Schwarzes Hamburg > Politik & Gesellschaft -Archiv-

Die Sonntagsfrage (Bundestagswahlen)

<< < (8/8)

Anonymous:

--- Zitat von: "Drachenkind" ---Und Ostdeutschland braucht sicherlich alles, aber Fortentwicklung durch die PDS funktioniert glaub ich auf Landesebene funktioniert nicht.
--- Ende Zitat ---


Das sehe ich anders.
Schließlich ackerte hier in MV die rot-ganzrote Koalition eine Legislaturperiode ausnahmslos gut. Auf Landesebene, versteht sich.

Keine Ahnung, ob sie das auch auf Bundesebene gebacken kriegen würden.
Ehrlich gesagt gehe ich nicht davon aus.

colourize:

--- Zitat von: "Kenaz" ---
Ich find' es immer höchst amüsant und bezeichnend, wie sich so mancher stramme "Demokrat" solche und ähnliche Statements beinahe wie einen Verdienstorden vor die Brust heftet - als ob es eine moralische und pragmatische Großtat wäre, mit "denen da" nicht zu reden. (...)
--- Ende Zitat ---

Hmm. Ich weiss jetzt nicht so recht, ob ich mich da jetzt angesporchen fühlen soll oder nicht. 8)
Ich bin mal sicher nicht der Musterdemokrat, und ganz bestimmt nicht "stramm". Ich halte die Demokratie für das relativ beste Herrschaftssystem - was noch lange nicht bedeutet, dass ich ein glühender Verfechter einer universellen demokratischen Ordnung bin.
Ich hefte mir auch nix an die Brust, sondern fahre einfach meinen pragmatischen Kurs. Und aus diesem Pragmatismus heraus spare ich mir "Diskussionen" mit Rechtsradikalen; dafür ist mir meine Zeit nämlich zu schade.


--- Zitat --- "XY ist links/Demokrat/Jude/Schwuler/was-weiß-ich-was, mit dem reden wir schon aus Prinzip nicht." In dieser Hinsicht verhält man sich bezeichnenderweise also auf beiden Positionen recht ähnlich. (...)
--- Ende Zitat ---

Ich würde da einige kleinere Differenzierungen begrüßen.

Zunächst mal: Ob ich mit Jemandem "schon aus Prinzip nicht rede", weil mir seine ethnische Herkunft bzw. seine sexuelle Vorliebe nicht gefällt, oder ob ich mit Jemandem nicht politisch diskutiere, weil ich der Überzeugung bin, dass die grundlegenden Weltsichten so unterschiedlich sind, dass eine Diskussion furchtbar fruchtlos wäre - das ist ein riesengroßer Unterschied!
Mit Rechtsradikalen zu diskutieren habe ich lange genug versucht - und ich habe daraus die Erfahrung gewonnen, dass bestimmte Axiome zu unterschiedlich sind, als dass eine inhaltliche, an Sachthemen orientierte Diskussion auch nur annähernd möglich wäre. Rechtsradikal denkende Menschen - so meine Erfahrung - haben ein vollkommen anderes Menschenbild, das mit meinem nicht in Einklang zu bringen ist; während ich das Individuum als handlungsleitendes Segment der Gesellschaft verstehe, ist das rechtsradikale Gesellschaftsbild von Konstrukten wie "Volk", "Nation" oder "Familie" bestimmt, die einer aufgeklärten Sicht der Dinge m.E. im Wege stehen.
Hieraus resultiert eine prinzipielle Unvereinbarkeit fundamentaler Weltsichten, so dass keine gemeinsame Basis für eine Diskussion existiert. Soviel zu meiner persönlichen "Strategie". Aber ich bin ja auch kein Politiker..

Denn: Eine vollkommen andere Frage ist meiner Meinung nach, ob die Politiker der sog. "etablierten Parteien" mit ihrer Strategie "Ignoriert die Rechten, wo Ihr sie trefft" dauerhaft klug fahren. Ich bin froh, kein Politiker zu sein, denn eine sachorientierte Auseinandersetzung mit NPD oder DVU dürfte ein Ding der Unmöglichkeit sein. Meinem Eindruck nach lassen sich die "Spitzenpolitiker" der rechtsradikalen Parteien auf keine inhaltliche Debatte ein (noch nicht mal auf die simplen Fragen von Journalisten), sondern wiederholen stattdessen gebetsmühlenartig Statements wie "Das Volk hat die Schnauze wirklich voll".

