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Ist Streaming bald am Ende?

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Eisbär:

--- Zitat von: BaerndME am 23 Februar 2022, 12:59:52 ---Sieht nämlich erstmal so aus, als würdest du mir ein gewisses Wording vorwerfe ohne den schon angeführten Grund zu betrachten.
--- Ende Zitat ---
Nein, er akzeptiert den angeführten Grund einfach nur nicht als solchen - was auch für viele Betroffene gilt. Darauf will er hinaus.


--- Zitat von: BaerndME am 23 Februar 2022, 13:16:33 ---...der damit verbundene Verlust an Diskussionskultur ist mir in den letzten Jahren ziemlich aufgefallen und aufgestoßen

--- Ende Zitat ---
Und da sehe ich etwas grundlegend anders.
Obama hat das sehr schön in seinem Buch beschrieben: das Problem bei vielen politischen Diskussionen heute ist, dass man sich nicht mal mehr auf die Fakten einigen an. Das ist das größte Problem. Wie soll man sich auf Handlungsstrategien oder sogar auf ethische Werte und Vorgehensweisen einigen, wenn man sich nicht mal auf sowas eigentlich banales wie Fakten einigen an?
Natürlich haben unterschiedliche Menschen unterschiedliche Beweggründe, unterschiedliche Interessen und damit auch unterschiedliche Prioritäten. Aufgabe von Gesellschaft und Politik war und ist es, diese so gut möglich unter einen Hut zu bekommen und Kompromisse und einen Ausgleich zu finden. Und ein weiser Mann sagte mal, ein guter Kompromiss ist einer, mit dem alle Parteien gleich unzufrieden sind. Und solange das allen Beteiligten klar ist, kann man miteinander reden und verhandeln.
Aber Fakten sind nun mal nicht verhandelbar. Fakten machen keine Kompromisse. Naturgesetze lassen sich weder beugen noch brechen. Wie soll man vernünftig mit jemanden diskutieren, der das nicht (an)erkennt?

Nach diesem Einschub der Brückenschlag zum eigentlichen Thema: es gibt Gruppen in der Bevölkerung, die faktisch auf die eine oder andere Art benachteiligt, diskriminiert, marginalisiert o. ä. werden und darunter leiden. Das ist ein Fakt. Dass das den Betroffenen nicht gefällt, ist auch ein Fakt und nur logisch.
Für viele Menschen in der westlichen Gesellschaft ist es ein wichtiger Wert, Schwächere vor Stärkeren zu (be)schützen. Wenn nun jemand öffentlich - und sei es durch Sprachgebrauch - aus einer privilegierten Position heraus aktiv an der Benachteiligung, Diskriminierung, Marginalisierung etc. teilnimmt oder sie sogar vorantreibt, stellen sich viele auf die Seite der Betroffenen.
Auf der anderen Seite hat jemand, der aktiv an der Benachteiligung, Diskriminierung etc. teilnimmt, offensichtlich vollkommen andere Werte diesbezüglich oder aber er leugnet die Fakten.
Um Geschäfte mit jemandem zu machen, muss man dem Gegenüber ein Mindestmaß an Vertrauen entgegenbringen. Das gilt für alle beteiligten Parteien.
Wie soll man jemandem Vertrauen, dessen Werte den eigenen diametral widersprechen? Wie soll man jemanden vertrauen, der Fakten nicht anerkennt?
Wenn sich also sowas herausstellt, stellt man die Geschäftsbeziehungen ein. Und wenn jemand seine Leugnung von Fakten und seine der Allgemeinheit widersprechende Werte öffentlich verbreitet, stellen eben viele Menschen ihre geschäftlichen Beziehungen ein. Das nennen dann die Menschen "Cancel culture", für die freie Wahl der Vertragspartner nur dann gilt, wenn's zum eigenen Vorteil ist.

