Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Ist Streaming bald am Ende?  (Gelesen 14799 mal)

BaerndME

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Antw:Ist Streaming bald am Ende?
« Antwort #45 am: 23 Februar 2022, 11:58:59 »

Ansonsten ging es mir es darum, dass der Mechanismus "sei nicht scheisse, sonst holt Dich der Mob" nicht funktioniert, gar furchtbare, grausame Folgen haben kann.

1. "Sei nicht scheiße, sonst holt dich der Mob" ist etwas anderes als "Sei nicht scheiße, dann holt dich der Mob nicht", das ist zumindest erstmal der Teil mit der Mengenlehre/Logik.
2. "Sei nicht scheiße, dann holt dich der Mob nicht, der sich aus lobenswertem Grund oder Anlass als Ergebnis einer gesellschaftlichen Dynamik gebildet hat" ist nochmal was anders, und das war meine Aussage.

Das halte ich gar nicht für derailing, sondern vielmehr für "well reflected and fluenty expressed analysis with touches of brilliance", sogenanntes WRAFEA-WTOBing. Naja, nur von mir so genannt. Aber ich mag das Wort. ;)

Kein Derailing, natürlich nicht, wie ich bereits ausdrücken wollte, ich halte nicht viel vom Vorwurf des Derailings und bezweifle, dass es das überhaupt gibt, zumindest in der Ausprägung und Häufigkeit, wie es Menschen vorgeworfen wird, nur der Zusammenhang zu aufgebrachten Mobs ließ mich, innerlich etwas drüber lachend, daran denken.

Ansonsten hab ich über deine Wortneuschöpfung geschmunzelt, halte sie aber nicht für zutreffend.
Im Moment bist du bei einer sehr selektiven radikal-überspitzenden Bewertung gesellschaftlicher Vorgänge, die sich aus deinem persönlichen Standpunkt ergibt.

Beginnend führte ich ja aus, dass es eine Reihe von Motiven für das Anheizen eines Empörungsmobs gegen Joe Rogan geben könnte, [...]

Hilf mir mal bitte, ich finde die Stelle nicht, an der du genau das getan hast.
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Jack_N

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Antw:Ist Streaming bald am Ende?
« Antwort #46 am: 23 Februar 2022, 12:12:11 »

Das mit der dosiert eingesetzten Provokation ist ein verloren gegangenes Stilmittel, weil es leider zur Mode geworden ist, dass sich auch auf die kleinste Äußerung, sofern sie im größeren öffentlichen Kreis getan wird, ein massiver Raubmordkopiermob von Möchtegern-White-Knights stürzt, die ihr Internet-Schild vor alles Werfen, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist. Auch vor diejenigen, die die gezielte Provokation als solche erkannt haben und eigentlich gerne eine inhaltlich durchaus sehr spannende Diskussion führen würden. Nur wird dieses im Keim durch sehr sehr laute, sehr empörte Gegenwehr von Leuten, die inhaltlich eigentlich gar nichts mit der Sache zu tun haben, aber in der Empörung selbst ihre Bestimmung sehen, verhindert. Und dazu noch der Provokateur nicht als Diskussionsentfacher angesehen, sondern mit einem Stempel versehen und gebrandmarkt (je nach Situation als Antisemit, Kommunist, Satanist, kichenanzündender Death-Metal-Jünger etc...pp...).

Ich war zwar immer ein Advokat dafür, dass Technik für die Menschen einfacher bedienbar und günstiger werden müsse. Das stammte aus meinen Erfahrungen mit Computern in den 80ern und 90ern, mit BTX und ersten Modems und dem BBS-Systemen der Zeit.
Wir haben das bekommen, was damals höchstens angedacht wurde. Das es aber dann auch dazu führt, dass diejenigen auf einmal eine ungeheure Reichweite bekommen, die einfach nur laut und empört sind, und früher niemals über den Rand ihres Stammtisches in der Kneipe hinauskamen - das hatte ich nicht auf dem Schirm. Wie auch wohl sonst keiner.


Whargabl, über die Motivationen für Handlungen von Menschen kann man echt tagelang philosophieren.

So wenig wie 1984 und Fahrenheit 451 eine Anleitung für künftige Regierungen darstellen sollten, so wenig sollte Idiocracy eine Dokumentation der nahen Zukunft sein.
Genau darauf steuern wir aber leider zu, oder haben den Punkt schon erreicht. Hände hoch, wer hat alles über die Darstellungen von Zombie-Apokalypsen in Filmen und Büchern gelacht und gedacht: So doof können die Leute doch gar nicht sein, dass sie sowas zulassen?
Das aktuelle Verhalten der Menschen in der Pandemie deckt sich leider größtenteils mit dem, was ich in dem MMORPG World of Warcraft selbst in der Zeit des Corrupted Blood Incident erlebt habe. Schöne Zusammenfassung hier:
https://en.wikipedia.org/wiki/Corrupted_Blood_incident

Das Verhalten der Spieler wurde tatsächlich von Wissenschaftlern untersucht und Bezüge zum Verhalten von Menschen in der realen Welt hergestellt. Verstörend war die gar nicht geringe Zahl von Spielern, die die Seuche absichtlich weitergetragen haben, vor allem Spieler mit hohem Level, die dem Schaden sehr lange widerstehen konnten, und sich darüber lustig gemacht haben, dass neue, kleine Spielercharaktere daran zugrunde gingen. Der Vergleich zur Covid-19-Pandemie steht ja auch unten im Link.

