Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Der anthropogene Klimawandel  (Gelesen 4154 mal)

Eisbär

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Der anthropogene Klimawandel
« am: 20 Juli 2021, 13:40:18 »

Aus aktuellem Anlass mal eine kleine Geschichtsstunde über die Wissenschaft zum Klimawandel:


  • 1906 – Der Physiker Svante Arrhenius warnt vor einer Erhöhung der Temperatur auf der Erde durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Die Öffentlichkeit interessiert es nicht.
  • 1938 – Ingenieur Guy Stewart Callendar weist darauf hin, dass die Erwärmungsrate der Temperatur der Atmosphäre zu hoch sei, um natürlichen Ursprungs zu sein. Die Öffentlichkeit interessiert es nicht.
  • 1941 – Der Klimaforscher Hermann Flohn veröffentlicht mehrere Publikationen, die den menschengemachten Klimawandel bekräftigen. Die Öffentlichkeit interessiert es nicht.
  • 1960 – Wissenschaftler warnen erneut vor Klimaveränderungen durch Abgase aus fossilen Brennstoffen. Die Öffentlichkeit interessiert es nicht.
  • 1974 – Eine amerikanische Studie stützt die Vorstellung, dass der Ausstoß von Treibhausgasen die Erdatmosphäre zu sehr aufheizt. Die Öffentlichkeit interessiert es nicht
  • 1980 – Der Astrophysiker Carl Sagan sagt voraus, dass eine Änderung der Durchschnittstemperatur um ein bis zwei Grad unumkehrbare Auswirkungen auf das Weltklima haben wird. Die Öffentlichkeit interessiert es nicht.
  • 1986 – Die Deutsche Physikalische Gesellschaft spricht sich für die Einhaltung eines Ein-Grad-Ziels aus. Ihre Vorschläge gelten als wachstumsschädigend, die Öffentlichkeit interessiert es nicht.
  • 1999 – Der Wostok-Eisbohrkern bestätigt einen dramatischen Anstieg der Treibhausgase. Der IPCC verfasst Sachstandsberichte. Die Öffentlichkeit interessiert es nicht.
  • 2010 – Das Jahr ist zusammen mit 2005 das wärmste Jahr seit Beginn der Klimaaufzeichnungen. Klimaforscher werden inzwischen als Lügner und Hysteriker bezeichnet. Die Öffentlichkeit interessiert es nicht.
  • 2015 – Die Messdaten der Klimaforscher bestätigen die Vorhersagen aus den letzten Jahrzehnten. Der Wirtschaft, der Politik und die Gesellschaft blockieren notwendige Maßnahmen.
  • 2019 – Die von Jugendlichen ins Leben gerufene Organisation „Fridays for Future“ führt ihren ersten Klimastreik durch. In den sozialen Medien werden sie verspottet, die Öffentlichkeit interessiert es nicht.
  • 2021 – Die künstlich erwärmte Erdatmosphäre speichert mehr Feuchtigkeit, mehr Energie. Hitzewellen, heftige Stürme und katastrophale Regenereignisse sind keine Seltenheit mehr. Die Klimakatastrophe beginnt uns um die Ohren zu fliegen.
  • Wir hatten 115 Jahre Zeit, sie abzuwenden… und taten es nicht.
Ich empfinde das als extrem frustrierend.
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2024- No F*cking Bands Festival XIII

Donnerstag, 15. bis Sonntag 18. August 2024

Infos: www.nofuba.de

RaoulDuke

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Antw:Der anthropogene Klimawandel
« Antwort #1 am: 20 Juli 2021, 14:42:18 »

Ich kann nachempfinden, dass man angesichts einer solchen Liste frustriert werden kann.

Diese Liste zeigt allerdings nicht das ganze Geschehen. Es sind durchaus positive Dinge passiert, sogar relativ viele. So hat beispielsweise der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in 2020 die 45%-Marke überschritten. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass es 2005 noch 10% waren und Investitionen in dem Bereich lange als exotisch oder esoterisch angesehen wurden, ist das eine große Leistung. In Deutschland wird wirklich VIEL Strom verbraucht und wir haben nebenbei auch noch den Ausstieg aus der Kernenergie zu bewältigen.

Mittlerweile sind erneuerbare Energien ohne Subventionen die günstigste Energiequelle - deutlich günstiger als Kernenergie, Kohle, Öl oder Gas. Damit ist ökonomisch der Weg zu >95% Energieerzeugung ohne CO2 frei.

Derzeit ist der Flaschenhals für die Umstellung auf emissionsfreie Energieerzeugung weniger Unwille oder gar Ignoranz, es sind die Fertigungskapazität für Solarpanels und Windräder. Und in die wird auch wie wild investiert. Meine Vermutung ist, dass wir schneller als erwartet als Menscheit den Kurs korrigiert haben.

Meine Befürchtung ist allerdings, dass das von einigen Akteuren gar nicht wirklich gewünscht ist, weil Panik und Untergangsstimmung auch genutzt werden können, um Macht zu erhalten und andere Ziele durchzusetzen. Insofern sehe ich das Handeln von vielen Akteuren mit Skepsis, die auf social media und im echten Leben totalitäre Stimmung verbreiten, aber rein gar nichts tun, um die Probleme anzugehen.
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nightnurse

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Antw:Der anthropogene Klimawandel
« Antwort #2 am: 21 Juli 2021, 11:58:59 »

Meine Befürchtung ist allerdings, dass das von einigen Akteuren gar nicht wirklich gewünscht ist, weil Panik und Untergangsstimmung auch genutzt werden können, um Macht zu erhalten und andere Ziele durchzusetzen.

Wir haben da einen Kanzlerkandidaten, der diesen Wandel aus anderen Gründen nicht wünscht und dem Erhalt des Braunkohleabbaus (und ihrer Verwendung) sowie Behinderung von Windkraftanlagen ein Herzensanliegen zu sein scheinen. Der sucht mit ganz anderen Dingen Angst zu machen, um Macht zu erhalten. Die Leute, die Du meinst (wer sind die überhaupt), seh ich in Sachen Klimawandel als das deutlich kleinere Problem.


Vermutung ist, dass wir schneller als erwartet als Menscheit den Kurs korrigiert haben.

Das ist ein Optimismus, den ich auch gern hätte. Aber hast Du Dich da draußen mal umgesehen? S. wieder Kanzlerkandidat. Und der ist ja nicht alleine.
Abgesehen davon, daß es eventuell nicht mehr viel zu korrigieren gibt. Soweit ich das verstehe, können wir das Tempo verlangsamen, wenn wir JETZT kräftig auf die Bremse treten, aber anhalten oder gar umkehren fänden in SEHR ferner Zukunft statt.
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Jack_N

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Antw:Der anthropogene Klimawandel
« Antwort #3 am: 21 Juli 2021, 12:57:11 »

Raoul, die positiven Entwicklungen spricht niemand ab.
Leider ist der Gesamtenergiebedarf derart in diesen 115 Jahren angestiegen, dass dies zu spät kommt - man hätte umweltschonende Techniken eigentlich zu Beginn dieser Zeit benötigt...
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RaoulDuke

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Antw:Der anthropogene Klimawandel
« Antwort #4 am: 21 Juli 2021, 13:35:00 »

Meine Befürchtung ist allerdings, dass das von einigen Akteuren gar nicht wirklich gewünscht ist, weil Panik und Untergangsstimmung auch genutzt werden können, um Macht zu erhalten und andere Ziele durchzusetzen.
Die Leute, die Du meinst (wer sind die überhaupt)

Ich meine insbesondere die Leute, die die Gelegenheit gekommen sehen, jetzt die Spaltung in der Gesellschaft zu vertiefen, um ihre Agenda durchzusetzen, oder direkt gerne einen Systemwechsel in den Totalitarismus herbeiführen würden. Darunter fallen insbesondere Extremisten an den politischen Rändern, aber auch Vertreter von Aktivistengruppen oder identitätspolitisch motivierte Akteure:

Einige kämpfen gegen Windkraftwerke, weil es "Vogelschredder" seien, sie die Kulturlandschaft verschandeln würden oder sowieso eine verrückte Idee eines apokalyptischen Endzeitkultes seien, der nur auf die Etablierung eines modernen Ablasshandels aus sei. Wenn man tiefer in den Strudel der Schwurbel-Argumentationen guckt, behaupten auch manche, es handele sich bei Kilmaaktivismus lediglich um die Marketing-Masche irgendwelcher Weltverschwörer (hier nach Gusto die bekannten Namen einfügen, oder auch die Reptiloiden), die das als Mittel für den "großen Reset" nutzen würden, in dem wir uns in einer kommunistisch geprägten Totalüberwachungs-Diktatur widerfinden würden (satirisch überspitzter Tenor einiger Ultra-Rechtsaußen-Vertreter).

Andere behaupten, die Klimakrise sei durch die freie Marktwirtschaft entstanden, daher müssten sowhl die Marktwirtschaft als auch die freiheitliche Gesellschaft an sich gestürzt werden. Parallel zum Umbau der Gesellschaft kann das Klima nur geschützt werden, indem Menschen unterschiedlicher Hautfarben, Geschlechter, sexueller Orientierungen oder beliebiger anderer Merkmale aufeinander losgehen und in einen endlosen Konflikt um alles geraten. Alles, aber auch absolut alles muss streng reguliert, überwacht, kontrolliert und letztlich verboten werden, um irgendwelche Weltverschwörer aufzuhalten (hier nach Gusto die bekannten Namen einfügen, oder auch die Reptiloiden). Diese wollen die Krise nämlich für einen großen Backlash nutzen, nach dem wir uns in einer faschistisch geprägten Totalunterdrückungs-Diktatur widerfinden würden (satirisch überspitzter Tenor einiger Ultra-Linksaußen-Vertreter).

Alles Unfug, lasst uns einfach Kraftwerke bauen - und wer einen praktischen Tip möchte, damit ich nicht letztlich auf social media meckere, dass Meckern auf social media keinen Sinn hat: Auf Google kann man beispielsweise "Guerilla Solaranlage" eingeben, und man erfährt, wie man auf seinem eigenen Balkon eine Solaranlage mit 600W peak betreiben kann, die den Stromverbrauch von Computer, WLAN, Kühlschrank, Fernseher, Beleuchtung und Musikanlage abdecken kann - und das für schmales Geld (und einer teils sehr geringen Amortisationsdauer). Ein Blick in die Stromrechnung und die Anwendung von Grundrechenarten verraten, dass man damit pro Stunde bei Sonnenschein etwa 200 Gramm emittiertes CO2 einsparen kann - den ganzen Tag über!

... und von so Dingen wie dem Austausch alter Heizungen, dem Rauswerfen alter Neonröhren (auch wenn die teils so ein schön gruseliges Licht haben) habe ich noch gar noch gesprochen. Jeder kann mitmachen! :)

Vermutung ist, dass wir schneller als erwartet als Menscheit den Kurs korrigiert haben.

Das ist ein Optimismus, den ich auch gern hätte. Aber hast Du Dich da draußen mal umgesehen? S. wieder Kanzlerkandidat. Und der ist ja nicht alleine.
Abgesehen davon, daß es eventuell nicht mehr viel zu korrigieren gibt. Soweit ich das verstehe, können wir das Tempo verlangsamen, wenn wir JETZT kräftig auf die Bremse treten, aber anhalten oder gar umkehren fänden in SEHR ferner Zukunft statt.

Der Wechsel zu Erneuerbaren ist aus meiner Sicht nicht mehr aufzuhalten - und er geht um so schneller, je mehr Geld man damit verdienen kann. Durch Skaleneffekte und technologischen Fortschritt sinken die Strom-Gestehungskosten aus erneuerbaren Energien stark (Studie des Fraunhofer-Instituts dazu), während die Nachfrage steigt und damit die Verkaufspreise. Das treibt die Marge nach oben und damit die Investitionen.

Wir sind in Deutschland zwar weit in der Entwicklung, aber andere beginnen jetzt erst und haben die Skaleneffekte schon von Anfang an - damit ist die Umsetzung schneller und treibt die Skaleffekte noch mehr an. Ich rechne damit, dass nach der Umstellung der Erzeugung auf 100% erneuerbare der Strompreis teils erheblich niedriger liegt als zuvor - Erneuerbare haben keine variablen Kosten, lediglich Fixkosten. Stehen die Anlagen erstmal rum, kommt immer Strom raus...

Ich glaube, 2040 wird es Stromerzeugung mit fossilen Energien fast nur noch mit Gaskraftwerken mit Schnellstartfähigkeit geben, die kurz anspringen, wenn das Netz stabilisiert werden muss. Irgendwann ist dann wegen verbesserter Akku-Technologien auch das vorbei.

... oh, und das habe ich gerade erst gesehen:

Raoul, die positiven Entwicklungen spricht niemand ab.
Leider ist der Gesamtenergiebedarf derart in diesen 115 Jahren angestiegen, dass dies zu spät kommt - man hätte umweltschonende Techniken eigentlich zu Beginn dieser Zeit benötigt...

Da stimme ich natürlich zu. Ich verstehe auch nicht, warum das niemanden interessiert hat... Vielleicht bin ich Zweckoptimist, aber ich halte es da lieber wie mit der vergossenen Milch.

Vielleicht war im vergangen Jahrundert zu viel anderes los? Vor lauter Weltkriegen, Flower Power und Ost-West-Konflikt hatte man vielleicht einfach andere Dinge zu tun...

edit: fehlendes Wort ergänzt - "Strompreis"im zweiten Block.
« Letzte Änderung: 21 Juli 2021, 21:57:00 von RaoulDuke »
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Jack_N

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Antw:Der anthropogene Klimawandel
« Antwort #5 am: 22 Juli 2021, 10:33:10 »

Ich glaube der Faktor war einfacher: Geld.
Wir können natürlich nur für unser direktes Umfeld sprechen, aber während der Weltkriege gabs erstmal andere Prioritäten auf allen Seiten, und danch gings auch an die Wiederaufbau - und den Aufbau neuer Feindbilder. Da wurde gefertigt auf Teufel komm raus, wenn man in der Angst lebt, dass ein doofes Zucken am Knopf, egal auf welcher Seite, die Erde gleich 200x auslöschen kann, dann ist einem vieles andere egal, und man lebst sehr stark im Augenblick.

Nachhaltigkeit hat da doch keinen interessiert, mal platt gesprochen.
VW hat Ende der 70er den T2-Bus als Elektromobil für den Waren-Nahverkehr umgebaut, gab über 150 Testexemplare, die z.B. an Stadtwerke verteilt wurden (Stade waren die ersten, die einen bekamen).
Audi hat einen Audi 100 Diesel auf eine Rekordfahrt geschickt, bei der im Schnitt nur 1,5 Liter Diesel/100km verbraucht wurden - in den 80ern. Ein Wagen mit normaler Innenausstattung sollte als 2,5L-Variante auf den Markt kommen - wurde gestoppt, weil kein Markt dafür vorhanden sei. Lieber mehr Leistung, Erfolge aus dem Motorsport rüberziehen, mehr Luxus usw... das wollte der Markt.
Der VW XL1 war eine absolut coole Machbarkeitsstudie, aber nur die wenigsten konnte jemals dieses 0,9-Liter-Auto in echt fahren, bei einem Einstiegspreis von 150.000 Euro für den Zweisitzer.
Fast schon ironisch erscheint mir, dass es den 3-Liter-Lupo zwar gab, er aber kaum Absatz fand, da das sparsamste Modell ohne Ausstattung mal wieder das teuerste war. Der Audi A2 war auch als Diesel ein Sparwunder, sehr zuverlässig, aber auch hier: Der Preis hat ihm den Markterfolg verwehrt.

Die Kunden kaufen billige alte Wagen mit möglichst viel PS, nach uns die Sintflut, gerne noch ein SUV höherlegen und mit breiteren Felgen, das ist das, was Soccer Mums wollen um die Kinder zum Sportplatz zu karren.

Was also verpennt wurde waren zwei Dinge: a) ein generelles Umweltbewusstsein zu schaffen und b) umweltfreundliche Technik günstig zu machen, so dass sie die billigste Alternative darstellt (oder zumindest keinen Mehrpreis fordert).

Der erste Rasenmäh-Roboter von Husqvarna war rein solarbetrieben, der solar mower hat auf der ganzen Oberfläche Solarzellen, die für einen Betrieb im Sommer ausreichen. Viele davon fahren nach 15 Jahren immernoch.
Balkonkraftwerke sind übrigens oft nicht zulässig, die Einspeisung über die Haussteckdose ist in D nicht einfach so erlaubt. Technisch kann es zum Problem werden, primär gehts um Stromnetzkontrolle (natürlich). Ggf. könnte einem eine Manipulation des Stromzählers vorgeworfen werden, da einige tatsächlich rückwärts zählen würden.

Aus eigener Erfahrung aber: 200W an billigen Solarpanels auf einem Camper generieren mit einem MPPT-Laderegler bei gutem Wetter echte 160-170 Watt. Davon kann man einen Kompressorkühlschrank auf 5° halten, täglich Laptop und Handys laden und nachts eine Standheizung betreiben - einen Sonnentag später ist der Akku wieder voll. 80AH an LiFePo-Akkus, deren Spannung bei der Entleerung nicht zusammenbricht, reichen für 3 Tage gemütliches autarkes Stehen mit Licht, Annehmlichkeiten und co.

Wenn man alleine nur relativ schwache Solarpanels auf Garagen-/Schuppendächer packen würde könnte man jede Menge Gartenstrom generieren :)
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