Welcher Umgang mit Rechtsradikalen auf der politischen Bühne der idealste ist, fällt mir schwer zu beurteilen.
Aber zum Glück bin ich auch nicht in einer solchen Position, mir darüber Gedanken machen zu müssen. Und für meine persönliche Lebenswelt gilt - aus o.g. Gründen: Keine Diskussion mit Rechtsradikalen.

Kenaz:
@ colourize

Sorry, es ist wieder ein bißchen länger geworden ... :roll:


--- Zitat ---Hmm. Ich weiss jetzt nicht so recht, ob ich mich da jetzt angesporchen fühlen soll oder nicht.
--- Ende Zitat ---
 - Nun ja, der Umstand, daß das Zitat Deinem Posting entnommen ist, legt nahe, daß der daran anschließende Text sich zumindest ein klitzekleines bißchen darauf bezieht und insofern auch Dich als Autor anspricht, gell?! :mrgreen:


--- Zitat ---Ich bin mal sicher nicht der Musterdemokrat, und ganz bestimmt nicht "stramm". Ich halte die Demokratie für das relativ beste Herrschaftssystem - was noch lange nicht bedeutet, dass ich ein glühender Verfechter einer universellen demokratischen Ordnung bin.
--- Ende Zitat ---
– Konsens. Geht mir ganz ähnlich.


--- Zitat ---Ich hefte mir auch nix an die Brust, sondern fahre einfach meinen pragmatischen Kurs. Und aus diesem Pragmatismus heraus spare ich mir "Diskussionen" mit Rechtsradikalen; dafür ist mir meine Zeit nämlich zu schade.
--- Ende Zitat ---
– Klar. Als Ausdruck eines subjektiven Pragmatismus ist dagegen erst mal rein gar nichts einzuwenden. Das ist – wie so vieles – letztlich eine Frage des persönlichen Geschmacks.


--- Zitat ---Zunächst mal: Ob ich mit Jemandem "schon aus Prinzip nicht rede", weil mir seine ethnische Herkunft bzw. seine sexuelle Vorliebe nicht gefällt, oder ob ich mit Jemandem nicht politisch diskutiere, weil ich der Überzeugung bin, dass die grundlegenden Weltsichten so unterschiedlich sind, dass eine Diskussion furchtbar fruchtlos wäre - das ist ein riesengroßer Unterschied!
--- Ende Zitat ---
– Das ist zwar insofern ein Unterschied, als wir geneigt sind, beide Vorgehensweisen aufgrund moralischer Kriterien durchaus unterschiedlich zu bewerten (und ich muß wohl nicht eigens betonen, daß meine Bewertung sich da von Deiner kaum unterscheiden dürfte), nichtsdestoweniger bestehen in struktureller Hinsicht Parallelen und auf die wollte ich hinweisen. Es ging mir um Diskursverweigerung aufgrund einer gewissen Kategorienverhaftung, zu gut deutsch auch "Schubladendenken" genannt. Vor diesem Hintergrund ist es nämlich völlig wurscht, ob der Nazi sagt: "Mit dem rede ich nicht, weil er schwul ist" oder ob der Linke sagt: "Mit dem rede ich nicht, weil es ein Rechter ist". In beiden Fällen verhindert eine bestimmte Klassifikation die Offenheit gegenüber möglicherweise vorhandenen Argumenten von der jeweils anderen Seite. (Und natürlich wissen wir beide, daß die Gründe, warum DU nicht mit dem Nazi redest, ungleich mehr sachliche Relevanz haben, als die, aus denen der Nazi nicht mit dem Schwulen redet; - in der kleinen Nazi-Welt jedoch macht das keinen großen Unterschied, denn der sagt sich: "Der hat ein vollkommen anderes Menschenbild, das mit meinem nicht in Einklang zu bringen ist, denn der läßt sich von Männern ficken; das ist unnormal, deswegen braucht mich das gar nicht zu interessieren, was der sagt - eigentlich ist das sowieso kein Mensch: was gehen mich also seine Argumente an?!")