Letztenendes war es also ein soziales Problem. Und genau darauf lässt sich alles, worüber wir hier diskutieren runterbrechen: Soziale Unterschiede und daraus resultierende Probleme.
Das sind Unterschiede im Wertesystem, Unterschiede in der Wertwahrnehmung, in der Selbstwahrnehmung und in der Warnehmung von anderen und der Wirkung, die man auf sie hat.
Plattitüden wie "gut gemeint ist nicht gut gemacht" kommen mir da in den Kopf, genau wie die Erkenntnis, dass gewisse kritische Entscheidungen eben nicht alleine getroffen werden sollten. Und das wir oftmals unsere Umgebung falsch einschätzen und bewerten, eben basierend auf der Blase, in der wir uns bewegen, und von der wir unser Feedback bekommen.

Beispiel: Die hier strittigen Begrifflichkeiten. Wir sind uns denke ich alle einig, dass eine Reform der Nutzung gewisser Begriffe unumgänglich ist. Wie man damit aber umgeht ist halt strittig: Eine Gruppe sagt, dass gewisse Wörter überhaupt nicht mehr und unter keinen Umständen Verwendung finden dürfen. Eine weitere Gruppe sagt, dass man diese Worte in einem historischen Kontext verwenden kann, der eindeutig die Vergangenheit zeigt, gleichzeitig sie aber im aktuellen Kontext nicht verwenden soll. Dann haben wir mit Sicherheit eine Gruppe, die die Worte weiterhin verwendet, und überhaupt nicht versteht, wo da ein Problem sein sollte. Eine weitere ist vehement dagegen diese Worte aus dem Sprachgebrauch zu streichen, weil "haben wir immer so gemacht" (das ist die Gruppe, die irgendwann einfach aussterben wird).
Und dann gibt es die Gruppe, die von den Worten tatsächlich adressiert wurde. Und auch in dieser gibt es Untergruppen - einige die die Nicht-Nutzung befürworten, andere die die Worte gerade selbst nutzen und sich zu eigen machen, usw...
Wie man jetzt zu einer Aussage oder zu einem Wort steht hängt ganz davon ab, in welcher dieser ganzen Splittergruppen man sich mit seinen Sozialkontakten bewegt, wo man aufgewachsen ist, welche Erfahrungen man selbst gemacht hat und macht.

Wenn man auf breiter Front Leute überzeugen will ihr Handeln zu ändern, dann hat man einerseits die Aufgeschlossenen, die guten Argumenten zuträglich sind, diejenigen denen sowieso alles egal ist, und diejenigen, die immer alles ablehnen werden, weil es nicht aus ihrer eigenen "Bubble" kommt. Dazwischen noch entsprechende Abstufungen.


Das ist auch mein Punkt, wenn ich bei Diskussionen über z.B. Umweltschutz, Klimawandel und co immer sage: Ich sehe den Grund und die Logik für die Notwendigkeit von Veränderungen. Um aber die breite Masse zu überzeugen, dass die mitzieht, muss für diese ein direkt und unmittelbar greifbarer Vorteil dabei herausspringen. Ansonsten wird die Zahl von Gruppierungen, die ich überzeugen kann, zu klein sein um wirklich etwas zu bewirken. Und ich kann eine höhere Zustimmung erreichen, indem ich hier einen echten Mehrwert schaffe (z.B. durch große Zahlen das bessere Produkt günstiger als das schädlichere anbietenkann), anstatt durch hohe Nachteile an anderer Stelle die neue Option künstlich aufzuwerten (Steuern, Abgaben, Bußen etc...).
Letzteres erzeugt hingegen eine Kluft zwischen den Gruppierungen, und führt zu Grabenkämpfen. Was ja auch gezielt von einigen Individuen ausgenutzt wird, durch eine "wir-gegen-die"-Mentalität lässt sich eine Masse an Menschen eben leichter steuern. War schon immer so, wird immer so sein.
Eine "wir alle gemeinsam"-Mentalität durchzuziehen und wirklich so gut wie alle mitzunehmen ist schon immer ein riesiger Kraftakte gewesen, der sehr fordernd und nicht sehr belohnend ist.
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banquo

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Antw:Ist Streaming bald am Ende?
« Antwort #47 am: 23 Februar 2022, 12:45:52 »

So, dann nehmen wir das doch noch einmal auseinander. Du hast wörtlich formuliert:

"Es gibt eine ganz einfache Möglichkeit, ihnen zu entgehen: Sei einfach nicht scheiße.

Bist du es doch, und der Mob kommt dich heimsuchen, dann bist du sehr, sehr oft in einen Fettnapf getreten, der der neuen Rechten irgendwie in die Hände spielt. Du hast dich sexistisch, rassistisch oder irgendwie anders verachtend, verletzend oder gesellschaftsschädigend geäußert."