Jack_N:
Da hast Du grundsätzlich erstmal eine gute Analyse der gesamten aktuellen Aktionen und Denkweisen geliefert.
Nur muss ich einen Punkt von Dir, Eisbär, hier einmal aufgreifen:

"Wie soll man jemandem Vertrauen, dessen Werte den eigenen diametral widersprechen? Wie soll man jemanden vertrauen, der Fakten nicht anerkennt?
Wenn sich also sowas herausstellt, stellt man die Geschäftsbeziehungen ein. Und wenn jemand seine Leugnung von Fakten und seine der Allgemeinheit widersprechende Werte öffentlich verbreitet, stellen eben viele Menschen ihre geschäftlichen Beziehungen ein."

Viele - aber eben nicht alle. Und ich wage auch (gewagte These, ich weiss) zu behaupten, dass dies nicht gut wäre, denn geschäftliche Beziehungen sind oft der erste Schritt zu einem gegenseitigen Verständnis.
Denn auch über geschäftliche Beziehungen findet ein (begrenzter) kultureller Austausch statt. Und wenn dieser nur unter der "Elite" der jeweiligen Länder stattfindet, dann eifert das "einfache Volk" dieser Elite doch oft nach. Wenn diese nun aber Handlungsweisen annimmt, die eigentlich verpönt oder sogar tabu sind - das mag von Alkoholgenuss über ausschweifenden Lebensstil bis hin zu extravaganter Kleidung oder nicht-so-strikter Beachtung von religiösen Dingen alles Mögliche sein - dann kann das auch schleichende Veränderung und/oder Zweifel bedeuten, es regt auf jeden Fall aber Leute zum Denken an.

Natürlich gibt es auch eine gewisse Anzahl an Menschen, die ungeachtet des Status des Gegenüber Geschäfte abwickeln, frei nach dem Motto: "pecunia non olet". Und dann gibt es wieder die, die ihren primären Horizont exakt an der eigenen Gartenpforte enden lassen. Nicht wenige Menschen in Deutschland pfeifen darauf, was ein gewisser Herr Putin gerade veranstaltet, hauptsache das Gas wird wieder billiger und pünktlich geliefert.

Jeder Mensch hat Grenzen für was er sich wie stark einsetzt. Und jemand, der sich vehement für Minderheiten und deren Schutz einsetzt, kann gleichzeitig auf andere Art und Weise eine persona non grata werden, indem er einer anderen Minderheit jeglichen Schutz oder ein Existenzrecht abspricht, oder andere Dinge oder wissenschaftliche Erkenntnisse leugnet.
Das bringt dann die Außenstehenden in Erklärungsnot: Kann ich jemanden, der sich extrem gegen Antisemitismus stellt, wirklich als leuchtendes Beispiel hochhalten wenn er gleichzeitig ein vehementer Klimawandelleugner und anti-Öko-Aktivist ist?

Wie in vielen anderen Beziehungen, so ist auch hier der Status mit "es ist kompliziert" nicht so verkehrt angegeben :D

BaerndME:

--- Zitat von: Eisbär am 23 Februar 2022, 15:11:39 ---
--- Zitat von: BaerndME am 23 Februar 2022, 13:16:33 ---...der damit verbundene Verlust an Diskussionskultur ist mir in den letzten Jahren ziemlich aufgefallen und aufgestoßen

--- Ende Zitat ---
Und da sehe ich etwas grundlegend anders.
Obama hat das sehr schön in seinem Buch beschrieben: das Problem bei vielen politischen Diskussionen heute ist, dass man sich nicht mal mehr auf die Fakten einigen an. Das ist das größte Problem. Wie soll man sich auf Handlungsstrategien oder sogar auf ethische Werte und Vorgehensweisen einigen, wenn man sich nicht mal auf sowas eigentlich banales wie Fakten einigen an?
Natürlich haben unterschiedliche Menschen unterschiedliche Beweggründe, unterschiedliche Interessen und damit auch unterschiedliche Prioritäten. Aufgabe von Gesellschaft und Politik war und ist es, diese so gut möglich unter einen Hut zu bekommen und Kompromisse und einen Ausgleich zu finden. Und ein weiser Mann sagte mal, ein guter Kompromiss ist einer, mit dem alle Parteien gleich unzufrieden sind. Und solange das allen Beteiligten klar ist, kann man miteinander reden und verhandeln.
Aber Fakten sind nun mal nicht verhandelbar. Fakten machen keine Kompromisse. Naturgesetze lassen sich weder beugen noch brechen. Wie soll man vernünftig mit jemanden diskutieren, der das nicht (an)erkennt?