--- Zitat ---Mit Rechtsradikalen zu diskutieren habe ich lange genug versucht - und ich habe daraus die Erfahrung gewonnen, dass bestimmte Axiome zu unterschiedlich sind, als dass eine inhaltliche, an Sachthemen orientierte Diskussion auch nur annähernd möglich wäre. Rechtsradikal denkende Menschen - so meine Erfahrung - haben ein vollkommen anderes Menschenbild, das mit meinem nicht in Einklang zu bringen ist; während ich das Individuum als handlungsleitendes Segment der Gesellschaft verstehe, ist das rechtsradikale Gesellschaftsbild von Konstrukten wie "Volk", "Nation" oder "Familie" bestimmt, die einer aufgeklärten Sicht der Dinge m.E. im Wege stehen.
--- Ende Zitat ---
- Keine Frage: Die Erfahrung lehrt uns, daß der durchschnittliche Rechtsradikale nicht willens und nur allzu oft noch nicht einmal fähig ist, in einen argumentativen Austausch zu treten. – Und ebenfalls keine Frage: Die Begründung dafür, daß der Rechtsradikale sich weigert, mit dem Schwulen zu reden, ist durchaus naiverer bzw. irrationalerer Natur und in aller Regel völlig unbeleckt von Erfahrungswerten. Nichtsdestotrotz: Es ist in beiden Fällen ein Etikett, das die Verweigerungshaltung besiegelt. Gerade im Falle des eher demokratisch gesonnenen Menschen ergibt sich aber die pikante Frage, ab wann dem Rechten legitimerweise das Etikett "Nazi" im Sinne von "einer Diskussion nicht würdig, da nicht zugänglich, insofern verplemperte Zeit" vor die Stirn gepappt wird. Ich wittere da nämlich ein bißchen die Gefahr zunehmender Sprachlosigkeit, wenn immer mehr Voraussetzungen nötig sind, um den anderen überhaupt als "würdigen" Gesprächspartner anzuerkennen. Wie gesagt: Der demokratische Grundgedanke vermittelt sich nur qua rationaler Argumentation, man sollte insofern also annehmen, daß er sich auch und gerade vor einer Auseinandersetzung mit Menschen nicht scheuen muß, die selbst in den grundlegenden Konstrukten anders orientiert sind (anders sieht es selbstredend aus, wenn diese sich ihrerseits dem Diskurs dezidiert verweigern). – Meine persönlichen diesbezüglichen Beobachtungen resultieren jedenfalls in folgender ernüchternder Gleichung: Je weiter und je enthusiastischer "links" sich der Betreffende selbst verortet, desto unbekümmerter und flotter ist er i. d. R. mit dem Etikett "Nazi" im besagten Sinne bei der Hand. Um es ganz handgreiflich zu formulieren: Ich würde mal davon ausgehen, daß bspw. ein Eric Harris dieses Etikett um einiges schneller verteilt als Du – um von mir mal höflich zu schweigen ...  :mrgreen:

Gar keine Frage: Auch ich bin der Ansicht, daß es völlig sinnlos verjuxte und verjubelte Zeit ist, sich mit einem Christian Worch oder einem Jürgen Rieger in Diskussionen über Toleranz, Gleichberechtigung oder demokratische Grundwerte zu ergehen. Wenn man sich zuhause drei Stunden lang hinsetzt und gemütlich in der Nase popelt, während man sich mit seiner Zimmerwand unterhält, hat man seine Zeit mindestens genauso sinnvoll verbracht. – Problematisch erscheint mir jedoch – gerade angesichts der besagten Wahlerfolge – die undifferenzierte Sorglosigkeit, mit der manche Menschen im Vollgefühl ihrer Selbstherrlichkeit (- nein, damit meine ich nicht Dich! :wink: ) das Attribut "Nazi ergo diskussionsunwürdig" verteilen. Es stellt sich eben einfach die Frage: Ab wann ist einer eigentlich Nazi in diesem Sinne? - Wenn er bei der Sachsen-Wahl am vergangenen Sonntag NPD gewählt hat? Wenn er mit Burzum-T-Shirt durch die Gegend läuft? Wenn er Douglas P. heißt? Wenn er PBC-Wähler ist?! Wenn er sich als Heide im nicht-universalistischen Sinne versteht? Wenn er beim Rudolf-Heß-Gedenkmarsch mitwackelt? - Gut, im letzten Fall neige auch ich dazu, die Frage zu bejahen, aber ansonsten ...? Ich denke, man tut gewissen demokratischen Grundwerten und -überzeugungen keineswegs einen Liebesdienst, wenn man es sich hier allzu leicht macht ...