Und ich habe in deinem letzten Posting ohne Mühe schon gleich etwas gefunden, was von Leuten als "sexistisch, rassistisch oder irgendwie anders verachtend, verletzend oder gesellschaftsschädigend" angesehen wird, nämlich das Ausschreiben oder das Aussprechen des N-Wortes bzw des Z-Wortes. An dem Punkt sind nämlich einige Gruppen in Amerika und in der Folge auch hierzulande bereits: die sogenannte use-mention distinction wird als irrelevant abgetan, es gibt keinen Grund, warum jemand, der nicht besonderen marginalisierten Gruppen angehört, diese Worte aussprechen oder ausschreiben darf. Und falls du das jetzt absurd findest: es gibt schon eine lange Liste von Leuten, die deshalb schon ihren Job verloren haben und als Rassisten gebranntmarkt wurden:

https://www.tabletmag.com/sections/news/articles/mike-pesca-speaks
https://www.thefire.org/fire-warns-university-of-illinois-at-chicago-over-investigation-into-law-professors-exam-question/
https://reason.com/2021/02/06/its-official-linguistic-intent-no-longer-matters-at-the-new-york-times/
https://www.insidehighered.com/news/2020/09/08/professor-suspended-saying-chinese-word-sounds-english-slur

Haben also diese Leute es verdient, vom Mob heimgesucht zu werden? Dann bist du aber auch dran, egal ob du es böse gemeint hast oder nicht.
« Letzte Änderung: 23 Februar 2022, 12:52:43 von banquo »
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Antw:Ist Streaming bald am Ende?
« Antwort #48 am: 23 Februar 2022, 12:59:52 »

So, dann nehmen wir das doch noch einmal auseinander. Du hast wörtlich formuliert:

"Es gibt eine ganz einfache Möglichkeit, ihnen zu entgehen: Sei einfach nicht scheiße.

Bist du es doch, und der Mob kommt dich heimsuchen, dann bist du sehr, sehr oft in einen Fettnapf getreten, der der neuen Rechten irgendwie in die Hände spielt. Du hast dich sexistisch, rassistisch oder irgendwie anders verachtend, verletzend oder gesellschaftsschädigend geäußert."

Und ich habe in deinem letzten Posting ohne Mühe schon gleich etwas gefunden, was von Leuten als "sexistisch, rassistisch oder irgendwie anders verachtend, verletzend oder gesellschaftsschädigend" angesehen wird, nämlich das Ausschreiben oder das Aussprechen des N-Wortes bzw des Z-Wortes. An dem Punkt sind nämlich einige Gruppen in Amerika und in der Folge auch hierzulande bereits: die sogenannte use-mention distinction wird als irrelevant abgetan, es gibt keinen Grund, warum jemand, der nicht besonderen marginalisierten Gruppen angehört, diese Worte aussprechen oder ausschreiben darf. Und falls du das jetzt absurd findest: es gibt schon eine lange Liste von Leuten, die deshalb schon ihren Job verloren haben und als Rassisten gebranntmarkt wurden:

https://www.tabletmag.com/sections/news/articles/mike-pesca-speaks
https://www.thefire.org/fire-warns-university-of-illinois-at-chicago-over-investigation-into-law-professors-exam-question/
https://reason.com/2021/02/06/its-official-linguistic-intent-no-longer-matters-at-the-new-york-times/
https://www.insidehighered.com/news/2020/09/08/professor-suspended-saying-chinese-word-sounds-english-slur

Haben also diese Leute es verdient, vom Mob heimgesucht zu werden? Dann bist du aber auch dran, egal ob du es böse gemeint hast oder nicht.

Wenn du mir jetzt sagst, was genau du nicht verstanden hast, werde ich versuchen, es dir zu erklären.
Oder ich liege hier einer Fehlinterpretation deines Beitrages auf, das ließe sich lösen, wenn du mir deinen Standpunkt mitteiltest. Sieht nämlich erstmal so aus, als würdest du mir ein gewisses Wording vorwerfe ohne den schon angeführten Grund zu betrachten.

Nebenbei: Der erste Satz des Zitats ist sehr offensichtlich aus dem Zusammenhang gerissen, da hier nicht steht, auf wen sich das "ihnen" bezieht. Kann man machen, man sollte sich den Kontext dann aber dennoch vergegenwärtigen.
« Letzte Änderung: 23 Februar 2022, 13:05:55 von BaerndME »
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« Antwort #49 am: 23 Februar 2022, 13:16:33 »

Das mit der dosiert eingesetzten Provokation ist ein verloren gegangenes Stilmittel, weil es leider zur Mode geworden ist, dass sich auch auf die kleinste Äußerung, sofern sie im größeren öffentlichen Kreis getan wird, ein massiver Raubmordkopiermob von Möchtegern-White-Knights stürzt, die ihr Internet-Schild vor alles Werfen, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist. Auch vor diejenigen, die die gezielte Provokation als solche erkannt haben und eigentlich gerne eine inhaltlich durchaus sehr spannende Diskussion führen würden. Nur wird dieses im Keim durch sehr sehr laute, sehr empörte Gegenwehr von Leuten, die inhaltlich eigentlich gar nichts mit der Sache zu tun haben, aber in der Empörung selbst ihre Bestimmung sehen, verhindert. Und dazu noch der Provokateur nicht als Diskussionsentfacher angesehen, sondern mit einem Stempel versehen und gebrandmarkt (je nach Situation als Antisemit, Kommunist, Satanist, kichenanzündender Death-Metal-Jünger etc...pp...).

