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Autor Thema: Die Zukunft in der Glaskugel  (Gelesen 3406 mal)

RaoulDuke

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Die Zukunft in der Glaskugel
« am: 28 Juli 2021, 15:25:06 »

Es bleibt auch nach intensiver Suche relativ schwierig, herauszufinden, wem das folgende, bekannte Bonmot zuzuschreiben ist: "Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen."

Nachdem ich hier jedoch gerade vor meinem Computer sitze und mir Gedanken darüber mache, wie mein Leben früher einmal war, komme ich ich nicht umhin, festzustellen, dass eine ganze Menge in Bewegung geraten ist, teils auch mit rasender Geschwindigkeit. COVID ist natürlich in vielen Fällen der Auslöser, aber nicht nur. Enorme Kräfte verändern die Welt, und vieles, was ich einst für selbstverständlich gehalten habe, ist nur noch Erinnerung.

Aber genug des Abstrakten. Was mich wirklich interessieren würde - was glaubt Ihr, wie sich die Welt in Bezug auf die folgenden Fragen entwickeln wird?

1. Wann wird es wieder Gothic-Parties und Konzerte geben? Und werden sie so sein wie zuvor?

2. Welchen langfristigen Einfluss wird die COVID-Zeit auf Kunst und Kultur nehmen? Ist gar schon irgendeine Entwicklung erkennbar?

3. Ich finde, durch die Kombination von Isolation, Social Media und anderen Entwicklungen kam und kommt es zu einer immer tiefergehenden Spaltung der Gesellschaft. Ist das auch aus Eurer Sicht so - und wenn ja, wie geht die Entwicklung am Ende aus?

4. Meint Ihr, das WGT findet wieder statt? Und wenn ja, in welcher Form?

... Natürlich ist das alles Spekulation. Aber Spekulieren kann ja auch Freude machen, und vielleicht den einen oder anderen Denkanstoß geben. Also - bringt die Glaskugel zum Glühen! :D
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Jack_N

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Antw:Die Zukunft in der Glaskugel
« Antwort #1 am: 29 Juli 2021, 16:30:18 »

Spannende Fragen :)

Mal ein paar Gedanken dazu:

1. ich denke generell wirds bereits die ersten irgendwo im Untergrund geben, hoffentlich mit besserem Ausgang als die Disco-Tests in den Niederlanden. Zumindest einige Künstler am Rande des Bereichs geben nicht klein bei, VNV gibt gerade wieder Strandkorb-Konzerte wie letztes Jahr, diesmal wohl mit noch mehr Locations.
Langfristig werden aber wohl einige kleine Locations nicht überleben. Oder gerade diese, wenn das eh "Geheimtips" waren, deren Betreiber nie darauf angewiesen waren, diese kostendeckend zu führen. Fehlende Einnahmen stehen dann vielleicht fehlenden Ausgaben für Wartung, Instandhaltung und co gegenüber, die ohne Abnutzung durch Publikum auch wegfallen.
Langfristig denke ich aber dass es eine neue Goth-Generation geben wird, die - sobald es wieder geht - einen Teil der Lücken auffüllt.

2. Meine Vermutung ist, dass der Trend, dass Künstler viel über das Internet releasen, ihre eigenen Songs selbst auf Youtube und co promoten und digital zum Kauf anbieten, sich verstärken wird.
Es gibt Künstler von denen ich nur deshalb kein Album besitze, da sie keine physikalischen Releases anbieten. Sobald sie das tun würden, würde ich sofort zuschlagen.
Langfristig werde ich aber mit dieser antiquierten Haltung immer weniger Chancen auf Musikerwerb haben, und mich da umgewöhnen müssen - das betrifft die Produzierenden genauso wie die Konsumenten.
Was andere Medien angeht bin ich als Konsument zu atypisch, als dass ich da eine Aussage tätigen könnte. Schaue z.B. schon seit ewigen Jahren kein reguläres TV mehr, sondern nur gezielte Beiträge aus Mediatheken. Und da werden diese Sachen, die früher auf den Dritten im Abendprogramm untergingen, eher zu Tage gefördert und gepusht - eine Anmerkung in einem großen Forum kann einem Kunstfilm mehr Klicks bringen als er früher Zuschauer auf BR Alpha gehabt hätte.

3.  Ich würd eher sagen: Die Spaltung tritt offener zutage. Wir hatten schon vorher verhärtete Fronten, aber es war für viele lange Zeit zu teuer und zu kompliziert sich an Diskussionen in den Datennetzen zu beteiligen.
Jetzt, wo jeder Mensch mit einem IQ minimal über dem Gefrierpunkt ein Smartphone bedienen kann, bekommen wir dann die Geistigen Ergüsse, die vorher an Stammtischen regional begrenzt herumoxidierten, zehntausendfach verstärkt als Kommentare unter jedem Video, Beitrag, sonstwas ab.
Das tut manchmal schon weh. Ich bin einerseits ja ein Mensch der seit langer Zeit für einen einfacheren Zugang zur Technik plädiert, aber gleichzeitig für einen verantwortungsvollen Umgang mit ihr werbe. In einer Zeit wo man nachweislich über Influencer, Tiktok und Facebook mit weniger Geld mehr erreichen kann, auch im Hinblick auf politische Manipulation, als über normale Wahlwerbung (gerade wieder in Spanien aufgedeckt worden - eine Werbefirma mit Sitz in UK und russischen Eigentümern wollte Influencer bezahlen, damit diese in ihren Videos unterschwellig den westlichen Impfstoffen Nebenwirkungen attestieren, die haben das stattdessen aber alles offengelegt), in so einer Zeit wird es für viele Menschen ohne entsprechende Vorbildung und Vorkenntnisse unglaublich schwer, wenn nicht sogar unmöglich, aus dem Wust an Informationen, der auf sie einprallt, zu filtern was Bullshit ist und was man lesen kann.
Die Art und Weise, wie Daten im Internet auf uns einprallen ist vergleichbar mit tagelanger Dauerbeschallung auf einem Großraumbüro, wo ständig jeder was von einem will. Und das Großraumbüro steht auf einer Kirmes, neben einer Feuerwache.
In meiner Kindheit gabs Nazis im Ort die sich unverhohlen gezeigt haben und ihre Einstellung zur Schau stellten. Teilweise auch mit Gewalt. NPD und DVU gaben sich als wählbare Parteien. Das wurde irgendwann mal von allen Leuten drumherum als Scheisse deklariert, sie wurden geächtet, und sind mittlerweile alle fast ausgestorben. Ich hoffe das wiederholt sich mit aktuellen Aufrührern ebenso.

4. Ich glaube, dass die "Eigentümer" der "Marke" da genügend Dollarzeichen in den Augen haben, dass es irgendwann wieder irgendeine Veranstaltung unter dem Namen geben wird. Wie die dann aussehen wird... Ich bin skeptisch, aber hoffe dass ich mich irre, vielleicht wirds auch einfach mal geil. Entspannt, mit Würde und Stil.

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nightnurse

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Antw:Die Zukunft in der Glaskugel
« Antwort #2 am: 29 Juli 2021, 23:13:28 »

Da es noch nicht erwähnt wurde, möchte ich kurz erwähnen, daß früher alles besser war, auch und vor allem die Zukunft

Zu 1, wann es wieder Parties geben wird, da will ich mich nicht festlegen, ich denke aber schon, daß es irgendwann der Fall sein wird. Da ich in letzter Zeit eher die unkommerziellen Kleinevents besucht habe, lebe ich in der Hoffnung, daß deren Veranstalter wieder Lust haben werden, sobald es erlaubt sein wird. Die Location-Frage könnte allerdings schwieriger sein.
Wie diese Parties dann aussehen, naja. Einige von uns (ich z.B. ;D) werden Wiedereingliederungsmaßnahmen benötigen ^^ sich mit einer größeren Anzahl haushaltsfremder Menschen in geschlossenen Räumen freizügig anzuaerosolen wird mir nicht auf Anhieb leicht fallen.

Langfristig denke ich aber dass es eine neue Goth-Generation geben wird, die - sobald es wieder geht - einen Teil der Lücken auffüllt.

o.- Du meinst, das liegt so weit in der Zukunft, daß die meisten von uns dann tot sind? near, far, wherever youuu are - I know that my Goth will go oooooohooooon

2. Ähm, keine Ahnung, weil ich irgendwie banausig bin und Kunst und Kultur nicht ausreichend Beachtung schenke. Aber ich kann mir vorstellen, daß der Erfolg von Online-Veranstaltungen (da, wo es ihn gab) je nach Branche auch für die Zukunft was zu bedeuten haben kann. Vielleicht nicht als Ersatz, aber als Zusatzgeschäft. Pay per Stream für Konzerte oder Theater ist bestimmt für manchen Zuschauer eine Alternative (weil man zu weit weg wohnt, weil man sich den Eintritt nicht leisten kann, weil man lieber im Wohnzimmmer sitzt...), ich frag mich schon fast, warum das nicht längst in größerem Maßstab stattgefunden hat.

4. Ach, die Spaltung der Gesellschaft. Die spaltet sich schon so lange. Mittlerweile halt so sehr, daß es nur noch schlecht zu übersehen ist. Wobei es m.E. verschiedene Lagen von Spaltung gibt und manche davon sehe ich auch durch die sog. sozialen Medien vorangetrieben. Zwar sicher auch von Interessengruppen getrieben, aber nicht ausschließlich. Im Internet finden sich Menschen zusammen, die früher alleine seltsame Ideen hatten und verstärken sich dann gegenseitig und wirken als Magnet für andere. Und während es bei manchen Spaltungen (z.B. auf Bildungsebene) politische Möglichkeiten gäbe, etwas zu tun, bin ich bei sowas eher ratlos. Wisst Ihr noch, wie wir dachten, die Welt würde besser, wenn erstmal jeder Zugang zu allem Wissen hätte? ::) Leider hat nun auch jeder Zugang zu allem Un- und Antiwissen und tja.
Prognose: Spaltung der Gesellschaft wird sich so schnell nicht aufheben lassen. Eine Welt wie in Star Trek sehe ich nicht auf die Menschheit zukommen, eher wird aus dem Zusammenspiel von Klimawandel und Anstieg der Weltbevölkerung plus Dingen im Internet sowas wie Mad Max II.
Pardon, meine Glaskugel ist aus Plexiglas und etwas abgenudelt und ich gucke zu viele schlechte Filme.

4. WGT. Naja. Wenn sie jetzt nicht noch mit unserem Geld davonlaufen ::) oder irgendwie in die Insolvenz geraten, wird die TUFGFM sicher wieder eines veranstalten. Wie wird es aussehen, vermutlich wie immer. ICH fände zwar momentan eine Open-Air-Version ganz töfte und Leipzig hat, angefangen beim Agra-Gelände, sicher ausreichend Industriebrachen. Aber auf mich wird wieder niemand hören >:(
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colourize

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Antw:Die Zukunft in der Glaskugel
« Antwort #3 am: 30 Juli 2021, 13:30:17 »

Da schon unsere Gegenwart mit vielen Unsicherheiten behaftet ist, sind Zukunftsprognosen derzeit wohl so schwer zu treffen wie zuletzt vielleicht im Zweiten Weltkrieg.
Wir wissen halt einfach nicht, ob es das jetzt mit Corona in der Delta-Variante war, oder ob in ein paar Wochen eine Escape-Variante um die Ecke kommt, gegen die unsere Impfungen nicht mehr wirken. Falls dieses worst case scenario eintreten sollte, können wir bis zum Staatsbankrott mit der Lockdown-Mühle weitermachen.

Sollte es aber einigermaßen glimpflich abgehen und die Delta-Variante die fitteste Covid19-Mutation bleiben, dann wird sich schnell alles wieder normalisieren. An der gegenwärtigen politischen Auseinandersetzung um die Bedeutung der 7-Tage-Inzidenz für Eindämmungsmaßnahmen ist ja zu erkennen, dass die Bundesregierung die Pandemie gesellschaftlich beenden will - während das RKI weiterhin auf eine medizinische Beendigung setzt: Die Bundesregierung argumentiert - verkürzt gesagt - damit, dass die Inzidenzen egal sind, solange es genügend freie Beatmungsgeräte gibt. Die logische Konsequenz ist dann, dass man das Virus also ab jetzt frei durchlaufen lässt, solange es für die Opfer der Infektion genügend Intensivbetten gibt. Daher meine Prognose (mit allen Unsicherheit was neue Mutationen betrifft):

1. Wann wird es wieder Gothic-Parties und Konzerte geben? Und werden sie so sein wie zuvor?
Ich tippe auf Oktober/November. Einlass natürlich nur für Geimpfte.
Geimpfte können das Virus zwar auch weitertragen (z.B. sich auf ner Party anstecken) und dann anschließend die in ihrem Umfeld Ungeimpften anstecken. Das ist aber im Grunde "gewollt", solange die Kapazitäten der Intensivstationen hinreichend sind. In einigen Monaten wird es dann keine Ungeimpften mehr geben, da diese in eine der drei Gruppen aufgegangen sein werden:
- Geimpfte
- Genesene
- Gestorbene

Ab Herbst nächsten Jahres wird man dann auch nicht mehr den Impfstatus kontrollieren bzw. den Zugang zu Parties regulieren müssen, da es nur noch diese drei Gruppen geben wird (von denen freilich nur zwei noch Parties und Konzerte besuchen können).

Ggf. ist der Handschlag als Begrüßungsritual ausgestorben (war ja immer schon hygienisch schwierig), aber ansonsten werden die Veranstaltungen dann wieder so sein wie zuvor.


2. Welchen langfristigen Einfluss wird die COVID-Zeit auf Kunst und Kultur nehmen? Ist gar schon irgendeine Entwicklung erkennbar?
Ich rechne langfristig ehrlich gesagt mit keiner nennenswerten Veränderung. Das Gerede davon, dass ja jetzt alle merken wie wichtig doch Kunst und Kultur sei, ist etwa so viel wert wie das Applaudieren für Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen im Frühjahr 2020.

3. Ich finde, durch die Kombination von Isolation, Social Media und anderen Entwicklungen kam und kommt es zu einer immer tiefergehenden Spaltung der Gesellschaft. Ist das auch aus Eurer Sicht so - und wenn ja, wie geht die Entwicklung am Ende aus?
Wie meine Vorredner schon geschrieben haben: Die Spaltung ist keine Folge von Corona. Corona war bestenfalls ein Katalysator für diese Entwicklung.

Ich rechne insgesamt mit einem Bedeutungsverlust sog. "sozialer Medien", weil es auf Dauer einfach nur ermüdend und nervig ist, mit unbekannten Leuten auf Twitter oder Facebook zu diskutieren. Bleiben werden diese Plattformen allerdings als Resonanzräume für die Radikalisierung von Incels.

4. Meint Ihr, das WGT findet wieder statt? Und wenn ja, in welcher Form?
Ein Festival von vielen. Mir ein wenig egal, ob es überlebt. Wenn man damit weiterhin Geld verdienen kann, wird es wohl weitergehen. Wenn die Gothic Szene weiter altert und diversifiziert, wird es verschwinden.





« Letzte Änderung: 30 Juli 2021, 13:33:02 von colourize »
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