht verbreitet zu sein.
Leider.
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colourize

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Wandlungen
« Antwort #4 am: 26 August 2006, 19:10:29 »

Ich glaube, dass derartigen nach außen wahrnehmbaren radikalen Veränderungen einige Zeit des "inneren Kampfes" mit der eigenen Identität vorausgeht.
Es ist kein Beschluss von heute auf morgen "jetzt werde ich ein Gruftie" oder "ich habe gerade jetzt keinen Bock mehr auf die schwarze Szene". Vielmehr verläuft vorher eine oft mehrmonatige oder sogar mehrjährige Phase der krisenhaften Auseinandersetzung mit dem, was ich für mich gerne verkörpern möchte (Rolle) und dem, wie andere mich sehen und mir spiegeln wie ich auf sie wirke. Innere oder äußere Anlässe (z.B. Trennungen vom Partner, Umzüge in eine andere Stadt, neues berufliches Umfeld o.ä.) werden dann dazu genutzt, dieses identitätsbelastende Rollengleichgewicht wieder herzustellen: Man verändert sich, scheinbar von "heute auf morgen".
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Killerqueen

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Wandlungen
« Antwort #5 am: 26 August 2006, 19:24:36 »

Veränderungen - wo auch immer die Ursache liegen mag - sind doch völlig normal; auch extreme. Typische Gründe dazu hat Messie ja schon genannt.

Du schilderst jedoch nur Oberflächlichkeiten wie "schwarze Klamotten", bestimmte Musik hören etc.. Das ist doch alles gar nicht wichtig!

Bedenklicher finde ich, wenn jemand komplett seine Prinzipien und Werte über Bord wirft und das noch nicht mal nachvollziehbar erklären kann. Da frage ich mich immer: Was muss in einem solchen Menschen kaputt gegangen sein, dass er seine für ihn bisher so wichtigen Ansichten plötzlich nicht mehr vertritt?

Eine ganz andere Sache, die ich auch noch ansprechen will, ist der eigene Standpunkt, der des angeblich "objektiven" Betrachters.
Gerne neigt man ja dazu, zu sagen, die anderen würden sich so schrecklich verändern. Viele tendieren dazu, sich selbst für unveränderlich zu halten. Es sollte einem aber klar sein, dass man selbst ebenfalls Veränderungen durchläuft und womöglich plötzlich ein ganz anderes Verständnis für gewisse Bereiche aufbringt, so dass die Denkweisen der "Parteien" völlig auseinanderdriften. Das ist normal, besonders wenn man nicht mehr - wie vielleicht zu Schulzeiten - ständig aufeinanderhockt und dieselben Erfahrungen macht. Es kann aber eben auch dazu führen, dass beide Seiten gar kein Verständnis mehr füreinander aufbringen können und die Freundschaft nicht mehr möglich ist. Das kann aber auch nur temporär sein; manchmal finden solche Menschen nämlich auf wundersame Weise auch wieder zusammen.

Jeder macht unterschiedliche Phasen durch, die nicht unbedingt von Dauer sein müssen und jeder macht Entwicklungen durch, die zur Persönlichkeitsbildung beitragen, und man sollte diese jedem Menschen zugestehen.

Ein wirkliche Freundschaft zeichnet sich meines Erachtens dadurch aus, dass man den anderen trotz oder vielleicht auch grade wegen seiner Vielschichtigkeit durch unterschiedlichste Erfahrungen mag und sich gegenseitig dadurch mehr bereichert als ein einzelner Mensch dies in seinem ganzen Leben je könnte.

Gib dem anderen unendlichen Raum und Du wirst immer wissen wo Du ihn findest, wenn Du ihn brauchst.

Das Verurteilen solcher Veränderungen steht niemandem zu; viel verwerflicher ist doch die geistige Stagnation!
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DerNarr

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Wandlungen
« Antwort #6 am: 26 August 2006, 19:59:31 »

Ich für meinen Teil denke einfach,
dass es etwas mit (Weiter) Entwicklung zu tun hat.