Ja, das ist ein Punkt, den ich, muss ich einräumen, voll unterschreiben kann und der als Argument gegen die besagten, besprochenen Mobs komplett valide ist.
Der Unterschied zwischen einer "dAs WiRd MaN jA wOhL nOcH sAgEn DüRfEn - Situtation" und einer, in der Menschen übergriffig in eine Ecke gestellt werden, in die sie nicht gehören, und der damit verbundene Verlust an Diskussionskultur ist mir in den letzten Jahren ziemlich aufgefallen und aufgestoßen, und eigentlich ist der teilweise so heftig, dass er die positiven Dinge der angesprochenen "Mobkultur", die ich versucht habe, hier heraus zu stellen, in den Schatten stellt.
Unter dem Gesichtspunkt, wenn ich recht drüber nachdenke, ist das "sei einfach nicht scheiße" vermutlich ein Irrtum.
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Eisbär

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Antw:Ist Streaming bald am Ende?
« Antwort #50 am: 23 Februar 2022, 15:11:39 »

Sieht nämlich erstmal so aus, als würdest du mir ein gewisses Wording vorwerfe ohne den schon angeführten Grund zu betrachten.
Nein, er akzeptiert den angeführten Grund einfach nur nicht als solchen - was auch für viele Betroffene gilt. Darauf will er hinaus.

...der damit verbundene Verlust an Diskussionskultur ist mir in den letzten Jahren ziemlich aufgefallen und aufgestoßen
Und da sehe ich etwas grundlegend anders.
Obama hat das sehr schön in seinem Buch beschrieben: das Problem bei vielen politischen Diskussionen heute ist, dass man sich nicht mal mehr auf die Fakten einigen an. Das ist das größte Problem. Wie soll man sich auf Handlungsstrategien oder sogar auf ethische Werte und Vorgehensweisen einigen, wenn man sich nicht mal auf sowas eigentlich banales wie Fakten einigen an?
Natürlich haben unterschiedliche Menschen unterschiedliche Beweggründe, unterschiedliche Interessen und damit auch unterschiedliche Prioritäten. Aufgabe von Gesellschaft und Politik war und ist es, diese so gut möglich unter einen Hut zu bekommen und Kompromisse und einen Ausgleich zu finden. Und ein weiser Mann sagte mal, ein guter Kompromiss ist einer, mit dem alle Parteien gleich unzufrieden sind. Und solange das allen Beteiligten klar ist, kann man miteinander reden und verhandeln.
Aber Fakten sind nun mal nicht verhandelbar. Fakten machen keine Kompromisse. Naturgesetze lassen sich weder beugen noch brechen. Wie soll man vernünftig mit jemanden diskutieren, der das nicht (an)erkennt?

Nach diesem Einschub der Brückenschlag zum eigentlichen Thema: es gibt Gruppen in der Bevölkerung, die faktisch auf die eine oder andere Art benachteiligt, diskriminiert, marginalisiert o. ä. werden und darunter leiden. Das ist ein Fakt. Dass das den Betroffenen nicht gefällt, ist auch ein Fakt und nur logisch.
Für viele Menschen in der westlichen Gesellschaft ist es ein wichtiger Wert, Schwächere vor Stärkeren zu (be)schützen. Wenn nun jemand öffentlich - und sei es durch Sprachgebrauch - aus einer privilegierten Position heraus aktiv an der Benachteiligung, Diskriminierung, Marginalisierung etc. teilnimmt oder sie sogar vorantreibt, stellen sich viele auf die Seite der Betroffenen.
Auf der anderen Seite hat jemand, der aktiv an der Benachteiligung, Diskriminierung etc. teilnimmt, offensichtlich vollkommen andere Werte diesbezüglich oder aber er leugnet die Fakten.
Um Geschäfte mit jemandem zu machen, muss man dem Gegenüber ein Mindestmaß an Vertrauen entgegenbringen. Das gilt für alle beteiligten Parteien.
Wie soll man jemandem Vertrauen, dessen Werte den eigenen diametral widersprechen? Wie soll man jemanden vertrauen, der Fakten nicht anerkennt?
Wenn sich also sowas herausstellt, stellt man die Geschäftsbeziehungen ein. Und wenn jemand seine Leugnung von Fakten und seine der Allgemeinheit widersprechende Werte öffentlich verbreitet, stellen eben viele Menschen ihre geschäftlichen Beziehungen ein. Das nennen dann die Menschen "Cancel culture", für die freie Wahl der Vertragspartner nur dann gilt, wenn's zum eigenen Vorteil ist.
« Letzte Änderung: 23 Februar 2022, 15:24:19 von Eisbär »
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Jack_N

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« Antwort #51 am: 23 Februar 2022, 15:51:02 »

Da hast Du grundsätzlich erstmal eine gute Analyse der gesamten aktuellen Aktionen und Denkweisen geliefert.
Nur muss ich einen Punkt von Dir, Eisbär, hier einmal aufgreifen:

"Wie soll man jemandem Vertrauen, dessen Werte den eigenen diametral widersprechen? Wie soll man jemanden vertrauen, der Fakten nicht anerkennt?
Wenn sich also sowas herausstellt, stellt man die Geschäftsbeziehungen ein. Und wenn jemand seine Leugnung von Fakten und seine der Allgemeinheit widersprechende Werte öffentlich verbreitet, stellen eben viele Menschen ihre geschäftlichen Beziehungen ein."