--- Ende Zitat ---

Ich verstehe total, was du meinst. Im Prinzip ist das ja eine andere Seite von "sei einfach nicht scheiße".
Nehmen wir zum Beispiel mal an, es würde ein Virus auf der Welt grassieren, welches in der Lage ist, in großem Stile Menschen elendig sterben zu lassen, was wissenschaftlich bewiesen ist, und es würden Impfstoffe dagegen entwickelt, die ein sehr geringes gesundheitliches Risiko bergen, was ebenfalls wissenschaftlich bewiesen ist, und nehmen wir mal an, in einem Forum wie dem schwarzen Hamburg oder einer Plattform wie Spotify würde sich jemand finden, der diese wissenschaftlich bewiesenen Fakten einfach leugnet. Dann wäre das ja auch ein bisschen "scheiße sein" (wegen der Folgen, die es hat, wenn ihm jemand glaubt) und ein bisschen "Fakten leugnen".

Das war aber nicht, was ich meinte.

Ich hab mir neulich mal ziemlich harte Schelte eingefangen. Grundvoraussetzung: ich bin der Meinung, dass unsere ehemalige Bundesregierung sowie die Regierungen der Länder und Kommunen in Anbetracht des teilweise totalen Blindfluges den unmöglichen Eiertanz des Pandemie-Managements im internationalen Vergleich ganz gut bewältigt hat. Ein bisschen schlechte Kommunikation hier, ein Maskenskandal da, die pragmatisch gedachte Einführung einer App, die nichts taugt obendrein, ja sicher, alles suboptimal, keine Frage, aber die Kompromisse, die man geschlossen hat, die alle unangenehm waren und unangenehm sein mussten, hat man meines Erachtens mit einem erstaunlich gutem Augenmaß geschlossen.

Jetzt hat ein Nutzy eines anderen Forums sich wild über die Regierung aufgeregt, wie scheiße diese mit der Pandemie umgegangen sei.

Und ich habe provokativ "warum" gefragt und auf Argumente auch Dinge entgegnet.

Zack! Da waren sie "Möchtegern-White-Knights" von Jack und haben mich zur Sau gemacht, wie ich nur so ignorant sein könne gegenüber dem ganzen Mist, den die Regierung verzapft hat und so weiter.
Wie viel Lust andere Nutzys des Forums und ich dann noch auf diskutieren hatten, kannste dir vorstellen.

Und hier ging es nicht um ignorierte Fakten, hier ging es nicht um eine festgefahrene Meinung (wenn jemand mit den richtigen Argumenten kommt, lasse ich mich gern davon überzeugen, dass die Regierung nur scheiße gemacht hat, insbesondere, da ich eh kein Freund der CDU bin), sondern lediglich um ein bisschen seichte Provokation, aus Neugier, um zu lernen und um auch andere zum Neu-Überdenken und Abmildern einer eventuell viel zu negativen Ansicht anzuregen.

Das ist jetzt nur ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit, es gab da krassere. Aber das Vorgehen ist mittlerweile recht "normal". Und daran fühlte ich mich durch Jacks Post erinnert.

Eisbär:

--- Zitat von: Jack_N am 23 Februar 2022, 15:51:02 ---Und ich wage auch (gewagte These, ich weiss) zu behaupten, dass dies nicht gut wäre, denn geschäftliche Beziehungen sind oft der erste Schritt zu einem gegenseitigen Verständnis.
--- Ende Zitat ---
Dass es eventuell gut für die Allgemeinheit wäre, dem würde ich nicht widersprechen, aber Kapitalismus funktioniert nunmal größtenteils
--- Zitat von: Jack_N am 23 Februar 2022, 15:51:02 ---frei nach dem Motto: "pecunia non olet".
--- Ende Zitat ---
Und wenn ich einem potentiellen Geschäftspartner nicht traue, hört man ja nicht aus ethischen Gründen mit dem Geschäft auf, sondern weil man befürchtet, Verluste zu machen.
--- Zitat ---Nicht wenige Menschen in Deutschland pfeifen darauf, was ein gewisser Herr Putin gerade veranstaltet, hauptsache das Gas wird wieder billiger und pünktlich geliefert.
--- Ende Zitat ---
Nicht wenige Menschen verdanken ihre Armut dem Neoliberalismus und sind auf günstige Primärenergie angewiesen. Sie können es sich schlicht nicht leisten, ethisch zu agieren. Davon abgesehen schließen sie auch nicht direkt mit Putin einen Vertrag, sondern mit ihrem Lieferanten.
Ich selbst sage seit Jahren, wir hätten bezüglich der sinnvollsten Brückentechnologie Gas stark auf Norwegen und keinesfalls auf Russland setzen sollen (wer mir bei Facebook folgt, wird das bestätigen können).


--- Zitat ---Jeder Mensch hat Grenzen für was er sich wie stark einsetzt. Und jemand, der sich vehement für Minderheiten und deren Schutz einsetzt, kann gleichzeitig auf andere Art und Weise eine persona non grata werden, indem er einer anderen Minderheit jeglichen Schutz oder ein Existenzrecht abspricht, oder andere Dinge oder wissenschaftliche Erkenntnisse leugnet.
--- Ende Zitat ---
Das hab ich nie bestritten.
Es ist allerdings eher ungewöhnlich, dass sich jemand hinstellt und sagt, man müsse die Sinti und Roma vor Antiziganismus schützen, aber die Schwarzen hätten hierzulande nichts verloren.
Kulturell bedingt stehen wir eben eher auf die Underdogs. Darum ist z. B. der FC St. Pauli so beliebt, die haben das Image jahrzehntelang gepflegt und vermarktet.


--- Zitat ---Das bringt dann die Außenstehenden in Erklärungsnot: Kann ich jemanden, der sich extrem gegen Antisemitismus stellt, wirklich als leuchtendes Beispiel hochhalten wenn er gleichzeitig ein vehementer Klimawandelleugner und anti-Öko-Aktivist ist?
--- Ende Zitat ---
Nochmal: das ist ein völlkommen surreales Beispiel.

Eisbär:

--- Zitat von: BaerndME am 23 Februar 2022, 17:55:59 ---ich bin der Meinung, dass unsere ehemalige Bundesregierung sowie die Regierungen der Länder und Kommunen in Anbetracht des teilweise totalen Blindfluges den unmöglichen Eiertanz des Pandemie-Managements im internationalen Vergleich ganz gut bewältigt hat. Ein bisschen schlechte Kommunikation hier, ein Maskenskandal da, die pragmatisch gedachte Einführung einer App, die nichts taugt obendrein, ja sicher, alles suboptimal, keine Frage, aber die Kompromisse, die man geschlossen hat, die alle unangenehm waren und unangenehm sein mussten, hat man meines Erachtens mit einem erstaunlich gutem Augenmaß geschlossen.
--- Ende Zitat ---
Wie gut oder schlecht das war, hängt dabei stark von der Perspektive ab und ist sehr subjektiv.

--- Zitat ---Da waren sie "Möchtegern-White-Knights" von Jack und haben mich zur Sau gemacht, wie ich nur so ignorant sein könne gegenüber dem ganzen Mist, den die Regierung verzapft hat und so weiter.
--- Ende Zitat ---
Ganz ehrlich, da fehlen viele Details, um sowas abschließend zu beurteilen. Und "gut" oder "schlecht" sind keine objektiven Eigenschaften wie Fakten, über die man sich einig sein müsste.

Du nennst ja selbst Beispiele dafür, was schlecht gelaufen ist. Du bezeichnest das Agieren sogar als Eiertanz. Sich dann andernorts hinzustellen und es zu loben... naja, als Advocatus diaboli muss man mit Gegenwind rechnen.


Aber das ist doch kein neues Phänomen. Guck mal hier in die Archive, was ich vor 15 Jahren an Shitstorms dafür erhalten habe, als ich vorschlug, einmal im Monat einen rauchfreien Abend im Kir zu haben.

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