Was man ist, wird man ja meist nicht von einem zu anderen Tag,
das dauert meist eine Weile.

Vielleicht fallen einige Dinge nur so extrem auf,
wenn man andere Personen lange nicht gesehen hat.

Ich hatte Mal einen besten Freund,
der ist weggezogen.
Dann nach ca 10 Monaten war er wieder Mal in Hamburg.
Wir haben uns getroffen, da wo wir immer waren.
Wir konnten einfach absolut nichts mehr mit uns anfangen.
Ergebniss war, dass wir beide nach 2 Stunden unseres Weges gegangen sind.

Im Nachhinein, denke ich, dass es eh irgendwann so weit kommen musste.
Wir waren schon immer völlig anders und haben unsere Prinzipien in anderen Richtung ausgebaut, irgendwann gab es halt keinen Halt mehr durch den anderen, bzw. keine Beeinflussung, so dass diese fröhlich so weit ausgebaut waren, dass man nicht mehr miteinander konnte.

In Punkto Aussehen usw, das war in dem Fall immer total egal.

Meine 2 Cent.
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messie

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Wandlungen
« Antwort #7 am: 27 August 2006, 15:19:38 »

Zitat von: "colourize"
Ich glaube, dass derartigen nach außen wahrnehmbaren radikalen Veränderungen einige Zeit des "inneren Kampfes" mit der eigenen Identität vorausgeht.

Das sehe ich - siehe Fall 1 - ja genauso.
Ergänzen zu colourize' Beitrag möchte ich noch, dass Trennungen oder Tod eines geliebten Menschen natürlich auch zwangsläufig vorübergehende radikale Veränderungen mit sich bringen können, weil vielen die Erinnerung an so viel gemeinsam Vertrautes erstmal schwer in den Knochen steckt und sie daher dann erstmal radikal auf Abstand gehen. Ist auch nix bei, oft genug kehren sie dann im Lauf der Zeit wieder dorthin zurück, was sie mögen. Dann eben wenn genug Gras drüber gewachsen ist.

Zitat von: "Killerqueen"
Das Verurteilen solcher Veränderungen steht niemandem zu; viel verwerflicher ist doch die geistige Stagnation!

Schön gesagt. *g*
Wobei ich das Einstiegsposting nicht als Verurteilung, sondern als große Tüte voller Verwunderungen verstanden habe.  :wink: Wenn man von außen jemanden sich radikal verändern sieht, dann wundert man sich halt ne Runde. Würde ich auch tun  :wink:
Oft genug kann man die betreffende Person in einer ruhigen Minute aber auch selbst nach dem "Warum" fragen. Die Antworten darauf sind dann ungefähr genauso vielfältig wie Menschen es sind.
Man lernt eben nie aus  :)
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santulie_night

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Wandlungen
« Antwort #8 am: 27 August 2006, 21:40:39 »

Zitat
Wobei ich das Einstiegsposting nicht als Verurteilung, sondern als große Tüte voller Verwunderungen verstanden habe.

Genau so war es eigentlich auch gemeint. Ich hätte halt nie gedacht, dass sie sich so ändern würde.

Ihre Veränderung ist ja auch völlig in Ordnung, da sie nun endlich mal etwas mehr unternimmt und nicht die ganze Zeit in der Bude bei ihrem Freund hockt. Leider sind unsere Gespräche nun sehr oberflächlich geworden (irgendwie materialistisch).

Thomas

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Wandlungen
« Antwort #9 am: 28 August 2006, 08:31:06 »

Hm, irgendwie wurde zu dem Thema ja schon alles gesagt.Messie hat das alles schon ganz treffend beschrieben, inc. der "anhängliche Frauen"-Geschichte.Auch könnte man das tlw. wie der Narr schon sagte, als Weiterentwicklung sehen (wobei ich persönlich in der Stoßrichtung Gothic -> HipHop absolut keine Weiterentwicklung sehen kann, eher im Gegenteil).

Zitat von: "santulie_night"
leider sind unsere Gespräche nun sehr oberflächlich geworden (irgendwie materialistisch).
Tja, Hip-Hopperin halt  8)
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