Viele - aber eben nicht alle. Und ich wage auch (gewagte These, ich weiss) zu behaupten, dass dies nicht gut wäre, denn geschäftliche Beziehungen sind oft der erste Schritt zu einem gegenseitigen Verständnis.
Denn auch über geschäftliche Beziehungen findet ein (begrenzter) kultureller Austausch statt. Und wenn dieser nur unter der "Elite" der jeweiligen Länder stattfindet, dann eifert das "einfache Volk" dieser Elite doch oft nach. Wenn diese nun aber Handlungsweisen annimmt, die eigentlich verpönt oder sogar tabu sind - das mag von Alkoholgenuss über ausschweifenden Lebensstil bis hin zu extravaganter Kleidung oder nicht-so-strikter Beachtung von religiösen Dingen alles Mögliche sein - dann kann das auch schleichende Veränderung und/oder Zweifel bedeuten, es regt auf jeden Fall aber Leute zum Denken an.

Natürlich gibt es auch eine gewisse Anzahl an Menschen, die ungeachtet des Status des Gegenüber Geschäfte abwickeln, frei nach dem Motto: "pecunia non olet". Und dann gibt es wieder die, die ihren primären Horizont exakt an der eigenen Gartenpforte enden lassen. Nicht wenige Menschen in Deutschland pfeifen darauf, was ein gewisser Herr Putin gerade veranstaltet, hauptsache das Gas wird wieder billiger und pünktlich geliefert.

Jeder Mensch hat Grenzen für was er sich wie stark einsetzt. Und jemand, der sich vehement für Minderheiten und deren Schutz einsetzt, kann gleichzeitig auf andere Art und Weise eine persona non grata werden, indem er einer anderen Minderheit jeglichen Schutz oder ein Existenzrecht abspricht, oder andere Dinge oder wissenschaftliche Erkenntnisse leugnet.
Das bringt dann die Außenstehenden in Erklärungsnot: Kann ich jemanden, der sich extrem gegen Antisemitismus stellt, wirklich als leuchtendes Beispiel hochhalten wenn er gleichzeitig ein vehementer Klimawandelleugner und anti-Öko-Aktivist ist?

Wie in vielen anderen Beziehungen, so ist auch hier der Status mit "es ist kompliziert" nicht so verkehrt angegeben :D
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BaerndME

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Antw:Ist Streaming bald am Ende?
« Antwort #52 am: 23 Februar 2022, 17:55:59 »

...der damit verbundene Verlust an Diskussionskultur ist mir in den letzten Jahren ziemlich aufgefallen und aufgestoßen
Und da sehe ich etwas grundlegend anders.
Obama hat das sehr schön in seinem Buch beschrieben: das Problem bei vielen politischen Diskussionen heute ist, dass man sich nicht mal mehr auf die Fakten einigen an. Das ist das größte Problem. Wie soll man sich auf Handlungsstrategien oder sogar auf ethische Werte und Vorgehensweisen einigen, wenn man sich nicht mal auf sowas eigentlich banales wie Fakten einigen an?
Natürlich haben unterschiedliche Menschen unterschiedliche Beweggründe, unterschiedliche Interessen und damit auch unterschiedliche Prioritäten. Aufgabe von Gesellschaft und Politik war und ist es, diese so gut möglich unter einen Hut zu bekommen und Kompromisse und einen Ausgleich zu finden. Und ein weiser Mann sagte mal, ein guter Kompromiss ist einer, mit dem alle Parteien gleich unzufrieden sind. Und solange das allen Beteiligten klar ist, kann man miteinander reden und verhandeln.
Aber Fakten sind nun mal nicht verhandelbar. Fakten machen keine Kompromisse. Naturgesetze lassen sich weder beugen noch brechen. Wie soll man vernünftig mit jemanden diskutieren, der das nicht (an)erkennt?

Ich verstehe total, was du meinst. Im Prinzip ist das ja eine andere Seite von "sei einfach nicht scheiße".
Nehmen wir zum Beispiel mal an, es würde ein Virus auf der Welt grassieren, welches in der Lage ist, in großem Stile Menschen elendig sterben zu lassen, was wissenschaftlich bewiesen ist, und es würden Impfstoffe dagegen entwickelt, die ein sehr geringes gesundheitliches Risiko bergen, was ebenfalls wissenschaftlich bewiesen ist, und nehmen wir mal an, in einem Forum wie dem schwarzen Hamburg oder einer Plattform wie Spotify würde sich jemand finden, der diese wissenschaftlich bewiesenen Fakten einfach leugnet. Dann wäre das ja auch ein bisschen "scheiße sein" (wegen der Folgen, die es hat, wenn ihm jemand glaubt) und ein bisschen "Fakten leugnen".

Das war aber nicht, was ich meinte.

Ich hab mir neulich mal ziemlich harte Schelte eingefangen. Grundvoraussetzung: ich bin der Meinung, dass unsere ehemalige Bundesregierung sowie die Regierungen der Länder und Kommunen in Anbetracht des teilweise totalen Blindfluges den unmöglichen Eiertanz des Pandemie-Managements im internationalen Vergleich ganz gut bewältigt hat. Ein bisschen schlechte Kommunikation hier, ein Maskenskandal da, die pragmatisch gedachte Einführung einer App, die nichts taugt obendrein, ja sicher, alles suboptimal, keine Frage, aber die Kompromisse, die man geschlossen hat, die alle unangenehm waren und unangenehm sein mussten, hat man meines Erachtens mit einem erstaunlich gutem Augenmaß geschlossen.

Jetzt hat ein Nutzy eines anderen Forums sich wild über die Regierung aufgeregt, wie scheiße diese mit der Pandemie umgegangen sei.

Und ich habe provokativ "warum" gefragt und auf Argumente auch Dinge entgegnet.

Zack! Da waren sie "Möchtegern-White-Knights" von Jack und haben mich zur Sau gemacht, wie ich nur so ignorant sein könne gegenüber dem ganzen Mist, den die Regierung verzapft hat und so weiter.
Wie viel Lust andere Nutzys des Forums und ich dann noch auf diskutieren hatten, kannste dir vorstellen.

Und hier ging es nicht um ignorierte Fakten, hier ging es nicht um eine festgefahrene Meinung (wenn jemand mit den richtigen Argumenten kommt, lasse ich mich gern davon überzeugen, dass die Regierung nur scheiße gemacht hat, insbesondere, da ich eh kein Freund der CDU bin), sondern lediglich um ein bisschen seichte Provokation, aus Neugier, um zu lernen und um auch andere zum Neu-Überdenken und Abmildern einer eventuell viel zu negativen Ansicht anzuregen.

Das ist jetzt nur ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit, es gab da krassere. Aber das Vorgehen ist mittlerweile recht "normal". Und daran fühlte ich mich durch Jacks Post erinnert.
« Letzte Änderung: 23 Februar 2022, 17:58:50 von BaerndME »
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« Antwort #53 am: 23 Februar 2022, 19:02:28 »

Und ich wage auch (gewagte These, ich weiss) zu behaupten, dass dies nicht gut wäre, denn geschäftliche Beziehungen sind oft der erste Schritt zu einem gegenseitigen Verständnis.
Dass es eventuell gut für die Allgemeinheit wäre, dem würde ich nicht widersprechen, aber Kapitalismus funktioniert nunmal größtenteils
frei nach dem Motto: "pecunia non olet".
Und wenn ich einem potentiellen Geschäftspartner nicht traue, hört man ja nicht aus ethischen Gründen mit dem Geschäft auf, sondern weil man befürchtet, Verluste zu machen.
Zitat
Nicht wenige Menschen in Deutschland pfeifen darauf, was ein gewisser Herr Putin gerade veranstaltet, hauptsache das Gas wird wieder billiger und pünktlich geliefert.
Nicht wenige Menschen verdanken ihre Armut dem Neoliberalismus und sind auf günstige Primärenergie angewiesen. Sie können es sich schlicht nicht leisten, ethisch zu agieren. Davon abgesehen schließen sie auch nicht direkt mit Putin einen Vertrag, sondern mit ihrem Lieferanten.
Ich selbst sage seit Jahren, wir hätten bezüglich der sinnvollsten Brückentechnologie Gas stark auf Norwegen und keinesfalls auf Russland setzen sollen (wer mir bei Facebook folgt, wird das bestätigen können).

Zitat
Jeder Mensch hat Grenzen für was er sich wie stark einsetzt. Und jemand, der sich vehement für Minderheiten und deren Schutz einsetzt, kann gleichzeitig auf andere Art und Weise eine persona non grata werden, indem er einer anderen Minderheit jeglichen Schutz oder ein Existenzrecht abspricht, oder andere Dinge oder wissenschaftliche Erkenntnisse leugnet.
Das hab ich nie bestritten.
Es ist allerdings eher ungewöhnlich, dass sich jemand hinstellt und sagt, man müsse die Sinti und Roma vor Antiziganismus schützen, aber die Schwarzen hätten hierzulande nichts verloren.
Kulturell bedingt stehen wir eben eher auf die Underdogs. Darum ist z. B. der FC St. Pauli so beliebt, die haben das Image jahrzehntelang gepflegt und vermarktet.

Zitat
Das bringt dann die Außenstehenden in Erklärungsnot: Kann ich jemanden, der sich extrem gegen Antisemitismus stellt, wirklich als leuchtendes Beispiel hochhalten wenn er gleichzeitig ein vehementer Klimawandelleugner und anti-Öko-Aktivist ist?
Nochmal: das ist ein völlkommen surreales Beispiel.
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« Antwort #54 am: 23 Februar 2022, 19:12:32 »

ich bin der Meinung, dass unsere ehemalige Bundesregierung sowie die Regierungen der Länder und Kommunen in Anbetracht des teilweise totalen Blindfluges den unmöglichen Eiertanz des Pandemie-Managements im internationalen Vergleich ganz gut bewältigt hat. Ein bisschen schlechte Kommunikation hier, ein Maskenskandal da, die pragmatisch gedachte Einführung einer App, die nichts taugt obendrein, ja sicher, alles suboptimal, keine Frage, aber die Kompromisse, die man geschlossen hat, die alle unangenehm waren und unangenehm sein mussten, hat man meines Erachtens mit einem erstaunlich gutem Augenmaß geschlossen.
Wie gut oder schlecht das war, hängt dabei stark von der Perspektive ab und ist sehr subjektiv.
Zitat
Da waren sie "Möchtegern-White-Knights" von Jack und haben mich zur Sau gemacht, wie ich nur so ignorant sein könne gegenüber dem ganzen Mist, den die Regierung verzapft hat und so weiter.
Ganz ehrlich, da fehlen viele Details, um sowas abschließend zu beurteilen. Und "gut" oder "schlecht" sind keine objektiven Eigenschaften wie Fakten, über die man sich einig sein müsste.

Du nennst ja selbst Beispiele dafür, was schlecht gelaufen ist. Du bezeichnest das Agieren sogar als Eiertanz. Sich dann andernorts hinzustellen und es zu loben... naja, als Advocatus diaboli muss man mit Gegenwind rechnen.


Aber das ist doch kein neues Phänomen. Guck mal hier in die Archive, was ich vor 15 Jahren an Shitstorms dafür erhalten habe, als ich vorschlug, einmal im Monat einen rauchfreien Abend im Kir zu haben.
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« Antwort #55 am: 23 Februar 2022, 23:03:22 »

Aber das ist doch kein neues Phänomen. Guck mal hier in die Archive, was ich vor 15 Jahren an Shitstorms dafür erhalten habe, als ich vorschlug, einmal im Monat einen rauchfreien Abend im Kir zu haben.

Oh ja, da hätt' ich mitgemacht, das ist schließlich ganz schlimme Raucherdiskriminierung.  :D
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« Antwort #56 am: 23 Februar 2022, 23:18:13 »

Ansonsten ging es mir es darum, dass der Mechanismus "sei nicht scheisse, sonst holt Dich der Mob" nicht funktioniert, gar furchtbare, grausame Folgen haben kann.

1. "Sei nicht scheiße, sonst holt dich der Mob" ist etwas anderes als "Sei nicht scheiße, dann holt dich der Mob nicht", das ist zumindest erstmal der Teil mit der Mengenlehre/Logik.
2. "Sei nicht scheiße, dann holt dich der Mob nicht, der sich aus lobenswertem Grund oder Anlass als Ergebnis einer gesellschaftlichen Dynamik gebildet hat" ist nochmal was anders, und das war meine Aussage.

Das halte ich gar nicht für derailing, sondern vielmehr für "well reflected and fluenty expressed analysis with touches of brilliance", sogenanntes WRAFEA-WTOBing. Naja, nur von mir so genannt. Aber ich mag das Wort. ;)

Kein Derailing, natürlich nicht, wie ich bereits ausdrücken wollte, ich halte nicht viel vom Vorwurf des Derailings und bezweifle, dass es das überhaupt gibt, zumindest in der Ausprägung und Häufigkeit, wie es Menschen vorgeworfen wird, nur der Zusammenhang zu aufgebrachten Mobs ließ mich, innerlich etwas drüber lachend, daran denken.

Ansonsten hab ich über deine Wortneuschöpfung geschmunzelt, halte sie aber nicht für zutreffend.
Im Moment bist du bei einer sehr selektiven radikal-überspitzenden Bewertung gesellschaftlicher Vorgänge, die sich aus deinem persönlichen Standpunkt ergibt.

Beginnend führte ich ja aus, dass es eine Reihe von Motiven für das Anheizen eines Empörungsmobs gegen Joe Rogan geben könnte, [...]

Hilf mir mal bitte, ich finde die Stelle nicht, an der du genau das getan hast.

Ja, vielleicht reden wir auch aneinander vorbei. Aber ich bin auch von dieser Formulierung
"..."Sei nicht scheiße, dann holt dich der Mob nicht, der sich aus lobenswertem Grund oder Anlass als Ergebnis einer gesellschaftlichen Dynamik gebildet hat" ist nochmal was anders, und das war meine Aussage."
noch eher unüberzeugt.

Zum einen, wo ich die ganze Zeit drum herumwüte, und was ja hier auch schon mehrfach gesagt wurde: wer legt es fest, und wo kann ich es nachlesen, was in dem Zusammenhang der Mob als "scheiße sein" empfindet? Und ich sage bewusst "empfindet", weil, das ist das zweite: ein Mob agiert per Definition nicht rational und auf Basis von Fakten, sonst wäre er nämlich kein Mob. Ein Mob ist eine aufgebrachte Menge, die sich von ihren Gefühlen leiten lässt.

Und deshalb finde ich das framing "der Zweck ist ja ein Guter, also haben es die Leute, denen solche Dinge passieren ja auch irgendwie verdient." bestenfalls undurchdacht, im schlimmsten Fall zynisch. Erneut: im Moment erscheint es dir so, als ob diese Leute deine Werte teilen. Aber das wird nicht immer so sein, und es gibt auch genug Leute, die du persönlich doof findest, die sich dadurch inspirierr, motiviert und angespornt fühlen, genau die gleichen Mittel einzusetzen.
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nightnurse

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Antw:Ist Streaming bald am Ende?
« Antwort #57 am: 24 Februar 2022, 11:30:58 »

... und es gibt auch genug Leute, die du persönlich doof findest, die sich dadurch inspirierr, motiviert und angespornt fühlen, genau die gleichen Mittel einzusetzen.

Das hier nämlich. Was ich für "meine" Seite recht finde, muss ich für die andere Seite billig finden. Bzw. wenn nicht, dann nicht. Möglicherweise muss man bei Hasswellen noch Feinunterscheidung betreiben, die können ja u.U. mal einen nachvollziehbaren Grund haben. Aber das ist schon nicht immer einfach. Und denen, die an so ner Hasswelle teilnehmen, wird man ggfs schlecht erklären können, daß und warum sie unrecht haben. Weil die das nun mal anders betrachten.


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BaerndME

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Antw:Ist Streaming bald am Ende?
« Antwort #58 am: 24 Februar 2022, 13:01:02 »

"..."Sei nicht scheiße, dann holt dich der Mob nicht, der sich aus lobenswertem Grund oder Anlass als Ergebnis einer gesellschaftlichen Dynamik gebildet hat" ist nochmal was anders, und das war meine Aussage."
noch eher unüberzeugt.

Und davon werde ich auch niemanden mehr überzeugen.

... das ist das zweite: ein Mob agiert per Definition nicht rational und auf Basis von Fakten, sonst wäre er nämlich kein Mob. Ein Mob ist eine aufgebrachte Menge, die sich von ihren Gefühlen leiten lässt. ...

Entweder, wir reden da tatsächlich aneinander vorbei, oder ich stimme dir nicht zu.
Wir sind ausgegangen vom Thema "political correctness als trauriger Gewinner von #neilyoung". Analoge Vorgänge aus der jüngeren Vergangenheit habe ich genannt, und das sind alles Dinge, die auf Überlegungen und Fakten basieren.
Beispiel: Ja, ich mobbe gegen Nestlé und stimme laut ins Geheul derer ein, die ihr Umfeld mahnen, deren Produkte nicht zu kaufen. Das basiert, neben viel kleinem Schmutz, den der Konzern macht, auf Pressemeldungen aus dem vergangenen Jahrzehnt, wie Nestlé zum Thema Trinkwasser in der 3. Welt steht und praktisch damit umgeht. Während ich regelmäßig für den Brunnenbau in Afrika bei Viva con Agua spende, kann ich eine solche Konzernpolitik nicht gut heißen. Und das ist nicht Gefühl, das ist Überlegung. Gefühlsmäßig lassen mich Menschen, die ich nicht kenne, nämlich kalt, aber ich habe rationale Gedanken betreffs unserer Rolle als Nation der ersten Welt, deren Reichtum auf Ausbeutung anderer basiert.

Und mit rationalen Gedanken, da bin ich sehr sicher, bin ich keine Ausnahme im Anti-Nestlé-Mob, sondern die Regel.

Das ist ein Beispiel von vielen.

Die "Mobs", auf die ich mich bezog, sind Massenansammlungen individuell denkender Menschen, von denen ein jeder sich beteiligt, weil er ein Stück weiter denkt. Zumindest die, an die ich denke, aber ich lasse meinen Horizont gerne um das erweitern, was ich vergessen habe.

Wenn du jetzt z.b. bei den Mobs der neuen Rechten, Impfgegner u.s.w. bist, bist du nicht mehr beim Thema "Gewinner auf ganz, ganz lange Sicht: Politische Korrektheit.", um das es ging.
« Letzte Änderung: 24 Februar 2022, 13:36:35 von BaerndME »
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Antw:Ist Streaming bald am Ende?
« Antwort #59 am: 24 Februar 2022, 14:57:09 »

Vermutlich ist das dann so ein Begrifflichkeitsding dann? Dann find ich es wohl hauptsächlich sprachlich unsauber. Einen multinationalen Konzern kann man doch nicht "mobben", das ist keine Person.
Ein Konzern hat einen Pressesprecher, der dafür bezahlt wird, dass man ihn beschimpft, und im Zweifelsfall auch noch eine Rechtsabteilung, wenn es zu arg wird.

Und bewusst Dinge nicht kaufen, und ggfs öffentlich darüber reden warum nicht, das ist doch kein Mobbing, das ist letztlich doch das einzige Mittel, was man als Verbraucher hat, um seine Unzufriedenheit auszudrücken? Unter Mobbing verstehe ich  eingeworfene Fensterscheiben, und Drohbriefe, und Versuche, Leute, nämlich nichtjuristische, reale Personen, aus ihrem Job zu drängen und/oder auf andere Art ihre Existenz zu vernichten. Ich würde auch nicht wollen, dass man da das eine mit dem anderen vermengt.
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