--- Zitat ---Denn: Eine vollkommen andere Frage ist meiner Meinung nach, ob die Politiker der sog. "etablierten Parteien" mit ihrer Strategie "Ignoriert die Rechten, wo Ihr sie trefft" dauerhaft klug fahren. Ich bin froh, kein Politiker zu sein, denn eine sachorientierte Auseinandersetzung mit NPD oder DVU dürfte ein Ding der Unmöglichkeit sein. Meinem Eindruck nach lassen sich die "Spitzenpolitiker" der rechtsradikalen Parteien auf keine inhaltliche Debatte ein (noch nicht mal auf die simplen Fragen von Journalisten), sondern wiederholen stattdessen gebetsmühlenartig Statements wie "Das Volk hat die Schnauze wirklich voll".
--- Ende Zitat ---
– Natürlich lassen sie sich nicht auf inhaltliche Debatten ein: Wer über keine Inhalte verfügt, ist wohl beraten, sich um inhaltsorientierte Gespräche tunlichst herumzudrücken und auf das sichere Feld der Phrasendrescherei zurückzuziehen. Aber gerade deshalb sollte man diese Jungs m. E. in einer nie gekannten Impertinenz und Penetranz nötigen, sich auf dem Feld inhaltlicher Gespräche zu äußern! Nur indem man Inhaltsleere vorführt, kann sie ja ihr Wesen - nämlich die gänzliche Freiheit von wie auch immer geartetem Sachgehalt  - offenbaren. Und es ist nur eine Frage der Zeit und der Wiederholungsfrequenz, bis selbst einfacher gestrickten Gemütern aufgeht, daß die Antwort "Das Volk hat die Schnauze wirklich voll!" nicht auf alle möglichen anstehenden Frage- und Problemstellungen des politischen Tagesgeschehens paßt. – Mit stereotypen Parolen ist das nämlich ganz ähnlich wie mit harten Drogen: Sie beziehen ihre Kraft aus einer wohl eingesetzten Dosierung, will heißen: je sparsamer ich sie einsetze, desto mehr knallen sie; je mehr man allerdings nimmt, desto mehr braucht man, um den ursprünglichen Effekt zu erzielen – und das geht dann noch 'ne ganze Weile gut, aber irgendwann bringen sie einfach nichts mehr ... - und spätestens dann merkt auch der letzte Depp, daß er auf dem Holzweg war/ist. - Auf dem Feld der Argumente hat die Demokratie ganz klar den längeren Atem.

Eisbär:
Die parlamentarische Demokratie ist die schlechteste Staatsform, die ich kenne. Außer allen anderen. Winston Churchill

Mirascael:
Warum allerdings kadavergehorsamst NPD- und DVU-Politikern bereits das Wort entzogen wird wenn sie ihr Statement mit einem "Zuerst einmal möchte ich unseren Wählerinnen und Wählern danken blaschwafellabersülz..." beginnen, bleibt das Geheimnis der Fernsehreporter. Da Politiker anderer Parteien solch einen Senf ablassen dürfen, ohne unterbrochen zu werden, ist diese Art der "Auseinandersetzung" mit den Rechten einfach nur als megapeinlich zu attributieren.

Im Übrigen spricht spricht nichts dagegen, sie generell ausreden zu lassen. Warum soll nicht jeder mit eigenen Ohren hören, was für einen Stuss sie teilweise so labern? Indem man sie unterbricht, gießt man nur noch mehr Öl ins Feuer. MIt dieser Strategie können selbst die dumpfsten Hohlnüsse sexy und attraktiv wirken.

Es war anmaßend und unverschämt seitens der Reporter zu meinen, das Fernsehpublikum oberlehrerhaft bevormunden zu müssen.

Navigation

[0] Themen-Index

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln